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Beethovens Symphonie Pastorale.

Nr. VI, Op. 68.

Dies wunderbare, originelle, lebensvolle Werk B.s, das unbedenklich seinen anderen Meisterwerken an die Seite gesetzt werden kann, ist im letzten Jahrgange d. Z., als es aus dem Manuskript in Leipzig aufgeführt wurde, vom Verf. der Übersichten der Konzerte in Leipzig näher beschrieben, und über seinen Zweck und seine Beschaffenheit in ästhetischer Hinsicht so gesprochen worden, daß Rez. dies nur wiederholen müßte, wenn er nicht den ihm verstatteten Raum zu etwas anderem zu verwenden gedächte. Er wird nämlich einmal die andere Seite zur näheren Betrachtung hervorheben: die artistische, im engeren Sinne des Worts; und von jener sei, Mißverständnissen vorzubeugen, hier nur noch ein Wort vorausgesetzt.

Das Werk enthält in Symphonieform ein Gemälde des Landlebens. »Ein Gemälde? Soll denn die Musik malen? und sind wir nicht schon längst über die Zeiten hinaus, wo man sich auf musikalische Malerei etwas zugute tat?« Allerdings sind wir jetzt so ziemlich damit im Reinen, daß die Darstellung äußerer Gegenstände durch die Musik höchst geschmacklos, und von der ästhetischen Beurteilung dessen, der sich solcher Aftermittel, Effekt zu erregen, bedient, wenig zu halten sei. Allein dieser Ausspruch paßt gar nicht auf vorliegendes Werk, welches nicht eine Darstellung räumlicher Gegenstände des Landes, sondern vielmehr eine Darstellung der Empfindungen ist, welche wir bei dem Anblick ländlicher Gegenstände haben. Daß ein solches Gemälde nicht geschmacklos, und dem Zwecke der Musik nicht entgegen sei, sieht jeder ein, der über diese Kunst sowohl als über die Natur der Empfindungen, die durch jene ausgedrückt werden sollen, nachgedacht hat.

Jetzt zu jener versprochenen näheren Betrachtung des Werks; und wenn gleich eine schriftliche Anzeige davon uns keine vollständige Idee von dem Werte dieser Komposition geben kann, weil sie, um recht genossen zu werden, gehört werden muß: so kann doch ein prüfender Blick, den wir auf sie werfen, beim gemischten Publikum den Vorsatz rege machen, derselben bei der Aufführung ein aufmerksameres Ohr zu leihen, und bei denkenden Musikern Stoff und Aufforderung zu manchem Angenehmen und Lehrreichen darbieten.

Das Ganze besteht aus fünf Sätzen, davon jeder ein kleines Ganze für sich bildet. Der erste Satz – Allegro ma non troppo (F dur, 2/4 – beginnt mit einem einfachen, gefälligen Gesange, welcher die angenehmen, während eines Ganges von der Stadt nach dem Lande in dem Menschen aufsteigenden Gefühle ausdrückt. Das Thema wird nach den ersten Takten teilweise mit immer veränderter Begleitung und dem allmählichen Eintreten der Blasinstrumente in anfangs schwächeren, dann stärkeren Intonationen wiederholt, um so die Steigerung der Empfindungen darzustellen, welche nach und nach lebhafter werden, je näher der auf dem Lande Erholung suchende Städter seinem Ziele kommt. Takt 53 tritt ein anderer Gesang ein, welcher auf gleiche Weise, wie der erste, anfangs unter einfacher Violinbegleitung in Achteln, dann in Triolen mit hinzugefügter Flöte, und zuletzt in Sechzehnteilen mit Einstimmung aller Blasinstrumente, die Gefühle eines Andern von der Schwäche bis zur Stärke vortrefflich zeichnet. Gegen das Ende des ersten Teils ist Kraft und reges Leben in allen Stimmen, welches aber näher nach dem Schlusse allmählich wieder abnimmt. Der zweite Teil beginnt mit den beiden Anfangstakten des ersten, welche von schwach gehaltenen Tönen der Klarinetten, Fagotten und Hörner unterstützt werden. Dann treten auch die übrigen Blasinstrumente, eines nach dem andern hinzu, und stützen in stärker gehaltenen Tönen das Thema, welches abwechselnd von der ersten und zweiten Geige, von der Viola und dem Violoncell, welche Triolen darunter spielen, vorgetragen wird. Der Übergang von B nach D dur, Takt 25, macht eine treffliche Wirkung: allein der 27 Takte lange Aufenthalt auf dem Dominanten-Akkorde ermüdet doch wohl das Ohr zu sehr. Der Komponist hat das vermutlich selbst gefühlt, und dadurch abhelfen wollen, daß er das Thema in verschiedene Stimmen, bald in die Saiten-, bald in die Blasinstrumente, mit abwechselnder Stärke und Schwäche des Vortrags legte: allein das Ohr verlangt demungeachtet eher durch eine neue Harmonie gereizt zu werden, die im 55sten Takte eintretend, nach des Rez. Meinung, etwas zu spät kommt. Mit diesem Takte spricht uns das Thema in G dur, wozu die zweite Geige ein artiges Kontrathema von zwei Takten spielt, welches vom Violoncello nachgeahmt wird, sehr angenehm wieder zu. Die Modulation von G nach E dur, als der Dominante von A ist dieselbe, wie jene von F nach D dur, und macht eine gleiche, herrliche und überraschende Wirkung; die darauffolgenden Takte aber sind, gleichfalls wegen des zu langen Verweilens auf dem Dominantenakkorde E, dem Gehör in dem Grade unangenehm, als die endliche Rückkehr des Thema, welches nun in A dur wiederholt wird, erfreulich ist. Nach der Wiederholung desselben nimmt der Künstler, damit das Ohr bei steter Anhörung eines einzigen Satzes nicht ermüde, einen anderen Satz von 4 Takten, den er im Anfange des ersten Teiles nur im allgemeinen angegeben hatte, auf, und führt uns, indem er denselben erst einfach, dann unter begleitenden Sechzehnteilen, zuletzt durch die Kraft aller Blasinstrumente, mit einem langen Tremolo der ersten Geige gehoben darstellt, in das Anfangsthema zurück, das uns jetzt wie ein alter Bekannter erscheint, dessen wir nicht überdrüssig werden können, weil er uns seine Anwesenheit in den mannigfaltigsten Formen zeigt, und fürchtet er langweilig zu werden, sich lieber einige Zeit entfernt, um uns die Freude des Wiedersehens desto inniger empfinden zu lassen. Unter diesen verschiedenen Arten der Wiederkehr des Hauptsatzes kommen wir, nie die mindeste Leere, jene oben bemerkten Stellen etwa ausgenommen, empfindend, zum Schlusse dieser ersten Nummer, unbewußt, welchen langen Weg wir schon zurückgelegt haben. Nr. 2 soll, nach des Künstlers Absicht, eine Szene am Bache darstellen. Wirklich empfinden wir alles, wozu ein solcher entlegener, zur Zufriedenheit und ruhigen Beschauung stimmender Ort in der Natur uns einladet, und diese ganze Nummer spricht das Gemüt durch Erweckung sanfter Gefühle vorzüglich an. Die Wahl der Tonart B dur, der verweilende 12/8 Takt, die natürlichen, zwar minder überraschenden, doch nicht minder gefälligen Ausweichungen in verwandte Tonarten, alles dies muß den fühlenden Zuhörer von den Regungen einer lebhafteren Freude zur Ruhe einer mehr in sich selbst gekehrten Betrachtung herabstimmen. Die zweite Violine und die Viola fangen einen sanften in Terzen sich bewegenden Gesang an, der, durch zwei Violoncelli in der tieferen Oktave verdoppelt, vortrefflich herausgehoben wird. Dazu spielt die erste Violine einen kurzen, aber zur Einleitung, welche nie Ausführung sein darf, zweckmäßigen Gegensatz, vier Takte hindurch. Mit dem 5ten Takte wird die begleitende Bewegung in der zweiten Violine, Viola und den beiden Violoncellen schneller, und wir glauben in der Tat das sanfte Murmeln eines Baches zu hören. Der Gesang der ersten Violine wird fließender und zusammenhängender, die Empfindungen werden bestimmter. Mit dem 7ten Takte ergreifen die erste Klarinette und das erste Fagott den Satz, mit welchem die erste Violine begann. Die murmelnde Bewegung in den Violoncellen und der zweiten Geige dauert fort, und die erste scheint in kurzen Trillern auf das Zwitschern der Vögel in den Umschattungen des Baches zu deuten. Die Hörner blasen dazu eine eigene, aus Rucknoten bestehende Figur, welche ihnen (Takt 23 u. d. folg.) die beiden Fagotte, dann die Klarinetten und Flöten, auf eine geschickte und effektvolle Art abnehmen. Nach dem 32sten Takt erwarten wir den Schluß in die Dominante F, allein der Ideenvorrat ist dem genialen Künstler noch nicht ausgegangen. Er hält den Schluß zurück, moduliert von C, als der Dominante von F nach A, der Dominante von D, die er oft mit den Nebendominanten D, G, C, unter einem artigen melodischen Satze, den das erste Fagott und die Viola, dann im 41sten Takte die erste Geige mit veränderter Cellobegleitung, abwechseln läßt, und erfüllt so unsere mehrmals angenehm getäuschte Erwartung erst durch den im 50sten Takte erfolgenden Übergang in die Dominante des Haupttons. Jetzt tritt uns wieder das Anfangsthema an, aber unter welcher veränderten Gestalt! Die erste Violine variiert den kurzen Einleitungssatz. Den lieblichen, in Terzen sich bewegenden Gesang, den zu Anfange des Stückes die zweite Violine, die Viola und die verdoppelnden Violoncelle spielten, tragen jetzt die Klarinetten und Fagotte gemeinschaftlich vor. Damit noch nicht zufrieden, gesellt der Komponist jene originelle, aus Rucknoten bestehende Figur, bei deren erster Einführung wir an nichts weniger als an Ähnlichkeit mit dem Hauptsatze dachten, hinzu, und überrascht uns durch diese Verbindung so angenehm, wie wir durch das unvermutete Zusammentreffen unserer Freunde überrascht werden, die sich, der eine von da, der andere von dort, durch ein glückliches Ungefähr an einem gemeinschaftlichen Orte einfinden, wo sie uns ihre verschiedenen Schicksale, die das allgemeine Interesse und das Band der Freundschaft vereinigt, brüderlichen Herzens mitteilen. Diese ganze Stelle vom 50-54sten Takt, unter dieser veränderten, doch nicht unkenntlichen Gestalt, macht einen unbeschreiblich schönen Effekt, und gibt uns von dem Geiste des Künstlers einen hohen Begriff. Nicht weniger ist die gleich darauffolgende Stelle (Takt 54-58) durch ihre Einfachheit, wie die vorhergehende durch ihre künstliche Zusammensetzung, schön. Die folgenden vier Takte haben Rez. weniger gefallen wollen, er glaubt den Grund davon in den zunahe liegenden Sekunden, welche von dem Gesange der ersten und zweiten Violine gebildet werden, zu finden. Der Deutlichkeit wegen, und um das Gesagte zu beurkunden, mögen die genannten Takte hier Platz finden:

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Aus gleichem Grunde haben Rez. die Takte 91-94 mißfallen. Alles andere ist lobenswert; vorzüglich aber verdient noch eine Stelle gegen das Ende dieser Nummer gerühmt zu werden, in welcher scherzweise die Stimmen der Nachtigall, der Wachtel und des Kuckucks mit einem Glücke nachgeahmt worden sind, welches, wie ein ganz aus dem Spiegel aufgegriffenes Porträt, jeden lächeln macht, und teils darum von niemand getadelt werden wird, teils weil die Stelle, auch von jener speziellen Rücksicht abgesehen, gut und angenehm ist, von niemand getadelt werden kann. Die Idee, Vogelstimmen durch musikalische Töne darzustellen, ist zwar an sich nicht neu, aber die Art, wie unser Künstler dieselben darzustellen gesucht hat, gehört ihm allein an. Er läßt nämlich alle drei Vogelstimmen kurz hintereinander und dann zusammen eintreten, wodurch ein artiges Ensemble von drei Stimmen, deren jede ihren eigenen Gesang enthält, gebildet wird. Die Stelle ist zu originell, als daß ihre Anführung hier am unrechten Orte sein dürfte:

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Der dritten Nummer, welche ein Allegro aus F dur im ¾ Takt ausmacht, hat Rez. wegen des minderen Ideenreichtums, wegen Mangels an harmonischer Abwechslung und Instrumentation, wegen verletzter Einheit im Takte und zu häufiger Wiederholung einzelner Stellen, im Vergleiche mit den vorhergehenden und nachfolgenden Nummern, weniger Geschmack abgewinnen können. Gleich zu Anfange, ehe wir uns noch in der Haupttonart des Ganzen recht festgesetzt haben, werden wir schon mit dem 9ten Takte etwas unsanft aus diesem Besitze verdrängt und nach D dur geworfen. Hier ist unseres Bleibens auch nicht lange, denn schon mit dem 17ten Takte wird uns unser neues Eigentum abgenommen und das alte zurückgegeben. Mit dem 25sten Takte müssen wir diese unangenehme exmissio possessionis noch einmal erfahren, und können nach deren Bestehung erst festeren Fuß fassen. Wir bekommen zwar die Haupttonart sobald nicht wieder zu hören: indes wird unser Ohr doch nicht zu sehr durch grelle Übergänge beleidigt, wenngleich der 44 Takte hindurchgehende Unisonus, der nur hin und wieder von einer in den Bässen, Fagotten und Hörnern liegenden Grundstimme gehemmt wird, ermüdet; denn da, wo dieser aufhört und der Satz mehrstimmig wird, gewinnt auch die Fortschreitung an Mannigfaltigkeit und Interesse. Ebenso ermüdend ist Rez. der vom 91sten Takt an eingestreute Zwischensatz, teils wegen öfterer Wiederkehr, teils wegen spärlicher Ausschmückung durch neue Harmonien, vorgekommen. Dieselben Mängel scheint ihm auch der Zwischensatz vom 165sten bis zum 204ten Takte zu haben; wozu noch kommt, daß die Verwandlung des ¾ Taktes in den Zweivierteltakt, und die Unähnlichkeit der Figuren dieses Satzes mit jenen des Hauptsatzes, der Einheit des Ganzen zu viel Abbruch tut. Dies zusammengenommen möchte daher wohl diese Nummer den übrigen den Vorrang nicht streitig machen können.

Dafür aber erhalten wir desto reichlicheren Ersatz in den beiden folgenden Stücken. Nr. 4 stellt uns einen Gewittersturm mit den lebhaftesten Farben dar. Es ist dies Stück unstreitig das gelungenste unter den übrigen dieses ländlichen Gemäldes, und durchaus von erhabener Wirkung. So mannigfach die einzelnen Erscheinungen sind, die uns bei solch einem Gegenstande geboten werden, und so oft denselben schon andere Komponisten, teils mit, teils ohne günstigen Erfolg bearbeitet haben: so einfach und neu ist die Form, unter welcher uns der geniale Beethoven dies imposante Naturschauspiel in der Nachahmung gibt. Gewöhnlich fassen Komponisten von niederem Range, wenn sie uns einen Sturm darstellen wollen, den höchsten Moment desselben auf und lassen, um recht natürlich zu sein, weder die ausübenden Musiker, namentlich den Paukenschläger, nebst den beiden Trompeten- und Flötenbläsern, noch die Zuhörer zu Atem kommen; glauben sie nun eine Zeitlang genug getobt und gerast zu haben, so brechen sie unvermutet ab, wodurch dann der ganze musikalische Lärmen eher dem Spuk eines Poltergeistes ähnlich sieht, der bei seiner Erscheinung auf einmal alle Elemente erregt, aber, wittert er Morgenluft, unter einem heftigen Knalle verschwindet, nach welchem alles umher plötzlich mit Grabesstille bedeckt liegt. Nicht so Beethoven. Zwar sind auch ihm die höchsten Grade des Orkans Gegenstände der Schilderung: allein er verschmäht dabei so wenig die langsame Annäherung als die allmähliche Entfernung des Wetters. So vernehmen wir mit den beiden ersten Takten in dem Tremolo der Kontrebässe und Violoncelle den fernen Donner, die Violinen malen uns in den folgenden fünf Takten die leise, unruhige Bewegung der Luft, eine Wirkung des kommenden Gewitters. Nach und nach rückt das Wetter näher heran, und beim 21sten Takt erscheint es uns, unter dem starken Eintreten aller Blasinstrumente und einem 4 Takte langen Paukenwirbel, in seiner ganzen Furchtbarkeit. Die hohen Töne der dreigestrichenen Oktave f, e, ges, welche die erste Violine hervorbringt; das ununterbrochene, den heulenden Sturm ausdrückende Schreien der Hoboen, Horner, Fagotte und Trompeten; die anstrebenden Sechzehnteilfiguren in den Bässen, welche das Rollen des Donners nachahmen; die häufigen Dissonanzen, vorzüglich der verminderte Septimenakkord mit seinen Verwechselungen – ein getreues Bild der Gefühle des Grausens und Entsetzens – alles erfüllt mit großen und erhabenen Empfindungen. Allein so allmählich sie entstanden, so allmählich verschwinden auch die heftigen Ausbrüche des Orkans. Die Geigen spielen dann in langsamerer Bewegung, die Blasinstrumente tönen leiser, sparsamer, und in untermischten, erfreuliche Sonnenblicke zeigenden Solostellen, die Trompeten schweigen in den letzten 12 Takten gänzlich, und lassen sich nicht eher, als in der folgenden Nummer wieder hören, wo sie die freudigen Gefühle des Landmanns nach überstandenem Sturme begleiten. So viel über dies herrliche, ganz auf Effekt berechnete Stück. Alle einzelnen Schönheiten desselben mit Worten zu beschreiben, würde zu weitläufig, ja unmöglich sein. Man höre, und man wird hier den Komponisten in seiner ganzen Größe kennen lernen!

Nr. 5 ( F dur, 6/8), deren Inhalt schon angegeben worden ist, beginnt mit einem Satze, der, von der Klarinette vorgetragen, den Gesang des Kuhreigens nachahmt. Was kann natürlicher, schöner, und dem Charakter des Landmanns angemessener gedacht werden, als ein solcher Ausdruck der Freude? Der Gesang fängt in C dur, der Dominante von F, an, und wird Takt 5 von dem Horne auf eine originelle Weise unter dem frei eintretenden 7/4/2 Akkord, der erst mit dem 3ten Achtel des 8ten Taktes seine Auflösung erhält, wiederholt. Wenn der Künstler hierdurch den verschiedenen Ton der Hirteninstrumente an verschiedenen Orten des Dorfes ausdrücken wollte, so hat er seinen Zweck glücklich erreicht. Mit dem 9ten Takte tritt ein einfach schöner, aus dem ersten Takte gebauter Gesang der ersten Geige ein, welcher, da er bloß in Vierteln und Achteln sich bewegt, den ersten Grad der Freude vortrefflich malt. Mit dem 17ten Takte nimmt die zweite Violine der ersten diesen Gesang ab und trägt ihn eine Oktave tiefer vor. Die erste Geige begleitet in Sechzehnteilfiguren. Diese schnellere Bewegung nebst der veränderten Begleitung der Blasinstrumente, die, vorher in halben Schlägen und Vierteln, jetzt in gestoßenen Achteln fortschreitet, stellt uns den zweiten Moment der Freude dar. Mit dem 25ten Takte bekommen die Viola und das Violoncell jenen Gesang, den die Klarinetten und Hörner durch Verdoppelung stark herausheben, während die erste Violine das Akkompagnement in Sechzehnteiltriolen übernimmt; die anderen Blasinstrumente unterstützen kräftig durch aushaltende Töne – kurz, alles malt uns den höchsten Grad des Frohsinns, der sich dem lauten Jubel nähert. Mit dem 56sten Takte leitet der Komponist vermittelst eines Stückes vom Thema, das erst die Geigen, dann die Flöte, Hoboe und Klarinette teilweise vortragen, wiederum in den Hauptsatz ein, der unter jener originellen, frei eintretenden 7/4/2 Harmonie von neuem erscheint. Auch jene Melodie, die vom 9ten Takt begann, spricht uns wieder zu, aber nach der Beethoven eigentümlichen Art, mit veränderter Begleitung, welche jetzt die zweite Geige mit der Viola im Wechsel vorträgt. Hierauf folgt, nach einer Modulation in B dur, ein 15 Takte langer Zwischensatz, dessen Einschaltung uns das Hauptthema, um es nicht lästig werden zu lassen, auf einige Zeit entrückt. Dann kehrt es zurück, aber nur in einem Abschnitte, den der Künstler auf die mannigfachste Art durchführt. So hören wir auch den mehr gedachten Nebengesang in anderer Form wieder. Vom Violoncello und Fagotte vorgetragen, wird er von der zweiten, dann von der ersten Violine aufgenommen, und zuerst einzeln, dann von der Figur, die kurz vorher die neue Führerin des Hauptsatzes abgegeben hatte, im Gewande eines Kontrathema begleitet, bis zum Schlusse durchgeführt, der mit dem Anfangssatze, der Melodie des Kuhreigens, bedeutend endet.

Und nun genug der Schilderung dieses geistreichen Produktes, dessen Anhörung gewiß jedem Gebildeten mehr Vergnügen verschaffen wird, als eine noch so detaillierte Beschreibung geben kann. Möchte der geniale Beethoven uns bald wieder mit solch einem Meisterstücke beschenken. – Doch, was bedarfs der Äußerung dieses Wunsches, da der Künstler, der so viel ausdauernden Fleiß als Genie besitzt, bisher allen unseren Wünschen zuvorgekommen ist!

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