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41.

Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen
Und das Erhabne in den Staub zu ziehn;
Doch fürchte nichts! Es gibt noch schöne Herzen,
Die für das Hohe, Herrliche entglühn.

Schiller.

Das Fräulein war, wie wir wissen, bei den blutigen Ereignissen in der alten Römerburg von einer starken Ohnmacht befallen worden. Diese ging, während Ralph seine Gefangenen durch die Weinberge hinab in die Ebene führte, in einen tiefen, Betäubung ähnlichen Schlaf über, aus dem Amalgundis erst durch das furchtbare Geschrei der Rußigen beim Sturme auf die Söldner erweckt wurde. Ihre Lage war im höchsten Grade beängstigend. Sie befand sich eingeschlossen in dem engen dunkeln Behältniß, sie versuchte vergebens das kleine Schiebfensterchen zu öffnen, um durch einen Blick in's Freie sich über die Ursache des entsetzlichen Lärms zu unterrichten. Die Vorsicht des Waffenmeisters hatte ihr alle Gelegenheit benommen, irgend Etwas von dem, was außerhalb vorging, wahrzunehmen. Bald dünkte es sie, als höre sie das Geschrei Friedmanns und der Seinigen, wie es wohl laut werden könne in einem Augenblicke, wo die Gegner über sie herfielen, um sie zu ermorden; bald schien es ihr wieder, als seien es fremde Stimmen, als höre sie eine fremde Sprache, als seien diese Unbekannten mit ihren Bedrängern handgemein geworden. Sie war den quälendsten Zweifeln preisgegeben und als es nun endlich stiller geworden, als der Streit, der stattgefunden haben mußte, entschieden war: da schien man sie gänzlich vergessen zu haben und sie harrte lange vergebens, daß man ihren finstern Kerker öffne und sie von der Angst befreien möchte, in der sie sich befand.

Endlich vernahm sie ein Geräusch an der Thüre der Sänfte. Ihr Herz klopfte ungestüm. Welchen Aufschluß wird der nächste Augenblick geben? fragte sie sich selbst. Ihre Augen hafteten ängstlich an der Stelle, wo sich jetzt das Tageslicht zeigen mußte; aber sie sah sich genöthigt, sie zu schließen, als jetzt der Glanz der Morgensonne hereinströmte und sie nur im Fluge die Umrisse einer Gestalt gesehen hatte, die ihr die ihres guten Engels zu sein schien. »Edles Fräulein,« sprach eine sanfte männliche Stimme, der ein Anflug von Schwermuth eigen war, und in welcher sie die des Ritters von Sonnenberg erkannte. – »Der Himmel hat uns seines hohen Schutzes gewürdigt und gute Freunde gesandt, uns aus der schmählichen Haft zu befreien und unsere nichtswürdigen Gegner zu demüthigen. Seid guten Muthes. Ich darf nun doch hoffen, dem Befehle meines hohen Herrn und Kaisers in Allem nachzukommen und Euch sicher an den Ort zu führen, wohin er mich beauftragt, Euch zu begleiten.« Amalgundis hatte sich indessen an den Glanz des Tageslichtes gewöhnt. Sie war zugleich ruhiger geworden und warf nun einen Blick auf die Umgebungen. Da gewahrte sie zuerst jene Männer von wildem und rauhem Ansehn, mit den dunkel gebräunten Gesichtern, in zerrissene Kleidungsstücke gehüllt, und mit den gewaltigen Knütteln bewaffnet.

Aller Augen waren auf sie gerichtet und sie glaubte in diesen einen so bedrohlichen Ausdruck zu erkennen, daß sie entsetzt in die Polster zurücksank und mit bebender Stimme zu Friedmann sagte:

»Wer sind die Männer? Wollen sie mich ermorden oder welche schreckliche Absicht tragen sie sonst im Sinne? Ihre Blicke sind fürchterlich, ihre Sprache ist mir unverständlich und ihre wilden Geberden lassen das Schlimmste ahnen!«

»Beruhigt Euch!« versetzte der junge Ritter in einem Tone, der ihren Muth erheben konnte. »Diese Leute sind unsere Freunde und Befreier. Von ihnen habt Ihr nichts zu befürchten. Sie würden den letzten Blutstropfen zu Euerer Vertheidigung hingeben. Es sind rechtliche Männer, Handwerker aus der freien Stadt Nürnberg. Freilich ist ihr Aeußeres nicht empfehlend, aber auch hier trügt der Schein, wie so oft im Leben, und unter der widerwärtigen Hülle liegt der edle Kern verborgen.«

»O diese traurige Macht des Scheines!« sagte Amalgundis mit gepreßter Stimme für sich hin, indem sie leicht auf Friedmanns Arm gestützt, die Sänfte verließ. »Wehe dem, der ihr unterworfen sein muß!«

Als sie den Erdboden betrat und sich im Freien umsah und rechts die grünenden Berge, links in einiger Entfernung den silbernen Rheinstrom erblickte, schwebte ein heiteres Lächeln auf ihrem edel gebildeten Antlitze. Sie war ungemein reizend in diesem Augenblicke. Auf ihren Wangen zeigten sich, durch den Wechsel der Gemüthsbewegungen hervorgebracht, blühende Rosen; der freudige Ausdruck, der bei dem Anblicke der schönen Gegend und im Gefühle der wiedergewonnenen Freiheit aus ihren Augen leuchtete, trug zugleich ein Gepräge von Unschuld und Offenheit, das jeden bezaubern mußte und den jungen Ritter mit traurigen Empfindungen erfüllte: daß so viel Liebenswürdigkeit für ihn auf immer verloren sei.

Indessen waren die Reisenden, denen das Fräulein und ihre Begleiter die Freiheit zu verdanken hatten, näher gekommen. Meister Auffenthaler bot dem Ritter treuherzig die Hand und sagte:

»Es ist wohl ein guter Zufall zu nennen, der uns gerade hier zusammengebracht hat, zu einer Zeit, wo wir einem so lieben Freunde, wie Euch dienen konnten. Mit den Schelmen sind unsere wackere Nürnberger bald fertig geworden und es ist auch Gottlob! kein Blut vergossen. Tüchtige Beulen mag's immerhin gegeben haben und ich glaube gern, daß die erzbischöflichen Söldner die blauen Flecken von den Knütteln unserer Rußigen nicht sobald verlieren werden. Aber erzählt jetzt, wie das Alles gekommen ist, wie Ihr mit ihnen zusammengekommen und in Gefangenschaft gerathen seid? Was uns betrifft: wir wandern noch immer in unsern Handelsgeschäften von Ort zu Ort, von Schloß zu Schloß, und ziehen jetzt Rhein aufwärts nach den mächtigen Reichsstädten Worms und Speier.«

Während Friedmann dem theilnehmenden Alten und dem düster aufhorchenden Bandini die Abentheuer seiner kleinen Reisefahrt berichtete, war der lange Gabriel beschäftigt, die Gefangenen in den Zustand zu versetzen, in welchem man den Ritter von Sonnenberg und die Seinigen bei ihnen gefunden hatte. Er ließ sie knebeln und binden und diese Aufgabe ward von seinen kräftigen Untergebenen so vollkommen gelöst, daß sämmtliche Feinde wie Klötze am Boden lagen, keinen Laut von sich geben und kein Glied bewegen konnten.

Auch Beata war von ihrem Pferde gestiegen und zu ihrer Freundin, dem Pfeffer-Rösel getreten. Sie blickte neugierig das Fräulein an, die, andern Empfindungen hingegeben, sie nicht bemerkte. Noch nie, dünkte es Beaten, hatte sie eine so außerordentliche Schönheit gesehn. Sie konnte gar nicht ablassen von dem reizenden Anblicke. Sie dachte, wenn sie ein Mann wäre, so könnte das nur die einzige sein, die sie lieben mußte, mit aller Herzensgewalt und immerdar. Mit einer eifersüchtigen Wallung sah sie sich nach ihrem Gabriel um. Zu ihrer großen Zufriedenheit aber nahm sie wahr, daß den die Schönheit der Fremden gar nicht kümmere, und er mit Aufmerksamkeit jetzt die Waarenbündel untersuche, ob sie im Getümmel keinen Schaden gelitten. Sie mußte wieder nach der herrlichen Jungfrau blicken. Aus ihrem ganzen Wesen sprach offen die Freude, die sie an ihr hatte. Da zupfte sie das Pfeffer-Rösel am Aermel und sagte, indem sie mit Miene und Augen bedeutsam nach dem Gegenstande, der Beaten so wohl gefiel, deutete:

»Kennst Du die nicht, Schätzel? Ich will Dir's sagen, wer sie ist, und Du wirst Dich verwundern. Man sieht's ihr freilich nicht an und könnte sie freßlieb haben, so wunderschön ist sie und, ich glaube, ohne ihres Gleichen. Aber im Herzen ist sie garstig, denn sie trägt allein die Schuld vom Unfrieden zwischen dem Kaiser und Frau Imagina. Wisse, es ist die schöne Amalgundis, wie sie nur allenthalben genannt wird, Herrn Adolphs Nebenliebste!«

»Rösel, Du lügst!« erwiederte entrüstet Beata. »Ich will Dir's gern glauben; daß es Fräulein Amalgundis ist, aber daß sie so schlecht sei, wie Du sagst, glaube ich nimmermehr. Erkennst Du denn nicht das Tugendliche und Sittsame in ihrem ganzen Wesen? Hat sie nicht ein blödes und bescheidenes Aussehen, wie die Unschuld, und nichts Hoffärtiges, wie sie doch haben müßte, um ihre Schmach zu bergen, wenn sie wäre, was Du sagst? O Rösel! der liebe Gott hat die Sprache der Wahrheit in des Menschen Antlitz gelegt und wer nur will, kann sie wohl verstehn. Ich weiß, daß viele Menschen so von ihr sprechen, wie Du auch, und ich habe es selbst geglaubt bis diesen Tag, weil ich sie noch nicht von Angesicht gesehen hatte. Jetzt aber bitte ich ihr im Herzen die übeln Gedanken ab. Ich muß hin zu ihr, ich muß ihr die Hand küssen und die Verehrung aussprechen, die ich gegen sie hege.«

»Ich lüge nicht!« versetzte das Pfeffer-Rösel mit weinerlichem Trotz. »Ich bin ein ehrliches Mädchen und sage die Wahrheit, wie ich sie weiß. Aber das sage ich Dir, Beata: wenn Du einer solchen die Hand küßest, dann ist es aus mit unserer Freundschaft für alle Zeit.«

Sie wandte sich mit Thränen im Auge ab und ging, selbst ohne Stephans freundliches Lächeln zu erwiedern, mit schmollender Geberde zur Seite, wo sie an den Blättern einer Weide gedankenlos pflückte und nur öfters verstohlene Blicke nach Beaten hinsandte. Die junge Frau war ihr lieb, wie eine leibliche Schwester. Als Rösel's Vater noch lebte, hatte er sie schon als Kind immer mitgenommen auf die Frankfurter Messe, wo auch Meister Auffenthalers Beatchen mit den Eltern sich eingefunden. Da hatten die beiden Kinder, während die Alten ihren Geschäften nachgelebt, mit einander gespielt und eine so innige Neigung zu einander gefaßt, daß sie sich das liebe lange Jahr hindurch daheim immer freueten auf die wiederkehrende Meßzeit, auf das Wiedersehn und auf die lustigen Spiele zwischen den Buden und Kramläden des Samstagsbergs. Diese innige Freundschaft war von den Kindern auf die Jungfrauen übergegangen und selbst Beata's Verheirathung mit Gabriel verminderte sie nicht, sondern schien sie vielmehr zu steigern, da der junge Mann höchst eifrig seinen Handelsgeschäften oblag und äußerlich sehr kalt und ruhig war, ob er gleich im Innern eine recht treue Liebe zu seiner Erwählten trug. Die lebhafte Beata aber mußte jemand haben, der ihr eine solche Neigung auch zeigte, und da hatte sie ja längst das Pfeffer-Rösel als ihre beste Freundin auf der Welt erkannt. Jetzt stand nun dieser Freundschaft eine schwere Prüfung bevor. Was Beata sich einmal in das Köpfchen gesetzt hatte, davon war sie so leicht nicht abzubringen und, indem sie fortwährend die schöne Amalgundis ansah, wuchs auch ihre Sehnsucht, dieser die Hand zu küßen und mit ihr nähere Bekanntschaft zu machen. Sie war unter diesen Gedanken, ohne es selbst zu wissen, langsam vorwärts gegangen und sah sich mit einemmale dicht an Amalgundis Seite. Sie erschrack ein wenig, faßte sich aber gleich wieder und sah nun mit dem Ausdrucke einer recht wahrhaftigen Neigung das Fräulein, die, ohne sie zu gewahren, noch auf die Gegend blickte, ganz in der Nähe an.

»Was wollt Ihr, was drängt Ihr Euch so unbescheiden heran?« fuhr da plötzlich eine krähende Stimme auf sie ein. Es war die Leibmagd, die schon lange ihrer Gebieterin von den Leiden, die sie beim beschwerlichen Fußgehn ausgestanden, vorgejammert, aber zu ihrem Verdruße kein Gehör gefunden hatte. »Wißt Ihr nicht, was Euch geziemt?« sprach sie zürnend weiter. »Ihr seid keine Edelgeborene, wie mein Fräulein, und müßt warten, bis man Euch ruft, ehe Ihr Euch nahen dürft. Alles aber will oben hinaus heut zu Tage. Die Bäuerin will's der Städterin, das Bürgerpack den Edelfrauen gleich thun. Nehmt meine Worte zu Herzen und entfernt Euch sogleich; sonst wird der edle Ritter, dessen Schutz wir empfohlen sind, seine Pflicht erfüllen und Euch die Wege weisen, wie es Euch nicht lieb ist!«

Frau Beata ließ sich durch das Schelten der Leibdienerin nicht im Geringsten stören. Sie betrachtete immerfort das holdselige Angesicht der schönen Amalgundis und schlug erst dann die Augen zu Boden, als das Fräulein sich umwandte, sie mit freundlichem Lächeln begrüßte und mit sanfter aber ernster Stimme zu der Leibmagd sprach:

»Wie kannst Du nur ein so rauhes und ungebührliches Wesen zeigen, besonders gegen Diejenigen, denen wir zu hohem Danke verpflichtet sind? Thue dergleichen nicht wieder, Trud! Es könnte Dich gereuen.«

Mürrisch zog sich die Dienerin zurück. Amalgundis aber trat, indem sie mit Wohlgefallen Beaten betrachtete, dieser näher und sagte:

»Ihr müßt ihr schon verzeihen. Sie meint es nicht so böse und glaubt mir ihre Ergebenheit zu beweisen, während ein solches Betragen mir selbst höchst widerwärtig ist. Aber sagt mir, Liebe, wer seid Ihr und Euere Begleiter? Wer sind diese Männer von wildem Aussehn, und wie ist es zugegangen mit unserer Befreiung? Ich bin wie aus einem schweren Traum erwacht, der mich sehr beängstigte und den ich mir nicht erklären kann.«

Da erzählte Frau Beata Alles was sie wußte. Sie berichtete von sich und ihrer Herkunft, ihrem Vater und von Bandini, von Rösel und den Russigen, von ihrer Bekanntschaft mit Friedmann, wie dieser bei ihrer Hochzeit mit Gabriel zugegen gewesen, von ihrem Zuge den Rhein abwärts und von der Rückkehr, die sie auf eine so wunderbare Art zu dem Werke der Befreiung geführt. Mit vielem Eifer lobte sie ihr Rösel und rühmte, daß diese es gewesen sei, die den Ritter zuerst als Gefangenen entdeckt und dann sogleich selbst den wohlgelungenen Angriff geordnet habe. Sie konnte nicht fertig werden Gutes von ihr zu sprechen, von ihrer Treuherzigkeit, ihrem Muthe, der wohl manchem Manne anstehen würde, ihrer Geistesgegenwart und frohen Laune. Neugierig richtete Amalgundis ihre Blicke nach der Besprochenen hin. Da sah ihr ein verweintes Antlitz entgegen, das jetzt, da es bemerkt wurde, sich mit einer Geberde des Trotzes und des Unwillens schnell abwandte.

»Ein wunderliches Kind!« sagte Amalgundis mit Befremden zu der jungen Kaufmannsfrau. »Sie hat so Vieles für uns gethan und scheint mir doch nicht geneigt, und meinen Dank zu verschmähen. Kaum kann ich das Gute von ihr glauben, das Ihr mir gerühmt habt.«

»Gewiß und wahrhaftig, es ist, wie ich gesagt habe!« versetzte eifrig Beata. »Sie hat nur manchmal gar sonderbare Gedanken und beträgt sich dann nicht, wie ein Anderes. Sie kommt mir dann gerade wieder vor, wie in ihren frühen Kinderjahren, als sie auch gar oft trotzig und in sich gekehrt war, wo aber immer nach ihrem Trotze die Gutmüthigkeit wieder hervorbrach so gewaltig, daß ihrer Liebkosung und Freundlichkeit kein Ende war. Aber glaubt mir, edles Fräulein, sie ist im Herzen ganz so, wie ich sie Euch geschildert habe; ohne Falsch und unverzagt, klug und verständig in Augenblicken, wo es darauf ankommt und wo nicht leicht ein anderer besonnen bliebe.«

Amalgundis hatte großes Wohlgefallen an Beatens zutraulicher Offenheit. Zum erstenmale, seit ihrem glücklichen Aufenthalte im Kloster Clarenthal, fand sie ein weibliches Wesen, dessen Aeußeres einen ebenso angenehmen Eindruck auf sie machte, wie die Wahrheit der Empfindung, die in allen Worten Beata's an den Tag trat. Sie hatte lange keine Freundin gehabt. Ueberall, wo sie versucht hatte, eine Neigung für sich in einem weiblichen Herzen zu erwecken, war ihr Kälte und Fremdethun, auch wohl Ehrerbietung und Demuth, aber keine Liebe gezeigt worden. Beata's unaufgeforderte Annäherung und ihr ganzes Benehmen flößten ihr den Gedanken ein, daß hier ein guter Engel ihr ein freundliches und liebevolles Gemüth entgegenführe. Es schien ihr, als erwarte die junge Frau nur einige Ermunterung von ihrer Seite, um ihre herzliche Neigung laut werden zu lassen. Ach! und sie bedurfte jetzt gerade so sehr eines theilnehmenden Herzens, eines tröstenden Zuspruchs, eines zerstreuenden Umgangs, um sich aufrecht zu erhalten unter dem Drucke des Schmerzes, der auf ihrer Brust lastete! Sie sah lange schweigend Beaten an; diese erwiederte den trübgewordenen Blick, der auf Ihr ruhete, mit einem sehr freundlichen. Endlich unterbrach Amalgundis das Schweigen und sagte:

»Frau Beata, Ihr seid wohl sehr gut und besitzt ein redliches Herz; denn Ihr nehmt Euch Euerer Freundin mit Eifer und Liebe an. Welches Glück für sie, welcher Reichthum einer solchen Freundin gewiß zu sein! Ach, ich nenne Geschmeide und Gut mein Eigenthum und kann des Geldes haben, so viel ich nur möchte, aber ich bin dennoch arm gegen jenes Mädchen, denn ich stehe allein auf der Welt und besitze keine Freundin, die sich meiner annähme gegen bösen Leumund und ungerechten Verdacht. Ach! Frau Beata, Euer Anblick und Euer ganzes Wesen erweckt mir großes Zutrauen. Scheidet nicht so schnell von uns. Begleitet mich mit den Euerigen ein Stück Wegs nach meinem Schlößchen hin, das am Aarflüßchen gelegen ist und wo ich dann in stiller Einsamkeit und meinen Gewohnheiten lebend, eher Ruhe und Frieden im Gemüthe wiederfinde. Aber auf dieser Reise quält mich eine Beängstigung, die ich, ohne einen äußern freundlichen Beistand, nicht zu ertragen vermag. Ihr werdet mir ihn leisten. Ihr seid glücklich, Ihr lebt nicht unter dem Zwange trauriger Verhältnisse. Ihr wißt nicht, wie wehe die Zerstörung der liebsten Hoffnung thut, wie es schmerzt, wenn Diejenigen, denen wir innig geneigt sind, unsere seligsten Empfindungen kalt zertreten. Nicht wahr: Ihr trennt Euch nicht sogleich von mir?«

»Herzallerliebstes Fräulein!« rief Beata mit stürmischer Freude, indem sie Amalgundis Hand so fest ergriff, daß diese sie ihr nicht entziehen konnte, und mit unzähligen Küssen bedeckte. »Ich verlange es ja gar nicht besser. Gleich will ich meinen Vater und Meister Bandini besprechen wegen des fernern Geleits. Sie schlagen mir's nicht ab und wir bleiben dann noch beisammen, wenigstens den ganzen Tag über.«

Sie flog zu Meister Auffenthaler. Als sie am Pfeffer-Rösel vorüberkam, warf ihr diese einen bitterbösen Blick zu und sagte mit gepreßter Stimme:

»Du hast ihr doch die Hand geküßt, Du hast mit ihr freundlich geäugelt und gekost. Zwischen uns ist's aus. Gehe Du Deiner Wege, ich gehe meiner Wege.«



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