Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Fünfte Scene.

Clerimont, Gutwitz, Dauphine.

Clerimont. Ihr seid willkommen, Sir.

Gutwitz. Wo ist Dein Onkel?

Dauphine. In vielen Schlafmützen aus dem Hause gelaufen, um mit einem Casuisten über die Scheidung zu sprechen. Es wirkt unvergleichlich.

Gutwitz. Das würdest Du noch mehr sagen, wenn Du hier gewesen wärst; die Damen haben sehr über Dich gelacht, seit Du fort gegangen bist, Dauphine.

Clerimont. Und gefragt, ob Du Deines Onkels Verwalter wärst.

Gutwitz. Und die beiden Affen haben geantwortet Ja, und dazu gesagt, Du wärst ein erbärmlicher armseliger Kerl, und lebtest vom Spiel und hättest nichts als drei Kleider, nebst einigen Wohlthaten, die Dir die Lords ertheilten, wofür Du ihr Narr wärst und ihnen Possen machtest.

Dauphine. Ich will nicht leben, wenn ich sie nicht prügle; ich will sie beide an der Damen Bettpfosten binden und mit Affen hetzen.

Gutwitz. Das ist nicht nöthig, aber Du sollst sie nach Herzenslust prügeln, Dauphine. Ihnen steht eine Execution bevor, die ihnen gewiß heilsam sein soll, verlaß Dich nur auf meinen Plan.

Dauphine. Ja, Ihr habt immer vielerlei Plane, so hattet Ihr auch einen, alle die Weiber in mich verliebt zu machen.

Gutwitz. Und thu' ich das nicht noch vor Abend, so nahe die Zeit auch schon ist, daß jede von ihnen Dich einladet und sich um Dich bemüht, so will ich Dir allen meinen Verstand zum Pfande geben.

Clerimont. Bei Gott, ich bin der Zeuge, Du sollst ihn haben, Dauphine; und Du sollst Zeitlebens sein Narr sein, wenn Du es nicht ausrichtest.

Gutwitz. So sei es, ich würde mich dabei vielleicht besser befinden. Ihr seht doch diese Gallerie, auf welche von beiden Seiten mehrere Zimmer stoßen? Hier will ich meine Tragikomödie zwischen den Guelfen und Gibellinen spielen, zwischen Dohle und Amorous la Foole, wer zuerst herauskommt, mit dem will ich den Anfang machen. Ihr beide sollt den Chorus vorstellen und hinter den Tapeten stehn, nur zwischen den Acten hervor treten und sprechen. Bring' ich es nicht dahin, daß sie für den übrigen Tag, ja für das ganze Jahr friedfertig sind, so will ich mich verrechnet haben. – Ich höre Dohle kommen. Versteckt Euch, und lacht um Gotteswillen nicht.

Dohle tritt auf.

Dohle. Sagt mir doch, wo geht man nach dem Garten?

Gutwitz. Ach, Hans Dohle, das ist mir lieb, daß ich Euch treffe; wahrhaftig, ich muß es dahin bringen, daß die Sache zwischen Euch nicht weiter kommt, ich muß das vermitteln.

Dohle. Was für eine Sache, Sir? Mit wem?

Gutwitz. Ei was, verstellt Euch nicht, mit Sir Amorous und Euch. Wenn Du mich liebst, Hans, so mußt Du jetzt Gebrauch von Deiner Philosophie machen, dies einemal nur, und mir Deinen Degen geben. Das ist ja hier nicht die Hochzeit der Centauren, wenn auch eine Centaurin dabei ist. Er nimmt ihm den Degen ab. Die Braut hat mich gebeten, ich soll dahin trachten, daß kein Blut vergossen werde. Ihr habt wohl gesehn, wie sie vorher leise mit mir sprach.

Dohle. So gewiß ich den Tacitus zu endigen hoffe, ich denke an keinen Mord.

Gutwitz. Ihr wartet nicht auf Sir Amorous?

Dohle. Nein, bei meiner Ritterschaft!

Gutwitz. Und auch bei Eurer Gelehrtenschaft?

Dohle. Und auch bei meiner Gelehrtenschaft.

Gutwitz. Nun denn, so gebe ich Euch Euren Degen wieder und bitte Euch um Verzeihung: aber legt ihn nicht ab, denn man wird Euch überfallen. Ich dachte, Ihr wüßtet das und ginget so herum, ihm Trotz zu bieten, und daß Ihr Euer Leben für etwas Verächtliches hieltet, wenn die Ehre in Betracht käme.

Dohle. Nein, nein, nichts von alle dem, ich versichre Euch, er und ich schieden eben von einander, so freundlich es nur immer geschehn kann.

Gutwitz. Traut dieser Maske nicht, seit heute Mittag sah ich ihn mit einem andern Gesicht: ich habe schon viele Menschen gesehn, die durch Verluste, Todesfälle oder Mißhandlungen außer sich waren, aber einen so aufgebrachten Menschen, wie den Sir Amorous, habe ich in meinem Leben noch weder gesehn noch von dergleichen gelesen. Daß Ihr ihm heute seine Gäste entführt habt, das ist die Ursach, und das erklärt er hinter Eurem Rücken mit solchen Drohungen, mit solchen verächtlichen Redensarten – er sagte zu Dauphine: Ihr wärt der allerjämmerlichste Esel – –

Dohle. Ei, mag er doch sagen, was ihm gefällt.

Gutwitz. Und schwört dabei, Ihr wärt eine so ausgemachte Memme, daß er gewiß wüßte, Ihr würdet ihm niemals Genugthuung geben und deswegen will er sich sein Recht selber nehmen.

Dohle. Ich will ihm alle mögliche Genugthuung geben – nur nicht fechten.

Gutwitz. Ganz gut, Sir, aber wer kann wissen, was er für eine Genugthuung fordert, er dürstet nach Blut, Blut will er haben, und von wo er Euch das abzapfen will, wer kann das wissen, als er selber?

Dohle. Ich bitte Euch, werther Gutwitz, seid Ihr der Vermittler.

Gutwitz. Gut, Sir, so versteckt Euch denn in dieses Zimmer, bis ich zurückkomme. Er drängt ihn hinein. Nein. Ihr müßt Euch einschließen lassen, Sir, denn wegen meiner eigenen Ehre möchte ich nicht gern, daß Euch eine öffentliche Beschimpfung widerführe, so lange ich die Sache unter Händen habe. – Gott bewahre, da kommt er! Haltet den Athem an Euch, daß er Euch nicht seufzen hört. – Gewiß, Sir Amorous, er ist nicht hier; ich bitte Euch, seid barmherzig und ermordet ihn nicht! er ist ja ein Christ, so gut wie Ihr, Ihr seid bewaffnet, als wenn Ihr an seinem ganzen Geschlechte Rache nehmen wolltet. Lieber Dauphine, bringt ihn doch von diesem Platze weg. Ich habe noch nie gesehn, daß ein Mensch so wüthend war, daß er nicht seinen Freunden antworten könnte, oder ihre Vorstellungen anhören. – Hans Dohle! Hans! Schlaft Ihr?

Dohle drinnen. Ist er fort, Herr Gutwitz?

Gutwitz. Ja. Habt Ihr ihn wohl gehört?

Dohle. O Gott ja.

Gutwitz. Was die Furcht für ein leises Gehör hat.

Dohle, indem er aus dem Zimmer kommt. Und ist er denn so schwer bewaffnet, wie Ihr sagt?

Gutwitz. Bewaffnet? Irgend ein Bösewicht im Hause hat ihn fürchterlich ausgerüstet, oder wenn es außer dem Hause geschah, so hat es Tom Otter gethan.

Dohle. Ja ja, er ist ein Kapitain und seine Frau ist seine Verwandte.

Gutwitz. Er hat ein uraltes Schwert zu zwei Händen zu packen gekriegt, um Euch wie einen Kohlkopf niederzusäbeln, und dies Schwert hat solchen Dolch gejungt – Außerdem aber ist er so mit Piken, Hellebarden, Petronellen, Büchsen und Musketen behängt, daß er aussieht wie die Halle eines Friedensrichters. Niemals ist noch ein Fechter auf so verschiedene Arten der Waffenstücke herausgefordert; man sollte meinen, er wolle ein ganzes Kirchsprengel ermorden; könnte er sich nur in seinen Beinkleidern auf ein halbes Jahr proviantiren, so ist er hinlänglich ausgerüstet, ein ganzes Land zu erobern.

Dohle. Ach du großer Gott, was will er denn? Ich bitte Euch, mein lieber Herr Gutwitz, seid Ihr doch ein Vermittler.

Gutwitz. Nun gut, ich will versuchen, ob er sich mit einem Beine, oder einem Arme zufrieden stellen läßt, wo nicht, so müßt Ihr ganz sterben.

Dohle. Es wäre mir unangenehm, meinen rechten Arm zu verlieren, weil ich damit die Madrigale schreibe.

Gutwitz. Nun, vielleicht ist er auch mit dem Daum, oder dem kleinen Finger zufrieden, mir ist es alles gleich. Ihr müßt denken, daß ich mein Mögliches thue. Schließt ihn wieder ein.

Dohle. Das thut doch, lieber Sir.

Clerimont und Dauphine treten wieder auf.

Clerimont. Was hast Du denn gethan?

Gutwitz. Er läßt mich nichts thun, er thut alles vorher, er bietet mir seinen linken Arm an.

Clerimont. Den linken Flügel von Hans Dohle.

Dauphine. Nimm ihn.

Gutwitz. Wie? Eines Spaßes wegen einen Menschen verstümmeln? Was hast Du für ein Gewissen?

Dauphine. Ihm ist es kein Verlust, er braucht ja doch seine Arme zu nichts, als Suppe zu essen. Außerdem ist es um nichts schlimmer, seinen Körper, wie seine Ehre zu verstümmeln.

Gutwitz. Er ist ein Gelehrter und ein Witziger, und doch denkt er nicht so. Bei uns verliert er aber auch keine Ehre, denn wir alle hielten ihn schon vorher für einen Esel. Nun wieder an Eure Plätze!

Clerimont. Ich bitte Dich, laß mich zu dem andern ein wenig hinein.

Gutwitz. Du wirst alles verderben, das sind nun so Deine Einfälle.

Clerimont. Mir fällt was ein, worauf Du gewiß nicht denkst und was Du nachher selber gut finden wirst.

Gutwitz. Bleibt hier, oder ich lasse das ganze Spiel fahren.

Dauphine. Komm, Clerimont.

Gutwitz. Sir Amorous!

Dauphine und Clerimont ziehn sich wieder zurück.

Sir Amorous La Foole tritt auf.

Amor. La Foole. Herr Gutwitz.

Gutwitz. Wo wolltet Ihr eben hingehn?

Amor. La Foole. In den Hof, mein Wasser abschlagen.

Gutwitz. Thut es nicht, Sir, lieber setzt Eure Beinkleider in Gefahr.

Amor. La Foole. Warum, Sir?

Gutwitz. Hier geht hinein, wenn Euch Euer Leben lieb ist. Oeffnet die Thür zum gegenüberstehenden Zimmer.

Amor. La Foole. Wie das? wie das?

Gutwitz. Fragt doch, bis Euch der Hals abgeschnitten ist, tändelt doch, bis Euch die wüthige Kreatur findet.

Amor. La Foole. Wer denn?

Gutwitz. Dohle! Wollt Ihr hinein?

Amor. La Foole. Ja, ja, ich will hinein. Was ist es denn aber?

Gutwitz. Wäre er so kühl, daß er uns das sagen könnte, so wäre noch einige Hoffnung da, Euch auszugleichen, aber seine Erbitterung ist durchaus unversöhnlich.

Amor. La Foole. Ei, laßt ihn erbittert sein, ich will mich verstecken.

Gutwitz. Das thut, lieber Sir. Aber was mögt Ihr ihm nur gethan haben, was ihn so hat aufbringen können? Ihr habt vielleicht in Gesellschaft der Damen witzige Einfälle über ihn gehabt.

Amor. La Foole. Ich habe in meinem Leben noch keine witzigen Einfälle über irgend jemand gehabt. Die Braut lobte Sir Dauphine und da ging er empfindlich fort, darauf folgte ich ihm: er müßte denn das beim Trinken etwa übel genommen haben, daß ich ihm nicht mit dem ganzen Pferde voll habe Bescheid thun wollen.

Gutwitz. Bei meiner Seele, das wird es auch sein, Ihr habt ganz recht; aber das ist wahr, er macht die Runde durch alle Zimmer des ganzen Hauses, mit einer Serviette in der Hand und schreit: Wo ist Sir Amorous? Wer sah Sir Amorous? Und als Dauphine und ich ihn um die Ursach fragten, konnten wir keine andre Antwort von ihm herausbringen, als: O Rache! wie bist du so süß! Mit dieser Serviette will ich ihn erdrosseln! Das brachte uns denn auf die Vermuthung, die wahre Ursach seiner Wuth möchte wohl sein, daß Ihr Eure Gerichte heut, mit einer Serviette umgebunden, ihn zu kränken hieher gebracht habt.

Amor. La Foole. Das ist wohl möglich. Nun, und wenn er auch darüber zornig ist, so will ich mich hier so lange aufhalten, bis sein Zorn verdampft ist.

Gutwitz. Ein braver Entschluß, Sir, wenn Ihr ihn sogleich ausführen könnt.

Amor. La Foole. Ja ich kann ihn gleich ausführen. Oder ich will augenblicks auf's Land reisen.

Gutwitz. Wie wollt Ihr aber aus dem Hause kommen? Er weiß, Ihr seid im Hause, und er ist im Stande, Euch ganzer acht Tage zu bewachen, um Euch nur zu haben, er wird Eurentwegen einen Sergeanten in der Geduld übertreffen.

Amor. La Foole. Nun, so will ich hier bleiben.

Gutwitz. Ihr müßt aber darauf denken, wie Ihr Euch unterdessen verproviantiren wollt.

Amor. La Foole. O liebster Herr Gutwitz, wollt Ihr wohl meine Muhme Otter bitten, mir eine kalte Wildpastete zu schicken, ein oder zwei Flaschen Wein und einen Nachttopf?

Gutwitz. Ein Nachtstuhl wäre besser, Sir.

Amor. La Foole. Ja, das ist auch in der That besser, und ein Feldbett, um darauf zu liegen.

Gutwitz. Ich möchte Euch nicht rathen, zu schlafen, auf keine Weise.

Amor. La Foole. Nicht, Sir? Nun so will ich es auch nicht.

Gutwitz. Es ist aber noch was zu fürchten –

Amor. La Foole. Was denn, Sir? Was denn?

Gutwitz. Ich glaube aber doch nicht, daß er die Thür mit dem Fuße aufrennen kann.

Amor. La Foole. Ich will mich mit dem Rücken dagegen stemmen, Sir! ich habe einen guten Rücken.

Gutwitz. Wenn er aber schießen sollte.

Amor. La Foole. Schießen! Wenn er sich das untersteht, so will ich ihn wegen unvorsichtigen Schießens verklagen.

Gutwitz. Macht Euch auf das Schlimmste gefaßt; er hat schon Pulver holen lassen, und was er damit vornehmen will, weiß kein Mensch, vielleicht will er den Flügel des Hauses in die Luft sprengen, in welchem er glaubt, daß Ihr Euch befindet. – Hier kommt er! Schnell springt hinein! Er stößt Sir Amorous hinein und verschließt die Thür. – Ich schwöre Euch, Sir John Dohle, er ist hier nicht. Was habt Ihr denn vor? Bei Gott, nein, Ihr sollt hier keine Petarde anschrauben, ich will lieber sterben. Wollt Ihr nicht auf mich hören? Sonst lassen doch Menschen mit sich reden. – Durch das Schlüsselloch sprechend. Sir Amorous, da kann Euch nichts retten, er hat aus einem alten ehernen Topf eine Petarde gemacht, Eure Thür zu sprengen. Denkt auf irgend eine Genugthuung; oder auf Bedingungen, die Ihr ihm erbieten mögt.

Amor. La Foole drinnen. Sir, ich will ihm jede Genugthuung geben, ich will mich zu allen möglichen Bedingungen erbieten.

Gutwitz. Ihr überlaßt es mir also?

Amor. La Foole. Ja, Sir, ich gehe alle möglichen Bedingungen ein.

Gutwitz, indem er Clerimont und Dauphine herbei winkt. Nun? Was denkt ihr, Freunde? Wär' es nicht schwer zu unterscheiden, wer sich von diesen beiden am meisten fürchtet?

Clerimont. O dieser fürchtet sich am bravsten, der andre ist eine winselnde Memme, der Hans Dohle, aber Sir Amorous ist eine brave heroische Memme, er fürchtet sich in einer edlen grandiosen Manier, er gefällt mir ganz außerordentlich.

Gutwitz. Wär' es nicht Schade gewesen, wenn die beiden ihre Trefflichkeiten nicht entwickelt hätten?

Clerimont. Soll ich etwas vorschlagen?

Gutwitz. Nur kurz, denn ich muß das Eisen schmieden, weil es heiß ist.

Clerimont. Soll ich die Damen zu der Katastrophe herbei holen?

Gutwitz. Das thu, bei meiner Seele.

Dauphine. Durchaus nicht, laß sie in ihrer Unwissenheit, in ihrem Irrthum beharren, daß sie sie für witzige und treffliche Männer halten, wie sie bisher gethan haben. Es wäre Sünde, sie zu bekehren.

Gutwitz. Ich will sie aber hieher haben, denn es kömmt mir noch bei einer andern Absicht sehr gut zu statten! Bringe sie her, Clerimont, und erzähle ihnen alles, was vorgefallen ist und führe sie in diese Gallerie.

Dauphine. Das ist nun Deine erschreckliche Eitelkeit, Du meinst, Du würdest unglücklich, wenn nicht jeder Spaß von Dir bekannt gemacht würde.

Gutwitz. Du sollst sehn, wie ungerecht Du jetzt bist. Clerimont, sage, es sei Dauphine's Erfindung. Clerimont ab. Traue mir nie wieder, wenn nicht das Ganze zu Deinem Vortheil ausschlägt. In dem nächsten Zimmer ist ein Teppich, den hänge um und binde diese Schärpe um's Gesicht, setz' ein Kissen auf den Kopf und halte Dich fertig, wenn ich Amorous rufe. Fort. – John Dohle! Geht zu Dohles Zimmer und bringt ihn heraus.

Dohle. Gute Neuigkeiten, Sir?

Gutwitz. Nun ja, ich hab' es gethan und war Euretwegen hart mit ihm zusammen. Ich sagte ihm, Ihr wärt ein Ritter und ein Gelehrter und daß Ihr recht gut wüßtet, die wahre Tapferkeit bestehe mehr in patiendo quam in faciendo, magis ferendo quam feriendo.

Dohle. So ist es wirklich, Sir.

Gutwitz. Drauf sagt' ich ihm denn, Ihr wärt willig zu leiden, worauf er aber bei meiner Seele zuerst eine Foderung that, die zu weit ging.

Dohle. Was war es denn, Sir?

Gutwitz. Eure Oberlippe und sechs von Euren Vorderzähnen.

Dohle. Das war unbillig.

Gutwitz. Ich sagte ihm auch gerade heraus, Ihr könntet Euch deren nicht berauben. Worauf ich ihn denn nach vielem Disputiren pro et contra so weit herunter handelte, daß er sich mit zwei Vorderzähnen begnügen will.

Dohle. Ist es richtig? Nun er soll sie haben.

Gutwitz. Das soll er mit Eurer Erlaubniß nicht, Sir, der Schluß ist nämlich dahin ausgefallen: weil Ihr künftig immer gute Freunde bleiben sollt, und dieser Sache nie gedacht oder erwähnt werden darf, er auch außerdem nicht damit groß thun könne, er habe Euch in eigner Person dergleichen gethan: so soll er verkleidet herkommen, Euch in geheim fünf Tritte geben, Euren Degen nehmen und Euch so lange er will in diesem Zimmer verschließen, welches nicht lange dauern soll, weil wir Euch bald befreien wollen.

Dohle. Fünf Tritte? Mag er mir doch sechs geben, wenn wir nur wieder Freunde werden.

Gutwitz. Ihr sollt Euch nicht selbst zu nahe treten, daß Ihr ihm das durch mich sagen laßt.

Dohle. Nein, sagt es ihm in Gottes Namen, werther Sir, sie sollen ihm herzlich gern gegönnt sein, um nur wieder mit ihm gut Freund zu werden.

Gutwitz. Gut Freund? Warlich, wenn er es unter diesen Bedingungen nicht werden wollte, so würde ich, so lange ich lebe, sein Feind sein. Nun, Sir, tragt es mit standhaftem Muthe.

Dohle. O Gott, Sir, es ist nichts.

Gutwitz. Freilich, was wollen sechs Tritte für einen Mann sagen, der den Seneka liest?

Dohle. Ich habe ihrer schon hundert bekommen, Sir.

Gutwitz. Sir Amorous! – Dauphine kommt verkleidet heraus. Keiner spreche mit dem andern und rühre die alten Händel auf.

Dohle, indem er die Tritte bekömmt. Eins, zwei, drei, vier, fünf. Ich bitte, Sir Amorous, Ihr dürft sechs geben.

Gutwitz. Ich sagte ja, Ihr solltet nicht sprechen. So gebt ihm nun sechs und damit gut. – Dauphine giebt ihm noch einen Tritt. – Euren Degen. Nimmt ihn. – Nun geht in Euren sichern Verwahrsam zurück, nachher sollt Ihr Euch in Gegenwart der Damen treffen und als die zärtlichsten Freunde erscheinen. Führt Dohle in das Zimmer zurück. – Nun gieb mir die Schärpe, den andern sollst Du mit entblößtem Angesichte schlagen; bleib in der Nähe. Dauphine zieht sich zurück und Gutwitz geht nach dem andern Zimmer und läßt Sir Amorous heraus. – Sir Amorous!

Amor. La Foole. Was ist das? Ein Degen?

Gutwitz. Ich konnte es nicht ändern, wenn ich nicht den Zwist auf mich selbst nehmen wollte. Er schickt Euch seinen Degen –

Amor. La Foole. Ich kann ihn durchaus nicht annehmen.

Gutwitz. Und verlangt, daß Ihr ihn an der Wand befestigt, und Euren Kopf gegen das Gefäß an etlichen wenigen Stellen zerstoßt.

Amor. La Foole. Ich will nicht, das sagt ihm rund heraus. Das ist mir nicht gegeben, mein Blut zu vergießen.

Gutwitz. Ihr wollt nicht?

Amor. La Foole. Nein, ich will den Kopf gegen eine gute ebne Wand stoßen, wenn er sich damit begnügen will. Will er nicht, mag er ihn mir selbst stoßen: dabei bleibt's!

Gutwitz. Ei, Ihr seid auch sehr umständlich, wenn sich ein Mann zu Eurem Besten bemüht. Ich bot ihm noch eine andre Bedingung an, wollt Ihr die eingehn?

Amor. La Foole. Worin besteht sie?

Gutwitz. Daß Ihr Euch in Geheim wollt schlagen lassen.

Amor. La Foole. Ja, das bin ich zufrieden; aber mit flacher Klinge.

Oberhalb erscheinen Hochmuth, Centaur, Amsel, Mistreß Otter, Epicoene und Gläubig.

Gutwitz. So müßt Ihr es Euch gefallen lassen, daß ich Euch mit dieser Schärpe die Augen verbinde, dann führe ich Euch zu ihm, er nimmt Euren Degen und giebt Euch einen Schlag auf den Mund und zwickt Euch die Nase so vielmal es ihm beliebt.

Amor. La Foole. Ich bin zufrieden: warum sollen mir aber die Augen verbunden werden?

Gutwitz. Das geschieht zu Eurem Besten, Sir, denn wenn er nachher übermüthig werden sollte und etwa in Zukunft Eure Beschimpfung bekannt machen, (was er, wie ich glaube, nicht thun wird) so könnt Ihr dreist schwören und behaupten, daß er Euch nie geschlagen, daß Ihr es gewußt hättet.

Amor. La Foole. Ah, ich begreife.

Gutwitz. Ich zweifle aber gar nicht, daß Ihr dadurch nicht die besten Freunde werdet, die es in Zukunft nicht wagen, einen bösen Gedanken gegen einander zu denken.

Amor. La Foole. Ich nicht gegen ihn, so wahr mir Gott helfe.

Gutwitz. Er auch nicht von Euch, Sir, und wenn er es sollte. Verbindet ihm die Augen. – Kommt, Sir John. Blindekuh! Sir John.

Dauphine kommt und zwickt ihn.

Amor. La Foole. O Sir John! Sir John! Oh, o – o – o – o – o – Oh! –

Gutwitz. Guter Sir John, hört nun auf zu zwicken, Ihr reißt ihm sonst die Nase ab. Jetzt gefällt es dem Sir John, daß Ihr Euch in das Zimmer zurück begeben sollt. Führt ihn zurück. Nun seid Ihr Freunde, ich hoffe, alle Eure gegenseitige Erbitterung ist begraben, Ihr sollt nachher wieder hervorkommen wie Damon und Pythias und Euch mit der zärtlichsten Freundschaft umarmen. – Ich bin überzeugt, sie werden in Zukunft mit ihren Zungen nicht so unbändig sein. Dauphine, ich verehre Dich. Ei, Himmel! die Damen haben uns überrascht!



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