Friedrich Hölderlin
Gedichte
Friedrich Hölderlin

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Der Zeitgeist

              Zu lang schon waltest über dem Haupt mir
    Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit!
        Zu wild, zu bang ists ringsum, und es
            Trümmert und wankt ja, wohin ich blicke.

Ach! wie ein Knabe, seh ich zu Boden oft,
    Such in der Höhle Rettung von dir, und möcht',
        Ich Blöder, eine Stelle finden,
            Alleserschüttrer! wo du nicht wärest.

Laß endlich, Vater! offenen Augs mich dir
    Begegnen! hast denn du nicht zuerst den Geist
        Mit deinem Strahl aus mir geweckt? mich
            Herrlich ans Leben gebracht, o Vater! –

Wohl keimt aus jungen Reben uns heilge Kraft;
    In milder Luft begegnet den Sterblichen,
        Und wenn sie still im Haine wandeln,
            Heiternd ein Gott; doch allmächtiger weckst du

Die reine Seele Jünglingen auf, und lehrst
    Die Alten weise Künste; der Schlimme nur
        Wird schlimmer, daß er bälder ende,
            Wenn du, Erschütterer! ihn ergreifest.

 


 


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