Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Zweite Scene.

Clerimont, Hochmuth, Dauphine.

Hochmuth. Ich versichre Euch, Sir Dauphine, die Schätzung und Würdigung Eurer Tugend allein ist es, die mich in dieses Abentheuer verlockt hat, und ich konnte mich nicht bezwingen, ich mußte Euch das Geständniß thun. Auch gereut mich dieser Schritt nicht, weil es immer ein Beweis für unsre eigne Tugend ist, wenn wir die Tugend in andern lieben und verehren.

Dauphine. Eure Gnade setzt auf meine Unwürdigkeit einen zu hohen Preis.

Hochmuth. Sir, ich kann Diamanten von Kieseln unterscheiden –

Dauphine, für sich. Seid Ihr so erfahren in Steinen?

Hochmuth. Und ob es mir vielleicht bei einem solchen Verstande wie der Eurige ist, zum Nachtheil gereicht, daß ich mich in gleiche Gesellschaft mit Centaur und Amsel stelle –

Dauphine. Ihr thut es nicht, Madam, ich sehe, sie dienen Euch nur zur Folie.

Hochmuth. Dann seid Ihr ein Freund der Wahrheit, Sir, und das macht, daß ich Euch noch mehr lieben muß. Es ist nicht der auswendige, sondern der inwendige Mensch, welchen ich liebe. Sie aber können keinen edlen Vorzug begreifen, sondern lieben auf eine seichte und einfältige Art.

Centaur, von innen. Wo seid Ihr denn, Mylady Hochmuth?

Hochmuth. Ich komme gleich, Centaur. Mein Page, Sir, soll Euch mein Zimmer zeigen, und Gläubig, meine Kammerfrau, soll für Euch immer wach sein; Ihr dürft nicht fürchten, ihr alles zu vertrauen, denn sie ist mir getreu. Tragt dieses Juweel zu meinem Andenken, Sir Dauphine. – Centaur tritt herein. Wo ist Amsel, Centaur?

Centaur. Sie schreibt drinne was, Madam: ich folge Euch sogleich, Hochmuth geht ab. ich will nur ein Wort mit Sir Dauphine sprechen.

Dauphine. Mit mir, Madam?

Centaur. Guter Sir Dauphine, traut ja der Hochmuth nicht, glaubt ihr in keiner Sache, was ihr auch sonst thun mögt. Sir Dauphine, ich sage Euch dies nur zur Warnung, sie ist durchaus höfisch und liebt Niemand als aus Eigennutz, und aus Eigennutz liebt sie auch alle. Außerdem sagen auch ihre Aerzte, daß sie keine von den reinsten sei, ob sie sie bezahlt oder nicht, weiß der Himmel: auch ist sie schon über funfzig und sehr geschminkt. Seht sie nur einmal an einem Vormittage. – Hier kommt Amsel, die hat ein noch üblers Gesicht, die würde Euch selber bei Licht nicht gefallen. Amsel tritt herein. Wollt Ihr einmal Morgens recht früh, oder Abends etwas spät auf mein Zimmer kommen, so will ich Euch mehr erzählen. – Wo ist Hochmuth, Amsel?

Amsel. Drinne, Centaur.

Centaur. Was habt Ihr da?

Amsel. Ein Italiänisches Räthsel, für Sir Dauphine, Ihr sollt es aber nicht sehn, Centaur, warlich nicht. Centaur geht ab. Guter Sir Dauphine, löst es mir doch auf, ich will es Euch hernach wieder abfodern. Ab.

Clerimont, der hervortritt. Nun, Dauphine? wie geht es Dir mit den Weibern?

Dauphine. Sie verfolgen mich wie die Feen und schenken mir Juweelen, ich kann nicht wieder von ihnen los kommen.

Clerimont. Das mußt Du nicht wieder erzählen.

Dauphine. Bei Gott, das vergaß ich: niemals bin ich noch so bestürmt. Die eine liebt mich wegen meiner Tugend und will mich hier mit diesem Dinge Zeigt das Kleinod. bestechen; eine zweite liebt mich mit Vorsicht, und will mich so besitzen; eine dritte bringt mir hier ein Räthsel und alle sind eifersüchtig und schimpfen auf einander.

Clerimont. Ein Räthsel? laß mich's doch sehn. Liest.

Sir Dauphine, ich erwähle diesen Weg, um Euch etwas im geheimen Vertrauen zu sagen. Die Lady's, ich weiß es, haben Euch beide den Vorschlag gethan, ein Mitglied des Kollegiums und ihr Diener zu werden. Könnte ich so geehrt werden, bei einer so trefflichen Absicht auch als mitwirkend zu erscheinen, so wollte ich das Gerücht ausbreiten, daß ich Morgen Arznei nehme und so vier, oder fünf Tage, oder noch länger fortfahren, Euren Besuch erwartend.

Amsel.

Bei meiner Seele! sehr fein! Nennt Ihr das ein Räthsel? Was ist denn wohl Euer aufrichtiges Wesen?

Dauphine. Gutwitz fehlt uns, um das zu erklären.

Clerimont. Er fehlt uns auch noch zu andern Dingen: seine bekehrten Ritter sind so hochmüthig und unverschämt, als sie nur jemals waren.

Dauphine. Ihr scherzt.

Clerimont. Kein von Wein oder Eitelkeit Betrunkener hat jemals dergleichen von sich selber erzählt. Ich möchte keinen Mückenfuß für den ehrlichen Namen aller Weiber setzen, wenn man glauben dürfte, daß sie die Wahrheit sprächen. Was die Braut anbetrifft, so haben sie beide ihr affidavit gegen sie gegeben –

Dauphine. Daß sie bei ihr gelegen haben?

Clerimont. Ja, und Zeit und Umstände und Platz alles daher erzählt. Ich hätte sie fast zu der Versicherung gebracht, daß sie es noch heut gethan hätten.

Dauphine. Doch nicht beide?

Clerimont. Ja, warlich, mit etwas mehr Zureden hätte ich es so weit gebracht, daß sie es mit ihrer Unterschrift bestätigt hätten.

Dauphine. Ich sehe, sie werden unser Spaß sein, wir mögen es wollen, oder nicht.



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