Annette von Droste-Hülshoff, Levin Schücking
Briefe von Annette von Droste-Hülshoff und Levin Schücking
Annette von Droste-Hülshoff, Levin Schücking

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Meersburg den 24sten März 1844.

Ich schreibe Ihnen nur ein paar Worte, lieber Levin, nur um Sie selbst zum Schreiben zu bringen. Warum lassen Sie mich so ganz ohne Nachricht? Sollte mein Brief an Ihre liebe Frau vom Ende Februar oder Anfange März, – ich notire leider dergleichen nie – der doch so vieles der Antwort Benöthigte enthielt, verloren gegangen sein? Ihr Schweigen beunruhigt mich ungemein; es ist mir wahrhaftig, als wären Sie todt oder doch nicht mehr in Augsburg oder mindestens ganz aus allen Geschäften mit Cotta geschieden. Ihre Chiffre ist seit lange aus den Beilagen zur Allgemeinen verschwunden, die Ihres Vaters ebenfalls, die Erzählung Ihrer Frau läßt sich auch vergebens im Morgenblatt erwarten, sowie eine Annonce oder Probegedichte, die das Fortrücken meiner eignen Angelegenheit zeigten: Alles gleich todt und stumm, während die Ostermesse vor der Hand ist! Sollten Sie in Differenzen mit Cotta geraten sein, welche die Zurücknahme meines Manuscripts oder gar das Aufgeben Ihrer Stellung oder Beides zur Folge gehabt hätten? Jedenfalls muß ich doch dringend wünschen, davon benachrichtigt zu werden, und will Gott tausendmal danken, wenn die Unannehmlichkeit mein Manuscript allein betroffen hat. Schreiben Sie also nur frisch von der Leber weg; schlimmer, wie ich es mir denke, stehts doch schwerlich, und leicht besser. Noch Eins veranlaßt mich, auf schleunige Antwort zu dringen, Ihr lieber uns angekündigter Besuch, über den einige Verabredungen nöthig geworden sind, um nicht mit einem andern Besuche zu caramboliren, der uns die ganze Freude verderben würde. Das Fräulein Minna v. Ochs aus Cassel hat nämlich in den nächsten Monaten eine Rheinreise vor, und ihre Nichte aus Münster, die Räthin Rüdiger, die sie begleitet, hat ihr zugeredet, dieselbe bis Meersburg auszudehnen, wo sie einige – ich denke etwa acht – Tage bleiben und dann die Rückreise antreten werden. Letztere schreibt mir hierüber: »Der Plan stehe fest, den Zeitpunkt aber möge ich bestimmen, wie er Laßbergen am bequemsten und mir am passendsten sei, um mich einer Rigi-Tour anzuschließen, bei der sie ganz sicher auf meine Gesellschaft rechneten; am Liebsten würden sie kurz vor unserer Rückreise eintreffen, um diese gemeinschaftlich mit uns zu machen &c.« Ich brauche Ihnen nicht auseinander zu setzen, lieber Levin, wie durchaus fatal und Alles verderbend das Zusammentreffen beider Besuche sein würde; mich wenigstens würde es höllenmäßiger Laune machen und keins der Andern guter. Mit einem Worte: es geht gar nicht. Die beiden Damen ahnden nichts von der Lage der Dinge, und ein Wink von mir würde allerdings hinreichen, den Plan in seine früheren Schranken zurückzuführen, wozu ich mich aber um so weniger entschließen kann, da Beide sich eine große Freude dabei denken. Können Sie mir nun, genau und unabänderlich, fest stellen, wann und auf wie lange wir Sie hier erwarten dürfen, so bestelle ich meine Damen vor oder nachher. Steht dies nicht in Ihrer Macht, so muß – Laßberg wird alt und schwach, ein lieber Besuch ist ihm sehr lieb, aber Alles, was an Getreibe grenzt, macht ihn durchaus confus und unglücklich – jener Wink gegeben werden, was am Ende auch nicht so viel ausmacht, da den Beiden doch immer eine schöne Rheinreise, wahrscheinlich dann vermehrt durch eine Mosel- oder Neckarfahrt oder einen Ausflug nach Brüssel, bleibt. Nur Antwort muß ich sogleich haben, denn ich bin selbst um schleunige Antwort angegangen. Unsre Rückreise wird wohl im Juni stattfinden – ist wenigstens vorläufig so festgestellt –, sich aber jedenfalls nach Zeitpunkt und Dauer Ihres Aufenthalts modificiren. Die Damen sprechen von April oder Mai, weil sie sich dann die Zeit unsrer Rückreise denken; das scheint aber der einzige Grund und ihnen sonst jeder Monat gleich zu sein. Antworten Sie mir doch sogleich, liebster Levin, und zwar so, daß ich mit Sicherheit darnach handeln kann; doch dies hätte ich nicht zweimal sagen dürfen, da Ihnen alle hierbei zu berücksichtigenden Umstände und Stimmungen ja eben so bekannt sind als mir. Adieu, mein liebstes Kind, Gott segne Sie und Ihr Frauchen! Adieu, Adieu, – es ist gleich fünf Uhr, dann wird die Post geschlossen. Aber nur gleich Antwort.

A. D.

Madame Hufschmid bessert sich, wenn man den Übergang von schneller Erlösung zu wahrscheinlicher Wassersucht Besserung nennen kann. Doch giebts noch genug andre statt dieses Quartiers, sobald ich nur Auftrag habe.

Ich habe schon ein halbes Dutzend Gedichte liegen fürs Morgenblatt, – vide den Brief an Frau Louise, der überhaupt bei Ihrer Antwort zur Hand genommen werden muß. Vergessen Sie nur nicht übers Letzte das Erste, nämlich mir wegen des Manuscripts zu antworten, und sein Sie vor Allem, ich bitte aufs Herzlichste darum, ganz offen gegen mich hinsichtlich Ihrer Stellung zu Cotta.

Laßberg und Jenny grüßen tausendmal.


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