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Die Sage von Devils Point.

Auf dem Nordufer der Bucht von San Francisco, an einem Punkte, wo die »goldne Pforte« sich nach dem Stillen Meer hin erweitert, liegt ein steilabfallendes Vorgebirge. Es gewährt einer halbrunden Bucht im Osten Schutz vor den vorherrschenden Winden. Um diese Bucht herum ist der Berghang dürr und öde, aber es giebt dort in Gestalt einer vom Wetter mitgenommnen Hütte und einer verlassnen Hürde Spuren, daß der Ort früher bewohnt gewesen. Es heißt, daß diese ursprünglich von einem unternehmungslustigen Squatter errichtet worden seien, der sie aus irgend einem unaufgeklärten Grunde bald nachher verlassen habe. Der »Jumper«, welcher ihm folgte, verschwand eines Tages ganz ebenso geheimnißvoll. Der dritte Inhaber, der ein Mann von sanguinischem, hoffnungsreichem Temperament zu sein schien, zerlegte den Besitz in Bauplätze, steckte den Berghang ab und entwarf den Plan zu einer neuen Metropole. Da es ihm jedoch nicht gelang, die Bürger von San Francisco zu überzeugen, daß sie sich mit der Anlage ihrer Stadt vergriffen, versank er bald in Liederlichkeit und Verzweiflung. Häufig beobachtete man ihn, wie er einem Gespenst gleich bei Ebbe die schmalen Landstreifen durchirrte oder bei Fluth auf der Klippe hockte. In letzterer Stellung fand ihn eines Tages ein Schafhirt kalt und pulslos, eine Karte von seinem Besitz in der Hand und das Antlitz der fernen See zugekehrt.

Vielleicht gaben diese Umstände der Oertlichkeit ihren unseligen Ruf. Unbestimmte Gerüchte verbreiteten sich, daß ein übernatürlicher Einfluß auf die Inhaber eingewirkt habe. Seltsame Geschichten liefen um über den Ursprung des diabolischen Namens, unter welchem das Vorgebirge bekannt war. Einige glaubten, daß hier der Geist eines von Sir Francis Drake's Matrosen spukte, der sein Schiff infolge von Geschichten verlassen, welche die Indianer von Goldfunden erzählt hätten, der aber auf den Felsen Hungers gestorben sei. Ein Vaquero, der einmal eine Nacht in der verfallnen Hütte verbracht, erzählte, daß um Mitternacht eine wunderlich gekleidete und abgemagerte Gestalt an die Thür geklopft und Nahrung verlangt hätte. Andere Geschichtenerzähler, die es mit der Geschichte genauer nahmen, behaupteten rundweg, daß Sir Francis Drake selber nicht viel Besseres als ein Seeräuber gewesen sei und sich diese Stelle zum Versteck auf schlechten Wegen gewonnener Beute, die er neutralen Fahrzeugen abgenommen, ausgesucht und seinen Schlupfwinkel durch das orthodoxe Mittel der Beschwörung der Hölle und teuflischer Gewalten geschützt habe. In Mondscheinnächten sah man bisweilen ein Schattenschiff auf das Land zu und wieder weg schweben, oder wenn Nebel See und Gestade verhüllten, hörte man die Nacht hindurch das gedämpfte und unbestimmte Geräusch von Rudern, die sich in ihren Rojeklampen hoben und senkten.

Welche Begründung diese Geschichten auch gehabt haben mögen, gewiß war, daß man für ihren Schauplatz keinen schauerlicheren und öderen Ort hätte wählen können. Hohe Hügel, graslos und mit dunkeln Klüften durchfurcht, warfen ihre finsterblickenden Schatten auf die Fluth. Während des größeren Theiles des Tages schien der unaufhörlich mit Wuth wehende Wind von einem Geiste grimmiger Unruhe und Rastlosigkeit besessen zu sein. Gegen Einbruch der Nacht schlich mit leisem Tritt der Seenebel durch die Portale der goldnen Pforte oder stahl sich mit lautlosem Gange den Berghang herab, bis See und Himmel mit einander verborgen waren. Zu solchen Zeiten schienen die volkreiche Stadt jenseits und die nähergelegne Niederlassung in unendliche Ferne entrückt. Eine unermeßliche Einsamkeit sank auf die Klippe hernieder. Das Knarren einer Ankerwinde oder der eintönige Gesang von Matrosen auf einem ungesehnen draußen liegenden Schiffe kam leise von ferne her und war voll von mystischer Ahnung.

Etwa vor Jahresfrist nun sah sich ein behäbiger, in mittleren Jahren stehender Makler von San Francisco mit Einbruch der Nacht als alleiniger Insasse eines »Plumpers« von dickem Nebel eingeschlossen auf die goldne Pforte zutreiben. Dieses unverhoffte Ende einer nachmittäglichen Segeltour war theils seinem Mangel an nautischem Geschick, theils der Wirkung seiner gewöhnlich sanguinischen Natur zuzuschreiben. Nachdem er die Führung seines Bootes dem Winde und der Fluth überlassen, hatte er zu unbedingt auf jene Reaction vertraut, welche, wie seine Geschäftserfahrung ihm versicherte, in allen Angelegenheiten, zu Wasser ebenso wie zu Lande, sicher eintreten mußte. »Auf die Ebbe muß bald die Fluth folgen,« sagte der Makler von der Börse zuversichtlich, »oder es wird sonst etwas passiren.« Er hatte sich kaum wieder in den Stern des Bootes zurückgelehnt, als der Bug des Plumpers, einem geheimnißvollen Antriebe gehorchend, sich herumdrehte und ein dunkler Gegenstand vor ihm aufdämmerte. Ein sanfter Strudel trug das Boot weiter auf das Gestade zu, bis es zuletzt vollständig von einer felsigen Spitze umbuchtet war, die sich jetzt schwach durch den Nebel unterscheiden ließ.

Er sah sich um, indem er die vergebliche Hoffnung hegte, irgend einen bekannten Landvorsprung wiederzuerkennen. Die Gipfel der hohen Hügel, die sich zu beiden Seiten erhoben, waren in Nebel verborgen. Als das Boot sich herumschwang, gelang es ihm, eine Leine an den Felsen zu befestigen, worauf er sich mit dem Gefühl erneuter Zuversicht und Sicherheit wieder hinsetzte.

Es war sehr kalt. Der heimtückische Nebel drang durch seinen dicht zugeknöpften Rock und ließ ihm trotz der Hülfe, die er bisweilen aus einer Taschenflasche zog, die Zähne klappern. Seine Kleider waren naß, und die Bank im Stern war mit Schaum bedeckt. Die Behaglichkeit von Feuer und Obdach stieg fortwährend vor seiner Einbildungskraft auf, als er sehnsüchtig nach dem Felsen hinschaute. In reiner Verzweiflung zog er endlich sein Boot nach dem zugänglichsten Theile der Klippe und versuchte hinaufzusteigen. Dies war weniger schwierig, als es schien, und in wenigen Minuten hatte er den Hügel oben erreicht. Ein dunkler Gegenstand in geringer Entfernung zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und als er sich demselben näherte, erwies sich's, daß es eine verlassene Hütte war. Die Geschichte behauptet dann weiter, daß er, nachdem er sich aus Stangen von der anstoßenden Umzäunung ein gewaltiges Feuer zurechtgeschichtet, mit Hülfe einer Flasche vortrefflichen Cognacs es fertig gebracht habe, den ersten Theil des Abends in verhältnißmäßigem Behagen zu verleben.

Es gab keine Thür in der Hütte, und die Fenster waren einfache viereckige Löcher, welche dem zudringlichen Nebel ungehinderten Eintritt gestatteten. Aber trotz dieser unbehaglichen Dinge ergötzte er sich – da er ein Mensch von heiterem sanguinischem Temperamente war – damit, daß er das Feuer schürte und die röthliche Gluth beobachtete, welche die Flammen auf den von der offnen Thür herwallenden Nebel warfen. Bei dieser harmlosen Beschäftigung überfiel ihn eine große Müdigkeit, und er schlief ein.

Um Mitternacht wurde er von einem lauten Halloh geweckt, welches direct von der See herzukommen schien. Indem er dachte, es könnte der Schrei irgend eines Bootschiffers sein, der sich im Nebel verirrt, ging er nach dem Rande der Klippe, aber der dicke Schleier, welcher See und Land bedeckte, machte alle Dinge in der Entfernung weniger Fuß ununterscheidbar. Er hörte indessen die regelmäßigen Schläge von Rudern, die sich erhoben und ins Wasser fielen. Das Halloh wurde wiederholt. Er räusperte sich, um darauf zu erwidern, als plötzlich zu seiner Ueberraschung eine Antwort augenscheinlich aus der Hütte kam, die er soeben verlassen hatte. Indem er hastig seine Schritte dahin zurücklenkte, war er noch mehr verwundert, bei der Ankunft vor der offnen Thür einen Fremden zu finden, der sich am Feuer wärmte. Er trat weit genug zurück, um seine eigne Person zu verbergen, und sah sich dann den Eindringling gehörig an.

Es war ein Mann von ungefähr vierzig Jahren mit einem leichenartig blassen und hagern Gesichte. Aber die Seltsamkeit seiner Tracht zog die Aufmerksamkeit des Maklers mehr auf sich als seine trübselige Physiognomie. Seine Beine steckten in maßlos weiten Hosen, die ihm bis an die Knie gingen, wo sie mit langen Stiefeln von Seehundsfell zusammentrafen. Eine Matrosenjacke mit unmäßig großen Aufschlägen, die fast die Größe der Kniehosen hatten, bedeckte seine Brust, und ein riesiger Gürtel um seine Lenden, mit einer Schnalle so groß wie das Schild eines Zahnarztes, trug zwei Pistolen mit trompetenartig sich nach der Mündung hin erweiternden Läufen und einen krummen Dolch. Er trug einen langen Zopf, welcher ihm über den halben Rücken herabhing. Als das Licht des Feuers auf sein treuherziges Gesicht fiel, bemerkte der Makler mit einigem Erstaunen, daß dieser Zopf ganz und gar aus einer Art Tabak bestand, welcher unter dem Namen Ferkelschwanz oder Gespinnst bekannt ist. Seine Wirkung wurde, wie der Makler erzählte, sehr erhöht, als die Erscheinung in einem Augenblicke gedankenvoller Zerstreutheit sich ein Stück davon abbiß und als ein Primchen in die höhlenartigen Schluchten seiner Kinnbacken hineinwälzte.

Inzwischen zeigte das näherkommende Plätschern von Rudern das Herankommen des unsichtbaren Bootes an. Der Makler hatte kaum Zeit, sich hinter der Hütte zu verstecken, als eine Anzahl Gestalten von ungeschlachtem Aussehen den Hügel nach dem verfallnen Stelldichein heraufkletterten. Sie waren wie der früher Gekommne gekleidet, welcher, als sie durch die offne Thür schritten, Grüße in altmodischen Redensarten mit ihnen austauschte und ihnen zu gleicher Zeit vertrauliche Spitznamen gab. Blitz in der Pfanne, Froschspießer, Malmsey-Tölpel, Bohnenstangen-Willem und Mark der Pinkenschiffer waren die wenigen Sobriquets, deren sich der Makler erinnerte. Ob diese Titel irgend eine besondre Eigenschaft ihrer Inhaber bezeichnen sollten, konnte er nicht sagen; denn es wurde still, als sie sich auf der Diele der Hütte langsam in einem Halbkreis um ihren leichenhaften Wirth ordneten.

Endlich erhob sich Malmsey-Tölpel, ein kugelrund gestalteter Kriegsschiffsmatrose mit einer rothschimmernden Nase etwas unsicher auf seine Beine und hielt eine Rede an die Gesellschaft. Sie wären, so sagte der Redner, diesen Abend infolge eines altehrwürdigen Brauchs zusammengekommen. Dieser bestände einfach in der Ablösung eines aus ihrer Zahl, welcher seit fünfzig Jahren die Oertlichkeit behütet und bewacht hätte, wo gewisse Schätze vergraben worden seien. Bei diesem Punkte spitzte der Makler seine Ohren. »Woferne Ihr bereit seid, Kameraden und Brüder alle,« fuhr er fort, »den Bericht unseres fürtrefflichen und vielgeliebten Bruders, Master Gurgelabschneider, betreffend sein Suchen nach diesem Schatze zu vernehmen, dann, zum Donnerwetter, los damit und angefangen.«

Ein zustimmendes Gemurmel ging in dem Kreise herum, als der Redner seinen Sitz wieder einnahm. Master Gurgelabschneider öffnete langsam seine klapperdürren Kinnladen und begann. Er hätte viel von seiner Zeit damit verbracht, daß er die genaue Lage des Schatzes bestimmt hätte. Er glaubte – ja, er könnte positiv behaupten – daß die Stelle, wo er läge, jetzt sicher stehe. Es wäre richtig, daß er außerdem noch ein kleines Geschäftchen besorgt hätte. Die Bescheidenheit verböte ihm, die Einzelnheiten zu erwähnen, aber er wollte einfach bemerken, daß von den drei Besitzern, welche die Hütte in den letzten zehn Jahren innegehabt hätten, jetzt keiner mehr am Leben wäre. (Beifallsruf und das Geschrei: »Immer drauf! Du warst ja immer ein fixer Kerl!« und dergleichen mehr).

Nach ihm erhob sich Mark, der Pinkenschiffer. Bevor er zum Geschäft vorschritte, hätte er im geheiligten Namen der Freundschaft eine Pflicht zu erfüllen. Es stünde ihm übel zu Gesicht, wenn er eine Lobrede auf die Eigenschaften des Redners halten wollte, der vor ihm gesprochen; denn er hätte ihn »von Kindesbeinen an« gekannt. Seite an Seite hätten sie zusammen in dem spanischen Kriege gearbeitet. Als eine feine Hand mit der Toledoklinge suchte er seines Gleichen, und wie nobel und schön er seinen gegenwärtigen Namen Gurgelabschneider sich erworben habe, könnten alle bezeugen. Der Redner bat dann, indem er einige Rührung zeigte, um Verzeihung, wenn er sich zu lange mit Zügen aus ihrer früheren Kameradschaft aufhielte, er setzte dann mit einer feinen humoristischen Färbung die eigenthümliche Weise auseinander, auf die sein Kamerad einem widerspenstigen Juden, der auf einer ihrer früheren Reisen zum Gefangnen gemacht worden war, die Ohren und Lippen aufgeschlitzt hatte. Er wolle, fuhr er fort, die Geduld seiner Zuhörer nicht ermüden, sondern kurz den Vorschlag machen, daß Gurgelabschneiders Bericht angenommen und ihm der Dank der Gesellschaft ausgedrückt würde.

Dann wurde eine Tonne Branntwein in die Hütte gerollt, und Kannen mit Grog gingen wacker von Hand zu Hand. In einer saubern Rede wurde von Mark, dem Pinkenschiffer, Gurgelabschneiders Gesundheit ausgebracht, und darauf erwiderte der vorhergenannte Herr in einer Weise, die allen Anwesenden die Augen mit Thränen füllte. Dem Makler in seinem Versteck machte dieses augenblickliche Ablenken von dem eigentlichen Zwecke der Versammlung viel Angst. Bis jetzt hatte man noch nichts gesagt, was die Lage des Schatzes bestimmt andeutete, auf den sie geheimnißvoll angespielt hatten. Furcht hielt ihn von offner Nachfrage ab, und Neugier hinderte ihn, sich während der Orgien, welche folgten, aus dem Staube zu machen.

Aber seine Lage fing jetzt an kritisch zu werden. Blitz in der Pfanne, welcher ein Mann von cholerischem Temperament zu sein schien, fing während einer heiß bestrittnen Beweisführung Feuer und schoß seine beiden Pistolen gegen die Brust seines Gegners ab. Die Kugeln gingen auf jeder Seite unmittelbar unter seinen Achselhöhlen durch und machten ein sauberes Loch, durch welches der entsetzte Makler das Licht des Feuers hinter ihm sehen konnte. Der verwundete Mann erregte, ohne irgend zu verrathen, daß er Schaden gelitten, das Gelächter der Gesellschaft, indem er scherzhaft seine Arme in die Seiten stemmte und seine Daumen in die Mündungen der Wunden steckte, wie wenn sie Westenarmlöcher wären. Nachdem dies in gewissem Maße die gute Laune wieder hergestellt, faßte sich die Gesellschaft bei den Händen und bildete einen Kreis, um zu tanzen. Der Tanz begann damit, daß einer der Leute ein paar Strophen in sehr hohem Tone summte und die Uebrigen in den folgenden Chor einfielen, der dem Ohr des Maklers einen wohlbekannten Klang hatte:

»Ihro Majestät die ist sehr krank,
Lord Essex hat die Masern,
Unser Admiral hat die Franzosen gewichst,
Was seind das doch für Hasen!«

Bei der regelmäßigen Wiederkehr der letzten Zeile feuerte die Gesellschaft ihre geladnen Pistolen nach allen Richtungen hin ab, wodurch die Lage des unglücklichen Maklers zu einer äußerst gefährlichen und ungemüthlichen wurde.

Als der Lärm sich theilweise gelegt hatte, rief Blitz in der Pfanne die Versammlung zur Ordnung, und die meisten der Zechbrüder kehrten auf ihre Plätze zurück. Malmsey-Tölpel aber bestand auf einem andern Chorgesang und sang mit aller Kraft seiner Stimme:

»Ich heiß' J. Keyser, gebürtig aus Springinsfelde,
Mein Vater wollt', ich sollte mich verthun als Ladenschwengel,
Ach, Laden, lauf mir am Buckel hinauf!
Viel lieber ein Fleischersknecht und bei Dir, mein Engel!«

Blitz in der Pfanne zog ein Pistol aus seinem Gürtel, und indem er Einem befahl, Malmsey-Tölpel mit dem Schaft desselben den Mund zu stopfen, schritt er zur Verlesung einer gewichtigen Pergamentrolle, die er in seiner Hand hielt. Es war ein halb gesetzliches Document, gekleidet in die wunderliche Phraseologie einer vergangnen Periode. Nach einer langen Einleitung, in welcher sie ihre Ergebenheit als Unterthanen Ihrer allergnädigsten Majestät und Herrin der Königin aussprachen, erklärte das Document, daß sie dermalen und daselbsten Besitz ergriffen von dem Vorgebirge und dem darin enthaltnen Schatz unbekannter Eigenthümer, so vordem von Ihrer Majestät getreusten und gehorsambsten Admiral Sir Francis Drake vergraben worden, mit dem Rechte, denselbigen zu suchen, aufzudecken und sich anzueignen, wannenhero sie dermalen und daselbsten eine Gilde oder Corporation gebildet hätten, um vorbesagte Schätze zu entdecken, aufzuspüren und zu erschließen, zur Bekräftigung dessen hätten sie feierlich ihre Namen unterschrieben. Aber in diesem Augenblicke wurde die Vorlesung des Pergaments durch einen Ausruf der Gesellschaft unterbrochen, und man sah an der Thür den Makler wie wahnwitzig sich in den starken Armen Mark des Pinkenschiffers winden.

»Laßt mich gehen!« schrie er, als er eine verzweifelte Anstrengung machte, um an die Seite des Schiffers Blitz in der Pfanne zu gelangen. »Laßt mich gehen! Ich sage Euch, meine Herren, das Document ist nicht das Pergament werth, auf das es geschrieben ist. Die Gesetze des Staates, die Bräuche des Landes, das Bergrecht, alles ist dagegen. Bei Allem, was heilig ist, werft eine solche vortreffliche Anlage nicht aus Unwissenheit und Nichtbeachtung der Förmlichkeiten weg. Laßt mich gehen! Ich versichere Euch, meine Herren, als Fachmann, daß Ihr etwas Großes, etwas merkwürdig Großes habt, und selbst wenn ich nicht dabei bin, mag ich nicht sehen, daß es in den Born fällt. Um Gottes willen, meine Herren, ich bitte Euch inständig, setzt Eure Namen nicht unter ein solches lächerliches Papier. Es ist ja kein Notar –«

Er hielt inne. Die Gestalten um ihn herum, welche, als er die ersten Worte gesprochen, blasser und unbestimmter geworden waren, verschwammen vor seinen Augen, flackerten, erschienen wieder und erloschen zuletzt. Er rieb sich die Augen und sah sich um. Die Hütte war verlassen. Auf dem Herde erbleichte die rothe Asche seines Feuers in den hellen Strahlen der Morgensonne, die schräg durch das offne Fenster hereinblickten. Er lief nach der Klippe hinaus. Die kräftige Seebrise fächelte seine fiebernden Wangen und schaukelte die weißen Wogenkämme, die mit angenehmer Musik unten an das Gestade schlugen. Ein stattlicher Kauffahrer mit schneeigen Segeln kam durch den Sund herein. Die Stimmen von Matrosen schallten munter von einer Barke, die unter der Spitze des Vorgebirgs vor Anker lag. Die Musketen der Schildwachen blitzten hell auf dem Alcatraz, und Trommelwirbel schaukelte sich auf der Brise. Weiterhin begegneten, mit Landhäusern gekrönt und mit Werften und Speichern besäumt, seinem sehnsüchtigen Auge die Hügel von San Francisco.

Dies ist die Sage von Devils Point. Allen Einwürfen gegen ihre Verläßlichkeit kann man mit der Mittheilung begegnen, daß der Makler, welcher die Geschichte erzählt, seitdem eine Gesellschaft gegründet hat, welche den Namen führt: »Blitz in der Pfanne, Gesellschaft zur Nachgrabung nach Gold- und Silberschätzen«, und daß die Actien derselben schon einen recht festen Cours erreicht haben. Eine Abschrift des Originaldocuments soll im Bureau der Gesellschaft aufbewahrt sein, und an jedem klaren Tage ist die Oertlichkeit des Landstücks, auf das sie Anspruch erhebt, von den Hügeln San Franciscos deutlich zu sehen.


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