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Elftes Kapitel

Wenig erhebliche Ereignisse. Der Staatsrat wird versammelt. Wozu dies hilft

Der Prinz hatte schon eine geraume Zeit geschlafen, als sein königlicher Vater voll Besorgnis wegen des Ausgangs der Brautnacht, in Begleitung des Hauptmanns seiner Leibwache und des größten Teils von seinem Hofstaate, in das Schlafgemach trat. Der alte Herr frohlockte über den neuen Vorzug, den er an Tanzai entdeckte, und machte ziemlich starke Spaße über die Nacht, die die Prinzessin müsse zugebracht haben. Die Höflinge stutzten über die ungeheuer große Erscheinung nicht wenig, und scherzten auf eine schicklichere Art unter sich, wie Neadarne nach einem solchen Experiment wohl beschaffen sein müßte. Sie konnten insgesamt nicht begreifen, wie der Prinz das majestätische Wesen dessen, was sie erblickten, so lange hatte verbergen können. Der König, der sich von seiner ersten Freude erholt hatte, und den Zustand, worin sein Sohn war, nicht ganz natürlich fand, wollte ihn aufwecken, um sich nach dem Grund hiervon zu erkundigen, als Neadarne das Zelt verrückte, das der Schaumlöffel sich gemacht hatte und ihn zu jedermanns großem Erstaunen bis zu seiner Wurzel sehen ließ.

Grausamer Affe! was seh ich! rief Cephaes. Der Prinz, der von dieser Exklamation erwachte, geriet in Verzweiflung, den ganzen Hof zum Zeugen eines Vorfalls zu haben, den er so gern vor der ganzen Welt verborgen gehalten hätte. In dieser unangenehmen Begebenheit bediente er sich seiner Geistesgegenwart gar geschickt und sagte zu seinem Vater: Seit einer Stunde habe Neadarne wegen des Schaumlöffels mit ihm gescherzt und ihn aufgefordert, ihn auf eine Art im Gleichgewicht zu erhalten, wie man es jetzt sähe. Er habe sie überzeugt, daß die Sache möglich wäre und jedes Ding balanziert werden könne; wie er sich dann dem Schlaf überlassen, wäre es so geblieben, ohne daß er selbst wisse wie. Die Hofschranzen stellten sich, als nähmen sie diese Erklärung an, so abgeschmackt sie auch war. Jedermann begab sich fort, damit die Prinzessin aufstehen konnte. Wie der Prinz mit seinem Vater allein war, entdeckte er ihm alle die Leiden, die ihn betroffen hatten und schloß mit der Klage, daß er nicht wüßte, wie er den Schaumlöffel tragen sollte, ohne daß jedermann ihn gewahr würde. Nach langem Nachdenken schlug ihm Cephaes Zwanzigerlei Mittel vor, deren eins immer weniger tauglich war als das andere. Endlich gestand er ihm ganz frei: Mein Sohn, das Ding ist mir zu kraus. Tanzai meinte, man würde den Stiel abfeilen können, allein weder Feile noch ätzende Mittel waren imstande, den Löffel zu verringern. Der König wußte nicht, was er raten sollte, er sagte, er müsse in den Staatsrat gehen und ließ das neue Ehepaar allein.

Als der Staatsrat versammelt war, trug der König den Vorfall, der seinem Sohne begegnet war, vor. Diese Nachricht setzte niemanden in Erstaunen. Die Erzählung mit dem Balanzieren hatte nicht so angeschlagen, wie der Prinz geglaubt; das Volk hatte die Sache ganz natürlich genommen: nicht, daß es etwa völlig gewußt hätte, wie es alles zusammenhinge, allein ein dumpfes Gerücht durchlief die Stadt. Man sagte: der Prinz habe da einen riesigen Schaumlöffel, wo Neadarne weniger Großes und etwas Besseres zu finden vermeint hätte. Andere behaupteten – doch flüsterte man sich das nur ins Ohr – Tanzai sei ganz und gar in einen Schaumlöffel verwandelt worden, man habe ihn auf der Terrasse unter seinen Zimmern herumwandeln sehen und ein gewisser Bedienter habe ihn in dem Aufzuge gesprochen.

So abgeschmackt auch dieses Gerücht war, hatte es dennoch tiefe Wurzel beim Pöbel gefaßt, der beinahe eben so dumm als leichtgläubig ist, und der der am wenigsten wahrscheinlichen Sache den mehrsten Glauben beimißt. Nachdem der Staatsrat dem Könige von all diesen Gesprächen Bericht erstattet hatte, eröffnete er seine Meinung über Tanzais Vorfall. Der Eine sagte: man müsse eine Kleidung erfinden, die diese Ungestalt verberge; der Andere: man müsse den Löffel biegen; der Dritte: man müsse ihn abfeilen; Saugrenutio aber war der Meinung: man müsse den Affen um Rat fragen. Ei zum Kuckuck! rief der König, das wußt ich schon alles selbst, sagt mir doch was, woran ich noch nicht gedacht habe. – Die Scharfsicht von Ew. Majestät, huben sie an, ist so groß, daß ... Verwünscht sei mein ganzer Staatsrat! sagte der König zornig. Noch nie hab ich ein Pack dümmerer Dorfteufel gesehen! Was läßt sich nun in der Klemme, in der wir stecken, anfangen? – Alles, was Ew. Majestät beliebt, versetzten sie. Der Zorn des Königs war schon sehr hoch gestiegen, als einer der Räte, der weiland ein geschickter Wundarzt gewesen war, sagte: er wolle sich anheischig machen, den Schaumlöffels mittelst des Meißels heraus zu heben. Wenn er erstlich eine Incision ringsumher gemacht und dann über dem Scrotum nachgegraben hätte, so war er seiner Sache gewiß. Zwar könnte vielleicht der Prinz nicht davon kommen, demungeachtet aber würde es immer eine sehr schöne Operation sein.

Der König wollte erst diesen unverschämten Burschen auf das Schafott schicken, und war eben im Begriff, das Gutachten seines Staatsrats darüber einzuziehen, der ihn aus Gefälligkeit zum Strange verurteilt haben würde, als Saugrenutio fest auf dem Affen bestand. Es gebe kein anderes Mittel, versicherte er, den Prinzen wieder herzustellen, als den Affen sich über dessen Schicksal erklären zu lassen. Die übrigen Staatsräte, die nichts besseres anzugeben wußten, stimmten ihm bei und man ging darauf auseinander. Der König kehrte zu seinem Sohn zurück und Saugrenutio begab sich in den Tempel, um den Affen zur Erteilung des Orakelspruchs vorzubereiten.


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