Ben Jonson
Epicoene oder Das stille Frauenzimmer
Ben Jonson

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Vierte Scene.

Die Vorigen. Dohle, Hochmuth, Amsel, Centaur, Gläubig.

Dohle. Hieher, Madam.

Morose. O, die See bricht auf mich ein! – Eine neue Fluth! Eine Ueberschwemmung! Ich werde in Geräusch untergehn! Schon schlägt es an meine Ufer. Ich fühle ein Erdbeben in meinem Innern.

Dohle. Ich wünsche Glück, meine Gebieterin.

Morose. Ei, sie hat auch Diener!

Dohle. Ich habe einige Lady's mitgebracht, die Euch sehn und kennen lernen wollen. Mylady Hochmuth, er präsentirt eine nach der andern, und Epicoene umarmt eine jede. dies ist Mylady Centaur, Mistreß Dorothee Amsel, Mistreß Gläubig, die Kammerfrau der Mylady Hochmuth. Wo ist Euer Gemal? Wir wollen ihn sehn; kann er kein Geräusch vertragen? Laßt mich doch zu ihm kommen.

Morose. Was ist das für ein Nomenclator!

Gutwitz. Sir John Dohle, Sir, Eurer Frauen Diener.

Morose. Ein Dohle und ihr Diener! O es ist aus mit mir, es ist aus mit mir, wenn sie solche Diener hat! Will fortgehn.

Gutwitz. Nein Sir, Ihr müßt die Lady's küssen; ei, Ihr dürft nicht fortgehn; sie kommen auf Euch zu, Euch heraus zu suchen.

Hochmuth. In der That, theurer Morose, dürft Ihr mitten unter Euren Freunden Euch so heimlich verheirathen und uns nichts davon melden lassen? Nun, ich will Euch dennoch küssen, ob ich gleich die gerechteste Ursache hätte, mit Euch zu hadern. Ihr müßt es mir erlauben, Mistreß, Eurem Gemal mit einer anständigen Vertraulichkeit zu begegnen.

Epicoene. Dadurch erzeigen mir Eure Gnaden eine Ehre, wenn ich sehe, daß er Eurer Gunstbezeugungen würdig ist: so wie Ihr sowohl ihm wie mir eine Gnade erzeigt habt, ein Ehepaar zu besuchen, das so unvorbereitet ist, Euch Unterhaltung zu gewähren.

Morose. Complimente! Complimente!

Epicoene. Die Bürde davon muß ich daher hier auf meinen Diener legen.

Hochmuth. Das wird nicht nöthig sein, Mistreß Morose, wir wollen lieber alle tragen helfen, als daß eine sollte unterdrückt werden.

Morose. Das weiß ich, und Ihr werdet Ihr die Kunst beibringen, wenn sie sich gelehrig zeigt. Geht abseits, indeß die übrigen unter einander sprechen.

Hochmuth. Ist diese das stumme Mädchen?

Centaur. Sie hat ihre Zunge gefunden, seit sie verheirathet ist, so sagt Herr Gutwitz.

Hochmuth. O Herr Gutwitz, guten Morgen. Was für eine Art von Kreatur ist denn Eure Braut da? Sie spricht wie mich dünkt.

Gutwitz. Ja, Madam, und glaubt mir nur, sie ist eine Dame von sehr feinen Sitten und aus einer guten Familie.

Hochmuth. Und Hans Dohle sagte uns, sie könne nicht sprechen.

Gutwitz. Das war ein angelegter Plan, Madam, von Sir Dauphine, seinen Neffen und noch etlichen von uns, um sie dem alten Kerl aufzuhängen: aber sie ist ein Frauenzimmer von vieler Welt und die einen sehr glücklichen Witz und eine geläufige Zunge hat. Ihr sollt es noch vor Abend sehn, wie trefflich sie den Dohle aufziehn wird.

Hochmuth. Und er brachte uns her, um über sie zu lachen.

Gutwitz. So geht es oft, Madam, daß der, der sich für den Haupt-Witzigen hält, der Haupt-Narr ist. Ich versichre Eure Gnaden, Ihr könnt nicht über sie lachen.

Hochmuth. Nein, sondern wir wollen sie im Kollegium haben, wenn sie witzig ist, so soll sie zu uns gehören. Nicht wahr, Centaur? Wir wollen sie zu einem Mitgliede machen?

Centaur. Ohne Zweifel, Madam, und Amsel und sie können dann unsre Gegen-Parthei bilden.

Gutwitz. Glaubt mir, Madam und Mistreß Amsel, sie wird ihrer Würde nichts vergeben.

Amsel. Das sollt Ihr erfahren, wenn ich sie gesprochen und auf die Probe gestellt habe.

Hochmuth. Seid aber höflich gegen sie, Amsel.

Amsel. Das will ich, Liebe. Amsel spricht heimlich mit Epicoene.

Morose. O glückliche Minute! Wenn sie doch immer so flüstern wollten!

Gutwitz. Wenn Eure Gnaden unterdessen ein wenig dazu beitragen wollten, ihn zu martern; Ihr kennt seine Krankheit, sprecht doch mit ihm von den Hochzeits-Gebräuchen, oder fodert Eure Handschuhe, oder –

Hochmuth. Laßt mich nur machen. Centaur, hilf mir. Herr Bräutigam, wo seid Ihr denn?

Morose. O es war zu wunderwürdig gut, um zu dauern!

Hochmuth. Wir sehn hier nichts von einer Hochzeitsfeier, nichts von einem Schmause, wo sind denn unsre Bänder und Handschuhe? Ich bitte, gebt sie uns. Laßt uns doch zum wenigsten die Farben Eurer Braut und die Eurigen wissen.

Centaur. Ach Madam, er hat gar keine besorgt.

Morose. Hätt' ich Euer Gnaden Maler gekannt, so hätte ich's gethan.

Hochmuth. Wahrhaftig, Centaur, da hat er's Euch nun gegeben. Aber heute, Herr Morose, denkt nur nicht mit einem bloßen Scherze so durchzukommen. Ihr habt die Milch des Hofes eingesogen, und seid nachher von ihr zu starken Getränken und zum Weine der Lebensart auferwachsen, Ihr seid ein Hofmann vom Fallhut bis zur Nachtmütze gewesen, (wie man sich ausdrücken könnte) und doch begeht Ihr in einem so wichtigen Punkte der Ceremonien einen solchen Verstoß! Ihr laßt Eure Vermälung alle Zeichen der Feierlichkeit entbehren! Wie viel Silbergeschirr habt Ihr nicht heute eingebüßt (wenn ich auch nur auf Euren Vortheil sehn will), wie viele Geschenke, wie viele Freunde, bloß durch Euer bäurisches Betragen?

Morose. Madam –

Hochmuth. Vergebt mir, Sir, ich muß Euch Euren Irrthum ein wenig erläutern. Keine Handschuhe? Keine Strumpfbänder? Keine Schärpen? Kein Epithalamium? Keine Maske?

Dohle. Ja, Madam, ich will ein Epithalamium machen, ich verspreche es meiner Gebieterin und habe auch schon angefangen: wollen Euer Gnaden es anhören?

Hochmuth. Ja, lieber Hans Dohle.

Morose. Gefällt es Euer Gnaden, über eins von meinen Zimmern zu befehlen und sich mit Eurem Freunde zurück zu ziehn? Ihr dürft nur unter meinen Zimmern wählen, wo Ihr allein sein wollt, mein ganzes Haus steht zu Eurem Befehl. Ich weiß, daß Euer Gnaden sonst Ihr Gewerbe in der Stadt angebracht hat, nun seid Ihr zum Unglück auf mein Haus gefallen: aber doch sollte es mir Leid thun, Euer Gnaden in ihren anständigen Gebräuchen eine Störung zu machen. Deswegen werthgeschätzte Madam –

Epicoene. Still, Ihr seid ein grober Gesell, vornehme Damen auf diese Art zu unterhalten.

Centaur. Ein grober Knecht ist er in der That.

Gutwitz. Bei diesem Sonnenlicht, Ihr verdient so gekrönt zu werden, daß Eure Hörner von einem Ende der Insel bis zum andern hinüber reichen. – Ihr müßt mich nicht mißverstehn, Sir, ich sage das nicht aus Bosheit gegen Euch, sondern nur, um den Damen wieder einiges Herz zu machen.

Morose. Dieser ist wohl Euer Bravo, Lady's?

Gutwitz. So wahr mir Gott helfe, sprecht Ihr noch ein einziges solches Wort, so nehme ich die Braut mit mir hinein und fange an, Euch gar ernsthaft zu traktiren. Hört Ihr? Nun, gutes Muths, erkennt Eure Freunde und die, welche Euch lieben.



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