Annette von Droste-Hülshoff, Levin Schücking
Briefe von Annette von Droste-Hülshoff und Levin Schücking
Annette von Droste-Hülshoff, Levin Schücking

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Cöln den 6ten Februar 1846.

Liebes Mütterchen!

Ich weiß wohl, weshalb Sie mir nicht schreiben: Sie meinen, Sie müßten mir einen ganz langen Brief schreiben, wenigstens eine Seite Entschuldigung und Erklärung, weshalb Sie nicht geschrieben, und das Schreiben greift Sie an. Das sollen Sie aber nicht – nur ein paar Worte, wie es Ihnen geht, und daß Sie uns nicht ganz vergessen haben.

Meine Louise hat mich mit einem Töchterchen beschenkt. Diesmal ist es rascher und leichter gegangen als das erste Mal. – Louise hat sich auch ziemlich wieder erholt und ist schon wieder auf. Das Kindchen ist sehr hübsch und stark und gesund und heißt Gerhardine nach der Tante in Kiel, die Pathe ist.

Junkmann war gestern bei uns, er war lustig und wohl. Der Minister hat ihm zu Weihnachten vierzig Thaler zum Ersatz seiner Kosten in der Wasserkuranstalt in Rolandseck geschenkt.

Wir leben den einen Tag so wie den anderen, in stiller Häuslichkeit, – in so weit eine Häuslichkeit, die zwei kleine Schreihälse beleben, still genannt werden kann. Ich habe ein neues Lustspiel geschrieben: Drei Landesväter oder die Belagerung von Graßlingen betitelt, das in den nächsten Tagen hier gegeben wird.

Fr. Dingelstedt hat einen Artikel über mich in der Allgemeinen Zeitung geschrieben, den ich Sie einmal sich zu verschaffen bitte, in Nr. 6 und 7 laufenden Jahres.

Sie werden an Arbeiten während des Winters nicht viel haben denken können, nicht wahr, mein armes Mütterchen –? Darum habe ich Sie auch nicht um Beiträge für mein Feuilleton geplagt.

Ich hoffe, dies Blatt, das voll der wärmsten Anhänglichkeit in die Einsamkeit von Rüschhaus flattert, trifft Sie möglichst wohl, sonst kommen Sie – fort aus schädlicher Luft – zu uns, die wir Sie treulich pflegen wollen!

Ihr alter Levin.


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