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36.

Mai, Mai, Mai, die wonnigliche Zeit
Wonniglichen Freude geit,
Ohn mir. Wer meinte Das?

Altes Lied.

Der Lenzmonat des Jahres 1298 wurde von heitern Tagen eröffnet. Die Erde prangte mit frischem Grün und die Wälder gewannen wiederum ihr jugendliches Ansehn, indem sie sich in glänzendes Laub kleideten. Ein frohes Leben regte sich im grünen Blätterdach, denn die Sänger, die weggezogen waren vor der eisigen Starrheit des Winters, kehrten zurück und begrüßten die alten Wohnsitze mit lustigen Liedern. Auf den Flüssen, die nun wieder von der schweren Decke frei waren, welche der Winter über sie gewebt hatte, zogen Schiffe und Nachen hin und her zum geselligen Verkehr der Nationen. Jedes Gemüth stimmte ein in dieses freudige Erwachen der Natur, aber es wurde bald von dem heitern Bilde abgezogen durch die Furcht vor blutigen Kriegsgräueln, die, wie jedermann voraussehen konnte, in diesem Jahre das arme Deutschland heimsuchen würden. Die thüringischen Händel dauerten noch immer fort. Die Markgrafen Friedrich und Dietzmann vertheidigten ihr Erbe auf das Hartnäckigste gegen den Statthalter Heinrich von Nassau, den Vetter des Kaisers. Der Sieg neigte sich bald auf diese, bald auf jene Seite, und das unglückliche Land, um das man sich stritt, wurde zu einer Wüste gemacht. Aber im Osten stieg indessen ein Unwetter auf, das dem Kaiser weit drohender erscheinen mußte, als der Kampf um Thüringen und Meißen. Schon im vorigen Jahre hatte bei Gelegenheit der Krönung des Königs von Böhmen, als gerade viele deutsche Fürsten in Prag anwesend waren, Gerhard von Mainz die mächtigsten unter ihnen zu einem Bündnisse wider Adolph von Nassau vereinigt. Der König von Böhmen selbst, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg waren die Glieder dieser Verschwörung, Gerhard von Mainz ihre Seele. Alle stimmten darin überein, daß das Reich sich in einem Zustande des Verfalls befände, dessen traurige Folgen nur durch Adolphs Entsetzung abgewendet werden könnten. Als Nachfolger in dieser mächtigen, aber damals gefahrvollen Würde, ward Albrecht von Oesterreich durch Gerhards Einfluß und Ueberredungskunst anerkannt. Die Berathschlagungen über diesen wichtigen Gegenstand wollte man zu einer andern Zeit und an einem andern Orte fortsetzen. Jetzt schien diese Zeit gekommen zu sein. Man hörte von großen festlichen Anstalten, welche Albrecht von Oesterreich in seiner Residenz Wien traf, um viele Fürsten und Herrn, die da zusammen kommen würden, zu ergötzen und zu bewirthen. Bedeutende Heerhaufen, die er zugleich nach Schwaben in's Breisgau sandte, ließen den nahen Ausbruch von Feindseligkeiten, welche er beabsichtigte, kaum bezweifeln.

Aber auch Adolph war seiner Seits nicht unthätig geblieben. Er hatte ernstlich die Lage des Reiches und seine eigene überdacht, er erkannte seine geringen Hülfsquellen und sah ein, daß er sich mit seiner Gemalin versöhnen müsse, um einige mächtige Verbündete zu gewinnen. Seit Günther's Flucht stand kein falscher Rathgeber ihm mehr zur Seite. Meister Alessandro und Herr Schelm vom Berge sahen ohnehin den Zwiespalt zwischen den beiden Gatten ungern. Nach einigen Besuchen, die Adolph von Frankfurt aus während des Winters bei Imagina machte, die sich damals in Limpurg aufhielt, war der Friede zwischen den kaiserlichen Ehegatten wiederhergestellt. Er kostete dem Monarchen nur ein Opfer, das aber sein Herz auf das Schmerzlichste traf. Wir nennen dieses Opfer nicht, da unsere Leser mit dem Verlaufe der Begebenheiten, welche uns noch zu schildern übrig sind, es selbst erkennen werden. Durch diesen Schritt sah Adolph mit einemmale zwei mächtige Bundesgenossen an seiner Seite: seinen Eidam, den Pfalzgrafen Ruprecht und dessen Freund und Verwandten, den Herzog Otto von Baiern. Viele kleinere Fürsten und Herrn folgten ihrem Beispiele und die Erzbischöfe von Trier und Cölln gaben dem Monarchen die gültigsten Beweise freundschaftlicher Gesinnungen. Auch die freien Reichsstädte Frankfurt, Worms und Speyer sandten Hülfstruppen und der Kaiser zog nun an der Spitze eines Heeres, mit dem er bei seiner Kriegserfahrung die vereinigte Macht seiner Gegner nicht zu fürchten brauchte, nach Schwaben hin. Sein ritterliches Wesen, der Ruhm seiner frühern Heldenthaten und der Gedanke an das Kriegsglück, das ihm bisher, wo er selbst gekämpft, immer treue gewesen, begeisterten seine Krieger zu einem Vorgefühle künftiger Siege und fast in ganz Deutschland wurden Schimpflieder auf die Feinde Adolphs gesungen, die es wagten dem kriegerischen Kaiser nach der Krone zu streben. –

An einem jener schönen Maitage, von deren Reizen wir im Eingange dieses Capitels gesprochen haben, bewegte sich ein stattlicher Zug eine Anhöhe des Taunus hinauf, da, wo sich das Gebirg auf der einen Seite nach dem Maine, auf der andern nach dem Rheine hin abflacht. Vorne ritt ein junger Mann von edler Haltung. Sein Kopf war nur mit einem leichten Barett bedeckt und ein zierliches Seidengewand umschloß seinen schlankgebaueten Körper. Nur die Purpurfarbe, die an den Säumen seiner Kleidung obwohl sparsam angebracht war, und die goldenen Spornen, welche er trug, ließen den aufmerksamen Beobachter erkennen, daß er bereits die ritterliche Würde empfangen habe. Das lustige Grün, das junge Ritter, als ein Zeichen der Hoffnung, häufig zu tragen pflegten, zeigte sich nur in einer kleinen Schleife an seiner Kopfbedeckung. Dagegen war die breite Schärpe, welche über seine Brust herabfiel, von grauer Farbe und mit schwarzen Streifen besetzt. Wer mit der, in jenen Zeiten gebräuchlichen Farbendeutung vertraut war, der sah leicht ein, daß der Ritter durch diese Ausnahme von der Regel anzeigen wollte, wie schon frühe ein schwerer Gram seine Hoffnungen zerstört und ihm nur geringen Trost für die Zukunft gelassen habe. Auch stimmte der trübe Ernst in seinem edel gebildeten Antlitze, die blasse Farbe der Wangen und der Ausdruck tiefen innern Kummers, der frühen Verzichtleistung auf die Freuden des Lebens, mit dieser Erklärung überein. Er ritt ein Streitroß von ansehnlicher Größe und einem Gliederbaue, der dessen Stärke verrieth. Allein seine Hand, die nur nachlässig den Zügel führte, schien dennoch das Thiere seinen Meister empfinden zu lassen, und es folgte gehorsam jeder seiner lenkenden Bewegungen. In geringer Entfernung folgte, ebenfalls zu Pferde, dem Ritter ein stämmiger Bursche, der allem Anscheine zu Folge, in seinen Diensten stand. Aus seinen Gesichtszügen sprach Gutmüthigkeit und ein froher Sinn. Seine Leibbinde war von grauer Farbe, wie die Schärpe des Voranreitenden, an seiner Seite hingen die Panzerhandschuhe des Ritters, dessen Brustharnisch und ein leichter Helm, mit einigen grauen Reiherfedern geziert, herab. Er pfiff sich ein lustiges Stück und sah gar frei und fröhlich in die Welt. Kein eigener Kummer schien seinen Sinn zu trüben. Hatte er ein Stückchen herunter gepfiffen, so warf er wohl manchmal einen bedenklichen Blick auf seinen Herrn, hatte aber nicht das Ansehn, als gewähre es ihm Lust, lange in Nachdenken zu verweilen.

Er hatte kaum um die Waldspitze gewendet, die sich hier nahe an den Weg drängte, als auch schon hinter ihm eine glänzende Sänfte, von zwei sanft gehenden Maulthieren getragen, erschien. Die Vorhänge der Sänfte waren zugezogen und ihr Inhalt blieb für den begegnenden Wanderer ein Räthsel. Neben der Sänfte führte ein stattlicher Page ein schönes, leichthin tänzelndes Frauenpferd, dessen Rücken einen schmalen Quersattel trug. Die Enge des Sitzes ließ auf den zarten Bau derjenigen schließen, für welche er bestimmt war. Die goldgestickte Purpurdecke ließ erkennen, daß sie von hohem Stande und Range sei. Auf der andern Seite der Sänfte ward eine ältliche Frau in Dienerkleidung sichtbar, doch trug sie an ihrem Anzuge manche prunkvolle Auszeichnung, unter andern den silbernen Leibgürtel, der sie als die Kammermagd irgend eines edeln Frauenzimmers bezeichnete. Sie saß auf einem kleinen Pferde, dessen ruhiger Gang ihrem Alter und ihrer ansehnlichen Körperfülle zu entsprechen schien. Oft warf sie forschende Blicke auf die Vorhänge der Sänfte, allein da sich dort nichts regte und vernehmen ließ, so nahm sie wieder jene gleichgültige Miene an, die eine völlige Zufriedenheit mit dem ihr gewordenen Loose verrieth. Der Sänfte schlossen sich vier bewaffnete Reiter an, welche mit dem Ritter und seinem Diener die Bedeckung der Dame, die allem Vermuthen nach hinter den herabgelassenen Vorhängen verborgen war, bildeten.

Als der junge Rittersmann den Gipfel der Anhöhe, nach welchem der Zug seine Richtung nahm, erblickte, spornte er plötzlich sein Roß und stürmte in flüchtigem Galopp hinan. Oben hielt er still und warf einen Blick auf die weit hinten gebliebene Sänfte zurück. Bald stand auch der Diener, der ebenfalls sein Thier zur Eile angetrieben hatte, an seiner Seite und sah ihn freundlich mit den offenen, gutmüthigen Augen an. Der Ritter aber schien seine Gegenwart nicht zu bemerken. Die reizende Aussicht, welche sich hier in den vom Rhein und Main durchströmten Prachtgefilden seinem Blicke bot, erheiterte diesen nicht und brachte keine Veränderung in den kummervollen Zügen hervor. Er sah trübe hinab, es war als vermehre sich der Schmerz seiner Seele bei dem Anblicke, der jeden andern erfreuete. Endlich unterbrach der Diener die Stille und sagte, Anfangs in furchtsamer, dann in immer keckerer Weise:

»Edler Herr! wir sind auf der Anhöhe von Ickstadt und es ist gar lustig hier und das Herz muß fröhlicher Dinge werden, wenn das Auge auf die Gottesherrlichkeit unten hinabschaut. Seht Euch nur einmal recht herzhaft um und entfernt alle traurigen Gedanken aus Euerer Seele. Die liebe Gegend hier hat Euch doch kein Uebel gethan und warum wollt Ihr mit ihr grollen? Seht den glänzenden Rhein hinauf bis zu den blauen Bergen, die, wie die Leute sagen, am Neckarstrom liegen und es muß Euch hell werden im Gemüthe. Seht dort die schöne Stadt Mainz, wo der böse Erzbischof wohnt. Sie liegt doch gar prächtig da und man könnte die stattlichen Schiffe mit den hohen Masten zählen! Seht weiter rechts den großen blauen Berg mit dem breiten Rücken, der sich ganz abgesondert aus der Fläche erhebt. Sie heißen ihn den Donnersberg und die alten Heiden sollen dort bei Nacht ihren Göttern geopfert haben. Das ist Alles gar lieblich anzuschauen, wie es nebeneinander daliegt, so daß man meint, man könnte es mit den Händen greifen! Und, edler Herr, was seht Ihr dort zwischen den zwei Waldhöhen hervorragen? Was flattert dort von den Zinnen herüber und glänzt stattlich in bunter Farbenpracht? Schlagt doch die Augen auf und seht hin: es wird Euch wahrlich nicht gereuen!«

»Das sind die Thürme von Sonnenberg und das Panier leuchtet sieghaft herüber, wie damals, als ich ausgezogen war aus der Vaterburg und ihr von dieser Stelle das letzte Lebwohl sagte. Das war noch eine schöne Zeit, Stephan!« sagte der Ritter, in dem wir jetzt unsern jungen Freund, Friedmann von Sonnenberg, erkennen; er sprach diese Worte mehr für sich, als zu dem Diener gewandt. Eine leichte Röthe flog dabei über sein bleiches Angesicht und ein Seufzer, den er vergebens zu unterdrücken suchte, hob seine Brust.

Ohne viel auf des Herrn Antwort zu hören, fuhr der gesprächige Stephan, indem seine Gesichtszüge immer freundlicher wurden und seine Augen heller leuchteten, fort:

»Wie wird der alte Herr sich freuen, wenn Ihr jetzt einzieht auf Sonnenberg, als ein stattlicher Rittersmann, angethan mit dem Helm und den goldnen Spornen! Ich sehe ihn noch vor mir, wie er Euch die Hand reichte zum Abschied und ihm das Herz schwer wurde bei der Trennung von seinem einzigen Kinde. Er ist wohl ein muthiger und starker Herr und möchte ich ihm nicht gegenüberstehn im ernstlichen Kampfe, aber damals war er doch tief betrübt, dann er wußte nicht, ob und wann er Euch wiedersehen würde. Jetzt wird nun große Freude sein und Jubel für Herrn und Knecht auf dem Schlosse.«

»Du irrst, Stephan!« versetzte ernst der Ritter und seine trüben Blicke ruheten mit schwermüthigem Ausdrucke auf den grauen Thürmen. »Wir ziehen nicht nach Sonnenberg. Mein Weg hat ein anderes Ziel.«

»Nicht nach Sonnenberg?« rief erstaunt der Diener und ließ die Hände auf den Sattel sinken. »Wir ziehen nicht hin und haben doch nur dreiviertel Stunde Wegs und wenn wir im Schneckengange reiten, wie dort die Leibmagd neben der Sänfte? Das verstehe ich nicht, edler Herr! Das ist etwas gar Absonderliches, wie Ihr dann überhaupt jetzt ein ganz anderer Mensch geworden seid, als Ihr früher waret!«

»Hast Du das auch bemerkt, mein treuer Stephan?« erwiederte mit trübem Lächeln Friedmann.

»Freilich ist nicht mehr Alles, wie es war, und deshalb will ich auch meinen Vater nicht traurig machen durch meinen Anblick und will still vorüberziehn an der Wohnung, wo ich meine glücklichste Zeit verlebt.«

Stephan sah einige Augenblicke lang schweigend vor sich nieder. Aus seinem Angesichte verschwand die Heiterkeit, die gewöhnlich hier sich offen an den Tag legte, und er wandte sich dann mit allen Zeichen inniger Theilnahme an den jungen Ritter.

»Warum seid Ihr aber jetzt immer so traurig und habt keine Freude mehr an der lieben Gotteswelt und an Allem, was Euch sonst wohlgefallen?« sprach er mit traulicher Dreistigkeit. »Als ich mit dem Pfeffer-Rösel und den Nürnberger Rußigen Euch vor dem Gefängnisse empfing, in das Euch die Bosheit Euerer Feinde gebracht, da waret Ihr heiter und aufgeräumt, und lachtet und scherztet. Damals hatte man Euch doch schweres Unrecht angethan und Schimpf und Schande nachgesagt, und es wäre Euch wohl nicht zu verdenken gewesen, wenn Ihr Noth und Trübsal im Sinne getragen hättet. So erwartete es auch jedermann, aber es kam, wie schon gesagt, ganz das Gegentheil. Und eben so geschah es auch, als Ihr den Ritterschlag erhalten hattet. Statt daß Ihr mit lachendem Antlitze durch die Straßen der Stadt gesprengt wäret, und Euere Reiterkünste dem Volke gezeigt hättet, wie es die jungen Ritter am Tage ihrer Erhebung zu thun pflegen, so rittet Ihr langsam und mit gebeugtem Haupte einher und es schien, als drücke ein schwerer Kummer Euch auf dem Herzen. Da sagten die Leute Euch Schlimmes nach und, Herr, es schnitt mir in die Seele, als sie äußerten, Ihr müßtet wohl ein böses Gewissen haben, da Ihr an einem solchen Ehrentage nicht das Haupt zu erheben, nicht offen Euer Antlitz zu zeigen vermöchtet.«

»Wie, Stephan, das wagte man zu sagen?« fiel der Ritter ein und eine dunkle Röthe, die plötzlich auf seinen Wangen aufstieg, gab den innerlich aufwallenden Zorn zu erkennen.

»Man sagte noch Schlimmeres;« fuhr eifrig der Diener fort. »Erst raunten sich die Leute in die Ohren, dann sprachen sie ganz laut davon, Ihr hättet die wahnsinnige Jutta, bei der Nachtwache in der Capelle, aus dem Fenster gestürzt, so daß sie beide Arme gebrochen, und das hättet Ihr aus bloßem Hasse gegen ihren frühern Bräutigam, Günther von Nollingen, gethan!«

»Jutta, Jutta!« sprach Friedmann bitter in sich hinein: »muß sie denn alles Gift mischen; das mir am Herzen nagen soll!«

»Bei meinem Leben, Herr, so sagten sie,« setzte Stephan seinen Bericht fort, »und ich mochte nichts dagegen einwenden, denn Euer Aussehn konnte mich Lügen strafen. Als Ihr nun ein Leben anfingt, wie ein Einsiedler, immer in der Herberge laget und nur dann in der Pfalz erschient, wenn die höchste Noth es wollte, als gar der Kaiser hinwegzog nach dem Schwabenlande in den Krieg, ohne Euch mitzunehmen, da wurde das Geträtsch noch schlimmer und es hieß, eben wegen jener Unthat habe Euch der kaiserliche Zorn getroffen und Ihr solltet nicht Theil nehmen an dem Kriegsruhme, sondern es sei ein niedriges Geschäft Euch zu Theil geworden, für das der Kaiser gerade keinen Bessern gebrauchen möchte.«

»Das mir!« sagte ingrimmig und verbissen der Ritter. Seine Hand fuhr mit einer drohenden raschen Bewegung nach dem Schwerte, so daß der Diener, der nun glaubte, seiner Zunge eine allzugroße Freiheit gestattet zu haben, sich ängstlich zurückzog. Friedmann aber ließ die Hand langsam niedersinken und, indem sein Blick und seine Miene wieder jenen Ausdruck düsterer Schwermuth annahmen, der jetzt vorherrschend bei ihm geworden zu sein schien, fuhr er seufzend fort: »ein niedriges Geschäft sei mir übertragen worden, heißt es unter den Leuten? Ach! wenn sie wüßten, wie schwer und drückend dieses Geschäft auf mir lastet, so würden sie es hoch halten, höher als Wunden und Tod, im Schlachtgetümmel erworben. Aber sie sollen noch erfahren, daß der Sohn des alten Marschalk von Sonnenberg auch im ernsten Kampfe keinem Andern nachsteht,« fügte er hinzu, und sein Haupt erhob sich stolz, »noch ist es nicht Zeit und der Ruhm ist noch nicht reif, der an Kaiser Adolphs Seite zu erfechten ist. Habe ich doch sein Wort, daß er mich nicht zurückläßt, daß er mich herbeiruft, wann es gilt und er die Arme der Bessern braucht.«

Indessen war auch die Sänfte mit ihrer Begleitung auf der Anhöhe angelangt. Auf den Wink einer kleinen, sehr zartgebildeten und weißen Frauenhand, welche durch den halbgeöffneten Vorhang sichtbar wurde, gebot die ältliche Begleiterin dem Zuge anzuhalten. Während sie sich langsam und vorsichtig von ihrem Pferde herabließ, sprang der Ritter rasch von dem seinigen und trat in ehrerbietiger Stellung an den Schlag der Sänfte, um derjenigen, deren Erscheinung jetzt erwartet wurde, beim Aussteigen behülflich zu sein.



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