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4.

Von der Gewalt seines Rufes klirrten die Scheiben des Stiegengewölbes; die Gäste der Schenkstube setzten, Mund und Krugdeckel weit aufgesperrt, mitten im Mannsschluck ab; die Köchin mit erhobenem Schaumlöffel, die Mägde mit Messer und Nudelwalker sahen einander wie versteinert an, ja selbst das Herdfeuer schien eine Zeitlang den knisternden Atem anzuhalten, und das alte Erbstück des Hauses, der mächtige selbst sich drehende Hühnerspieß, machte in seinem Wenden eine merkliche Pause. Man hätte eine Maus seufzen hören in dieser peinlichen atemlosen Stille, aber es kam keine Antwort auf des Böswirts Frage: »Urschi, wo bist denn?«

Ein Augenblick, und die Deckel fielen wieder auf die Krüge, die Köchin befahl, Messer und Nudelwalker hasteten in den Händen der Küchentrabanten hurtig darauf los, die Späne krachten, und unaufhaltsam in seiner eisernen Pflicht drehte der fünffach beladene Bratspieß sich um sich selbst, derweil der Böswirt mit festen Schritten über den Hof nach seinem Garten ging.

Des Böswirts Gründe, Gärten, Äcker, Wiesen und Felder erstreckten sich weit hin in der Runde gegen Westen zu, während die vordere dem Sonnenaufgang zugekehrte Seite seines Wirtshofs in die Hauptstraße des Fleckens sah. Vom hintern Flurtor kam man zuerst in den großen Hof mit den Scheunen und Holzlegen, dem Schlacht- und Waschhaus. Aus diesem Hof trat man auf einen weiten geräumigen mit Bäumen und Gebüschen in anmutiger Abwechslung bepflanzten Platz, in dessen Mitte wohlgebohnt der Sommertanzboden stand, über welchen sechsunddreißig hölzerne Säulen eine himmelblau angestrichene mit zierlichen weißen Wölkchen bemalte Decke hielten. Erst hinter diesem Platz, jenseits zweier langen Kegelbahnen, kam man in den großen Garten, hinter dem endlich, von den Feldern durch die Landstraße geschieden, der kleinere Garten lag, den außer der Familie des Eigentümers höchstens ein alter Freund oder ein Gast von besonderer Gewichtigkeit betreten durfte.

Instinktmäßig den nächsten Weg nach diesem entfernten Ziel einschlagend, hatte der Böswirt seine Schritte über die Mitte des Tanzbodens gerichtet; aber kaum daß er ihn mit einem Fuß betrat, wandte er sich, als brennten ihn die lustigen Bretter durch die Schuhsohlen, und er ging im Umweg um die halbe Rundung dem Garten zu. Sacht und sorgsam drückte er dessen Türklinke auf.

Der Alte mußte tief in seine Gedanken versunken sein, daß er noch einmal auf den eigenen Tanzboden ein Bein gehoben hatte, denn eben das hatte er vorzeiten ein für allemal mit hohen Eiden verschworen.


Warum wohl dem alten Wirt sein eigener Tanzplatz so verhaßt war? Und warum er sich also hoch und teuer verschworen hatte?

Ich will es euch erzählen, ich will euch alles ausführlich erzählen, was jetzt mit Windeseile durch sein glühendes Hirn flog, als er mit hochaufgezogenen Schultern und geballten Fäusten den Umweg um die Rundung des Tanzbodens nahm und mit vorsichtigen Schritten nach seinem abgesonderten Gärtchen ging.


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