Rider Haggard
Die heilige Blume
Rider Haggard

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10. Kapitel

Das Urteil

Wir starrten Bausi an, und Bausi starrte uns an.

»Ich bin der schwarze Elefant Bausi«, rief er schließlich aus. »Ich trompete! Ich trompete! Ich trompete!« (Es schien dies die herkömmliche Formel zu sein, mit der ein Mazitukönig eine Unterhaltung mit Fremden eröffnete.)

Nach einer entsprechenden Pause antwortete ich:

»Wir sind die weißen Löwen Macumazana und Wazela. Wir brüllen! Wir brüllen! Wir brüllen!«

»Ich kann auch trampeln«, sagte Bausi.

»Und wir können beißen«, sagte ich, trotzdem mir nicht ganz klar war, wie wir, nur mit einem Union-Jack bewaffnet, ihm irgendwie gefährlich werden sollten.

»Was ist das für ein Ding?« fragte Bausi und zeigte auf die Flagge.

»Ein Zeichen, das die ganze Erde beschattet«, antwortete ich stolz. Und meine Bemerkung schien auf ihn Eindruck zu machen. Denn er befahl sofort einem Soldaten, ein Palmenblatt über ihn zu halten, damit die Flagge nicht auch ihn beschatte.

»Und was ist das?« fragte er wieder und zeigte 149 auf die Musikdose. »Es ist nicht lebendig und macht doch ein Geräusch?«

»Es singt den Kriegsgesang unseres Volkes«, sagte ich. »Wir haben es dir als Geschenk geschickt, und du hast es zurückgegeben. Warum schickst du unsere Geschenke zurück, Bausi?«

Da wurde der Potentat auf einmal wütend.

»Warum kommt ihr hierher, weiße Männer,« fragte er, »unaufgefordert und gegen das Gesetz meines Landes? Nur ein einziger weißer Mann ist hier willkommen, mein Bruder Dogitah, der mich mit einem Messer von einer Krankheit heilte! Ich weiß, wer ihr seid. Ihr seid Menschenhändler. Ihr kommt hierher, um meine Leute zu stehlen und sie in Sklaverei zu verkaufen. Ihr werdet sterben, ihr werdet sterben. Was den Kasten betrifft, der einen Kriegsgesang singt, so will ich ihn nicht haben; er soll mich nicht bezaubern, wie euer Zauberspiegel meinen großen Doktor Imbozwi bezaubert und ihm das Haar abgebrannt hat.«

Hier sprang er trotz seiner Dicke mit bemerkenswerter Behendigkeit auf und warf die Musikdose von Hansens Kopf herunter. Sie fiel auf den Boden, machte noch ein Schnurren und einen Seufzer, dann verstummte sie.

»Das ist recht,« kreischte Imbozwi, »trample auf ihren Zauber, o großer Schwarzer, verbrenne sie, so wie sie mein Haar verbrannt haben.«

Jetzt war die Situation äußerst ernst geworden, denn Bausi sah sich schon um, als wollte er seinen 150 Soldaten Befehl geben, mit uns ein Ende zu machen. So rief ich in Verzweiflung:

»O König, du hast einen gewissen weißen Mann erwähnt, Dogitah, einen Doktor der Doktoren, der dich einst mit einem Messer von einer Krankheit heilte, und du nennst ihn deinen Bruder, – nun, er ist auch unser Bruder, und auf seine Einladung hin sind wir hierher gekommen, um dich zu besuchen, und hier wird er uns treffen.«

»Wenn Dogitah euer Freund ist, dann seid auch ihr meine Freunde,« antwortete Bausi, »denn in diesem Lande regiert er gerade so wie ich. Sein Blut fließt in meinen Adern, wie mein Blut in den seinigen fließt. Aber ihr lügt, Dogitah ist nicht der Bruder von Sklavenhändlern, sein Herz ist gut und eures ist böse. Du sagst, er will euch hier treffen; wann will er euch denn hier treffen? Sage es mir, und wenn es bald ist, will ich meine Hand stillhalten und abwarten, was er mir über euch berichtet. Wenn er gut von euch spricht, sollt ihr nicht sterben.«

Ich zögerte und zermarterte noch mein Gehirn über eine Antwort, die für ihn annehmbar war und die uns selbst nicht verpflichtete, als zu meinem Erstaunen Mavovo vortrat und sich vor den König hinstellte.

»Wer bist du, Bursche?« rief Bausi aus.

»Ich bin ein Krieger, o König, wie meine Narben zeigen«, und er zeigte auf die Assegaiwunden auf seiner Brust und auf sein aufgeschlitztes Nasenloch. »Ich bin der Häuptling eines Volkes, von dem euer Volk abstammt, und mein Name ist Mavovo. 151 Mavovo, der bereit ist, mit dir oder mit irgend jemand, den du mir nennst, zu kämpfen, und ihn oder dich selbst zu töten. Ist jemand hier, der getötet werden will?«

Es drängte sich keiner vor, denn der wilde, narbenbedeckte Zulu mit seiner breiten Brust sah nicht sehr vertrauenerweckend aus.

»Ich bin auch ein Doktor,« fuhr Mavovo fort, »einer der größten Doktoren, die die Tore der Vorsehung öffnen und das lesen können, was in dem Schoße der Zukunft verborgen ist. Deshalb will ich die Frage beantworten, die du dem Herrn Macumazana vorgelegt hast, dem großen und weisen Mann, dem ich diene, weil wir in vielen Schlachten miteinander gefochten haben. Der weiße Mann Dogitah, der dein Blutsbruder ist und dessen Wort unter den Mazitu so viel gilt wie dein eigenes, er wird bei Sonnenuntergang des zweiten Tages, von heute an, hier eintreffen. Ich habe gesprochen.«

Bausi sah mich fragend an.

»Ja«, sagte ich in dem Gefühl, daß ich irgend etwas sagen mußte und daß es gar nicht mehr darauf ankam, was ich sagte. »Dogitah wird von heute an in zwei Tagen, bis eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang, hier ankommen.«

Irgendeine Laune in mir veranlaßte mich, diese halbe Stunde noch extra zuzugeben; sie rettete uns allen das Leben am übernächsten Tage.

Daraufhin besprach sich Bausi eine lange Weile mit Imbozwi und dem alten einäugigen General Babemba, und wir sahen zu und wußten, daß unser 152 Schicksal von dem Ergebnis dieser Unterhaltung abhing. Zuletzt sprach er:

»Weiße Männer, Imbozwi, der große Doktor, sagt zwar, es wäre besser, euch sofort zu töten. Aber Babemba, mein General, denkt anders. Er bittet mich, meine Hand stillzuhalten. Nach seiner Meinung könnte es sein, daß ihr die Wahrheit sprächet und wirklich auf die Einladung meines Bruders Dogitah hergekommen seid. Da es nun wenig ausmacht, ob ihr jetzt oder später sterbt, ist mein Befehl, daß ihr von jetzt ab bis zum Sonnenuntergang des zweiten Tages als Gefangene festgehalten und dann herausgeführt und an Pfähle auf dem Marktplatz gebunden werden sollt. Wenn Dogitah bis zum Einbruch der Dunkelheit kommt und euch als seine Brüder anerkennt, ist alles gut; kommt er nicht oder anerkennt er euch nicht, dann sollt ihr durch Pfeilschüsse getötet werden, als Warnung für alle anderen Sklavenhändler, die Grenze von Mazituland nicht zu überschreiten.«

Ich hörte entsetzt dieses grausige Urteil und rief:

»Wir sind keine Sklavenhändler, König, wir sind sogar Befreier von Sklaven, wie Tom und Jerry, Männer deines eigenen Volkes, dir bezeugen können.«

»Ich habe gesprochen«, sagte er gleichgültig. »Führt sie hinweg und füttert sie gut und haltet sie sicher bis eine Stunde vor Sonnenuntergang des zweiten Tages von heute an.«

Damit erhob sich Bausi, und gefolgt von Imbozwi und seinen Räten, ging er in seine große Hütte. Wir selbst wurden unter einer doppelt starken 153 Bedeckung abgeführt. Am Tore des Krals blieben wir stehen und fragten nach den Waffen. Wir bekamen keine Antwort; die Soldaten legten nur ihre Hände auf unsere Schultern und schoben uns vorwärts.

»Das ist eine schöne Geschichte«, flüsterte ich Stephan zu.

»Oh! es macht nichts aus«, antwortete er. »Wir haben noch eine ganze Menge Gewehre in den Hütten. Ich habe gehört, daß diese Mazitu eine schreckliche Angst vor Kugeln haben. Wir brauchen also nur einen Ausfall zu machen und unseren Weg durch sie freizuschießen, denn selbstverständlich werden sie davonlaufen, sobald wir zu feuern beginnen.«

Ich sah ihn nur an, hatte aber keine Lust, mit ihm über diesen Plan zu debattieren.

Wir erreichten unser Quartier. Mit seinem kriegerischen Plan beschäftigt, ging Stephan sofort in die andere Hütte, wo die Gewehre der Sklavenhändler mitsamt aller Munition aufgestapelt worden waren. Als er wiederkam, sah er ziemlich konsterniert aus, und ich fragte ihn nach der Ursache.

»Diese Strolche von Mazitu haben die Gewehre und die Munition gestohlen. Es ist nicht mehr genug Pulver da, um nur einen Knallfrosch zu machen.«

»Nun,« versetzte ich mit Galgenhumor, »wir werden noch genug Knallfrösche bekommen, ohne daß wir selbst uns darum zu kümmern brauchen. Warten Sie nur bis übermorgen!«

Unsere Lage war verzweifelt. Nach Ablauf der nächsten achtundvierzig Stunden sollten wir also mit 154 Pfeilen totgeschossen werden, Es sei denn, daß ein unberechenbarer alter Herr, der auch schon längst tot sein konnte, ausgerechnet hier, in einer der abgelegensten und unbekanntesten Gegenden von Zentral-Ostafrika, zu einer bestimmten Stunde auftauchte.

Die erste Nacht verging. Die zweite ebenfalls, und dann brach der nächste Morgen, wahrscheinlich unser letzter, an. Er verging entsetzlich schnell. Es wurde drei Uhr, und Mavovo und seine Genossen opferten den Geistern ihrer Vorfahren ein Lamm.

Das war kaum vorbei, da erschien zu meiner Erleichterung Babemba. Er sah so vergnügt aus, daß ich mit einem förmlichen Satz in die Höhe fuhr, in der Erwartung, er bringe ganz vorzügliche Nachrichten mit. Vielleicht hatte der König uns begnadigt, oder vielleicht – gesegneter Gedanke – war Bruder John vor der Zeit eingetroffen.

Damit war es aber nichts. Alles, was er uns zu sagen hatte, war, daß er Läufer in der Richtung nach der Küste zu geschickt hatte. Und diese waren mit der Nachricht zurückgekehrt, daß auf eine Strecke von hundert Meilen von Dogitah nichts zu sehen sei. So mußte denn die für den Abend angesetzte Zeremonie unvermeidlich vor sich gehen, da der schwarze Elefant unter den Einflüsterungen Imbozwis inzwischen womöglich noch zorniger geworden war. Da es nun seine Aufgabe wäre, das Errichten der Pfähle, an die wir gebunden werden sollten, und das Ausheben unserer Gräber zu überwachen, wäre er nur gekommen, um uns noch einmal zu überzählen und sicher zu sein, daß er auch die 155 richtige Anzahl hätte. Dann schwatzte er noch ein wenig herum, vergewisserte sich, wo er den Zauberspiegel finden würde, den ich ihm geschenkt hatte und den er immer als ein Andenken in Ehren halten wollte, nahm noch mit Mavovo eine Prise und verabschiedete sich mit der Bemerkung, daß er pünktlich erscheinen werde.

Bald kam Hans und meldete mir Babembas und seiner Soldaten Ankunft. Der arme alte Hottentotte schüttelte mir die Hand und wischte sich mit seinem zerlumpten Jackenzipfel über die Augen.

»Oh! Baas, dies ist unsere letzte Reise,« sagte er, »nun wirst du getötet, und alles ist nur meine Schuld, Baas, denn ich hätte einen Ausweg finden müssen, dafür hast du mich ja mitgenommen, und dafür wurde ich bezahlt. Aber ich kann nicht, mein Kopf wird so dumm, vielleicht weil ich alt werde. Ich habe dir etwas mitgebracht«, fuhr er fort und brachte ein Ding hervor, daß einem ganz gemeinen Pferdeapfel verflucht ähnlich sah. »Iß dieses jetzt, und du wirst nichts fühlen; es ist eine sichere, gute Medizin, die meines Großvaters Großvater von dem Geist seines Stammes bekommen hat. Du wirst so schön einschlafen, als wenn du sehr betrunken wärst, und dann wieder in dem warmen Feuer aufwachen, das immerfort brennt, ohne Holz und ohne zu erlöschen, in Ewigkeit, Amen.«

»Nein, Hans,« sagte ich, »ich ziehe es vor, mit offenen Augen zu sterben.«

»Ich würde es auch, wenn es einen Zweck hätte. Aber es hat keinen. Denn ich glaube nicht mehr an 156 die Schlange jenes schwarzen Narren Mavovo. Wenn es eine gute Schlange gewesen wäre, würde sie ihm ja verboten haben, überhaupt nach Bezarstadt zu gehen. So will ich also eine von diesen Pillen essen und die andere dem Baas Stephan geben.« Dabei stopfte er sich das unappetitliche Ding in den Mund und würgte es mit Gewalt hinunter, wie ein junger Truthahn einen Maismehlkloß, der für seine Kehle zu groß ist. Dann rief Stephan nach mir, und ich verließ Hans, der eben noch einen meterlangen und gewichtigen Fluch auf Imbozwi vom Stapel ließ.

»Es ist Zeit aufzubrechen«, sagte Stephan. Jetzt endlich schien ihm die Situation an die Nerven zu gehen; er sah ein wenig blaß aus, und er zitterte und nickte zu dem alten Babemba hin, der drüben vor der Hütte stand und ein so munteres Lächeln auf den Lippen hatte, als wollte er einen Hochzeitszug begleiten.

»Ja, weißer Herr,« sagte er, »es ist Zeit, und ich habe mich beeilt, euch nicht warten zu lassen. Es wird ein großartiges Theater, denn der schwarze Elefant selbst wird euch die Ehre erweisen, anwesend zu sein und die ganze Bevölkerung von Bezarstadt und von vielen Meilen der nächsten Umgebung dazu.«

»Halts Maul, du alter Idiot,« sagte ich, »und höre mit deinem Grinsen auf. Wenn du ein Mann und nicht ein falscher Freund gewesen wärest, hättest du uns aus dieser Geschichte herausgeholfen, denn du weißt recht gut, daß wir keine Sklavenhändler, sondern deren erbittertste Feinde sind.«

»Oh, weißer Herr!« sagte Babemba mit ganz 157 veränderter Stimme, »glaube mir, ich lache bloß, um dich bis zum Ende in guter Stimmung zu erhalten. Meine Lippen lächeln, aber mein Herz weint. Imbozwi hat gewahrsagt, Dogitah, des Königs Blutsbruder, wäre tot, und niemals wieder würde er nach Bezarstadt kommen. Ich habe mein Bestes getan. Aber wenn ich jemals eine Gelegenheit habe, den Imbozwi hereinzulegen, so will ich es tun. Ich fürchte freilich, ich habe sie nicht, denn es wird nicht lange dauern, bis er auch mich vergiftet . . .«

»Ich wünschte auch, ich hätte eine Gelegenheit«, murmelte ich vor mich hin, und sogar in diesem ernsten Moment konnte ich keine christliche Gesinnung gegen Imbozwi aufbringen. Ich war jetzt von Babembas ehrlicher Gesinnung überzeugt. Also schüttelte ich ihm die Hand und gab ihm die Briefe, die ich geschrieben hatte, und bat ihn, sie an die Küste zu schicken. Dann traten wir unseren letzten Gang an.

Die Zulujäger saßen außerhalb der Umzäunung auf dem Boden, unterhielten sich und tauschten Prisen aus. Als sie mich kommen sahen, sprangen sie auf die Füße und gaben mir mit erhobener rechter Hand den Königssalut: »Inkoosi! Baba! Inkoosi! Macumazana!« Dann brachen sie auf ein Zeichen Mavovos in einen wilden Kriegsgesang aus, und das dauerte so lange, bis wir vor unseren Pfählen angekommen waren.

Stephan und ich gingen zusammen. Er trug noch immer den Union-Jack, den ihm auch keiner wegnahm. Ich nehme an, die Mazitu glaubten, es wäre 158 sein Fetisch. Wir sprachen nicht viel miteinander, nur einmal sagte er:

»Nun, die Orchideenliebhaberei hat schon manchem zu einem schlimmen Ende verholfen. Ich möchte nur wissen, ob mein alter Herr meine Sammlung behalten wird oder ob er sie verkauft.«

Dann verstummte er, und da ich auch nicht wußte, was mit seiner Sammlung geschehen würde, gab ich keine Antwort.

Wir hatten nicht weit zu gehen; nachdem wir einige kleine Seitenstraßen durchschritten hatten, standen wir auf dem Marktplatz. Er war mit Tausenden von Menschen vollgestopft, die alle unserer Hinrichtung beiwohnen wollten.

Der ganze große Menschenhaufen empfing uns mit respektvollem Schweigen. Der Zulukriegsgesang schien sie mit Begeisterung, ja mit Bewunderung zu erfüllen. Nicht weit von dem Sitz des Königs waren auf ebenso vielen Hügeln fünfzehn stämmige Pfosten aufgerichtet. Eine große Anzahl Soldaten hielt den Platz vor den Pfosten von Menschen frei. Auf diesem Platz saßen Bausi, einige Räte und Weiber und unser Freund Imbozwi, der heute noch fürchterlicher bemalt war als gewöhnlich. Vor ihm standen in Reih und Glied fünfzig oder sechzig ausgesuchte Bogenschützen.

»König Bausi,« sagte ich, als ich an den Potentaten vorbeigeführt wurde, »du bist ein Mörder, und der Himmel wird dich für dieses Verbrechen strafen. Wenn unser Blut vergossen wird, wirst auch du bald 159 sterben und uns dort wiedertreffen, wo wir die Macht haben. Und dein Volk wird vernichtet werden.«

Meine Worte schienen den Mann in Schrecken zu versetzen, denn er antwortete: »Ich bin kein Mörder. Ich töte euch, weil ihr Menschenräuber seid. Außerdem bin nicht ich es, der das Urteil über euch gesprochen hat. Imbozwi hier ist es. Er hat mir alles über euch gesagt, und sein Geist sagt, ihr müßt sterben; es sei denn, mein Bruder Dogitah erscheint und rettet euch. Wenn Dogitah kommt, was er nicht kann, denn er ist tot, und wenn er für euch spricht, dann werde ich wissen, daß Imbozwi ein niederträchtiger Lügner ist. Dann muß er so sterben, wie ihr jetzt sterben sollt.«

»Ja, ja,« kreischte Imbozwi, »wenn Dogitah kommt, wie dieser falsche Zauberer prophezeit,« und er zeigte auf Mavovo, »dann werde ich bereit sein, an eurer Stelle zu sterben, weiße Sklavenhändler! Ja, ja, dann könnt ihr auf mich mit Pfeilen schießen!«

»König, merke dir diese Worte, und Leute, merkt ihr euch auch diese Worte, daß sie erfüllt werden, wenn Dogitah kommt«, sagte Mavovo mit seiner tiefen Stimme.

»Ich merke sie mir,« antwortete Bausi, »und ich schwöre bei meiner Mutter und für mein ganzes Volk mit, sie sollen erfüllt werden – – wenn Dogitah kommt.«

»Gut«, rief Mavovo aus und marschierte stracks zu dem Pfahl, den man ihm angewiesen hatte.

Als er vorbeiging, flüsterte er Imbozwi etwas ins Ohr, das diesen Satansbraten zu erschrecken schien. 160 Ich sah ihn auffahren und sich schütteln. Doch im nächsten Augenblick hatte er sich wieder gefaßt, und er schickte sich an, den Leuten zu helfen, die uns an die Pfähle banden.

Hans schien recht schläfrig, und kurz nachdem er gefesselt worden war, sah ich seinen Kopf auf die Brust herabsinken. Augenscheinlich begann seine Medizin zu wirken, und ich bedauerte fast, sie nicht auch genommen zu haben.

Als wir alle festgemacht waren, kam Imbozwi, um alles zu inspizieren. Er hatte ein Stück Kreide in der Hand und malte jedem von uns einen großen runden Fleck auf die Brust.

»Ah, weißer Mann!« sagte er, als er mir den Zielpunkt auf die Lederjacke malte, »du wirst nie wieder jemand mit deinem Zaubermittel das Haar abbrennen. Niemals mehr, denn sehr bald werde ich die Erde über dir festtrampeln, in jenem Loche dort, und deine Zaubergeräte werden mir gehören.«

Ich gab keine Antwort, ich wollte die letzte Spanne Zeit, die mir geblieben war, nicht an dieses Gewürm verschwenden. So ging er weiter zu Stephan und malte dem den Flecken auf. Der jedoch rief aus:

»Nimm deine dreckige Hand von mir weg«, und er hob das Bein und gab dem bemalten Zauberdoktor solch einen Tritt in den Magen, daß er kopfüber in einem der Löcher, die man für uns geschaufelt hatte, verschwand.

»Ow! Gut gemacht Wazela!« riefen die Zulus. »Hoffentlich ist er tot.«

»Das hoffe ich auch«, sagte Stephan. Die 161 Menschenmenge drunten hatte in atemloser Erstarrung der Behandlung zugeschaut, die der geheiligten Person ihres obersten Zauberdoktors angetan worden war. Babemba grinste, und sogar der König Bausi schien es nicht ungern zu sehen.

Aber wir sollten von Imbozwi nicht so leicht erlöst werden, denn mit der Hilfe einiger Unterdoktoren kroch er aus dem Grabe heraus, schlammbedeckt und fluchend wie ein Türke. 162

 


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