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Der Kampf war zu Ende, der Dampfer des Caballero lag fest vertäut neben dem »Don Carlos,« der General und Pater Dominico standen auf Deck und nahmen den Kampfplatz in Augenschein.
Die Schlacht war kurz aber blutig gewesen. Zwölf Tote schwammen in ihrem Blut auf Deck, fünf verwundete Soldaten lagen jammernd zwischen den harten Holzstücken – zwei davon gehörten der Besatzung des Kanonenbootes an.
Dazu kamen die Leichen der getöteten Besitzer des Dampfers, Don Pedro und Donna Pampina.
Das war ein Resultat, das selbst den kriegsgewohnten Caballero und den fanatischen Pater bedenklich machte. Die Lage war noch immer gefährlich, denn bevor zwei Tage um waren, konnte Torlano mit Verstärkung zurück sein; um jeden Preis mußte der »Don Carlos« und der kleine Dampfer den Kampfplatz verlassen, und je eher desto besser.
General Silvela war nicht der Mann, der in schwierigen Lagen einer langen Bedenkzeit bedurfte. Seine ganze Mannschaft enterte an Bord des spanischen Dampfers und machte das Deck klar; das heißt, die toten Körper wurden über die Reling geworfen; mit dumpfem Klatsch fielen sie ins Wasser und trieben flußabwärts, wo hungrige Krokodile sich um die Leichen balgten.
Das Deck wurde gespült, daß das blutgefärbte Wasser nur so an den Schiffswänden herunterströmte und das Holz wurde wieder aufgestapelt; ein Maschinist vom Dampfer des Generals übernahm die Aufsicht über die Maschinen und Kessel des »Don Carlos.«
Zwei Stunden nach der Flucht des Kanonenbootes waren beide Dampfer wieder in Ordnung, lichteten die Anker und arbeiteten sich weiter den Fluß hinauf.
Sowohl der General wie der Pater blieben an Bord des »Don Carlos,« wo sie die Kajüte in Besitz nahmen, denn die Leichen von Don Pedro und Donna Pampina waren aufs Roofdeck gelegt worden; dort ruhten sie Seite an Seite, in weiße Laken eingenäht. Im Laufe des Nachmittags hatten die Matrosen einen großen Sarg aus rohem Holz gezimmert; denn der Caballero hatte zu viel Achtung vor seinen alten Freunden, als daß er ihre entseelten Leiber den Raubtieren des Flusses preisgeben wollte, wie er es mit den Leichen der gefallenen Soldaten getan hatte, ja, sogar mit der des alten Aufrühreroffiziers, der doch viele Jahre, in guten und schlimmen Zeiten, sein Freund und Waffenbruder gewesen war.
Es war dunkle Nacht, als der Dampfer abermals nicht weit vom Land vor Anker ging. Das Großboot wurde ins Wasser gelassen und der Sarg mit den beiden Leichen am Vordersteven festgezurrt.
Eine kleine Scheibe des Mondes, blank wie aus funkelndem Silber geschnitten, stieg just über dem schwarzen Waldrand empor und sandte ein mildes Licht über den emsig fließenden, gelben Strom und über das Boot, mit dem hell leuchtenden Sarg im Steven.
Pater Dominico stand achtern in seiner faltenreichen, weißen Kutte; er war jetzt wieder der fromme Mönch, wie der Augenblick es erforderte. An seiner Seite saß General Silvela, der seinen alten, unglücklichen Freunden selbst das letzte Geleite geben wollte.
Langsam ruderte das Boot dem Lande zu, eine Fackel achtern beleuchtete die gelbbraunen, wilden Gesichter der Matrosen; und das flackernde Licht, das mit dem Mondschein kämpfte, warf einen unheimlichen, gespensterhaften Schein über die ganze Szene.
Peter und Fritz saßen Hand in Hand auf dem Roof und weinten. Beide hatten die wunderlichen, alten Leute, deren Sprache sie kaum verstanden, von Herzen liebgewonnen; es war, als ob ihre letzten Freunde ihnen jetzt entrissen seien; wieder standen sie allein in der Welt, und nie hatte das Heimweh, die Sehnsucht nach dem fernen Vaterland sie so gepackt wie in diesem Augenblick, als sie in der stillen Nacht zusahen, wie der Sarg mit den Leichen der beiden Alten an Land getragen wurde und zwischen den dunklen Bäumen ihren Blicken entschwand.
Die nassen Wangen aneinander geschmiegt, fest umschlungen, weinten die armen Knaben über ihre Einsamkeit, über ihre trostlose Lage.
Peter aber raffte sich zusammen. Als der letzte, rote Fackelschein im Wald verschwunden war, erinnerte er sich Don Pedros Auftrag und des Versprechens, das er dem alten Mann gegeben hatte.
»Komm mit in die Kajüte und hilf mir, Fritz, wir müssen den Schrein bergen, während die beiden an Land sind.«
Die Knaben erhoben sich und schlichen die Rooftreppe hinunter.
Vor der Kajüte blieben sie stehen und sahen sich vorsichtig um. Das Deck war dunkel und voll von schlafenden Soldaten, keiner von ihnen rührte ein Glied; nur von der Brücke hob sich die Silhouette des wachthabenden Matrosen ab, der auf und abging.
»Bleib hier und paß auf,« flüsterte Peter; »wenn jemand kommt, klopf ans Fenster, aber ganz leise. Ich geh hinein und hol den Schrein.«
Er öffnete die Tür, langsam und vorsichtig, und glitt in die dunkle Kajüte hinein.
Peter kannte den Raum so gut, daß es ihm nicht schwer fiel, sich im tiefsten Dunkel zurechtzufinden, und er machte einen Schritt auf die Tür von Don Pedros Schlafkabine zu. Beim zweiten Schritt aber stieß er mit dem Knie gegen etwas Hartes, ein schwerer Säbel fiel klirrend zu Boden.
Er blieb stehen und lauschte, aber kein Laut ließ sich hören; Fritz draußen gab kein Signal, und Peter schlich weiter.
Drinnen in der Schlafkabine tastete er sich vorwärts, schloß den Schrank auf und nahm das Fußzeug heraus. Er zog die Spore heraus und steckte den Schlüssel ins Schloß. Da ließ sich ein leises Klopfen gegen das Kajütenfenster vernehmen, und Peter eilte hinaus.
Es war der wachthabende Matrose, der jetzt auf dem Deck herumging, um seine Ablösung zwischen den Schlafenden zu suchen. Er hatte Fritz erschreckt. Im selben Augenblick aber waren ferne Ruderschläge zu hören. Das Boot näherte sich vom Lande – es war keine Zeit zu verlieren.
Peter zog Fritz mit sich in die Kajüte, eilte zum Schrank, schloß die Klappe auf und nahm den Schrein heraus. Alles war wieder an seinem Platz, der Schrank geschlossen und die Knaben draußen, als das Boot gegen die Schiffsseite schurrte.
In der Steuermannskajüte, unter der Matratze, wurde der Schrein versteckt, den Schlüssel aber zu dem heimlichen Raum warf Peter in den Fluß.
* * *
Die Knaben konnten nicht schlafen, der Tag hatte zu viel Gemütsbewegungen gebracht; die Schüsse klangen ihnen noch in den Ohren, sie hörten die Schreie der Verwundeten, sahen das rote Blut; aber hauptsächlich die Leichen ihrer beiden alten Freunde standen wie ein blutiger und unauslöschlicher Anblick vor ihrem inneren Auge.
Fritz zitterte noch, so überanstrengt waren seine Nerven, und oft brach er in ein krampfhaftes Weinen aus, während der ruhigere Peter imstande war, über ihre Lage nachzudenken. Sein immer tätiges, erfinderisches Gehirn, seine nie versagende Energie eigneten sich mehr dafür, Zukunftspläne zu schmieden und auszuführen, als über Erlebtes nachzugrübeln.
Lange lag er schweigend auf der Matratze unter dem Moskitonetz, die Hände unter seinem rothaarigen Kopf, wie es seine Lieblingsstellung war. Auf die Klagen des trostlosen Fritz achtete er nicht mehr. Peter klügelte einen Plan aus.
»Fritz, eines ist sicher, so wahr ich Peter Most heiße: wir müssen fort von hier, fort von diesen scheußlichen Menschen.«
Fritz lag ganz still und hörte zu. Der Rat seines Freundes war für ihn immer entscheidend; was Peter beschloß, war für Fritz Gesetz.
»Wir können hier nicht bleiben, wir müssen fliehen, sonst krepieren wir noch in diesem widerlichen Land. Wenn es wieder zum Kampf kommt, werden wir vielleicht erschossen und wenn Torlano uns gefangen nimmt, ist der Deubel erst recht los. Wir können ja mit keiner Menschenseele sprechen, diese Räuber verstehn gewiß kein Wort Englisch.«
»Ja, laß uns von hier fliehen,« meinte Fritz, »aber wie?«
»Don Pedro hat mir mal auf der Karte gezeigt, wo die Kisten gelöscht werden sollen, dort müssen wir bald sein –
Siehst Du, wir kamen mit westlichem Kurs vom Atlantischen Meer in den Fluß herein, und haben bis gestern fast dieselbe Richtung gehalten. Heut aber ist der Kurs ganz nördlich gewesen, denn der Ort liegt nördlich. Man kann nun in derselben Richtung immer weiter fahren und dennoch aus dem Fluß herauskommen, und zwar an der Nordküste von Venezuela – an der Ostküste sind wir hereingekommen, verstehst Du, Fritz? –
Wenn wir nun in ein oder zwei Tagen die Jolle nehmen und sie gut mit Proviant füllen, dann können wir aus den Fluß hinausrudern und segeln, bis wir zur Küste kommen, und dort liegen Städte, wie ich gesehen habe. Es sollte doch rein mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht ein Schiff treffen, das uns mit nach Europa nimmt – oder doch wenigstens zu einem ordentlichen Ort, wo Recht und Gesetz herrschen und nicht solche Räuberzustände wie in diesem verflixten Land.«
»Hast Du keine Furcht vor Indianern, Peter, oder vor Krokodilen – wir müssen gewiß ein großes Stück rudern, bis wir aus dem Fluß herauskommen.«
»Das wird so schlimm nicht sein, denn wir haben die ganze Zeit die Strömung mit uns, die an den meisten Stellen ihre zwei, drei Knoten in der Stunde läuft. Und was die Krokodile betrifft, so will ich doch lieber mit den Biestern zu tun haben, als mit den blutdürstigen Soldaten da unten auf Deck. – Wir nehmen natürlich Büchsen und Revolver mit. – – Vergiß nicht, Fritz, daß wir Don Pedro und Donna Pampina versprochen haben, unser bestes zu tun, um die Papiere abzuliefern.
Die Knaben schwiegen eine Weile, dann fuhr Peter fort:
»Und Geld haben wir auch genug, das gehört ja jetzt uns.«
»Ja, Du sollst das Geld haben und ich die Schmucksachen – so wurde es bestimmt.«
»Ach, Unsinn, was mein ist, das ist auch Dein.«
Beim Gedanken an die alte, liebevolle Pampina, die jetzt im Urwald begraben lag, brach Fritz wieder in Tränen aus. Peter aber wälzte große Pläne. Er sann und sann, wie die Flucht vom »Don Carlos«, aus der Mitte der Aufrührer, am besten zu bewerkstelligen sei.
* * *
Zwei lange Tage noch dampften die Schiffe durch das Gewimmel von Inseln im Flußdelta, und obgleich die Kurse mit den launischen Schwingungen und Drehungen der engen Kanäle und Flußadern wechselten, blieb die Hauptrichtung doch immer nördlich. Nach Peters Berechnung näherten sie sich mehr und mehr der Nordküste von Venezuela, die von dem caribischen Meer bespült wird.
Für die Jungen waren es zwei spannende, unheimliche Tage, denn die Vorbereitungen zur Flucht mußten getroffen werden, ohne daß der General oder eine Seele an Bord etwas davon merkten.
Sowohl der General wie der Pater waren während dieser Tage emsig beschäftigt gewesen, die Kajüte zu durchstöbern. Denn jetzt, wo Don Pedro und seine Schwester tot und begraben waren, betrachtete der Caballero sich als Besitzer von Schiff und Ladung – er war nicht der Mann, der sich ein Gewissen daraus machte, mögliche Erben in dem fernen Spanien um ihr Erbteil zu betrügen. Nur eines war für ihn von Wichtigkeit: das heilige Resultat des Aufruhrs. Und der fromme Pater war nicht um ein Haar besser.
Sie hatten die Kajüten aufs gründlichste durchsucht, jedes Möbel war geöffnet jede Schublade, die sich nicht aufschließen ließ, war mit Gewalt gesprengt worden. Die Jungen konnten sie vom Roof wie zwei Einbrecher unten rumstieren hören, und Peter lief es bei der Vorstellung, daß die Untersuchungen sich auch über das übrige Schiff, hauptsächlich über die Steuermannskajüte erstrecken könnten, kalt übern Rücken.
Die Knaben waren nicht untätig. Aus dem Proviantkeller, zu dem der Steuermann Peter den Schlüssel hatte, verschafften sie sich Schiffszwieback, Kaffee und Zucker, Blechdosen mit konserviertem Fleisch und Butter, samt einigen Flaschen Wein; das wurde alles in einem Sack verstaut und in der Steuermannskajüte versteckt. Ein Stück Segeltuch, Tauwerk und eine Art wurden ebendaselbst geborgen; wie aber sollten sie in den Besitz der Büchsen und Revolver gelangen? In die Kajüte konnten sie sich nicht hineinwagen, denn der General war fast beständig drinnen.
Da kam ihnen der Zufall zu Hilfe, indem Pater Dominico am Morgen des zweiten Tages an Bord des anderen Dampfers zurückkehren wollte und General Silvela ihn begleitete. Zwei Stunden hatten die Knaben jetzt freies Spiel in der Kajüte, und sie nutzten sie gut aus.
Nicht allein, daß sie die Waffen in Sicherheit brachten, sie durchstöberten auch die Garderobe der beiden Alten und eigneten sich davon an, was sie für gut fanden; denn sie meinten, daß sowohl der Kapitän als auch Donna Pampina lieber ihnen als den Aufrührern ihre Kleider gegeben hätten; wenn also Peter und Fritz sich jeder einen weißen Flanellanzug aus dem Schrank des Kapitäns und einige Taschentücher und baumwollene Blusen aus Pampinas Kommode nahmen, so konnte man das doch nicht Diebstahl nennen. Ein Paar gute, solide Stiefel eigneten sie sich auch jeder an, denn Peter paßte gerade Don Pedros und Fritz Donna Pampinas Fußzeug.
General Silvela kam wieder an Bord, er war offenbar in schwärzester Laune, und der Grund war natürlich der, daß er nicht gefunden, was er so sorgfältig in der Kajüte gesucht hatte: weder Geld, Papier, noch Wertgegenstände irgendwelcher Art; und was noch schlimmer war, er hatte keine Ahnung, wo die Ammunition versteckt lag.
Sowohl er wie Pater Dominico hatten mehrmals versucht, eine Verständigung mit den Knaben zu suchen, aber es war erfolglos gewesen; und jetzt betrachtete Silvela Peter nicht ohne Mißtrauen, denn er meinte, er müsse als Steuermann Bescheid wissen.
Peter war klug genug, um sich seinem Mißtrauen nicht auszusetzen, er winkte dem General und ging in die Kajüte. Dort offenbarte er ihm erst das verborgene Arsenal, rückte darauf den Tisch beiseite und öffnete die Luke im Fußboden.
Alle Wetter, wie wurde General Silvela froh, als er die Kisten unter dem Deck erblickte; Peter wurde umarmt und auf die Schulter geklopft und in den schönsten spanischen Redewendungen gepriesen. Und, was das beste war, das Mißtrauen des Caballero war wie fortgeblasen; Peter konnte von jetzt ab tun und lassen, was er wollte, und die Steuermannskajüte entging einer schicksalsschwangeren Durchsuchung.
* * *
Der Fluß hatte sich im Laufe dieses Nachmittags erweitert, und verstreut liegende Hütten und Häuser, von Palmenwäldern und bebautem Land umgeben, deuteten darauf, daß die Urwälder hier ihren Bezwinger, den Menschen, gefunden hatten. Bei Sonnenuntergang ankerten beide Dampfer vor einer kleinen Stadt, deren Mittelpunkt eine stattliche, weiße Missionskirche, mit dazugehörigen Wohngebäuden war. Das war offenbar das Endziel der Reise, der Platz, wo die Waffen an Land gebracht werden sollten.
Die Dampfer schienen erwartet zu werden, denn kaum waren die Anker gefallen, als große, prahmähnliche Boote, von eingeborenen Halbblutindianern, Mestizen, gepeit, auf den »Don Carlos« zulenkten. Sie legten seitwärts an, und bald wimmelten Deck und Lastraum von halbnackten, braunen Gestalten, die bei Laternen- und Fackelschein die Eisenbahnschienen beiseite räumten und die schweren Kisten zum Vorschein brachten, eine nach der anderen.
Um die beiden Jungen kümmerte sich keiner, sie konnten tun und lassen, was sie wollten; ihre einzige Furcht war, daß der General sie mit an Land nehmen würde, denn sie waren fest entschlossen, daß die Flucht von hier aus, und zwar noch in dieser Nacht vor sich gehen solle. Aber Silvela ging an Bord, ohne sich um die Knaben zu kümmern, nur schloß er die Kajüte sorgfältig ab und stellte eine Schildwache davor.
Peter war ein schlauer Junge, der schon allerhand vom Leben gesehen hatte und selten eine Dummheit machte, wenn er nur Zeit zum Ueberlegen hatte. Es war ihm ganz klar, daß sie am besten jedem Verdacht entgingen, wenn sie so offenkundig wie möglich handelten. Es war den beiden Jungen auch unmöglich, das Boot allein ins Wasser zu fieren; aber es gab ja Hände genug an Bord; und kaum war General Silvela an Land, so ließ Peter das Boot, mitsamt den Riemen ins Wasser setzen.
Er und Fritz sprangen in die Jolle und ruderten ein paarmal um den Dampfer herum, darauf vertäuten sie sie achtern und stiegen die Leiter wieder hinauf. Kein Mensch hatte von diesem Manöver Notiz genommen, jetzt galt es, den richtigen Augenblick abzuwarten, um die Sachen hinunterzufieren.
Gegen acht Uhr abends war es pechdunkel, denn der Mond war noch nicht aufgegangen, und auf dem »Don Carlos« rührte sich fast nichts. Alle an Bord waren müde. Einige Soldaten und Matrosen saßen um eine Laterne auf Deck, spielten Karten und rauchten. Die übrigen schliefen schon.
Fritz und Peter trugen nach und nach alles, was sie mitnehmen wollten aufs Roof hinauf. Das Wichtigste, der Schrein, war in ein Bündel Zeug eingewickelt; nichts wurde vergessen. Sogar einen kleinen Wasserkessel holten sie aus der Kombüse, mitsamt einer Handlaterne und Schwefelhölzern.
Immer tiefere Stille senkte sich auf den Dampfer herab, der letzte Matrose streckte sich gähnend auf die Deckplanken. Jetzt war der Augenblick da.
Lautlos wie eine Katze schlich Peter die Leiter hinab und in die Jolle. Ein Paket nach dem anderen wurde heruntergefiert, dann kam Fritz selbst, das Tau wurde gelöst, und die Jolle trieb mit dem Strom davon.
Von neuem saßen die Jungen in dem kleinen, treuen Boot, aber freilich besser ausgerüstet, als nach dem Schiffbruch auf hohem Meer. Mit einem Gefühl der Befreiung ließen sie den alten, schmutzigen Dampfer hinter sich, leichten Herzens sahen sie den schwarzen Rumpf im Dunkel der Nacht verschwinden; und wie der Fluß die Jolle mit sich fortführte und die Lichter des Dorfes immer kleiner wurden, hatten sie beide das Gefühl: jetzt geht es heimwärts!