Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Zweiter Akt.

(Morose's Zimmer.)


Erste Scene.

Morose, mit einem Rohr in der Hand. Stumm.

Morose. Könnt' ich nicht bei alledem eine kürzere Art, als mit diesem Rohre, ausfindig machen, um meinem Bedienten die Mühe des Sprechens, und meinen Ohren den Mißklang der Töne zu ersparen? Laß doch sehn. Alles Reden, außer mein eignes, ist mir zuwider, es klingt mir hart, widerwärtig und unvernünftig. Wär' es denn nicht möglich, Mensch, daß Du mir durch Zeichen Antwort gäbest, und ich Dich doch verstände? sprich nicht, ob ich Dich gleich frage. Hast Du den Ring von der Hausthür genommen, wie ich Dir sagte? Antworte nicht durch Reden, sondern durch Schweigen, es müßte denn anders sein. (–) Gut. Und Du hast eine dicke Matratze oder gestopfte Decke außen an der Thür befestigt, daß wenn sie mit ihren Dolchen, oder mit Steinen daran schlagen, sie keinen Lärm machen können? Nur mit dem Beine Deine Antwort, es müßte denn anders sein. (–) Gut. Das ist nicht nur eine schickliche Anständigkeit für einen Bedienten, sondern auch eine angenehme Zierlichkeit für einen Herrn. Und Du bist bei dem Barbier Bartschneider gewesen, daß er zu mir kommen soll? (–) Gut. Und er will gleich kommen? Nur mit dem Beine geantwortet, es müßte denn anders sein: ist es anders, so schüttle den Kopf, oder zucke die Achsel. (–) So. Die Italiäner und Spanier sind darin vernünftige Leute und es ist ein stiller und wohlanständiger Ernst. Wie lange währt es, eh Bartschneider kommt? Halt! ist es eine Stunde, so hebe die ganze Hand auf, eine halbe Stunde, zwei Finger, eine viertel Stunde einen. (–) Gut; eine halbe viertel Stunde? Schon recht. Und hast Du ihm den Schlüssel gegeben, daß er herein kann, ohne zu klopfen? (–) Gut. Und ist das Schloß heut schon geöhlt, so wie die Thürangeln? (–) Gut. Und die Decken auf der Treppe sind doch nicht abgetragen und dünn? (–) Sehr gut. Ich sehe durch vielen Unterricht und Anstrengung kann es zu Stande kommen. Bleibe hier. Der Türke ist in dieser göttlichen Einrichtung zu bewundern, er übertrifft hierin alle Potentaten auf Erden; er wird immer von Stummen bedient, alle seine Befehle werden so ausgerichtet, ja im Kriege selbst (wie ich gehört habe) und auf den Märschen geschieht das meiste, was er anordnet, stillschweigend und durch Zeichen. Eine auserlesene Kunst! und ich bin von Herzen beschämt und oft unwillig darüber, daß die Regenten der Christenheit sich in einem so wesentlichen Stücke der Glückseligkeit von einem Barbaren übertreffen lassen. Ich will es künftig immer so halten. – Man hört draußen ein Posthorn blasen. Wie? was? ach! ach! welcher Nichtswürdige, welches Ungeheuer der Menschheit ist dieses? Geh und sieh – Ach! brich ihm den Hals, brich ihm den Hals! Welch ein Mörder, Höllenhund, Teufel muß das sein! –

Das Posthorn wird wieder geblasen.

Stumm. Es ist ein Kourier vom Hofe –

Morose. Und mußt Du, Schlingel, auch noch Dein Horn blasen?

Stumm. Lieber Gott, Sir, es ist ein Kourier vom Hofe, der sagt, er müßte Euch bei Todesstrafe sprechen –

Morose. Bei Lebensstrafe, schweig!



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