Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Antilopen

Ein amerikanischer Zoologe, Andrew Chapman, hat kürzlich die Gobi, jene Wüste der Mongolei, im Kraftwagen mehrmals durchquert, um so ihr Tierleben bequem studieren zu können. Am meisten setzte ihn ihr Reichtum an Antilopen (sogenannten Kropfantilopen, Antilôpe gutturôsa)in Erstaunen. »Ich hatte bis dahin«, berichtet er, »keinen Begriff davon, welche Geschwindigkeit ein lebendes Wesen entwickeln kann. Wenn wir das Auto halten ließen und schossen, stürmten die Antilopen weiter, so daß man ihre Beine nicht mehr unterscheiden konnte. Alles wirbelte herum wie die Flügel eines elektrischen Ventilators, und ich glaubte kaum, daß eine Kugel sie erreichen könnte. Mehrfach jagte das Auto hinter einer Antilopenherde her, oder Wagen und Herde sausten nebeneinander dahin. Dabei bot der Geschwindigkeitsmesser des Wagens die Möglichkeit, die Schnelligkeit der Antilopen genau festzustellen.« Als höchstmögliche Leistung ermittelte Andrew in dieser Weise 1,6 Kilometer in der Minute. Wenn die Tiere diese Geschwindigkeit eine kurze Zeit entwickelt hatten, sank sie auf 1,4 bis 1,3 Kilometer und schließlich auf 1,0 bis 0,9 Kilometer in der Minute herab. Diese letztere Geschwindigkeit vermochten die Antilopen jedoch auf fast unbegrenzte Zeit beizubehalten. Bemerkenswert war es auch, daß die Tiere ihre Geschwindigkeit genau nach der des Wagens bemaßen, niemals also schneller liefen, als notwendig war, um einen bestimmten Abstand zwischen sich und die Verfolger zu legen. – Ich will zur Vergleichung hier ein paar andre Geschwindigkeitsziffern mitteilen, die eine Vorstellung von der Leistung dieser Kropfantilopen ermöglichen. Die Antilope erläuft nach den Messungen Andrews 0,9 bis 1,6 Kilometer in der Minute oder 15 bis 26,6 Meter in der Sekunde. Der Galopp fördert das Pferd in der gleichen Zeit im Durchschnitt um 5 bis 9 Meter, das Rennpferd um 12 bis 14 Meter. Der Lachs schwimmt 4,6 bis 5,6 Meter in der Sekunde. Der Finnwal soll in voller Flucht eine Geschwindigkeit von 5 bis 7 Meter in der Sekunde erreichen können, der Delphin noch schneller sein. Die Geschwindigkeit der Brieftaube ist auf 18 bis 19 Meter in der Sekunde berechnet worden, die der Schwalbe auf 60 bis 61 Meter! Bei solcher Geschwindigkeit, sagt Hesse, würde die Schwalbe auf ihrem Wanderzuge auch ohne Mithilfe des Windes in 10 Stunden von Mitteldeutschland nach Nordafrika gelangen. Löwe und Tiger springen mit einem Satze 4 bis 5 Meter, der Löwe nach Schillings sogar bis 8 Meter weit; das erreicht auch manche Antilope, wie z. B. der Springbock, bei einer Satzhöhe von 2 Meter. Das Riesenkänguruh macht Sätze von 9 bis 10 Meter. Dieselbe Sprungweite bei einer Sprunghöhe von 2 bis 3 Meter erzielt auch die Hirschziegenantilope.

Die Antilopen ( Antilôpinæ) bilden eine außerordentlich formenreiche Unterfamilie der zu den wiederkäuenden Paarzehern ( Artiodâetyla rumin?ntia) gehörenden Familie der Horntiere ( Cavicornia). Die Horntiere, zu denen bekanntlich auch die Rinder, Ziegen und Schafe zählen, sind dadurch besonders ausgezeichnet, daß sie auf den Stirnbeinen Knochenzapfen tragen, die von derben, Jahr für Jahr an Masse zunehmenden Hornscheiden verschiedener Gestalt umhüllt und verlängert werden und so dem Tier als Waffe und Schmuck dienen. Eine merkwürdige Wechselbeziehung besteht zwischen der Gehörn- und der Zahnbildung: den Horntieren fehlen im Oberkiefer die Schneide- und Eckzähne. Es gibt, nebenbei bemerkt, eine lustige Geschichte, die davon berichtet und erzählt, wie eines Tags zu Buffon der Teufel mit Hörnern und Klauen kam, um ihn zu verschlingen. Der große französische Naturforscher besah sich die dämonische Gestalt sehr aufmerksam von oben bis unten, lächelte und sagte: »Ach Freund, du hast ja gespaltene Hufe und Hörner; du kannst nicht groß beißen und Fleisch schon gar nicht verschlingen.« – Alle Hornträger nun, definiert Ludwig Heck einmal treffend, die nicht Ziege, Schaf oder Rind sind, nennen wir Antilopen. So vereinigen sich denn in dieser Gruppe die mannigfachsten Tiergestalten: plumpe, große, bis zu zwanzig Zentner schwer, von den Formen eines Ochsen; Tiere, die an ein Pferd, an einen Hirsch gemahnen; zierliche, winzige, wie ein Zicklein groß; solche, die ein meterlanges Gehörn, und solche, die nur eines haben, das kaum zehn Zentimeter lang wird. Und dieses Gehörn kann rund oder eckig, gekielt, gerunzelt, geringelt, zusammengepreßt, gebogen oder gerade, gedreht oder schraubenförmig gewunden sein. Dieses ist wie eine Lyra gestaltet, jenes mit den Spitzen nach außen, nach innen, nach vorn, nach hinten gebogen. Eine kleine indische Antilope hat vollends vier Hörnchen. Ebenso abweichend ist das Haarkleid der verschiedenen Arten gefärbt, der Schwanz gebildet usf. Dazu kommt, daß innerhalb ein- und derselben Art die einzelnen Individuen nach Gehörnbildung und Färbung außerordentlich variieren können, so daß man nach dem Worte Schweinfurths in den zoologischen Gärten selten zwei völlig gleiche Tiere einer Art antrifft. Das Gehörn kommt meist beiden Geschlechtern zu; doch fehlt es bei einzelnen Arten (z. B. dem Riedbock, dem Wasserbock, dem Kudu usf.) dem Weibchen. Trotz seiner uns dazu ganz ungeeignet erscheinenden Form ist es bei den Kämpfen der Männchen um die Weibchen, ja, selbst im Kampfe mit den Raubtieren und dem Menschen eine gefährliche Waffe. Die Säbelantilope, die mit sehr langen, leicht nach hinten und abwärts gebogenen, bis über die Mitte des Rückens reichenden Hörnern geschmückt ist, kniet nach dem Bericht des englischen Zoologen A. D. Bartlett, wenn sie sich zum Kampf mit dem Nebenbuhler vorbereitet, nieder und nimmt den Kopf zwischen die Vorderfüße. Bei dieser Haltung stehen dann die Hörner beinahe parallel und dicht am Boden, mit den Spitzen nach vorn und etwas aufwärts gerichtet. Die Kämpfer nähern sich nun allmählich und versuchen die umgewendeten Spitzen ihrer Hörner unter den Körper des Gegners zu bringen. Gelingt das einem, so springt er plötzlich auf und wirft gleichzeitig den Kopf in die Höhe, wodurch er seinen Gegner verwunden und selbst durchbohren kann. Immer knien beide Tiere nieder, um sich so weit als möglich gegen dieses Manöver zu schützen. Ganz Ähnliches berichtet Sparrmann vom Hartebeest und Gnu, und vom Buschbock erzählt er: wenn der mit Hunden gehetzte Bock keine andre Ausflucht mehr sieht, legt er sich auf die Knie und setzt sich mit seinen spitzen und scharfen Hörnern zur Wehre. Die Buren unternehmen diese Jagd nicht gern, weil das Tier bei solchen Gelegenheiten sein Leben teuer verkauft und gewöhnlich einige der raschesten und besten Hunde gefährlich verwundet. –

siehe Bildunterschrift

Weißbart-Gnu

Das Interessanteste an der Färbung der Antilopen, die im allgemeinen eine Schutzfärbung ist, dürften die » Signalflecken« am Hinterteile sein. So ist z. B. der Springbock durch einen schneeweißen »Spiegel« ausgezeichnet, der mit einem ebenso weißen, gewöhnlich durch eine braungefärbte Hautfalte verborgenen Streifen bereits auf dem Rücken beginnt. Mit diesem Signal »prunkt« der Bock, wie die Buren sagen, wenn er um das Weibchen wirbt, vor allem aber in Gefahr, wenn er verfolgt wird. Er springt dann in die Höhe und zeigt das Signal in seinem vollen Glanze. Wenn eine Herde Antilopen vor einem Verfolger davonstürmt, erklärt Doflein einmal die Bedeutung solchen Signals, so hält sich immer ein Tier mit seinem Kopfe dicht an das Hinterteil des nächsten. Aus dem aufwirbelnden Staub sieht man immer wieder die Hinterteile mit ihren hellen Flecken emporsteigen, die den Mitgliedern der Herde wie Flaggen den Weg zeigen. Besonders wichtig sind solche Signale für die jungen Tiere. Bei den meisten Huftieren (und einigen Nagetieren) sind die Neugeborenen schon nach ganz kurzer Zeit, etwa eine Viertelstunde nach ihrer Geburt, imstande, ihre Beine zu benutzen und der Mutter zu folgen, die mit der Herde beständig auf der Wanderschaft ist. Solch ein »Laufsäugling«, wie man das nennt, ist mit einer Anzahl von Instinkten begabt, die ihm vermitteln, was er zunächst im Leben zu tun hat, ohne daß er noch Erfahrungen darüber gesammelt hat. So folgt er z. B. allem nach, was sich schnell bewegt. Das ist gewöhnlich die ihm vorantrabende Mutter; aber auch ein vom Wind vorübergeblasener Grasballen, der vorbeisprengende Jäger können das Tierchen zum Nachlaufen locken. Eben um es vor folgenschwerem Irrtum zu schützen und bei der Mutter zu halten, spielen die erwähnten Signalflecken eine große Rolle. Bei vielen Antilopen sehen wir so in der Gegend der Schwanzwurzel weiße oder helle Flecken, die meist schwarz oder dunkelbraun umgrenzt sind und sich deshalb besonders scharf als Signale abheben. Von gleicher Bedeutung sind die Signalflecken für die erwachsenen Tiere, um sie auf der Flucht zusammenzuhalten.

Afrika, Süd-, West- und Mittelasien, Südost-Rußland und – da ja auch die Gemse zu den Antilopen zu rechnen ist – Mittel- wie Südeuropa sind die heutigen Wohngebiete der Antilopen. Die meisten Arten sind Steppen- und Wüstentiere, einige aber leben auch in Bergländern, Waldgegenden oder in Sumpfgebieten. Jede Art scheint ein bestimmtes Lieblingsfutter zu haben und dieses ihren Aufenthalt zu bedingen, solange der Mensch nicht eingreift und die scheuen und flüchtigen Tiere in andre Gegenden treibt. Dem besonderen Gebiete, der besonderen Lebensweise sind die Arten in mannigfacher Weise besonders angepaßt. So hat die in den Flugsandgebieten der inneren Sahara lebende weiße Gazelle ( Gaz?lla Lôderi) etwa wie das Kamel breite Hufe, mit denen sie über den flüchtigen Sand hinwegzueilen vermag, ohne einzusinken. Bei den Bergantilopen ist der Huf verkürzt und vorn abgerundet; bei den Sumpfantilopen dagegen sind die Hufe schnabelartig nach vorn verlängert und spreizen weit auseinander, so daß die Tiere, ohne tiefer einzusinken, über schwankende, trügerische Sumpfdecken behutsam hinwegzuschreiten fähig sind. Im Kongobecken ist eine Antilope heimisch, die man sogar als ausgesprochenes Wassertier bezeichnen darf. Diese (von den Eingeborenen Settatonga genannte) Antilope schwimmt nach Passarge wie ein Fisch und taucht sogar unter. Mit ihren wohl fünfzehn Zentimeter langen, spitzen Hufen schreitet sie über die dichten Schilfmassen hinweg, und wenn sie untertaucht, berichtet unser Gewährsmann, hält sie sich mit ihren langen Zehen unten am Schilf fest; sie vermag ziemlich lange unter Wasser zu bleiben und entgeht auf diese Weise oft genug ihren Verfolgern.

Die Nahrung der Antilopen besteht in Gräsern, Kräutern, Blättern, Baumschößlingen u. dgl.; einzelne Arten sind überaus genügsam, andre ebenso wählerisch. Die größeren Formen sind typische Herdentiere, die bisweilen in Rudeln von Hunderten und mehr gemeinsam äsen, nicht selten mit Tieren andrer Antilopenarten, aber selbst mit Zebras, Straußen usf. zusammen. Die kleineren Arten halten sich auch wohl paarweise oder in Familien beieinander. Sie sind sehr wachsam; die Leittiere – bald ein altes Männchen, bald ein erfahrenes Weibchen (z. B. beim Wasserbock) – besteigen gelegentlich Termitenhügel, um eine größere Fernsicht zu haben. Bei drohender Gefahr pflegt sich das Rudel meist erst zusammenzudrängen, ehe es flüchtig wird. Bei vielen Arten leiten seltsame Luftsprünge, wie wir sie vom Springbock schilderten, also gewissermaßen Flaggensignale, die Flucht ein.

siehe Bildunterschrift

Beisa-Antilope

Die Jagd auf Antilopen wird in sehr mannigfacher Art ausgeübt, am häufigsten durch die Hetze zu Pferd und mit Hunden. Die südafrikanischen Kaffern und Buschmänner hetzen Kudu und Elen auch zu Fuß. Die Kaffern treiben bisweilen in größeren Scharen die Antilopen derart, daß sie eine Herde in bestimmter Richtung einer zweiten Schar von Jägern entgegenhetzen, diese Schar nimmt dann mit frischen Kräften die Hetze auf, treibt die allmählich ermattenden Tiere einer dritten zu, bis die Antilopen endlich erschöpft sind und durch Speerwürfe getötet werden können. Die Gazelle und die indische Hirschziegenantilope werden von den vornehmen Arabern und Indern mit dem Falken gejagt und von den Hunden niedergerissen, die Mendes-Antilope hetzt man mit Windspielen, die zu dieser Jagd besonders dressiert sind. Sobald der von seiner Haube befreite Falke die Gazelle eräugt hat, schildert Brehm, erhebt er sich hoch in die Luft und eilt in pfeilschnellem Fluge auf die Gazelle zu, stürzt sich von oben herab auf sie und versucht, in der Gegend der Augen die Fänge einzuschlagen. Das überraschte Wild ist bemüht, durch Schütteln und Überschlagen sich des Raubvogels zu entledigen, während dieser nötigenfalls den Kopf des Opfers verläßt, um ihn sofort wieder von neuem zu packen. Wenn der Falke gut ist, hält er jede nicht allzu große Antilope auf, bis die Hunde herangekommen sind und sie niederreißen. In Indien jagt man Antilopen auch mit Hilfe gezähmter Geparden. Der Gepard, schildert Schlagintweit, wird in seinem Käfig mit verbundenen Augen zum Jagdrevier gefahren. Angesichts der Herde wird der Käfig geöffnet, der Gepard von der Augenbinde befreit, und in Sprüngen eilt nun der »Tschita« auf die Antilopen zu oder schleicht sich vorsichtig an. Mit einem Sprunge sitzt er einem überraschten Bocke im Nacken, beißt ihm die Kehle durch und saugt das Blut aus. Sobald der tödliche Biß erfolgte, eilen die Wärter hinzu, legen dem Tschita die Binde über die Augen, lösen den Kopf der Antilope vom Rumpfe, fangen in einem Holzlöffel Blut auf und bringen durch Vorhalten des Löffels den Geparden von der Beute ab. Sehr eigentümlich war die Jagdmethode, die die Kirgisen der Saiga-Antilope gegenüber anwandten. Diese Antilopen halten sich, schildert der alte deutsche Asienerforscher Pallas, im Winter gern im Rohre auf. Deshalb stutzten die Kirgisen das Rohr so ab, daß die Spitzen die springenden Antilopen verwunden mußten, und trieben die Tiere nach solchen Stellen, wo sie ihnen dann leicht zur Beute wurden.

Machen wir uns schließlich noch mit dem Äußern einiger der wichtigsten Antilopenarten vertraut. Die Gazelle ( Antilôpe d?rcas), in verschiedenen, der Färbung und dem Gehörn nach leicht voneinander abweichenden Formen durch die Steppengebiete Nord- und Ostafrikas, sowie Vorderasiens verbreitet, ist eine zierliche, schlankbeinige Antilope von etwas unter Rehgröße. Ihre Färbung ist ein sandiges Gelb, das gegen den Rücken hin ins Rehbraune übergeht, auf der Unkerseite und am Spiegel aber einem klaren Weiß Platz macht. Der kurze Quastenschwanz ist braunschwarz. Schon auf geringe Entfernung ist eine ruhende Gazelle von dem Sande nur schwer zu unterscheiden. Die Schönheit der großen, feurig-sanften dunkelbraunen Augen wird durch einen weißlichen Ring darum gleichsam besonders hervorgehoben. Weißgelb sind auch die Lippen und die Kehle. Das beiden Geschlechtern eigene, bei alten Böcken bis zur Spitze geringelte Gehörn erinnert, von vorn gesehen, an eine Lyra, strebt vom Schädel auf erst in leisem Schwunge nach rückwärts und biegt sich dann mit den Spitzen wieder leicht nach vorn und gegeneinander. Die Gazellen pflegen in kleineren Trupps und Rudeln bis zu fünfzig Stück umherzuschweifen.

Der in Südafrika heimische Springbock ( Antilope euchôre) ist eine etwas unter hirschgroße, prächtig braun und weiß gefärbte, ebenmäßig kräftige Antilope, die bisweilen in Herden von Tausenden wandert. Die Färbung ist auf der Oberseite ein helles Rostbraun, das durch einen dunkleren Seitenstreifen gegen die weiße Unterseite abgegrenzt wird. Ein breiter, dunkelbrauner Streifen läuft auch mitten über den Kopf bis etwa zur Nasenwurzel und seitlich über die Augen bis zu den Mundwinkeln. Sehr merkwürdig ist eine Faltenbildung auf dem Rücken. Sie beginnt in der Mitte dieses, wird durch eine Verdopplung der Haut gebildet und zeigt sehr lange, ihren weißen Grund für gewöhnlich völlig verdeckende, braune Haare. Erst wenn das Tier seine Sprünge vollführt, »prunkt« es mit dem weißen Rückenstreifen (vgl. S. 226). Das beiden Geschlechtern eigene, tiefschwarze, bis handbreit unter der Spitze stark geringelte Gehörn hat Leierform, steigt erst ein kurzes Stück steil aufwärts, biegt sich dann leicht nach hinten und zugleich seitwärts, buchtet sich mit weitem Bogen und neigt sich dann mit den geschweiften Spitzen wieder etwas nach vorn und innen. Die Eingeborenen pflegen vor Eintritt der Regenzeit das Gras der Steppe weithin abzubrennen, um damit frischen Graswuchs zu erzeugen und Springbockherden herbeizulocken.

Ein Bewohner Südafrikas ist auch das Hartebeest ( Bûbalis caâma), d. h. »Hirschtier«, wie die Buren diese Kuhantilope getauft haben. Es ist eine kräftige, fast plumpe, etwa zwei Meter lange und eineinhalb Meter hohe Antilope mit hohem Widerrist, abschüssigem Rücken, Eselsohren und Eselsschwanz und lang ausgezogenem, vorn sich beträchtlich verschmälerndem, etwas eckig wirkendem Kopfe, der in beiden Geschlechtern ein sehr charakteristisches, kurzes, schwarzes Gehörn trägt. Diese Hörner stehen mit ihrer dicken Wurzel auf einer Erhöhung des Schädels dicht beisammen, steigen dann etwas aufwärts, neigen sich ein wenig nach vorn und biegen, ja, knicken schließlich im letzten Drittel jäh nach hinten und außen um, so daß sie hier fast horizontal gerichtet sind. Im untern Teile liegen die Ringe dicht beieinander, ziehen sich dann aber nach oben zu fast spiralig auseinander und enden kurz vor der scharfen Spitze. Die Farbe ist auf der Oberseite ein Zimtbraun, auf der Unterseite und am Spiegel ein Weiß. Weiß ist auch die brillenartige Umrahmung des Auges. Vorderkopf und Stirn sind dunkelbraun, die Unterschenkel und die Schwanzquaste schwarz gefärbt.

Außerordentlich schöne Antilopen sind die Spießböcke, von denen hier die Bçîsa ( Oryx bçîsa) kurz geschildert sei. Das über zwei Meter lange und über ein Meter hohe Tier, das in Nordostafrika heimisch ist, trägt in beiden Geschlechtern ein dünnes, meterlanges, in der unteren Hälfte geringeltes, in der oberen, sich zu scharfer Spitze verjüngenden, aber glattes, ganz leicht nach hinten geschwungenes, ja, fast gerades, schwarzes Gehörn, das an der Wurzel ziemlich dicht zusammengerückt, nach oben zu auseinanderstrebt. Nach den Beobachtungen von Schillings sollen die ausgewachsenen Weibchen der Oryxarten stets mit bedeutend längeren, aber dafür auch schmächtigeren Hörnern geziert sein als die Männchen. Die Grundfärbung der Beisa ist ein fahles Gelbweiß, das sich auf Nacken und Vorderrücken zu Rostrot verdichtet, auf dem Kopfe, dem Bauche und an den Vorderbeinen dagegen zu reinem Weiß lichtet. Auf der Stirn bis zur Nasenwurzel zeigt sich eine etwa sanduhrförmige tief schwarze Zeichnung, nach außen über Wange und Auge verläuft ein gleichfalls schwarzer Streifen, und ein ebensolcher läuft von der Ohrwurzel zur Kehle, am Unterkiefer gedoppelt, über den Vorderhals zur Brust hinab, um hier längs der Flanken bis zu den Weichen wie ein schmales Band zu verflattern. Die Vorderbeine tragen oben (um das Schienbein) eine breite, schräge schwarze Binde, unten einen dreieckig breitspitzen schwarzen Fleck, und schwarz ist auch die buschige Quaste des ziemlich langen Schwanzes.

Zwei Antilopenarten fallen durch ihr Äußeres gleichsam ganz aus dem Rahmen des gewohnten Bildes heraus: die Sâîga-Antilope und das Gnu. Die Sâî?a ( Antilope Saiga) oder Steppenantilope ist in den Steppen Sibiriens und Osteuropas heimisch und wandert nach Kobelt noch in Herden von Tausenden dort umher. In ihrem Bau ähnelt sie mehr einem etwas hochbeinigen Schafe als einer Antilope, und ihr Schafsgesicht wird noch durch die wie aufgeschwollen aussehende, in der Mitte gefurchte, bucklige, runzlige Rüsselnase besonders entstellt. Die blassen, durchscheinenden Hörner, die nur dem Bocke eignen, stehen weit auseinander, sind unten verwischt geringelt, oben glatt, ziemlich schmächtig und bilden zusammen eine leicht nach hinten geneigte Leier. Das Fell ist im Sommer kurz und fahl isabellbraun, im Winter langhaarig und fast weißgrau; Hals und Rumpfunterseite sind weißlich. Sie wurde schon zur Eiszeit gejagt, wie die Gravierungen der Altsteinzeitjäger uns verraten. Aus dem lichten Horn fertigen die Chinesen die Scheiben ihrer kleinen Laternen.

Das Gnu ( Connoch?tes Gnu) ist nicht nur im Äußern, sondern auch seinem Wesen nach die absonderlichste aller Antilopen, eine Art von tierisch-groteskem Clown. Das Tier erscheint, wie Brehm es charakterisiert, als ein Pferd mit gespaltenen Hufen und einem Stierkopfe, und es beweist durch sein Betragen, daß sein ganzes Wesen mit dieser Zwittergestalt im Einklang steht. In Südafrika heimisch, in einzelnen Arten (Weißbart-Gnu) aber auch in Ostafrika vorkommend, wird es bis zwei Meter lang, bei einer Schulterhöhe von über einem Meter. Auf einem dunkelgraubraunen, seidig glänzenden, schlankläufigen Pferdeleib mit fast meterlangem, weißlichem, langhaarigen Pferdeschweif und einer weißlich schimmernden, aufrecht stehenden Pferdemähne sitzt ein ungeschlachter Büffelkopf, überall mit weißlichen Borsten bestachelt, mit breiter Muffel, Deckeln auf den Nüstern und einem Büffelgehörn, das rundlich breit, gleichsam platt gedrückt, voller Narben von der Stirn nach unten und außen zieht, dann aber die gerundeten, sich stark verjüngenden, scharfen Spitzen nach oben biegt. Dazu die hinter dem Gehörn ewig klappenden, viel zu kleinen, spitzen Ohren, ein bösartig wild blickendes, kleines, dunkles Auge, und das ganze Gesicht durch einen schwarzen strubbligen Schifferbart und eine ebensolche Halsmähne nach unten hin begrenzt. Paßt dazu nicht das rätselhafte Hottentottenwort »t'Gnu« vortrefflich? Das Geschrei der t'Gnukälber, erzählt der alte Sparrmann (und weil diese Geschichte auch ganz dazu paßt, erzähle ich sie hier wieder), klingt bisweilen wie »Onje«, bisweilen wie »Navend«, welches mit dem »Nonje« (Jungfer) der Buren und ihrem zusammengezogen ausgesprochenen »Goede Avond« (guten Abend) viel Ähnlichkeit hat, so daß man es im Dunkeln sehr leicht irrigerweise für das Rufen eines Kindes oder einen Gruß halten könnte.


 << zurück weiter >>