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Traurigere Arbeit gab es wohl keine, als sie jetzt verrichteten. Sie konnten stundenlang schaufeln und Kies abtragen, und wenn sie endlich zu einer Erdäpfelstaude kamen und gruben sie aus, so waren einige schlechte Erdäpfel darunter; sie taten sie in die Tenne zum Trocknen, und wenn sie nach einigen Tagen nachsahen, so war die Hälfte davon schon gefault, und was mit der andern Hälfte werden werde, das wußten sie nicht. Sie sputeten sich, sie wollten das möglichste retten. Es wurde geredet, die Emme werde wieder losbrechen, und zwar bald. Nun ist die Emme viel mächtiger als ein Dieb; Diebe kann man noch verjagen, aber verjage einer die Emme, wenn die einmal vor einer offenen Tür ist! Aber das Schwellen um diese Zeit war eine ungewohnte Sache; man war gewohnt, anderes zu machen um diese Zeit, und meinte, gemacht müsse es sein und geschrieben stehe nirgends, die Emme komme wieder. Gelesen habe man es nirgends, daß sie so rasch hintereinander anlaufe. Man hatte schon vergessen, daß es im Jahr 1837 zwei Abende hintereinander geschah.
Und geschrieben oder nicht geschrieben, sie kam wieder. Akkurat am Sonntag darauf, als niemand dessen sich versah, kam sie wieder die Täler herunter, aber nicht brüllend und brausend wie das erstemal; sie schlich leise, unvermerkt daher, aber tückischer und böser. Als der wahre böse Talgeist erschien sie und jagte die Menschen mit Schrecken auf die Beine; statt zu Schoppen und Karten mußten sie greifen nach Äxten und Ketten, mußten ins Wetter hinaus, an den drohenden Strom. Sonderbar, daß die Emme immer die Sonntage wählt zum Anlauf und Ausbrüchen.
Ringsum bebten die Herzen der Menschen, der Schlaf wich aus den Augen, die feurigen Männer liefen wieder an der Emme auf und nieder, Lichtschein tanzte hier, tanzte dort auf den grauen Wellen. Käthis Hütte stand diesmal nicht in Gefahr, der Emme Launen wechseln. Aber nicht weit davon, doch auf dem anderen Ufer, geschah ein schrecklicher Ausbruch mitten in der Nacht durch einen Boden, in welchem die Häuschen stehn fast wie der Hanf auf dem Acker, und in jedem Häuschen Menschen, absonderlich Kinder sind, fast so viel als Schindeln auf den Dächern. Wer Jäger ist, weiß, wie das flattert im Eichwalde, wenn nachts ein Zug Wildtauben aufgestöbert wird. Man denke sich, wie das schrie und zappelte, als die wilden Fluten um die Häuschen brausten, die Kinder aus den Betten mußten, nackt auf die obern Böden geschoben wurden, und wußten nicht warum, und niemand hatte Zeit, es ihnen zu sagen, und wer etwas sagte, ward nicht verstanden. Alles schrie, jammerte und heulte; es war ein Gemisch von Tönen, wie es am jüngsten Tage kaum verworrener aus den Gräbern brechen kann.
Weiter unten stand der Emme ein Berg im Wege. Mit schrecklichem Gebrülle brach sie sich einen tiefen Schlund auf, mitten durch Häuser, brach Brücken und Masten und stürzte sich wieder ins alte Bett, beladen mit Beute aller Art, denn rein fegte sie um die Häuser weg, was Sorglosigkeit nicht hinter eine Türe getan oder was nicht dahintergetan werden konnte. Droben ließ sie die Armen in Todesangst, fuhr mit Schnauben das Land hinab, rüttelte an allen Schwellen, brach deren für viele tausend Taler, trug die Kunde von ihrem wilden Tun auf ihrem Rücken durchs Land, und wo sie durchfuhr, erhob sich der Jammer. Besonders von diesem Einbruche ward Grausiges erzählt, und eine unzählbare Menge zog hin, den Einbruch und das neugegrabene Bett der Emme zu sehen. Dieses eine Unglück zog die Aufmerksamkeit von den übrigen Beschädigten ab, sie konnten ungestört weinen bei ihren verödeten Pflanzungen, man ließ sie in Frieden.
Da alles hinlief, so wurde auch Johannesli lüstern, den Einbruch zu sehen, und war stark am Vater, er solle mit ihm kommen, und die Großmutter redete zu. So was sehe man in hundert Jahren vielleicht nur einmal, und wenn einst in fünfzig oder mehr Jahren davon die Rede sei, so könne das Bubi dann doch sagen, es habe die Sache auch gesehen, der Vater sei mit ihm gegangen und habe ihm alles gezeigt; damals habe die Großmutter noch gelebt, und er habe die ersten Hosen getragen. Dies war ein sehr vernünftiger Grund, welchem Johannes nicht widerstehen konnte. Dies ist der natürliche, allererste Geschichtsunterricht, der über den allerkünstlichsten geschichtlichen Schulunterricht geht.
Käthi blieb alleine daheim mit den beiden Hühnern. Es ist bekannt, wie es die Leute dahin zieht, wo ihr Schatz ist, oder nach den Stätten, wo Liebes begraben liegt, nach den Orten, wo man jung gewesen und die harmlosen Freuden der Jugend an einem vorübergegangen sind. Ähnlich hatte es Käthi mit ihrem Pflanzplätz, wenn ihr schon jedesmal das Herz fast brach, wenn sie so grau und leer vor Augen hatte, was so schön geblüht, woran sie so manche Hoffnung geknüpft hatte. Viel ließ sich jetzt nicht machen, zu irgend einer Aussaat war es zu spät und der Boden nicht tauglich dazu, gute Erde mußte wieder herbei, noch mehr Sand und Steine weggeschafft werden. Aber Käthi war doch dort, schaffte etwas, wußte kaum was, suchte und wußte auch nicht was, und wußte vorher, daß sie nichts finden würde.
Vor etwas mehr als einem Jahre, dachte Käthi, sei sie auch dagewesen, hätte Sand weggeräumt, über den Flachs geweint und gemeint, sie habe alles erlebt, was zu erleben sei, größeres Unglück könne nicht über sie kommen. Ach und jetzt, was alles hatte sich abgelagert seit einem Jahre über sie! Da könne sie allein verlassen sitzen, weinen, denken: Was machen? Um sie kümmere sich kein Mensch! Damals sei sie auch so dagesessen, habe gekummert, woher Erdäpfel nehmen, um in den Flachsplätz zu setzen; da habe der Busch sich voneinandergetan und eine gute Frau sei herausgekommen und habe darausgeholfen. Aber jetzt könne sie lange hier stehn, Busch bleibe Busch, und keine gute Fee trete daraus.
Aber wie Käthi hinsah an die Stelle, wo die Bäurin herausgetreten war, stand wieder jemand dort, aber nicht eine dicke, schwere Frau, sondern ein lieblich Gesicht wie Milch und Blut sah durch die Tannenzweige. Bald hätte Käthi laut aufgeschrien; sie glaubte im ersten Augenblick, es sei eine wirkliche Fee, ein Waldfräulein oder gar ein Engel, den Gott ihr sende, ihren Jammer zu stillen. Ganz nahe mußte das Mädchen kommen und freundlich sie begrüßen, ehe sie sich zurechtfand und in demselben der Bäurin Jungfrau erkannte, die reiche mit den fünfzig Talern im Vermögen. Sie hatten alle Hoffnung aufgegeben gehabt, da kein Bescheid gekommen, und vor lauter Elend gar nicht mehr daran gedacht. Die Emme hatte mit dem Flachse Hoffnungen und Pläne fortgeschwemmt. Als sie das Mädchen endlich erkannte, tauchten alle Hoffnungen plötzlich auf, standen wie ein Zaubergarten vor Käthis Augen, über welchem bloß eine kleine, düstere Wolke hing, der Zweifel nämlich, ob sie komme, um ab- oder zuzusagen. Doch hoffte Käthi das Letztere, denn den Abschlag, dachte sie, würde das Mädchen doch kaum selbsten bringen; vielleicht, daß es sich die Sache noch besser ansehen wolle.
Mit glücklichen Augen bewillkommte die alte Frau das liebe Mädchen, führte es dem Häuschen zu und nötigte es in die Stube. Das Mädchen machte Komplimente, sagte, es könne sich nicht aufhalten, habe nur im Vorbeigehen sehen wollen, wie es ihnen gegangen, habe gedacht, sie hätten auch gelitten, es müsse noch weiter. »Doch ein wenig«, sagte Käthi etwas entmutigt, »da draußen kann man kein vertraulich Wort reden; du wirst mir doch den Bescheid bringen?« »Was für Bescheid?« frug Bäbeli. »Die Bäurin wird dirs doch verrichtet haben?« frug Käthi. »Die Frau hat mir nichts gesagt«, antwortete das Mädchen. »Nein aber, seht mir doch, was das für eine Frau ist, und traue einer mehr einem Menschen!« rief Käthi. »Sie wird dich nicht fortlassen wollen, du wirst sie reuen, und deretwegen fertigte sie mich so kurz ab und sagte dir nichts, die wüste Frau, was sie ist!« »Ihr waret also dort?« frug Bäbeli. »Jawohl war ich dort, aber komm hinein und sitz ab, ich will dir einen Kaffee machen und berichten, wie die Sache ist. Die wüste Frau das, was sie ist!«
Indessen war die Bäurin nicht ganz so wüst, wie Käthi sie sich dachte. Bäbeli war unterdessen nicht zu ihr gekommen, und Bescheid machen, die Unterhändlerin sein wollte sie ja nicht. Bäbeli hatte es gar schmerzlich empfunden, als die Base ihr nicht mehr Teilnahme zeigte, nicht merken wollte, was ihr auf dem Herzen lag. Ihr ward es so schwer im Gemüte, und diese Schwere legte sich in alle ihre Glieder, von weitem hätte ein kundig Auge es sehen können, daß etwas mit dem Mädchen sei. Auch gab es Augen, welche es bemerkten, diese machten Bäbeli einen bösen Lärm; die Schwägerin stichelte giftig, der Bruder polterte und stellte Bäbeli zur Rede. Dies machte sie noch trauriger und elender, und auf der ganzen Welt keinen Menschen, welchem sie sich hätte anvertrauen mögen!
Mit dem eigenen Weh beschäftigt, hatte Bäbeli keine Teilnahme für die Händel der Welt; daß die Emme wüst getan, hörte sie wohl, achtete es aber nicht. Als der zweite Ausbruch kam und die Leute dahin liefen wie an eine große Feuersbrunst, wie von einem Wirbel, der immer weiter und weiter seine Kreise zieht, ergriffen, da fuhr Bäbeli ein Gedanke durch den Kopf: wie es wohl der armen Frau ergangen, ob sie noch lebe, ob sie alles verloren, ob man ihr vielleicht helfen könne? Der Johannes blieb im Hintergrunde, fast wie in einem Puppenspiel die Hauptperson. Bloß bangte Bäbeli, wenn sie ginge und nachsehen würde, sie könnte ihn antreffen, wollte lieber nicht, und doch dachte sie immer: Du mein Gott, wenn ich ihn antreffe, was will ich für ein Gesicht machen und ihm sagen, und was macht er für ein Gesicht? Und kennt er mich wohl, und was sagt er mir, und wie kommen wir wohl wieder auseinander? Und je mehr Bäbeli Angst vor einem solchen Zusammentreffen kriegte, um so mehr nahm es sie wunder, ob sie ihn wohl antreffen und mit was für Augen er sie ansehen würde. Und dieser Gwunder ließ ihr keine Ruhe, nahm ihr vollends Essen und Schlaf, sie mußte gehn und sehn.
Zur Base wollte Bäbeli aber nicht, wollte die Reise auf eigene Faust machen; im Gewühl der Menschen konnte sie hierhin, dorthin unbemerkt, und daß sie ging, fiel ja nicht auf, da alles ging. Was sie plagte, war, daß sie fast kein Geld hatte, um mitzunehmen, und hätte sie doch gern beide Taschen damit gefüllt, und von dem Vormund fordern mochte sie nicht. Bäbeli hatte es wie viele unter einem unverständigen Vormund, derselbe wollte schöne Rechnungen machen, das heißt viel sparen; ob Bäbeli ihre Sache habe, das kümmerte ihn nicht, und wenn sie Geld wollte, so mußte sie betteln darum, wie ein Bettler bettelt um einen Kreuzer. Gewöhnlich liegt solcher scheinbaren Unverständigkeit wohlermessener Eigennutz zugrunde; man spart nicht dem Mädchen, man spart sich, man betrachtet das Mädchen als ein gut Stück zum Einmetzgen und mästet es daher bestmöglichst. Es gibt Behörden, welche solcher Unverständigkeit kein Ziel setzen, dieweil sie eben auch nicht verständig sind, so wie es wiederum Behörden gibt, welche die Vormünder ungerügt und unbelegt hunderterlei aufschreiben lassen, von denen der Mündel nie was gesehen noch gehört. Gewöhnlich sind die Vormünder der letztern Art dem Mündel nicht verwandt, wenigstens nicht so nahe, daß sie ans Erben denken können; begreiflich müssen die für sich sorgen, während der Mündel lebt, ist er einmal tot, so ist nichts mehr zu machen.
Bäbelis Vormund war der erstern Art. Sie ging bloß mit zwei Gulden im Sack, aber um so schwerer im Gemüte, daß sie nicht einmal mit ihrem Gelde machen könne, was sie wolle, obwohl sie es hätte, ein wenig zu helfen, und dazu nicht einige Taler fordern dürfe. Die Lage des Häuschens war ihr also bekannt; sie wollte auskundschaften, ob wohl Johannes daheim sei oder bloß die Mutter, und da sah Käthi in den Tannenzweigen ein Gesichtchen, das ihr wie das Gesicht eines Engels erschien, und Bäbeli trat hervor, erleichtert ums Herz, weil Johannes nicht sichtbar war, und doch sah sie in alle Ecken, ob nicht Johannes aus einer kommen wolle, und da er nicht kam, fehlte ihr was, und fragen, wo er sei, schickte sich ihr einstweilen noch nicht. Käthi feuerte und redete und mahlte Kaffeebohnen und war in einer Aufregung, daß es wirklich ein groß Wunder war, daß endlich die Kaffeekanne wohlbehalten auf den Tisch kam und daß wirklich Kaffee darin war. Und als endlich eingeschenkt war und Käthi zum Absitzen kam, legte sich nach und nach die Aufregung und sie kriegte den Faden ihrer Gedanken zur Hand. »Also nichts gesagt hat sie dir, ist doch schlecht von ihr! He nun so dann, so kann ich es dir selbsten sagen; es verdreht es mir doch dann niemand und du vernimmst die Sache Punktum.«
Nun erzählte Käthi, was sie gedacht, wegem Korben und wegen Bäbeli und Johannes und wie sich beide dazu vortefflich schickten und Johannes es recht sei und Bäbeli es wohl auch gefallen müsse. Wegen der Bäurin brauche sie sich nicht zu fürchten; wenn eins heirate, könne es aus dem Dienst, so wie der Tod einen Akkord breche, wenn er nicht darnach gemacht sei, und gewiß werde sie es nicht bereuen, sie wollten sie auf den Händen tragen. So redete Käthi lange, und Bäbeli hörte mit Wonne zu, denn so viel gegolten hatte sie lange nicht, und solche Liebe hatte man ihr seit Jahren nicht erzeigt. »Und jetzt, Bäbeli, was meinst, was sagst dazu?« frug Käthi.
Ja, jetzt war Bäbeli in großer Verlegenheit; anfangs hatte sie mit Wonne zugehört, und nachher hatte es Bäbeli sehr gelächert wegen dem Korben und dem Körbevertragen, und sie hatte gedacht: was die für Augen machen werden, wenn die hören, wer ich bin und was ich habe und wie wir es ohne Korben können! Aber jetzt, als die plötzliche Frage kam, fiel sie Bäbeli doch zentnerschwer aufs Herz, hatte sie doch den Johannes nicht gesehen; alle ihre Verwandten standen ihr vor Augen samt der Base, die sie für falsch hielt, und wie sollte so eine arme, verlassene Waise Widerstand tun und durchbrechen? Ach, Bäbeli mußte weinen, so süß und so bitter kam es ihr übers Herz, und wenn Nord und Süd hintereinanderkommen, so gibts bekanntlich Platzregen.
Als nun das Mädchen so bitter zu weinen begann, so verstand sich Käthi nicht darauf. Es fiel ihr nicht ein, was da für ein Jungfräulein zu weinen wäre, wenn es den Johannes kriegen könnte und alles in der Ordnung wäre, wie es sein sollte. Sie begann zu fürchten, sie komme jetzt zu spät mit dem Antrage, Bäbeli wolle und könne nicht, und wenn die Bäurin das Maul aufgetan zu rechter Zeit, wäre es noch frühe genug gewesen, aber jetzt sei es aus. Das kam auch Käthi übers Herz; der erschienene Zaubergarten ward von der schwarzen Wolke ganz niedergedrückt, war am Versinken, und Käthi begann auch zu weinen, so recht bitterlich, aber doch nicht so schön und nötlich wie Bäbeli.
Und als sie so weinten, ungleich schön, aber gleich herzlich, kam plötzlich eine Stimme über sie: »Was Tüfels!« Und als sie beide erschrocken sich umsahen, stand die Base hinter ihnen und der Johannes unter der Türe. Nun gabs auch eine Stille in Käthis Stübchen, doch keine bei einer Stunde, aber wunderlich sahen die vier Gesichter einander sich an. »He nun so dann«, sagte die Bäurin, »jetzt sage ich nichts mehr. Meinetwegen, was ist, das ist, und was sein muß, wird geschehen. Seh Mutter, hast du auch ein Kacheli für mich und ein Tröpflein noch in der Kanne? Durst hätte ich. Nicht wahr, Mutter, das dünket dich kurios, daß ich daherkomme wie vom Himmel herab. Es ist mir gegangen wie andern auch. Da alle Leute den Ausbruch der Emme sehen wollten, so glaubte ich, ich müsse ihn auch sehen. Wie ich da hinaufkomme, dünkt mich, der Gstabi mit dem Kind sollte mir bekannt sein, und richtig, es war auch so. Aber wer lange nicht zeigen wollte, daß er mich kenne, und auf die andere Seite sah, wie es die Herrenleute machen, wenn sie einander sich verschämen, das war auch der da. Nun, ich habe ihm den Kopf gedreht, er mußte, ob er gleich nicht wollte. Von ihm vernahm ich, daß ihr auch großes Unglück gehabt habt, und da das Kind absolut fahren wollte, dachte ich, es gehe in einem zu, auch zu sehen, wie die Emme hier es getrieben, und wüst genug ists gegangen; treffe da ungsinnet Gesellschaft zum Heimfahren.« So redete die Bäurin und sah mit spöttischen Augen auf Bäbeli hin.
Käthi konnte von dem allem nichts begreifen, begriff gar nicht, was das bedeuten solle, daß die Bäurin ihre Magd nicht vaterländisch aushudle, da, wie Käthi vermutete, dieselbe sich hinter dem Rücken der Bäurin fortgemacht hatte. Käthi hatte Bosheit im Leibe, gedachte der Bäurin ihr verräterisch Stillschweigen einzutreiben und sie hier vor allen zuschanden zu machen. »Johannes«, sagte sie, »das ist das Jungfräuli, welches einmal hier war und von dem ich dir geredet habe.« »Wo Stiefmüetti werden will, gäll du?« ergänzte das Bubi. Bäbeli nahm den Kopf in beide Hände. Johannes aber sagte: »Mutter, das ist gvexiert, das ist keine Magd.« »Was sagst?« meinte Käthi, »wer sollte es dann sein?« »He«, antwortete Johannes, »das ist das Meitschi, wegen welchem ich den Streit gehabt habe; es soll eine Bauerntochter sein, hat man mir gesagt.« »Wird nicht sein«, rief Käthi, »eine alte Frau wird man doch nicht so zum Besten halten!« »Wohl, es ist!« sagte Johannes. »Nein aber, und kann so manierlich tun, und ist so nichtsnutz? Und am Vermögen wird auch nichts sein, und für jemand, der witziger sein sollte, zu helfen, eine arme alte Frau zum Narren halten, dünkt mich das auch nicht viel gemacht«, sagte Käthi zornig, wie sie vielleicht ihr Lebtag nie gewesen, ausgenommen zur Zeit, als die Sohnsfrau bei ihr war.
»Etwas Recht, aufzubegehren, hast du«, sagte die Bäurin halb im Lachen, »aber so, wie du meinst, ist die Sache doch nicht. Zum Besten haben hat dich niemand wollen, sondern das Gegenteil. Sieh, ich und das Meitschi haben Erbarmen mit euch gehabt, als wir vernahmen, wie ihr übel daran seiet, und sie hat dazu noch das Gewissen gebissen, weil sie die Ursache des Streites war. Ihr schickte es sich nicht, zu dir zu kommen unter ihrem Namen, und ich wußte auch nicht wie machen, um den Leuten nicht in die Mäuler zu kommen und euch doch etwas zu helfen. Base, von wegen, wir sind noch miteinander verwandt, Base, sagte sie, wißt Ihr was, dort oben kennt mich niemand, ich will mich für Eure Magd ausgeben und die Sachen bringen, dann kömmts nicht unter die Leute. Ich, Narr genug, lasse es mir gefallen; als das Meitschi zurückkam, machte es Augen wie ein verstaunet Huhn. Jetzt fiel mir ein, daß hier vielleicht wohl viel geredet worden sei; aber ich dachte: wenn niemand bläst, so erlischt es wieder. Da kamst du, Mutter, mit deinen Heiratsflausen und wolltest zu meiner Jungfrau. Es wollte mich fast versprengen, ich meinte, es müsse gestorben sein, als du da mit deinen Vorschlägen wegem Korben kamest. Ich hätte es dir sagen können damals, aber einerseits lächerte es mich viel zu sehr, anderseits sagte ich es ungern, wie es sich verhalte, und dachte, entweder erkalte die Sache von selbst, und wenn es doch erzwungen sein müsse, so sei es immer noch früh genug. Wäre das Meitschi zu mir gekommen seither, hätte ich ihm vielleicht was gesagt und zugesehen, was es für ein Gesicht mache. Aber das Meitschi trauete mir nicht oder war sonst böse, daß ich nicht mit Händen und Füßen schieben half, zeigte sich nicht bei mir, und so ließ ich die Sache gehen. Aber siehe, das Meitschi weiß sich selbst zu helfen, ungsinnet treffe ich da mein sauber Bäschen hinter dem Tische; habt wahrscheinlich tapfer über mich geschimpft, über die bösen Leute und die böse Welt, und werdet jetzt mit dem Korben richtig sein?« Und gar mächtig schüttelte es wieder die gewaltige Bäurin, daß die Fenster klirrten.
Unterdessen war die gute Käthi wieder weich geworden und wischte sich die Tränen ab. Sie sehe, daß es nicht böse gemeint gewesen. Das Meitschi habe ihr sehr gefallen, sie müsse es sagen, und das Vermögen auch; mit dem hätte der Johannes etwas anfangen können. Jetzt sei die Sache aus, sie sehe es wohl; eine Bauerntochter sei immer eine Bauerntochter, wenn schon manchmal gar kein Vermögen dasei. Das daure sie sehr, sagte sie, sie seien jetzt wieder auf dem alten Flecke.
»Höre, Mutter«, sagte die Bäurin, »man muß nicht gleich verzappeln und alle Hoffnung fahren lassen. Ich habe den Glauben, seit ich das Meitschi hier angetroffen, es gebe was aus der Sache. Ich und du brauchen die Jungen nur machen zu lassen. Spektakel wirds geben, aber das geht vorüber.« »Es ist doch nichts«, sagte Käthi, »was soll Johannes mit einer Bauerntochter anfangen? Fünfzig Taler, wenn sie da sind, sind freilich ein Geld, aber wenn man davon leben soll, so werden sie doch bald ausgegeben sein.«
Da kriegte die Bäurin wieder Krämpfe, sagte endlich: »Für diese Lüge kann ich nichts, die ist vom Meitschi alleine.« »Hat es dann nichts?« frug Käthi traurig, »das hätte ich ihm doch wirklich nicht zugetraut.« »Sieh«, antwortete die Bäurin, »das ist eine Lügnerin, wie es nicht bald eine gibt. Sonst lügen sich die Mädchen Vermögen zu, daß die Schwarten krachen; einen Hof, so groß wie Amerika, und ein Zinsbuch, so dick wie eine Bibel, lügt sich manche an, welche keinen ganzen Strumpf hat. Nun, Hof hat das Meitschi keinen und kein Zinsbuch, so dick wie eine Bibel, aber doch ein Büchlein, und darin werden wohl – was meinst, Alte? – he, wohl zweitausend Taler stehn!« Da sah Käthi die Bäurin auch an mit Augen wie ein verstaunet Huhn, aber sagen konnte sie kein Wort. »Komm, Alte, und zeige mir dein Pflanzland und wo die Emme eingebrochen«, sagte die Frau und nahm Großmutter und Großkind hinaus. Sie war der Meinung, die Jungen drinnen könnten zusammen reden, während sie draußen ihre Ansichten der guten Käthi des Nähern erläuterte.
Als sie meinte, genug Zeit sei verflossen zu allen möglichen Erklärungen, wandte sie ihre Schritte dem Häuschen zu. Nach stattgefundenen Präliminarien schien der Abschluß bald gemacht und ohne großen Zeitverbrauch. Aber auch eine Bäurin kann sich täuschen. Als sie eintrat mit der Frage: »Nun, seid ihr richtig?«, antwortete ihr weder Johannes noch Bäbeli. Sie hatten während der Zeit vielleicht kaum zehn Worte mit einander gesprochen. Jedes meinte, das Andere sollte anfangen, und keines hatte das Herz dazu, Johannes nicht, weil er ein armer, lahmer Bursche war, und Bäbeli nicht, weil sie trotz dem Herzen voll Liebe ein Meitschi blieb. Da sagte die Bäurin: »Jungs, dumms Zeug seid ihr, wißt nicht, daß man die Zeit brauchen muß, wenn man sie hat. Aber jetzt wollen wir fort, und du, Meitschi, fährst mit mir; es scheint mir nötig, dich im Auge zu haben.« Als Johannes ein Wort reden wollte, sagte sie: »Hättest geredet, du hast Zeit gehabt; jetzt mach, daß mir angespannt wird! Hast noch was mit dem Mädchen zu reden, so geh nicht zu ihm, dort könntest du übel wegkommen; komm nicht zu mir, ich will nichts damit zu tun haben, bis die Sache richtig ist. Man soll mir nicht nachreden, ich habe gekuppelt. Probierts meinethalben, ich dächte, bei der Base zu Michelhofen wäre kein unschicklicher Platz, und bis nächsten Sonntag könnt ihr allfällig euch besinnen, was ihr einander sagen wollt, und jetzt adie und lebet wohl.«
Wie das Lied sagt: Scheiden und meiden tut weh, absonderlich wenn das Herz so voll ist und was im Herzen ist, das den Gang durch den Mund noch nicht gefunden hat. Gerne hätten sie jetzt noch geredet, aber was die Base mal gesagt hatte, das war gesagt.
Käthi wußte nicht, träumte sie oder war sie sonst verwirrt; sie hatte Fieber, mußte am folgenden Tage, seit ihrer letzten Kindbetti zum erstenmale wieder, einen Tag zu Bette bleiben, und wenn sie schlummerte, träumte sie, sie hätte Flügel und fliege, und plötzlich ließen die Flügel, und plötsch, stürzte sie zur Erde, fuhr hoch auf im Bette und ließ einen gewaltigen Notschrei aus, und wie sie die Augen wieder schloß, so kam der Traum wieder.
Wahrscheinlich redete auf der Heimfahrt die Bäurin ebenfalls deutsch mit Bäbeli und löste ihr die Zunge, denn als am folgenden Sonntag Johannes von der angestellten Zusammenkunft heimkam, freilich sehr spät, kam er noch zu der Mutter Bette und sagte ihr, die Sache sei richtig, er wolle ihr morgen das Nähere sagen. Da träumte Käthi wieder, und ihr wuchsen Flügel und sie flog in die Luft; aber die Flügel ließen nicht, sie plötschte nicht nieder, sie flog in einen schönen Paradiesgarten. Eine unendliche Wonne erfüllte ihr Herz und süß und lieblich, wie sie nie erlebt, schwebte sie höher und höher; es ward ihr, als atme sie ewiges Leben ein, als öffne weiter sich ihr Auge, als trete leise vor ihr Angesicht, was sie hier nur in Rätseln gesehen, als ginge ein heilig, unaussprechlich Beben durch ihre Seele, als ? da erfaßte sie plötzlich ein wild Tier, schrecklich schrie sie auf, ihre Augen gingen auf; aber wirre irrten sie herum, Sehkraft war nicht da, lange gings, bis sie zu sich selbst kam, die entschwundene Kraft sich wieder einstellte, sie wußte, wo sie war, und Johannes an ihrem Bette stehen sah.
»Mutter«, sagte Johannes, »ich mußte Euch wecken; zürnet nicht, aber Ihr machtet ein gar wunderlich Gesicht, ich kriegte Angst.« »Ach, Johannes«, sagte sie, »du hast mich grausam erschrecket, ich hatte einen so schönen Traum. Aber und jetzt?« Da erzählte Johannes, sie seien einig geworden, »und am nächsten Sonntag wollen wir verkünden lassen. O Mutter, Ihr seid mein guter Engel. Danken kann ich Euch nicht, aber unser Herrgott wolle es Euch vergelten in der Ewigkeit. In der Zeit wollen wir tun, was wir können; auf den Händen tragen wollen wir Euch, keine Arbeit sollt Ihr mehr tun, so haben wir es abgeredet.« »Gott Lob und Dank«, sagte Käthi, und die Tränen liefen ihr die Backen ab, »so bist du versorget und das Bubi auch. Aber mit mir habt nicht Mühe, ich bringe mich gut durch, und unser Herrgott und gute Leute helfen mir schon nach. Aber was sagt die Meisterfrau dazu und die andern Verwandten?« »Die Verwandten werden wüst tun, aber können nichts machen, und die Frau hat gesagt, wir sollten machen, was wir gut finden, und wenn wir es zur Hochzeit gebracht, dann sollten wir kommen, vielleicht habe sie uns was zu sagen. Was, sagte sie nicht,aber wir haben vermutet, sie wolle, uns ein Häuschen vermieten und ich solle dann Hausknecht oder so was sein, wo ich machen kann, was ich mag, daneben ein wenig zu ihren Sachen sehn.«
»E aber, du mein Gott! Ja, der alte Gott lebt noch, und wenn die Not am größten ist, so ist die Hülfe am nächsten! Aber jetzt, in der teuren Zeit, wo die Erdäpfel fehlen und das Pfund Brot sechs Kreuzer gilt, da graut es mir doch, eine Haushaltung anzustellen, Haushalten hat ein weit Maul. Hast das gsinnet, Johannes, und meinst, du mögest es wagen?« »Mutter«, sagte Johannes, »man muß die Schnepfen schießen, wann sie im Lande sind; das Meitschi könnte ich nicht lassen, lieber das Leben, und hat Gott bis hieher geholfen, warum zagen? Und Geld ist ja da.« Aber, Johannes, um Gottes willen, vergiß nie, daß die Liebe die Hauptsache ist und nicht das Geld«, sagte Käthi, »und mach nicht, daß das Geld der Rost wird, welcher die Liebe frißt; viel besser wärs, der Rost käme dir hinter das Geld als hinter die Liebe.«
Es war sehr merkwürdig, welche Wirkung dieses Glück vom Himmel herab auf Käthi hatte. Manche Mutter wäre daraufhin herumgefahren wie ein angebrannter Feuerteufel, hätte allen Leuten gerühmt, was der Sohn für ein Glück mache, und siebenmal mehr dazugelogen, als an der Sache gewesen. Käthi blieb nicht bloß bescheiden, sondern sie schämte sich ihres Glücks, sie durfte nicht ins Dorf, sie ging aus dem Wege, wenn sie jemand von weitem kommen sah; sie machte sich schier verdächtig, die Leute wußten nicht, sollten sie es als Hochmut auslegen oder als ein bös Gewissen.
Eine sehr harte Stunde war es für Bäbeli, dem Bruder zu eröffnen, daß sie am nächsten Sonntag verkündet oder aufgeboten werde, und das mußte sie tun des Anstands wegen, damit nicht etwa derselbe oder seine Frau zugegen seien in der Kirche und das Kreuzfeuer der Blicke ausstehen müßten. Der Bruder sagte eben nicht viel als: »So, das ist schön, das ist mir eine saubere Sache; aber habe Geduld, den Nagel wollen wir dir stecken, daß du weißt, daß er gesteckt ist!« Darauf polterte er hinaus, aber alsbald kam die Schwägerin dahergefahren als wie eine, welche geradewegs auf dem Besen von dem Blocksberg kommt, und turnierte aus, daß die Mäuse Reißaus nahmen und alle Fliegen wieder wach wurden, am Ende Bäbeli selbst aufpackte und die Flucht nahm. Bäbeli wollte erst zur Base, die aber hieß sie zu ihrer Freundin, der Wirtin, gehen. »Glaubs«, sagte sie, »je weniger ich jetzt was mache, desto besser kann ich dir hinterher helfen. Geh aber zum Pfarrer und berichte ihn über die Sache, so kann er vor jeglicher Einsprache sein, welche doch nichts hülfe.« Bäbeli gehorchte, aber ungerne, brachte einige Nachmittage bei der zukünftigen Schwiegermutter zu, und gar liebliche Nachmittage, denn da war lauter Liebe, und keines konnte aussprechen, wie wohl es ihm in dieser Liebe war, und jedes blieb dabei so demütig, denn jedes fühlte, wie es viel mehr Liebe empfing, als es geben konnte.
Die Hochzeit konnte allerdings nicht gehindert werden, wie guten Willen dazu die nächsten Verwandten auch hatten, und wurde baldmöglichst vollzogen. Ein Mittagessen wurde bei der Freundin bestellt, Mutter und Base mußten sich einfinden, sie mochten wollen oder nicht.
Die alte Käthi saß hinterm vollen Teller, und vor dem Teller stand ein volles Glas, aber sie aß nicht, sie trank nicht. »Aber Mutter«, sagte Bäbeli mit ihren weichsten Tönen, »aber Mutter, warum eßt Ihr nicht, warum trinkt Ihr nicht, ists Euch nicht wohl?« »Ach Bäbeli«, sagte Käthi, »weiß Gott, wies mir ist, so voll, so voll, Platz hat nichts mehr.« »Wollt Ihr Tropfen, Mutter, oder Wasser?« frug Bäbeli. »Hülf nicht, und wills ja nicht vertreiben«, antwortete Käthi. »Voll Dank bin ich, voll Glück, weiß nicht mehr, wer ich bin, erst noch in finsterer Nacht und jetzt mitten in der Sonne. Wenn ich lebendig im Grabe gewesen wäre und man erlöste mich, es würde mir wahrhaftig nicht viel anders sein, möchte auch nicht essen, nicht trinken, könnte nur Gott danken. Erst den schwarzen Hunger vor Augen und jetzt es manierlichs und es lieblichs Gschöpfli zur Sohnsfrau, wie wohl nicht manches auf Erden läuft, und ein Vermögen, es weiß kein Mensch wie groß! Weiß Gott, ich muß alle Tage unsern Herrgott bitten, daß er mich nicht zur Närrin werden läßt. Und dann muß ich immer denken: so viele arme Leute in so bitterer Not und viel frömmere als wir, und uns hat Gott geholfen, und sie sind noch in bitterer Not, und ist dann niemand da, ihnen zu helfen! Ach Gott, wer nicht darin gewesen, der weiß nicht, wie es einem ist, wenn der Winter vor der Türe ist, nichts im Keller ist, nirgend was ist, als noch Schulden auf dem Halse. Ach Gott!«
»Gsundheit, Mutter«, sagte die Base, »und trink und nimm jetzt nicht den Kummer der andern auf dich, da du deinen eigenen los bist! Ich weiß zwar wohl, daß es derlei Menschen gibt, die immer kummern müssen, und sind sie den eigenen los, über fremden, habs auch erlebt. Es gibt Herzen, denen nichts fremd ist, es gibt Zeiten, wo einem auf die Seele brennt, was hundert Stunden von einem vorgeht, geschweige dann, was sich in der Nähe zuträgt. Du aber, Johannes, nimm ein Beispiel an deiner Mutter! Oft gehts nicht gut, wenn ein armer Bursche ein reiches Meitschi heiratet; gerne wird derselbe hochmütig und brutal gegen seine Frau und alle Leute, und gerne wird er im Alter wieder ein Bettler. Weil es ihm gelungen, zu einer reichen Frau zu kommen, bildet er sich ein, er sei ein halber Herrgott, und verachtet alles rundum im Himmel und auf Erden, behandelt alles schlecht, vorab seine Frau und dann die Armen. Und weil der Hochmut alle Liebe austreibt, kriegt er Laster um Laster, bis keines Kreuzers groß Gutes mehr an ihm ist, bis er endlich wieder ein armer Bettler ist. Glaubs oder glaubs nicht, aber es ist viel schwerer, in Ehren reich zu sein, wenn man arm gewesen, als in Ehren arm zu bleiben und arm zu sterben. Wenn es gut gehen soll, so muß die Frau auch helfen und nicht sagen: Das Geld kommt von mir. Ach mein Gott, es ist so eine Handvoll Geld bald vertan, besonders wenn beide helfen, und wenn ihr zehnmal mehr hättet, so käme man doch in wenig Jahren zu Ende, wie sehr man auch einwendete, man brauche nicht viel.«
»Aber was sollen wir jetzt anfangen?« frug Johannes. »Davon wollen wir heute nicht reden; bringe du erst mit Bäbelis Vormund alles ins Reine; wenn du weißt, woran du bist, kann man dann sehen. Gsundheit alle miteinander, und daß es euch jetzt allen wohl ergehe und daß es der Mutter vergolten werde siebenmal, was sie an euch getan und was sie ertragen, und daß sie euch Gott noch lange gesund und wohl erhalte, auf daß ihr ein Exempel an ihr nehmen könnt, wie ihr werden sollet, daß euch Gott und Menschen lieben, und wie die sein müssen, welche Gott im Leben segnet und nach dem Leben selig macht. Gsundheit wohl alle miteinander!«
Diesem ehrwürdigen Toaste haben wir nichts beizufügen; es ist noch nicht manche Woche her, daß er gehalten worden ist. Wir wünschen bloß, und zwar von ganzem Herzen, daß derselbe in Erfüllung gehen möge.