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Vierter Band.

 

Hängt fest, wie Waldes Eichen,
Am heil'gen deutschen Land.
Wollt ritterlich Euch reichen
Zu Schutz und Trutz die Hand!

Justinus Kerner.

 

 

43.

Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben.
Gesegnet sei der Rhein!

M. Claudius.

Der Zug der Reisenden hatte sich, während dieser und anderer Unterredungen zwischen den einzelnen Mitgliedern, wieder aufwärts nach dem Gebirge gewandt. Bandini, der hier alle Pfade und Wege zu kennen schien, wußte klüglich sich und seine Reisegefährten von den festen Schlössern und Klöstern, die in diesem gesegneten Landstriche sehr häufig und sämmtlich dem Erzbischofe von Mainz ergeben waren, in einer gehörigen Entfernung zu halten. Unangefochten erreichten sie die Höhe des Gebirges und die Schatten des Waldes. Ehe man in diesen trat, warf man auch noch einen Blick auf das unten liegende herrliche Land und den mächtigen Strom, der es in königlicher Majestät durchwallte.

»Ich bin ein alter Mann,« sagte Meister Auffenthaler, »und das Feuer, mit dem mich sonst auf meinen weiten Reisen manches Kunstgebilde und manche Naturschönheit bei ihrem Anblicke belebt, ist zum Theil erloschen. Allein wenn ich an einer Stelle stehe, wie diese, so flammt es auf's Neue empor und macht mich wieder jung. Wohin Ihr blickt, edler Ritter, tritt Euch der Segen Gottes, den er dem Menschengeschlechte schenkt, vor Augen. Seht dort den prachtvollen Strom, seht die Schiffe und Barken, die so viele weit auseinander wohnende Völker eng verbinden und im wechselseitigen Verkehr die besten Gaben einzelner Länder allen zuführen! Seht dort am Ufer hin die ansehnlichen Flecken und Dörfer, die den Wohlstand ihrer Bewohner verkünden! Seht höher hinauf die stolzen Burgen und die stattlichen Klöster! Auf den Hügeln, die sie umgeben, wird die Himmelsgabe der edelsten Weine erzeugt: dem Kranken zur Erquickung, dem Gesunden zur Erheiterung, der edelste Reichthum der Natur, jetzt im Besitze solcher Menschen, die das Gelübde lebenslänglicher Armuth abgelegt haben. Seht dort rechts in der Ferne den weißen steilen Berg! Da wächst die duftende Rebe von Rüdesheim, die Kaiser Carl der Große dorthin verpflanzt. Dort auf jenem rothen Hügel strömt die edle Gluth des Rothenberger aus. Dort nach dem Flecken Hattenheim neigt sich die Feldmark hin und da ist die Stelle, wo der mild erwärmende Markbrunner sich dem Schooße der Erde entringt. Aber bemerkt wohl den zierlich und sanft abgerundeten Rebenberg gerade vor uns, mit dem stattlichen Klostergebäude auf der obersten Höhe: da wächst eine Traube, in der alle Kraft des Lebens, die Süßigkeit der Südfrüchte, der Duft der köstlichsten Blumen, das Feuer, welches die Sonne selbst ausströmt, sich vereinigt finden: das ist der Johannisberg.«

Der alte Herr hatte sich in eine ungewöhnliche Begeisterung hineingeredet.

»Curt!« rief er jetzt laut, indem er sich nach den Dienern umwandte. »Wo ist Curt, der Kellermeister? Laßt ihn das Fäßlein No. 1 herbeibringen, denn diese Stelle ist es wahrlich werth, einen Becher edelsten Weines auf ihr zu leeren.«

Da bewegte sich auf einem schnell trappelnden Eselein ein kleiner dicker Mann herbei, der ein Fäßchen von geringem Umfange vor sich auf dem Pferde trug. Er war in seinem Aufzuge sehr lustig anzuschauen und das Fäßchen vor seinem ansehnlichen Bauche erhöhte das Seltsame seiner Erscheinung, indem sein Kopf, mit dem breiten lachenden Gesichte, nur wenig über dasselbe hinausragte. Alle, die ihn zum erstenmale sahen, mußten lachen; selbst Amalgundis verzog bei seinem Anblicke den lieblichen Mund zu einem leichten Lächeln.

»Hier ist Curt mit No. 1!« rief er mit einer Stimme, die darthat, daß der Mann stets zu Scherz und Frohsinn aufgelegt sei. »Ich halte Nro. 1 immer an der Stelle verwahrt, die mir die liebste und theuerste ist auf Erden. Es scheint mir, als mache schon die bloße Nachbarschaft einen erquickenden und stärkenden Eindruck. Aber das ist auch ein Säftel! Man muß gestehn, die frommen Herrn sind Kenner und wissen, wo gut Hütten bauen ist. In der lieben Stadt Augsburg haben wir auch manche liebliche Flüßigkeiten, als da sind ungarische und cyprische, griechische und italische, spanische und französische; aber ein Gewächslein wie dieses ist mir erst hier zu Lande vorgekommen und verdient den Preis vor allen andern.«

Während der geschwätzige Kellermeister auf diese Weise den Inhalt des Fäßchens No. 1 höchlich anpries, war Meister Auffenthaler abgestiegen und hatte einen schöngearbeiteten silbernen Becher mit dem edeln Getränke bis zum Rande angefüllt. Er ließ ihn durch Beaten kredenzen und dann bei den Freunden herumgehn.

»Edler Herr,« sagte er zu Friedmann, als die Reihe an diesen kam, »Ihr habt dergleichen an kaiserlicher Tafel nicht gefunden, denn die Mönchlein hüten sich wohl, dem gehaßten Gegner ihres Hirten solchen Labetrunk zu verschaffen. Aber ein schlichter Handelsmann ist ihnen schon recht zum Käufer, wenn er nur Geld im Säckel bringt oder Geldeswerth bei sich führt. Sie haben ihre Kapelle mit meinen vergüldeten Gefäßen ausgeziert und ich ließ mich von der Forderung nicht abbringen, einen Theil der Zahlung in diesem flüßigen Golde zu erhalten.«

Der Ritter hatte den Becher, nachdem er den köstlichen Wein versucht, seinem Nachbarn, dem Italiener Bandini überreicht. Dieser sah ihn starr an, warf hierauf einen der wilden Blicke, die jetzt so oft aus seinen umherirrenden Augen sprühten, auf Amalgundis, öffnete den Mund, als wolle er laut rufen, besann sich aber dann wieder und raunte, zu Friedmann hingewandt, diesem zu:

»Es gelüstet mich gewaltig, Euch hoch leben zu lassen und die schöne Amalgund, als ein edles Liebespaar. Mit einemmale wäre dann der Knoten gelöst und Alles entschieden. Flüstert mir nur ein leises Ja zu, bewegt nur die Lippen und aus fünfzig kräftigen Kehlen dringt der Jubelruf zum Himmel.«

Mit einem zornigen Blicke und in heftiger Bewegung erwiederte rasch, aber ohne die Stimme zu erheben, der Ritter von Sonnenberg:

»Wenn Ihr das wagt, so werde ich Euch behandeln, gleich meinem schlimmsten Feinde! Habe ich Euch darum mein Vertrauen geschenkt, darum Euch die verborgenste Stelle meines Herzens gezeigt, daß Ihr mich verrathet und Schmach auf mich und auf sie häufen wollt? Bandini, wie kommen solche unziemliche Gedanken Euch in den Sinn? Ich kenne Euch nicht mehr. Das war kein Freundschaftsstück, was Ihr an mir ausüben wolltet.«

»Ihr glaubt, daß es Euch nicht diene?« versetzte ruhig der Lombarde. »Ich kann es ebensowohl unterlassen. Ich trinke dann im Stillen auf Euer beiderseitiges Wohl und harre in Geduld, bis Ihr es in Euerer Blödigkeit binnen Jahr und Tag so weit gebracht habt, wie ich es in einem Augenblicke gebracht haben würde.« –

Während die Mittagssonne ihre brennenden Strahlen herabsandte, setzte man den Weg im kühlen Dickicht des Waldes fort. Er führte über den Kamm einer lang gedehnten Hügelreihe hin, von der man nur selten durch die engstehenden Bäume und das laubige Buschwerk einen Blick in die unten liegende Gegend gewinnen konnte. Geschah aber dieses, so sah man in einen sehr lieblichen, von einem schlängelnden Bache durchschnittenen Wiesengrund. Jene Stille, die unter den Reisenden bisher hatte herrschen müssen, war nach Bandini's Versicherung nicht mehr nothwendig und die rußigen Begleiter der Handelsherrn überließen sich nun ganz der lauten Fröhlichkeit, der sie gewöhnlich huldigten und zu ihrem großen Mißfallen nur zu lange hatten entsagen müssen. Ihre kräftigen Stimmen vereinigten sich zu lustigen Wanderliedern, die ihnen geläufig waren. Heitere Melodieen schallten im mächtigen Chore durch den Wald und selbst Amalgundis, die, so viel die damals in tiefer Kindheit liegende Kunst es zuließ, ein geübtes Ohr besaß, fand Gefallen an dem Gesange der Männer. Sie hatten ihr halbes Leben damit zugebracht, die wenigen Lieder, welche sie wußten und welche zu jener Zeit von einem Ende Deutschlands bis zum andern gesungen wurden, unter sich in einigen Wohlklang zu bringen und dieses war ihnen bei vieler Uebung gelungen.

Frau Beata ließ sich die Ehre nicht nehmen, immer an Amalgundis Seite zu bleiben. Als sie aber einmal, um etwas an ihrer Kleidung zu ordnen, sich von dem Edelfräulein entfernen mußte, war gleich das Pfeffer-Rösel bei ihr und sprach, indem es sich die Thränen von den runden Wangen wischte.

»Hör', Beata! Ich halt' es nicht länger aus so. Wir wollen wieder gut Freund' sein mit einander. Ich habe es überlegt. Ich bin nur ein dummes Mädchen und Du bist viel klüger als ich, und auch viel erfahrener, denn Du hast einen Mann und ich habe noch keinen. Dein Vater hat Dich auch Mancherlei lernen lassen bei den Klosterfrauen in Augsburg: lesen und schreiben und sonst künstliche Dinge. Ich aber kann nichts, als Pfefferkuchen backen und Band messen nach der Elle. Auch warst Du immer rechtschaffen und ehrlich, hast nie gelogen und kein Falsch in Dir getragen. Komm, Herzen-Beatel, gib' mir die Hand! Sei wieder gut! Nimm's nicht übel, daß ich nicht gleich eingesehen habe, daß Du recht hattest, daß Du nur was Kluges und Rechtschaffenes anfangen könntest! Ich bin nun auch dem vornehmen Fräulein recht gut geworden und – höre Schätzel! – wenn Du's dahin bringen könntest – ich möchte ihr auch gar zu gerne die Hand küssen.«

Beata hatte vor Rösel's überschwellendem Rededrang nicht zu Wort kommen können. Jetzt, da die treue Freundin Alles vorgebracht, was ihr schwer auf dem Herzen gelastet hatte, drückte Beate das liebe Mädchen innig an ihre Brust, küßte sie und erwiederte:

»Du bleibst doch ewig das alte gute Rösel, wie Du schon warst, da wir noch als Kinder zusammen spielten. Oft wenn Du vermeintest ein Unrecht von mir erfahren zu haben, oder auch wohl in der That erlitten hattest, grolltest Du Dein Weilchen fort, wurdest aber bald wieder gut und ebenso liebevoll, wie vorher. Blut und Leben hättest Du für Deine Freunde gelassen, und so Du bist immer noch. Ich war Dir auch gar nicht böse; denn ich wußte, Du könntest Deine Beata nicht lange missen. Was die schöne Amalgundis betrifft, so ist sie gewißlich brav und tugendhaft. Beim Abschied führ ich Dich zu ihr. Dann bekommst Du auch wohl etwas mehr, als einen bloßen Handkuß, denn sie hat schon viel Gutes von Dir gesprochen und es ist ihr bekannt, daß sie Dir hauptsächlich ihre Befreiung zu verdanken hat.«

»Das ist nicht wahr!« fuhr Rösel heftig auf. »Ich hab's nicht gethan. Der Stephan ist dran schuld.«

»Der Stephan?« fragte verwundert Frau Beata. »Der war ja auch unter den Gefangenen.«

»Der Stephan und der Ritter;« verbesserte sich Rösel. »Hätte ich die nicht bemerkt unter den Knechten, hätte ich nicht gesehen, wie sie grausam und schändlich geknebelt und gebunden waren, so würde ich kein Wort zu Meister Bandini gesagt und meine Rußigen in Ruhe gelassen haben. Der Stephan aber sah wehmüthig drein, der edle Ritter so unwillig, daß ich ja härter als Kieselstein hätte sein müssen, wenn mich das nicht gerührt hätte. »Seht dort Euern Freund, Herrn Friedmann!« raunte ich dem Welschen zu. Meinen Rußigen brauchte ich nur einen Wink zu geben und es ging lustig drauf und dran. O, sie haben das Pfeffer-Rösel Alle gern und geh'n in's Feuer, wenn sie's verlangt! Das macht, mein Vater selig war auch einer von ihnen und ich war immer als Kind in ihren Werkstätten, und habe mich von ihnen hätscheln lassen, wie sie gewollt. Aber vergiß nicht, Herzenskind! Beim Abschied mußt Du mich mit dem Fräulein zusammenbringen.«

Frau Beata versprach das nochmals. Dann trieb sie ihr Pferdchen an und war in wenigen Augenblicken wieder bei Amalgundis. Auch das Pfeffer-Rösel beschleunigte seinen Gang und ehe man sichs versah, trabte es gar treuherzig auf dem Seitenpfade neben seiner Beata hin. Das Mädchen hatte seine ganze frohe Laune wieder gewonnen. Sie summte lustig die Melodie der Lieder für sich hin, welche die Rußigen durch den grünen Wald erschallen ließen, und nickte auch dem Stephan, der es versuchte, durch ein freundliches Lächeln ihr wieder eine gütige Miene abzulocken, recht herzlich und liebevoll zu.

Zwischen dem Ritter und Bandini war es längst still geworden. Diesen peinigte im Innern die wiedererwachte, dürstende Rachsucht; jener lebte jetzt ganz dem Gedanken, sich mit Amalgundis zu versöhnen und ihre Verzeihung zu erringen. Die vierte Nachmittagsstunde war schon vorüber, als sie den Gipfel eines ansehnlichen Berges erreichten und nun zu ihren Füßen mehrere Thalmündungen wahrnahmen, die zu schmal und tief waren, als daß die Reisenden bis auf den Grund hätten hinabblicken können. Der Berg, auf dem sie standen, trug nur nach der Seite hin, von der sie gekommen waren, dichte Waldungen, auf der andern zeigte er einen kahlen, ziemlich steilen Abhang.

»Dort,« unterbrach jetzt Bandini die Stille, indem er nach einem nicht fern liegenden Punkte, wo einige waldbedeckten Hügel sich besonders nahe an einander drängten, deutete: »dort in der Tiefe rauscht das Flüßchen Aar in seinem steinigen Bette hin. Es sind schon mehrere Jahre, daß ich nicht in diese Gegend gekommen bin, aber damals war sie unbewohnt und öde. Ihr müßt Euch jetzt der Leitung Eueres Fräuleins überlassen. Ich bin mit meinem Wissen am Ende.«

Amalgundis hatte den Berg erstiegen und hielt an Friedmanns Seite. Mit glänzenden Blicken sah sie fest nach jener Stelle hin, von welcher der Lombarde gesprochen hatte. Ihre Wangen rötheten sich, man konnte auf ihrem lieblichen Angesichte den Ausdruck der Freude, die ihr Inneres ergriffen hatte, erkennen.

»Dort ist meine liebe Einsamkeit;« sagte sie halblaut zu dem jungen Ritter. »Aber dorthin dürft nur Ihr allein mich begleiten, denn außer Euch soll nach des Kaisers Willen niemand anders die verborgen gelegene Wohnung kennen lernen, damit ihr Dasein seinem Feinde verrathen werde. O, laßt uns eilen! Bald kommt der Abend heran und ich möchte doch gar zu gern meinen Lieblingsaufenthalt noch beim Lichte des Tages begrüßen.«

Die neu entstandene Neigung zu Frau Beata mußte vor der Macht anderer früher genährter Empfindungen zurücktreten. Amalgundis fühlte sich mit unwiderstehlicher Gewalt nach dem Orte hingezogen, wo sie glückliche Tage verlebt hatte. Sie nahm einen eiligen, aber doch herzlichen Abschied von der Kaufmannsfrau. Das Rösel stand mit fragenden Blicken und mit Zeichen einiger Ungeduld, als erwarte sie auch nun ihren Theil, neben der Freundin. Da reichte ihr das Edelfräulein plötzlich unaufgefordert die Hand. Diese wurde so fest ergriffen, als solle sie nimmer wieder losgelassen werden, und mit unzähligen, lautschallenden Küssen bedeckt. Endlich, nachdem Beata dem Pfeffer-Rösel einige Worte ins Ohr geflüstert, gelang es dem Fräulein, ihre Hand aus der engen Haft loszumachen.

»Liebes Mädchen!« sagte nun Amalgundis mit ihrer sanften, herzgewinnenden Stimme. »Ein wackerer Kriegsheld hätte nicht mehr thun können, als Du an uns gethan hast. Ohne Deinen raschen Entschluß und dessen kühne Ausführung hätte uns wohl ein schlimmes Schicksal betroffen.«

»Ich war's ja nicht, der Stephan –« fiel Rösel ein, aber Beata hielt ihr den Mund zu und das Fräulein fuhr fort:

»Nimm dieses silberne Kreuzlein zum Angedenken an mich. Der rothe Stein in der Mitte soll Dir sagen, daß ich immer in Liebe Dein gedenke. Bist Du einmal Hochzeiterin, dann laß es mich wissen. Ich werde dann mit einem freundlichen Einstand nicht zurückbleiben.«

»Gut!« versetzte nach kurzem Besinnen das Pfeffer-Rösel. »Ihr sollt's erfahren, wenn der Stephan einmal Ernst macht. Ich will auch Euer Kreuzlein nehmen, aber Ihr müßt dagegen mein Balsambüchschen behalten. Wenn Ihr manchmal dran riecht, so fällt Euch auch wohl das Rösel wieder ein und ich bleibe so unvergessen bei Euch.«

Amalgundis nahm lächelnd das Büchschen aus Beata's Händen und verwahrte es an ihrer Brust. Der Augenblick der Trennung war da. Eine Thräne trat in das Auge der edlen Jungfrau; sie wandte rasch ihr Pferd um und schlug, von ihrer Leibdienerin gefolgt, den Pfad, der den Berg hinabführte, ein. Als Friedmann zuletzt seinem alten Freunde Bandini die Hand drückte, sagte dieser finster und mit einem trüben Lächeln:

»Lebt wohl, Ritter! Ob wir uns je wiedersehen auf Erden, weiß ich nicht, aber ich zweifle sehr daran. Der Durst nach Rache, der in meinem Innern brennt, wird mich verzehren, wenn ich ihn nicht stille, oder das Werk der Rache selbst kann mich hinabreißen in seine Verderbnis. Lebt wohl, Herr Friedmann! Euer jugendlicher Muth, Euer edles Herz und Euere Offenheit haben in meiner Seele Gefühle wieder rege gemacht, die ich längst für abgestorben hielt. Ich habe die Freundschaft wieder kennen gelernt, ich habe erfahren, daß jedes Menschenleben auch für Andere seine Früchte tragen muß, wenn es uns selbst Freuden bringen soll. Noch einmal: lebt wohl! Will es Gott: auf Wiedersehn!«

Er entfernte sich rasch mit seinen Reisegefährten. Die Rußigen sangen ein schwermüthiges Abschiedslied. Ohne Zögern eilte der Ritter dem Fräulein nach, während Stephan mit den Bewaffneten sich auf der Berghöhe lagerte, um die auf den morgenden Tag bestimmte Rückkehr seines Herrn zu erwarten.



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