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Eine gefährliche Mahlzeit

Als Pak eines Tages über ein buschiges Wiesengelände strich, um von einem Wasserloch zum anderen zu ziehen, eräugte er unter sich einen alten Bekannten, denn Freund wäre zuviel gesagt.

Mautz war es, der aus einem seiner Raubzüge begriffen dort herumschlich. Der graue Kater war wieder mal so gut in Deckung, daß Pak ihn erst im letzten Moment sah. Er ließ vor Schreck etwas fallen, das traf Mautz, wie der Zufall manchmal so spielt, in sein emporgerichtetes Gesicht.

»Schweinerei – das war Pak – die Bestie«, knurrte der Getroffene.

Pak aber, der den Treffer nicht beabsichtigt hatte, war erfreut über den unverhofften Erfolg. Er sah, wie sein alter Widersacher sein Gesicht immer wieder im Grase rieb, und er zog frohgemut seinem Ziele zu.

Der Sommer war im Schwinden, und eine große Sache war in das Leben der Wildenten gekommen. – Die Gerste stand in Hocken.

Auch Pak hatte vor, wenn am Abend die Menschen von der Feldarbeit heimgekehrt wären, zur Gerstenmast zu streichen. Jetzt war es noch zu früh, er zog daher zu einem sehr geschützt liegenden, ganz kleinen Tümpel. Da hatte man Ruhe vor jeglichem Getier, vor allem vor den lieben Artgenossen. Denn es ist merkwürdig, an Tagen, an denen man das Gewese anderer nicht gebrauchen kann, ist nichts so lästig wie die liebe Verwandtschaft.

Jetzt ging der Erpel nieder. Eine geschickte Kippe zwischen zwei Erlenbüschen hindurch, nochmal eine kleine Rechtswendung und dann das wunderbare – – Rsch-sch-sch-sch-sch! das zu hören ist, wenn Enten auf das Wasser aufsetzen.

Ein Schwarm Weißfische spritzte auseinander, einzelne durchbrachen die Wasseroberfläche und der Erpel sah Gold und Silber blitzen, als die Schuppenträger in der gründämmerigen Tiefe verschwanden. Nun war er allein. Die späte Sonne blinkerte durch Blatt und Zweig. Schilf und Rohr lagen still. Auch das Wasser rührte sich nicht. Der Enterich nestelte in seinem Gefieder, steckte Kopf und Hals unter Wasser und warf einen Tropfenregen über sich. Wieder und wieder tauchte Pak unter, die Flügel peitschten das Wasser, und plötzlich schlug sich der Erpel unter den Wasserspiegel, schoß unter der Oberfläche dahin, tauchte wieder auf, um gleich wieder zu verschwinden.

So trieb er ausgelassen und fröhlich Allotria, bis er's müde wurde und ruhig auf dem langsam seine Ringe zum Ufer sendenden Wasser lag.

Da plötzlich, ein heller Vogelruf, und ein funkelnder Edelstein fuhr dicht über Pak dahin, schoß über das Wasser, am Rohr entlang, bis zu einem trockenen Zweig, der aus dem Wasser ragte. Dort blieb das Juwel sitzen. Der Eisvogel, der prächtigste Vogel unserer Heimat, ist auf seinem Anstand. Dicht über der Wasseroberfläche hockt der kleine saphirbesetzte Fischer mit der orangenen Unterseite. Er rührt kein Federchen. Doch jetzt schießt er hinab, und vorwärts über das Wasser jagend, verschwindet er halb im Nassen. Dann eine jähe Wendung, und mit einem kleinen Fisch im Schnabel fliegt er zurück auf seinen Platz. Noch mehrere Male wiederholt sich das, ehe der prächtige Vogel genug hat und davonfliegt.

Allmählich ist auch die Sonne gesunken und Pak wird unruhig. Er sitzt hochaufgerichtet, hin und wieder läßt er ein einzelnes »Brät –« hören und dann steht er auf. Unterwegs trifft er andere Enten, die gleich ihm zu Felde ziehen. Und da sieht er auch schon die gelben Breiten, die ihn und seinesgleichen herbeilocken.

Der Eisvogel

Er fällt ein, und augenblicklich schnackert der breite Schnabel Gerste in sich hinein.

Überall zwischen den Hocken mästen sich Wildenten an der herausgefallenen Gerste. Andere sind oben auf den Ährenbüscheln und schöpfen aus dem Vollen. Es stehen immer neue Schofe von Enten zu, andere ziehen ab, es ist ein reger Betrieb. Von anderen Gerstenschlägen ziehen solche herüber, die nach der ersten Sättigung wechselnde Geselligkeit suchen, und es ist ein Geschnatter und ein Leben sondergleichen.

Doch dann kommen andere Gäste. Langsam, so scheint es, ziehen sie in weitgezogener Linie heran, doch ehe man sich's versieht, sind sie da, denn ihr Flug fördert mehr als es den Anschein hat.

Gänse! »Gick – gack, gackgack –«, so lassen sie sich in großer Schar nieder, um der ersehnten Gerste willen. Da kracht es einmal – zweimal –! Drei Gänse liegen auf der Stoppel, eine vierte rennt ein Stück, dann drückt sie sich in eine Hocke. Weitere Schüsse fallen. Wieder stürzen Gänse, und auch eine Ente.

Ein brausendes Meer von Flügeln brandet auf. Enten und Gänse heben sich wie eine dunkle lärmende Wolke empor, verteilen sich im Höhersteigen und lösen sich in viele kleine Schofe und Scharen auf. Doch ehe sie aus dem Bereich der Schrote sind, knallt es noch viermal und abermals fallen zwei Gänse und eine Ente.

Gänse und Enten sind zerstoben wie die Gäste von der Tafel, wenn der Tod plötzlich unter sie tritt. Auch Pak ist in den verdämmernden Abend entflohen.

Aus zwei der Gerstenhocken aber schälen sich zwei Männer und ein brauner langhaariger Hund, der vor allen Dingen die geflüchtete Gans bringt. Neun Gänse und zwei Enten erbeuteten die beiden Nimrode, und schwerbeladen zogen sie heimwärts.


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