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34.

Die Sterne lügen nicht, das aber ist
Geschehen wider Sternenlauf und Schicksal.
Die Kunst ist redlich, doch dies falsche Herz
Bringt Lug und Trug in den wahrhaft'gen Himmel.

Schiller.

Nach diesen unruhigen Ereignissen ging im Palatium mehrere Tage lang Alles in seinem alten Geleise fort. Nur ließ sich der Kaiser seltener öffentlich sehen, als bisher, und wenn er erschien, so zeigte sich in seinem edeln Angesichte der Ausdruck eines tiefen Kummers, der recht in sein inneres Leben zu greifen schien. Es war nicht mehr jene stille Wehmuth, jene sanfte und anziehende Melancholie, die, während sie eine milde Theilnahme einflößte, zugleich einen nicht unangenehmen Eindruck auf diejenigen machte, die sich zum erstenmale der Person des Monarchen näherten. Es war ein großer Seelenschmerz, der aus seinen Zügen sprach und mit mehr oder minderer Gewalt auch seine Freunde ergriff, wenn sie erkannten, daß dieses starke Gemüth nun endlich anfange, den Stürmen zu erliegen, die von allen Seiten eindrangen. Wer ein Gesuch an ihn hatte, fand ihn wie immer mild und freundlich. Aber die lebendige Theilnahme, die er sonst an dem Schicksale der Einzelnen genommen hatte, schien erloschen zu sein. Er fragte nicht mehr wie sonst nach ihren Verhältnissen, nach den Frauen, die daheim auf den Burgen weilten, nach den Kindern, von denen der Kaiserdienst die Väter trennte. Viele Außendinge schienen ihm gleichgültig geworden zu sein, indem er sich den düstern Empfindungen, die sein Inneres beherrschten, immer mehr hingab. Nur Alessandro und der Junker Friedmann von Sonnenberg hatten Zutritt in seine innersten Gemächer. Jener war fast unablässig mit astrologischen Berechnungen beschäftigt, auf welche er seine wunderbaren Voraussagungen gründete. Aber es hatte nicht das Ansehn, als finde er günstige Resultate. Er verwarf oft und fing seine Berechnungen von neuem an. Er schien unzufrieden mit seiner Kunst, unwillig über Offenbarungen, die seinen Wünschen nicht entsprachen. Noch nie hatte Adolph eine solche Begierde gezeigt, Aufschlüsse über sein bevorstehendes Schicksal zu erhalten, wie jetzt; noch nie hatte er ein so hohes Vertrauen in Alessandros geheimnisvolles Wissen gesetzt, wie in diesen Tagen:

»Du hast mir die Wahrheit gesagt, Meister Ales!« sprach er zu dem Alten, »und ich habe ihr mein Ohr verschlossen. Warum folgte ich Dir nicht? Alles wäre anders und ich säße fest auf dem Kaiserthrone, von dem mich jetzt diejenigen selbst vertreiben wollen, die mich darauf erhoben. Alles wäre anders und ich hätte längst den falschen Freund von mir gethan, der mich listig mit einem eisernen Netze umgarnt, das mir nun zur Fessel für mein ganzes Leben wird. Aber ich will auch nicht mehr zweifeln an dem, was in ewiger Wahrheit herableuchtet aus den Gestirnen. Des Menschen Herz ist wandelbar und seine Handlungen sind thörigten Begierden unterworfen, und aus der Thorheit kommt das Laster und das Laster erblüht zum Verbrechen. Aber ewig festgestellt ist die Bahn der Gestirne. Sie wanken nicht, denn sie empfinden nicht, sie lügen nicht, denn alles Verborgene muß klar sein in ihrem Lichte. Sprich, Meister Ales! Was offenbart Deine Kunst?«

Der Alte murmelte, ohne aufzublicken, eine Antwort für sich hin, von der nur die Worte: »Krieg, Blut und Tod,« verständlich wurden. Aber dieses waren gerade die Saiten, die, wenn man sie berührte, noch in Adolphs Gemüth einen lebendigen Klang von sich gaben. Er fühlte sich neu erkräftigt bei dem Gedanken, seinen Feinden in offener Feldschlacht entgegenzustehen, mit seinem Blute sein Recht zu erkämpfen, mit seinem Tod es vielleicht zu besiegeln.

»Ja!« rief er mit seltsamer Freudigkeit aus: »wenn der Jüngling wiederkehrt, und die Erde, von frischer Jugendkraft belebt, ein lustiges Kleid von Blättern und Blumen anlegt, wenn die Vögel wieder laut werden in den Fluren und Wäldern, wenn Alles in neu erwachten Hoffnungen sich verjüngt, dann will auch ich wieder sein, wie in den Tagen der Kraft und Jugendfreudigkeit. Ich will hinausströmen und mein schönes Reich von Empörung und Verbrechen reinigen, ich will ihm einen Frühling von Glück und Frieden erblühen lassen und diesem soll ein Sommer folgen, wie er in den schönsten Zeiten Friedrich Barbarossa's über Deutschland waltete. Da soll wieder in allen Gauen Sang und Saitenspiel erklingen, da soll Tanz und Waffenspiel die Schlösser beleben, da sollen schöne Frauen Milde und Heiterkeit in's Leben flechten! Ja, Meister Ales, Du wirst die frohen Tage wiederkehren sehn, die Du in Deiner Jugend bei den Hohenstaufen erlebt. Du blickst düster zur Erde und ich lese aus Deiner Miene, daß Du meine Hoffnungen nicht theilst. Aber laß' mich immerhin schwärmen in süßen Täuschungen, laß mir diesen Lichtblick in der Nacht meiner Schwermuth! Du weißt, daß ich auch den Tod nicht scheue. Kann ich mit meinem Leben den Geist der Zwietracht versühnen, der mein schönes Deutschland zerreißt, so gebe ich es gern hin; aber ich fürchte sehr, daß dieser Dämon mit einem so geringen Opfer nicht befriedigt sein wird.«

Es waren nur seltene Augenblicke, in welchen Adolph sich seiner tiefen Schwermuth entriß und zu einer solchen Lebendigkeit der Gefühle erkräftigte. Dann aber zeigte der Junker von Sonnenberg, dessen muthigem, jugendlichem Sinne diese Aeußerungen ganz entsprachen, eine Theilnahme, wie sie nur aus der treuesten Liebe und Ergebenheit entspringen konnte. Er nahm freudig jene Hoffnungen auf, die der Monarch ausgesprochen, er suchte sie zu vermehren, er sprach mit muthiger Lust von künftigen Schlachten und ritterlichen Waffenthaten, er malte das Bild des Glücks und des Friedens, die dann folgen würden, weiter und glänzender aus. Adolph hörte ihm wohlgefällig zu; es war ihm, als sähe er in dem Jünglinge seine eigene Jugend wieder erblühen.

»Sonnenberger!« sagte er einst zu ihm, als er mit ihm allein war, und legte traulich seine Hände auf die Schultern des Ehrenjunkers. »Du bist ein treues nassauisches Blut, kein Arg ist in Deiner Seele, Du ehrst das Recht und vertheidigst es mit Deinem Leben, Du ehrst die Frauen, wie es einem ächten Edelmanne geziemt. Aber ich träume auch einen schönen Traum von Dir und Deiner Zukunft;« setzte er bedeutungsvoll hinzu. »Einen Traum, den Dir die Zukunft selbst erst auslegen wird. Ein Traum, dessen Erfüllung Dich beglücken muß, wenn Du nie an dem wohlmeinenden Sinne Deines Kaisers, wie an der Tugend eines edeln Weibes zweifelst.«

Diese Worte boten dem Junker von Sonnenberg ein Räthsel, das er nicht zu lösen vermochte. Er dachte lange darüber nach, aber er fand, wie er sich auch bemühete, keinen Schlüssel zu dieser geheimnißvollen Aeußerung. Er beschloß, den alten Alessandro, der sich ihm sehr gütig bewiesen hatte, zu befragen und führte diesen Entschluß aus. Aber auch der Greis gab ihm keine genügende Antwort, sondern meinte nur mit einem freundlichen Lächeln: er solle es erwarten, die Zukunft müsse, wie der Kaiser selbst gesagt habe, ihm diesen Traum auslegen. Er sah ein, daß es Thorheit sein würde, seine Gedanken ganz und gar auf eine Sache zu richten, die man noch vor ihm verheimlichen wolle und welche zu tief in der Seele Anderer verborgen lag, um von ihm durchschaut zu werden. Schlimm konnten die Absichten nicht sein, die man mit ihm hatte, und er besaß ja ohnehin ein Recht auf des Kaisers Dankbarkeit, die, wie er sich überzeugt hielt, nicht unthätig bleiben würde.

In dieser Erwartung besuchte er zum öftern seinen alten Bekannten, den lombardischen Kaufmann Bandini. Dieser war ein Hausgenosse des Palatiums geworden und sah sich mit einemmale ganz wider seine Neigung in die Mitte des kaiserlichen Hofstaates versetzt. Auf Adolphs Befehl war er, als ihn der kräftige Faustschlag des fliehenden Ritters von Nollingen zu Boden gestreckt hatte, in einem Zustande völliger Bewußtlosigkeit in die Kaiserpfalz gebracht worden, um hier Pflege und Heilung zu finden. Alessandro's angestrengten Bemühungen gelang es, ihn aus dieser Betäubung zu erwecken, allein Ruhe und besänftigende Heilmittel mußten seine Genesung vollenden. Die heftige Erschütterung hatte seinem ganzen Wesen eine krankhafte Reizbarkeit mitgetheilt, die erst nach einigen Tagen sich verminderte. Nun erkannte er mit unwilligem Befremden seine Lage. Er verlangte sogleich sehr dringend die Freiheit, sich nach Hause zu begeben; allein der salernitanische Arzt wußte ihn von der Nothwendigkeit, jede Bewegung zu vermeiden, mit einer solchen Uebermacht von Gründen zu überzeugen und entfaltete in seinen ruhigen Auseinandersetzungen eine so tiefe ärztliche Gelehrsamkeit, daß Bandini, der selbst, wie wir wissen, die Arzneikunde mit Geschick übte, den Meister bewundernd anhörte und nun gern im Palatium verweilte, um noch seiner belehrenden Unterhaltung sich zu erfreuen. »Ein großer Mann ist dieser Hundertjährige;« sagte er eines Tages zu Friedmann. »Er liest in den wunderbaren Geheimnissen der Natur, wie in einem aufgeschlagenen Buche, und wenn er davon spricht, so liegt das Geheimnißvollste plötzlich klar vor den Augen desjenigen, der selbst die Weihe der Kunst so weit erhalten hat, um ihn zu begreifen. Ich wünschte ihn früher gekannt zu haben. Wie vieles hätte ich von ihm lernen können und es wäre dann wohl etwas besseres aus mir geworden, als ein Geldjäger, der Tag und Nacht darauf sinnt, seinen Mammon zu vermehren.«

Man mußte sich sehr hüten, des Ritters von Nollingen gegen ihn zu erwähnen. Als Friedmann einst unbedachtsamer Weise diesen Namen nannte, brach der Italiener in den heftigsten Zorn aus und rief:

»Er ist meiner Rache diesesmal entgangen aber es werden auch andere Gelegenheiten kommen, wo sie ihn ereilt und sicher trifft. Ja! ich war seinetwegen auf dem Platze vor der Ritterhalle, ich lauschte auf jedes Geräusch, das sich drinnen erhob, ich konnte die Ungeduld kaum zügeln, mit der ich den Augenblick erwartete, in welchem die Strafe seiner Verbrechen über ihn kommen, ihn zu Boden schmettern, vernichten sollte. Da hörte ich plötzlich Geschrei in der Halle, ich sah ihn, den Verhaßten, am Fenster, er sprang hinab, er erreichte glücklich den Boden – was weiter geschah, weiß ich nicht, eine unbändige Wuth ergriff mich, daß ich ihn glücklich entrinnen sehn sollte, und umnebelte meine Sinne. Später habe ich Alles erfahren. Meiner Rache ist neue Nahrung geworden, sie soll ihn verfolgen, wohin er sich wendet, sie soll ihm nachschleichen in seine geheimsten Schlupfwinkel, zu dem schrecklichen Gerhard von Mainz, zu dem mächtigen Philipp von Frankreich, und ich will beten Tag und Nacht, daß der Fluch Gottes ihn treffe, Fluch, Fluch, Fluch« –

Der rachsüchtige Italiener war noch zu schwach, um diesem Sturme seiner Leidenschaftlichkeit zu widerstehn. Er sank, indem seine Rede in ein unverständliches Lallen überging, ohnmächtig auf sein Lager zurück. Friedmann eilte, den alten Arzt herbeizurufen und übergab seiner Sorgfalt den Kranken, der sich nach und nach wieder von diesem Anfalle, den seine Heftigkeit veranlaßt hatte, erholte.

Vergebens bemühete sich der liebende Jüngling in diesen Tagen die Jungfrau zu sehen, der er sein Herz gewidmet hatte, oder auch nur eine Kunde von ihr zu erhalten. Wann er an dem Hause des Stadtschultheißen vorüberging, so fand er Alles still und öde, die Hauspforte verschlossen, die Fenster mit Teppichen verhängt. Nur so viel konnte er durch Stephan erfahren, der wiederum seine Nachrichten von dem Pfeffer-Rösel hatte, daß die Tochter des Hauses noch immer vom Wahnsinne befallen und keine Hoffnung sei, sie aus diesem Zustande zu erlösen. Seine Einbildungskraft zeigte ihm nur die Geliebte in der Nähe der Unglücklichen, wie sie diese zu pflegen, zu erheitern und ihren traurigen Geistesirrthümern zu entreißen suchte. Er bedauerte Jutta, er beklagte sie um so mehr, da er die unschuldige Veranlassung ihres Mißgeschickes geworden, indem er den Verrath an das Tageslicht gezogen, den Verräther entlarvt hatte. Aber wenn auch im Laufe des Tages schon seine Phantasie fast unaufhörlich mit Amalgundis beschäftigt war, so regte doch die Nacht in einem weit höhern Grade alle Empfindungen an, welche dem geliebten Mädchen galten. Jetzt zeigte sich fast zu jeder Mitternachtsstunde der seltsame Lichtschein an den Wänden des Pallasthofes, die Schatten wandelten vorüber, er hörte Schritte rauschen dicht an seinem Lager hin, das nahe an einer Wand stand, er vernahm wiederum jene Stimmen, die er einst zu vernehmen geglaubt hatte und unter denen er Amalgundis zu hören wähnte; er hielt Alles für Wirklichkeit, bis der Morgen kam und er dann, gestärkt und erhoben durch die jugendliche Erscheinung des Tages, sich überredete, Alles sei nur ein Traum oder eine Täuschung seiner jetzt sehr reizbaren Phantasie gewesen.

Eines Abends ward er in seinem Wohnzimmer, das man ihm in der Nähe der kaiserlichen Gemächer angewiesen hatte, durch eine seltsame Erscheinung überrascht. Er saß an dem offenen, kleinen Fenster und starrte hinaus in die Dämmerung, die bereits die künstlichen Verzierungen an den Thürmchen auf dem Dache des Palatiums zu verhüllen begann. Seine Gedanken waren bei Amalgundis. Da öffnete sich leise die Thüre des Zimmers und eine Mannsgestalt, in einen weiten Mantel gehüllt, trat herein. Die Gestalt schwankte näher und sank, als sie vor ihm stand, zu seinen Füßen nieder.

»Ich habe mich schwer an Euch versündigt,« sagte der Verhüllte, dessen Stimme dadurch, daß er auch sein Antlitz in dem Mantel verborgen hatte, dumpf und kaum verständlich klang, »aber ich komme zu Euch mit einem Herzen voll Reue und Ihr werdet mich nicht verstoßen und mir nicht Verzeihung weigern, denn demjenigen, der wahrhaft bereuet und büßet, wird ja selbst der Himmel nicht unverschlossen bleiben.«

»Wer seid Ihr?« fragte mit Erstaunen der Junker von Sonnenberg. »Ich kenne nur einen, der mich unredlich verfolgt, und dieser ist fern von hier und sein Schritt wird ihn nimmer hertragen in die Nähe des Monarchen.«

»Ach, ich war der Verbündete dieses einen!« erwiederte jener. Zugleich sank seine Verhüllung zurück und es zeigte sich, bleich und, durch tiefe Furchen entstellt, das Angesicht Volrads von Praunheim. Der Junker hatte Mühe ihn zu erkennen, so sehr hatten sich in kurzer Zeit seine Züge verändert. Da wo Stolz und Uebermuth, Hohn und Trotz im lebendigsten Ausdrucke an den Tag getreten waren, zeigten sich jetzt Reue und Zerknirschung, Schmerz und Demuth. Die Wangen des noch jungen Mannes waren eingefallen, wie die eines Greises, alle Röthe war gewichen und die Stirne in dichte Falten zusammengezogen. »Ich bin alt geworden in wenigen Tagen,« fuhr er fort, »die Erkenntniß der Sünde hat für den Reuemüthigen den Gang der Zeit beschleunigt. Meine Schwester ist in Wahnsinn verfallen durch mich, auf das graue Haupt meines Vaters habe ich Kummer und Verzweiflung geladen. Vieles habe ich gesündigt, das nur durch Buße und Kasteiung, in Abgeschiedenheit von der Welt, zu sühnen ist. Verzeiht mir, was ich an Euch gethan! Nehmt ein Gewicht von der Sündenlast, die so schwer auf meine Brust drückt!«

»Ich weiß nicht, weshalb ich mich über Euch zu beklagen hätte;« versetzte Friedmann, der noch immer nicht Herr seiner Ueberraschung geworden war und des Unglücklichen schonen wollte. »Wir standen nie feindlich gegen einander, Ihr habt mir nie Ursache gegeben, Euch böse Gesinnungen gegen mich zuzutrauen.«

»Ihr seid ein edler junger Mann,« sagte der Knieende; »und denkt mich durch die Versicherung zu beruhigen, daß Ihr nie zum Verräther an mir werden würdet. Aber ich fürchte keinen weltlichen Richter, ich fürchte den himmlischen und vor ihm möchte ich gern so erleichtert an Sünden als möglich erscheinen. Drum sprecht das Wort der Verzeihung und laßt mich nicht vergebens vor Euch knieen!«

»Ihr begehrt es und so mag es sein!« antwortete der Junker, der gern die Bedrängniß des Bittenden endigen wollte. »Ich verzeihe Euch von ganzem Herzen Alles, dessen Ihr Euch gegen mich anklagen mögt.«

»Auch falsch Zeugniß und durch dieses Veranlassung zu einem Anschlag auf Euer Leben, den Gottes Schutz glücklich vereitelt hat?« sprach Volrad dumpf für sich hin.

»Alles!« entgegnete betheuernd Friedmann, indem er dem Flehenden die Hand reichte.

»Ihr habt eine schmerzhafte Wunde in meiner Seele geheilt,« sagte tief Athem schöpfend Volrad. Er stand auf und hüllte sich wieder in seinen Mantel. »Habt Dank für diese Milde,« sprach er dann weiter. »Mich sehet Ihr nie wieder. Wenn aber Euer Schritt Euch zufällig an dem Kloster der Carmeliten vorüberbringt, dann tretet ein und fragt nach dem Bruder Irenäus. Ihr werdet dann vernehmen, daß Volrad von Praunheim gestorben ist, um als ein reuevoller und büßender Klosterbruder ein neues Leben zu beginnen. Ihr werdet vom Bruder Irenäus hören, der in abgeschlossener Einsamkeit der strengsten Buße sich unterwirft und allen Verkehr mit der Welt meidet. Gehet dann in die Kapelle und betet für ihn. Laßt die Verzeihung, die Ihr einmal ausgesprochen, dann noch fort wirken.«

Er entfernte sich mit schnellen Schritten. Friedmann sah ihm mitleidig nach.

»Die Hand des Herrn hat sein Gewissen gerührt;« sprach er bei sich selbst. »Die Gnade des Herrn wird ihn nicht verstoßen.«

Am nächsten Tage vernahm er als eine Neuigkeit, daß der Schöff Volrad von Praunheim, ohne das gewöhnliche Noviziat abzuhalten, unter dem Namen Irenäus als Carmelitermönch eingekleidet worden sei.



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