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Trennungsschmerz

Eines Tages trat der Pächter der dortigen Jagd auf den Hof. Er wollte von dem Bauern ein kleines Stück Acker pachten, das, mitten im Walde gelegen, sich vorzüglich für einen Wildacker eignen würde. Die beiden Männer wurden auch handelseinig und der Pächter machte gleich aus, der Bauer solle ihm das Stückchen Land pflügen und eggen, und, wenn die rechte Zeit gekommen wäre, Seradella darauf säen. Nun sprachen sie noch über die Jagd, der Bauer meinte, dort wechsele das Rotwild, und er glaube bestimmt, daß die Seradella angenommen würde. Als der Pächter schon gehen wollte, sah er auf einmal die Wildente. Der Bauer wurde etwas verlegen, wegen des ausgenommenen Entengeleges, aber der Pächter machte es ihm leicht, ging über den peinlichen Punkt hinweg und freute sich über die Zutraulichkeit des Wildvogels. Er holte ein Stück Brot aus der Tasche und fütterte den Erpel. Der kam sehr nahe heran, wenn er sich auch nicht streicheln ließ, und der Jägersmann sprach freundlich mit ihm. »Wollen Sie das Tier nicht verkaufen, Meister?« So fragte er den Bauern. Nein, das wollte er nicht, der Bauer, sein Junge hinge so an dem Tier, und sie hätten sich alle daran gewöhnt, und die Ente gehöre mit zur Familie, äße mit am Tisch und, wie gesagt, das Tier gehöre dem Jungen. Aber er fragte doch, »was der Herr denn anlegen würde«. »Zehn Mark«, war die schwerwiegende Antwort ... Donnerwetter!!! Zehn Mark!!! Das waren ja vier Zentner Kartoffeln!!! Er würde natürlich das Geld dem Jungen geben, in dessen Sparbüchse. Und nach einigem Hin und Her, Ja und Nein hatte der Pächter den Erpel gekauft. Der Bauer lockte ihn mit etwas Gerste in den Stall, dort fingen die beiden ihn und Pak wurde davongetragen. Den Jungen konnten die zehn Mark nicht trösten, für ihn war und blieb es der erste Verlust eines Freundes.

Der Vater, der immer wiederkehrenden Fragen und Bitten müde, fuhr ihn schließlich grob an. Er fand, der Junge stellte sich ein bißchen an, schließlich war es doch bloß ein Tier. Hier standen sich zwei Anschauungen gegenüber, die immer unvereinbar bleiben werden.

Der Jagdpächter sperrte Pak vorläufig in den Stall, fütterte ihn gut, war nett zu ihm und gab sich überhaupt viel mit ihm ab.

Eines Morgens kam ein kleines Päckchen mit der Post, dem entnahm der Mann einen Gegenstand und ging zu Pak in den Stall.

Er fing den Enterich ein, legte ihm den Gegenstand – eine Flugfessel – geschickt an, und Pak war, ohne verstümmelt zu sein, wie es sonst aus solchem Anlaß üblich ist, flugunfähig. Bei der Verstümmelung amputiert man das vorderste Stück des Flügelknochens. Doch das widerstrebte dem Jäger. Wenn nun Pak auf dem Hofe herumlief, sah ihm niemand an, daß er unter den geschlossenen Flügeln eine Fessel trug, die ihm allenfalls erlaubte etwas zu flattern, aber nicht zu fliegen. Pak war jung und gesund, er gewöhnte sich an die neue Umgebung. Der Pächter wohnte, wenn er draußen auf seiner Jagd war und nicht in Berlin seinem Beruf nachging, bei einer alten Bauersfrau. Auf deren Hof lebte nun Pak mit Hühnern, Puten und Gänsen zusammen, und da die Alte freundlich zu ihm war, so war er leidlich zufrieden. Ein Gutes hatte das veränderte Leben auf alle Fälle, Pak war von dem verhaßten Mautz befreit.

Wenn man den Pächter fragte, warum er soviel Geld für die Wildente ausgegeben habe, dann sagte er nur – er hätte schon gewußt, was er tat.


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