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Vorspruch

 

Motto:

»Wer den Verstand der Tiere leugnet,
ruft die Sorge um den eigenen wach!«

Dr. Alfred Brehm

 

Wildtiere und Haustiere: So weit voneinander getrennt durch die Lebensgewohnheiten und doch Nachkommen derselben Vorfahren! Wann die Menschen begonnen haben, Haustiere aus den Wildtieren zu machen, weiß man nicht. Zu weit im Morgengrauen der Menschheitsgeschichte verlieren sich die Anfänge der Domestizierung von Vögeln und Säugetieren. Aber man erkennt an den äußeren Merkmalen und an einzelnen Lebensgewohnheiten der Haustiere ihre wilden Vorfahren.

Für das Pferd kommt nur das Wildpferd in Frage, das in den Steppen Asiens noch heute in geringer Zahl vorkommt. Der Vorfahr unseres Hausrindes ist der ausgerottete Auerochse gewesen. Die Hausgans stammt von der so weitverbreiteten Graugans ab, aber bei unserem braven Eierleger, dem Huhn, ist es schon wieder schwierig. Das Sonnerat-, das Bankiwa- und das Lafayettehuhn hält man entweder alle drei, oder eines, beziehungsweise zwei von ihnen, für die Urform unserer Hühnerrassen, so verschieden sie in Form, Farbe und Eigenschaften auch sein mögen. Diese drei Wildhuhnarten leben in Indien.

Ein Tier, ohne das der Mensch vom Nordpol bis unter die Tropensonne nicht gedacht werden kann, ist der Hund. Vielfältig in den Rassen, wie kaum ein anderes Haustier, vielseitig in seinen Fähigkeiten und außerordentlich reich begabt in seinen geistigen und seelischen Eigenschaften, ist er das beliebteste Haustier des Menschen.

In Asien sucht die Wissenschaft nach dem Stammvater oder den Stammvätern des Hundes. Weder der Wolf noch der Schakal ist bis jetzt zweifelsfrei als sein Ahne erkannt worden. Und weder der längst ausgestorbene Torfspitz noch der Batakerhund sind mit Sicherheit als die Urformen unseres Hundes anzusprechen.

Der nächste Gefährte des Haushundes, wenn auch nicht der liebste, ist in vielen Fällen die Katze.

Nicht die Wildkatze, die bis ins vorige Jahrhundert in Deutschland häufig war, sondern die in tropischen Ländern beheimatete Falbkatze ist die Stammform der Hauskatze. Man nimmt an, daß sie durch Nonnen über Spanien zu uns gekommen ist. Ihrer Veranlagung nach ist die Katze, im Gegensatz zum Hund, dessen Vorfahren in Rudeln lebten und sich einem Anführer beugten, ein Einzelgänger geblieben, wie es ihre Urväter waren. Ihre Seele ist unabhängiger als die des Hundes, sie wurde ein Gefährte des Menschen, aber nie sein Diener wie der Hund.

Wohl sind Hund und Katze gleichermaßen Raubtiere, doch schon aus der Verschiedenheit der Art, wie sie jagen, spricht die Verschiedenheit ihres Wesens.

Die Wildhunde und Wölfe hetzen ihr Wild in Rudeln und ordnen sich dabei dem Leittier unter. Die Katze hingegen übt die Jagd als Pirsch- und Ansitzjäger aus, wobei sie auf sich selbst angewiesen ist.

Abweichungen von dieser Regel, wie der Fuchs, der, obwohl zur Familie der Hunde gehörend, allein jagt und nur gelegentlich in sehr harten Wintern sich vorübergehend zu kleinen Rudeln zusammenfindet, vermögen nicht diese grundsätzliche Verschiedenheit der beiden Raubtiere zu entkräften. Unter den Katzen ist es der Löwe, der zu Zeiten in Rudeln jagt. Solche Rudel sind lose Verbände, die sich zu nächtlicher Gemeinschaftsjagd zusammenfinden und nach der Jagd ebenso schnell wieder auflösen.

Wie sehr nun die Zuchtwahl, die der Mensch an domestizierten Tieren vornimmt, die Geschöpfe der Natur auch verändert, so können solche Grundzüge ihres Wesens doch nur zurückgedrängt, niemals aufgehoben werden. Es werden daher immer wieder Rückschläge in die Urnatur auftreten. Selbst bei einer so ganz zum Haustier gewordenen Tiergattung, wie das Hausrind es ist, sind Fälle vorgekommen, daß einzelne Kühe oder Bullen ausbrachen, um in Wald und Wiese ein Leben der Freiheit zu führen. Eine junge Kuh benahm sich dabei so scheu und vorsichtig wie ein Stück Wild und konnte erst nach vielen Fehljagden geschossen werden. Am häufigsten aber verwildern Katzen. Ihr selbständiges Wesen, oft auch die einsame Lage der Gehöfte, auf denen sie gehalten werden, unterstützen dies. Die Mäusejagd läßt die Hauskatze unmerklich ihre Streifzüge ausdehnen, und eines Tages stößt sie auf eine Kette junger Rebhühner oder einen Junghasen, und der Wildräuber ist fertig.

So ein Kater war Mautz.

Bei ihm vereinigte sich zuviel, das ihn auf die Wildererbahn drängte, als daß er ein braver Hauskater hätte bleiben können. Auf einem Gehöft, das einsam in den Feldern lag, wurde er geboren. Solche Katzen lernen das Streunen fast immer. Sein grau und schwarz geströmter Balg, den kein weißer Fleck unterbrach, war die Tarnkappe, die ihn bei seinen Raubfahrten, solange er sich nicht bewegte, für das menschliche Auge unsichtbar machte.

Pak der Wilderpel, der durch die Laune eines Kindes auf demselben Hof geboren wird, geht den umgekehrten Weg. Das Geschöpf der Wildnis wird zum Haustier. Doch bringt ihn die Art des Lebens, zu dem ihn der Mensch bestimmt, zu nahe mit seiner eigentlichen Welt in Berührung, er bricht aus.

Das Leben Mautz des Katers, beginnt normal und verläuft ungewöhnlich, das des Erpels beginnt außergewöhnlich und mündet trotz aller Schwierigkeiten, die sich ihm entgegenstellen, in das Natürliche.

Bei Pak ist es nur der kleine Schritt des zum Haustier gemachten Wildlings, bei Mautz der sehr viel größere des Haustieres, das zum jagenden und gejagten Wildtier wird. Und doch ist bei beiden eines gemeinsam: Die unbesiegliche Kraft der Natur, die in ihnen zum Durchbruch kommt, trotz größter äußerer Schwierigkeiten bei dem Erpel, und jahrtausendelanger Domestizierung seines Geschlechts bei dem Kater.


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