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Kapitel 19.
Der Friedensgedanke und die Stiftung des Friedenspalastes. Die Schenkung der Pittencrieff-Schlucht an die Stadt Dunfermline.

Der Friedensgedanke, wenigstens der des Friedens zwischen den Englisch sprechenden Völkern, muß mich schon früh beseelt haben. Als im Jahre 1869 das englische Kriegsschiff »Monarch« vom Stapel lief, damals das größte, das je gebaut war, erhob sich die Frage, auf welche Weise dieser Riese bei seinem beabsichtigten Besuche unserer amerikanischen Städte diesen am besten imponieren könne. Seiner Gewalt hätte nichts Widerstand leisten können. Da telegraphierte (das Kabel war vor kurzem in Betrieb genommen worden) ich an John Bright, der damals dem britischen Kabinett angehörte: »Erster und bester Dienst, den »Monarch« leisten kann, Heimschaffung von Peabodys George Peabody, amerikanischer Großkaufmann und Philanthrop, starb am 4. November 1869 in London. Leiche«. Ich schickte das Telegramm ohne Unterschrift ab. Seltsamerweise hat man meiner Anregung Folge gegeben, so daß der »Monarch« ein Bote des Friedens und nicht der Gewalt wurde.

Viele Jahre danach begegnete ich Mr. Bright John Bright (1811-89), englischer Politiker und Philanthrop, in den vierziger Jahren Parteifreund Cobdens (s. S. 8, Anm. 2) und Führer der Manchesterpartei, 1868-71 und 1880-82 Minister unter Gladstone, mit dem er wegen der ägyptischen und Homerule-Frage zerfiel. auf einer kleinen Festlichkeit in Birmingham und erzählte ihm, daß ich es gewesen sei, der ihm damals das anonyme Telegramm geschickt hatte. Er wunderte sich, warum ich meinen Namen nicht genannt hätte, und versicherte, er hätte den Vorschlag aus ganzem Herzen gebilligt. Ich bin überzeugt, daß das so war; denn Mr. Bright war ein Mann, dem unbedingtes Vertrauen gebührte. Als unsere Republik während des Bürgerkrieges Freunde brauchte, stand er auf ihrer Seite. Von den Männern, die im öffentlichen Leben standen, ist er stets mein Lieblingsheld gewesen, wie auch mein Vater ihn hochgeschätzt hatte. Zuerst als heftiger Radikaler verschrieen, ging er unbeirrt seinen Weg, bis das Volk seinen Standpunkt anerkannte. Stets ein Freund des Friedens, war er für die Vermeidung des Krimkrieges, mit dem England, wie Lord Salisbury später zugab, auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Es war eine große Vergünstigung, daß mir die Familie Bright als gutem Freunde gestattete, an Stelle des minderwertigen Denkmals eine Kopie der Bright-Statue aus Manchester im Parlament aufstellen zu dürfen. –

Für die Britische Friedensgesellschaft gewann ich schon bei einem meiner ersten Besuche in England lebhaftes Interesse; an ihren Versammlungen habe ich oft teilgenommen. Späterhin zog es mich besonders zu der von Mr. Randal Cremer, dem berühmten Arbeitervertreter im Parlament, gegründeten Interparlamentarischen Union gegründet auf dem Weltfriedens-Kongreß zu Paris 1889 von dem englischen Arbeiter Randal Cremer und dem französischen Grafen Frédéric Passy.. Es gibt wenige Menschen, die mit Mr. Cremer zu vergleichen wären. Als ihm für seine Bemühungen um den Frieden der Nobelpreis im Betrage von 8000 Pfund verliehen wurde, behielt er nur 1000 Pfund für seine eigenen Bedürfnisse zurück und übergab alles übrige sofort dem Schiedsgerichtsausschuß. Das war ein wahrhaft edles Opfer. Einem wirklichen Helden ist das Geld nur Ballast! Mr. Cremer verdient durch seine Arbeit ein paar Dollar, so daß er in London als Parlamentsmitglied gerade leben kann; hier fiel ihm nun ein großes Vermögen in den Schoß, aber er verwandte es ausschließlich zur Verbreitung der Friedensidee. Das ist Heldentum in seiner schönsten Gestalt.

Im Jahre 1887 hatte ich die große Freude, dem Präsidenten Cleveland in Washington das Komitee vorstellen zu dürfen. Er empfing die Mitglieder aufs herzlichste und versicherte sie seiner freudigen Hilfsbereitschaft. Seitdem gewann der Gedanke an die Abschaffung des Krieges für mich immer größere Bedeutung, bis er schließlich alle anderen ähnlichen Interessen weit in den Schatten stellte. Die überraschende Aktion der ersten Haager Konferenz [1899] erfreute mich in hohem Maße. Ursprünglich nur zur Beratung über Abrüstungsfragen zusammenberufen (was sich als Luftschloß erwies), proklamierte sie die zwingende Notwendigkeit eines ständigen Schiedsgerichts zur Schlichtung internationaler Streitigkeiten. Hierin erblicke ich den bedeutendsten Schritt, den die Menschheit je in der Richtung auf den Weltfrieden getan hat, noch dazu gleichsam aus einer plötzlichen Eingebung heraus, ohne lange vorhergehende Beratungen. Kein Wunder, daß dieser erhabene Gedanke alle Mitglieder der Konferenz in seinen Bann zwang.

Wenn Mr. Holls Frederic Will. Holls, Advokat in Neuyork, war Mitglied, der Gelehrte und Staatsmann (1897-1902 Botschafter in Berlin) A. White Vorstand der amerikanischen Delegation zur 1. Haager Konferenz., dessen Tod ich so tief betraure, heute noch lebte und mit seinem Chef Andrew D. White Frederic Will. Holls, Advokat in Neuyork, war Mitglied, der Gelehrte und Staatsmann (1897-1902 Botschafter in Berlin) A. White Vorstand der amerikanischen Delegation zur 1. Haager Konferenz. zu der bevorstehenden zweiten Friedenskonferenz delegiert würde, so würden diese beiden ohne Zweifel die Einsetzung des notwendigen internationalen Schiedsgerichts zur Abschaffung des Krieges zuwege bringen. Er war es, der auf Veranlassung seines Chefs mitten in der Nacht vom Haag nach Deutschland fuhr, mit dem deutschen Minister des Äußern und dem Kaiser verhandelte und diese schließlich veranlaßte, den hohen Gerichtshof zu billigen, anstatt, wie sie gedroht hatten, ihre Delegierten zurückzuberufen; für diesen Dienst verdient Mr. Holls einen Ehrenplatz unter den Wohltätern der Menschheit. Leider starb er in der Blüte seiner Jahre.

Der Tag, an welchem das Internationale Schiedsgericht in Kraft tritt, wird zu den denkwürdigsten Tagen der Weltgeschichte zählen. Er wird das Ende des gegenseitigen Mordens bedeuten, dieses grauenvollsten und schwärzesten aller Verbrechen. Dieser Tag soll für alle Völker ein Festtag sein; ich glaube, daß er kommen wird – und vielleicht eher, als man erwartet. Dann aber werden viele, die heute noch als Helden gepriesen werden, der Vergessenheit anheimfallen, weil sie es unterlassen haben, an Stelle des Krieges Frieden und Menschenliebe zu predigen.

Als mir Andrew D. White und Mr. Holls bei ihrer Rückkehr aus dem Haag vorschlugen, das Geld für einen Friedens-Tempel im Haag anzubieten, erklärte ich, daß ich nicht so anmaßend sein möchte; wenn mir aber die holländische Regierung ihre Absicht, einen solchen zu errichten, und den Wunsch, daß ich die erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen möchte, zur Kenntnis bringen würde, dann würde ich dieses Ersuchen in wohlwollende Erwägung ziehen. Sie machten Einwände und meinten, das könne man schwerlich von einer Regierung erwarten. Darauf antwortete ich, daß ich nicht die Initiative ergreifen würde.

Schließlich unterbreitete mir aber zu meiner Freude die holländische Regierung doch durch ihren Gesandten Baron Gevers in Washington ihre Wünsche. In meiner Antwort an letzteren betonte ich indessen ausdrücklich, daß ich zwar die Wechsel seiner Regierung gern honorieren, aber nicht von vornherein Geld schicken wolle. Die Regierung zog einen Wechsel über 1½ Million auf mich, den ich noch als Erinnerung aufbewahre. Es erscheint mir fast zu viel Ehre für einen Menschen, daß er die Mittel zum Bau dieses Friedenstempels stiften durfte – des heiligsten Bauwerks der Welt, weil es dem heiligsten Zwecke dient. Ich nehme von dieser Behauptung nicht einmal die Peterskirche aus, noch sonst ein Gebäude, das zum Ruhme Gottes errichtet ist, dem wir ja, wie Luther sagt, »nicht dienen noch Hilfe leisten können, da er unserer Hilfe nicht bedarf.« Dieser Tempel soll den Frieden bringen, den seine irrende Menschheit so nötig braucht. »Der höchste Gottesdienst ist es, den Menschen zu dienen.« Wenigstens teile ich diese Überzeugung mit Luther und Franklin.

Im Jahre 1907 forderten mich meine Freunde auf, den Vorsitz der Neuyorker Friedensgesellschaft zu übernehmen, welche sie zu gründen beschlossen hatten. Ich lehnte dies mit der Begründung, daß ich anderweit schon zu stark in Anspruch genommen sei, ab. Obgleich das durchaus richtig war, empfand ich doch nachträglich Gewissensbisse über diese Ablehnung. Wenn ich mich nicht einmal für die Friedenssache opfern wollte, wofür sollte ich mich dann opfern? Wofür war ich auf der Welt? Zum Glück kamen einige Tage später die Reverends Lyman Abbott und Fred. Lynch mit noch einigen anderen bekannten Vertretern der guten Sache zu mir, um mich dringend zu bitten, meine Ablehnung doch noch einmal zu überlegen. Ich erriet ihren Auftrag und sagte ihnen ohne weiteres, sie brauchten nicht weiter zu sprechen, mein Gewissen hätte mich wegen meiner Absage schon längst gequält und ich hielte es für meine Pflicht, den Vorsitz anzunehmen. Im nächsten April fand dann die große nationale Versammlung statt, bei der zum ersten Male in der Geschichte der Versammlungen der Friedensgesellschaft Abgeordnete von 35 Staaten der Union zugegen waren, dazu zahlreiche hervorragende Ausländer. [Mr. Carnegie übergeht hier die Tatsache, daß er im Dezember 1910 einem Kuratorium die Summe von 10 Millionen Dollar übergab, deren Zinsen verwandt werden sollten »zur Abschaffung internationaler Kriege, dieses Schandflecks der Kultur«. Diese Stiftung ist bekannt unter dem Namen »Carnegie-Stiftung für den Weltfrieden« und Elihu Root ist der Vorsitzende des Kuratoriums. Notiz von Prof. Van Dyke.] –

Meine erste Dekoration kam mir damals ganz unerwartet. Die französische Regierung ernannte mich zum Kommandeur der Ehrenlegion; beim Friedensbankett in Neuyork, bei dem ich den Vorsitz führte, überreichte mir Baron D'Estournelles de Constant nach einer äußerst liebenswürdigen Rede unter dem lauten Beifall der Anwesenden die Abzeichen der Ehrenlegion. Das war für mich eine große Ehre, die ich besonders schätzte, weil sie mir für meine Bemühungen um den Weltfrieden zuteil wurde. Solche Ehren machen den Menschen nicht stolz, sondern demütig; sie sind mir eine Mahnung, noch energischer als bisher zu kämpfen und eifriger auf jedes Wort und jede Handlung zu achten, um der Höhe, die ich nach der irrigen Meinung der Spender jetzt schon erreicht haben soll, wenigstens ein wenig näher zu kommen. [Mr. Carnegie erhielt auch das Großkreuz des Oranien-Nassau-Ordens von Holland, das Großkreuz des Danebrog-Ordens von Dänemark, Goldene Medaillen von 21 amerikanischen Republiken und Doktordiplome von zahlreichen Universitäten und Colleges. Er war Ehrenbürger von nicht weniger als 24 Städten in England und Irland und besaß die Ehrenmitgliedschaft zahlreicher Institute, wissenschaftlicher Gesellschaften und Klubs – im ganzen über 190. Notiz von Prof. Van Dyke.] –

Von allen Stiftungen, die ich je gemacht habe oder noch machen könnte, reicht keine an die Schlucht von Pittencrieff in Dunfermline heran. Ist diese Stiftung doch erwachsen aus der tiefen Liebe meiner Kindheitstage, aus dem schönsten und reinsten Gefühl. Ich muß die Geschichte hier erzählen:

Die Streitigkeiten der Stadt Dunfermline mit dem Grundherrn von Pittencrieff um das Recht des Zutritts zum Klostergrundstück und der Schloßruine gehören zu meinen frühesten Erinnerungen; sie spielen schon seit Generationen. Bereits mein Großvater Morrison gehörte zu den Führern in diesem Kampfe, und meine beiden Onkel Lauder und Morrison setzten diesen fort; der letztere hat sich den Ruhm erworben, einmal mit einer Anzahl von Leuten eine sperrende Mauer niederzureißen. Die Stadt gewann einen Prozeß in höchster Instanz, aber der Grundherr erließ dann einen Befehl, daß »kein Morrison jemals die Schlucht betreten dürfe«. So war ich, da auch ich zu den Morrisons gehörte, von ihr ausgesperrt.

Die Schlucht ist einzig in ihrer Art. Sie verbindet das Klostergrundstück mit dem Schloß und zieht sich nordwestlich zweier Hauptstraßen der Stadt hin (das Areal umfaßt etwa 70 Morgen). Sie hat eine geschützte Lage, ihre Abhänge sind herrlich bewaldet. Für die Kinder von Dunfermline bedeutete sie ein Paradies, zumal für mich. Wenn ich das Wort Paradies hörte, übersetzte ich es mir in »Schlucht von Pittencrieff«; die kam meinen Vorstellungen vom Paradies näher als alles, was ich kannte. Glücklich waren wir, wenn wir einmal durch ein offenes Parktor oder über die Mauer hinweg einen Blick ins Innere erhaschen konnten.

Fast jeden Sonntag machte Onkel Lauder mit »Dod« und »Naig« einen Spaziergang um das Kloster herum bis zu einer Stelle, von der aus man die Schlucht überblicken konnte, in der unter uns Schwärme von Krähen in den Wipfeln der hohen Bäume flatterten. Der Grundherr erschien uns Kindern als der größte und reichste Mann, den es gab. Die Königin, das wußten wir, lebte in Schloß Windsor; aber ihr gehörte doch nicht Pittencrieff! Mr. Hunt von Pittencrieff würde weder mit ihr, noch mit sonstwem tauschen mögen. Dessen waren wir ganz sicher, denn wir hätten es auch nicht getan. Wenn ich als Kind – ja sogar noch als junger Mann – Luftschlösser baute, wobei ich keineswegs bescheiden war, kam doch der kühnste meiner Träume nicht an Pittencrieff heran. Als ich älter wurde, prophezeite mir Onkel Lauder allerlei Dinge; aber hätte er mir eines Tages gesagt, daß ich einmal Geld genug und das Riesenglück haben würde, der Grundherr von Pittencrieff zu werden – das hätte mir am Ende doch den Kopf verdreht. Und dann diesen Besitz der Stadt Dunfermline als öffentliche Anlage schenken zu dürfen – dieses Paradies meiner Kindheit! Nicht für eine Krone würde ich dieses Glück eintauschen mögen.

Als mir Dr. Roß im Vertrauen mitteilte, daß Oberst Hunt einem Verkauf seines Besitzes nicht abgeneigt wäre, spitzte ich die Ohren. Der Doktor glaubte allerdings, daß jener einen kolossalen Preis verlangen werde. Eine Zeitlang hörte ich nichts wieder von der Angelegenheit. Als ich dann im Herbst 1902 in London krank lag, fiel mir die Sache wieder ein, und ich nahm mir vor, an Dr. Roß zu depeschieren und ihn um seinen Besuch zu bitten. Eines Morgens kam meine Frau zu mir ins Zimmer und sagte, ich solle einmal raten, wer zum Besuch gekommen sei. Ich riet ganz richtig: Dr. Roß. Wir sprachen über Pittencrieff. Ich schlug vor, unser beiderseitiger Freund und Landsmann Mr. Shaw (jetzt Lord Shaw von Dunfermline) in Edinburg möge, wenn er mit Oberst Hunts Rechtsvertretern zusammentreffe, diesen zu verstehen geben, es würde ihrem Klienten vielleicht eines Tages leid tun, nicht mit mir über den Kauf zum Abschluß gekommen zu sein; denn einen anderen ebenso ernsthaften Käufer dürfte er so leicht nicht wieder finden, und ich könnte ja inzwischen auch anderen Sinnes werden oder sterben. Als der Doktor meinen Auftrag ausrichtete, sagte Mr. Shaw, er hätte gerade am nächsten Morgen in einer anderen Angelegenheit eine Unterredung mit Hunts Anwalt und wolle das Gespräch gern auf die bewußte Sache bringen.

Als ich bald danach nach Neuyork zurückgekehrt war, bekam ich eines Tages ein Telegramm von Mr. Shaw mit der Nachricht, daß der Grundherr mein Angebot von 45 000 Pfund annehmen wolle; ob er den Kauf abschließen solle? Ich drahtete: »Ja, wenn unter Roß' Bedingungen.« Am Weihnachtsabend traf Shaws Antwort ein: »Heil dem Grundherrn von Pittencrieff!« So war ich nun also der glückliche Besitzer des höchsten Titels, den es für mich auf der Erde gab. Der König – mein Gott, das war eben nur ein König. Ihm gehörte doch nicht König Malcolms Turm und der Reliquienschrein der heiligen Margareta und vor allem nicht die Schlucht von Pittencrieff. Er war gegen mich doch ein armer Mann. Mir gehörten all diese Herrlichkeiten, und gern will ich mich ja dazu herbeilassen, dem König einmal meine Schätze zu zeigen, wenn er je nach Dunfermline kommen sollte.

Als Besitzer des Parkes und der Schlucht hatte ich Gelegenheit, die Erfahrung zu machen, was man alles mit Geld zum Wohle der ganzen Bevölkerung tun kann, wenn man dieses in die Hände von wirklich gemeinnützig gesinnten Menschen legt. Ich zog Dr. Roß hinsichtlich meiner Absicht mit dem Pittencrieffpark ins Vertrauen; auf seinen Rat wählte ich verschiedene Leute für ein Kuratorium aus und lud sie zur Beratung der Organisation nach Skibo ein. Sie glaubten, es handle sich nur um die Übergabe des Parks an die Stadt; selbst zu Dr. Roß ließ ich nichts anderes verlauten. So waren sie höchlichst überrascht, als sie erfuhren, daß ich auch noch eine halbe Million Sterling in fünfprozentigen Schuldverschreibungen für die Stadt Dunfermline stiften wolle. [Weitere Stiftungen aus späteren Jahren ergänzten diese Summe auf 3¾ Millionen Dollar. Van Dyke.]

Es sind jetzt 12 Jahre, seit ich die Schlucht dem Kuratorium übergab. Es wird kaum eine Bevölkerung geben, die ihren öffentlichen Park mehr liebt, als die von Dunfermline. Das alljährliche Kinderfest, der Blumenkorso und der starke tägliche Besuch des Parkes durch die Bevölkerung sind erfreulich. Die Schlucht übt jetzt auch auf die Bewohner der Nachbarstädte große Anziehungskraft aus. Auf alle mögliche Art und Weise verwirklichte das Kuratorium die Direktive, die ich ihm gegeben hatte: »Mehr Licht und Schönheit in das einförmige Leben der Arbeiterbevölkerung von Dunfermline zu bringen; ihrem Leben und besonders dem der Jugend etwas Freude, Glück und Erhebung zu verschaffen, die sie an anderen Orten entbehren müßten; ein Kind meiner Heimat soll, so weit es auch in der Welt herumgekommen sein mag, in späteren Jahren das Bewußtsein haben, daß einfach schon die Tatsache, daß seine Wiege in Dunfermline stand, sein Leben glücklicher und schöner gemacht hat. Wenn Sie mit Ihrer Arbeit diesen Erfolg erreichen, dann können Sie sich sagen, daß Ihre Mühe nicht umsonst gewesen ist.«

Diesem Satz der Stiftungsurkunde verdanke ich die Freundschaft des Earl Grey, des ehemaligen Generalgouverneurs von Kanada. Er schrieb an Dr. Roß: »Ich muß unbedingt den Mann kennenlernen, der diese Worte, die ich in der heutigen Nummer der Times las, geschrieben hat.« Wir trafen uns in London und fanden sofort Gefallen aneinander. Er ist eine großzügige Natur, die rasch alle Herzen gewinnt. Auch Lord Grey gehört heute zum Kuratorium des 10-Millionen-Dollar-Fonds für das Vereinigte Königreich.

Die Schlucht von Pittencrieff ist von allen Stiftungen, die ich je gemacht habe oder noch machen könnte, diejenige, die mir am meisten am Herzen liegt. Es ist etwas wie eine poetische Gerechtigkeit, daß der Enkel des alten radikalen Führers Thomas Morrison, der Neffe seines Sohnes und Nachfolgers Bailie Morrison, und vor allem der Sohn meines unvergeßlichen Vaters und meiner tapferen Mutter einen solchen Aufstieg erlebte, daß er die Grundherren aus ihrem alten Besitz verdrängen und die Schlucht und den Park für immer der Bevölkerung von Dunfermline schenken konnte. Dies ist eine romantische, aber wahre Geschichte, der kein Luftschloß und keine Dichtung gleichkommt. Es ist fast, als sei sie von der Hand des Schicksals selber geschrieben, und eine innere Stimme sagt mir: »Du hast nicht umsonst gelebt – nicht ganz umsonst.« Dies ist die höchste Gnade, die mein Leben krönt. Diese Stiftung steht mir hoch über allen andern öffentlichen Schenkungen, die zu machen mir vergönnt waren. Wahrlich, der Wandel der Zeit macht manches Große klein und Kleine groß.

[Carnegies Mitteilungen über seine Stiftungen sind rein gelegentlich, insofern er nur von denen spricht, die ihn gerade im Augenblick interessieren. Diejenigen, die er erwähnt, sind nur ein geringer Teil des Ganzen. Er gab z. B. auch 2 Millionen Dollar für die Church Peace Union, 1½ Million Dollar für die United Engineering Society, 850 000 Dollar für das International Bureau of American Republics, und Summen von 100-500 000 Dollar für ein Schock oder mehr Forschungsanstalten, Krankenhäuser und Erziehungsinstitute. Verschiedenen großen und kleineren Städten stiftete er über 2800 Bibliotheken im Werte von mehr als 60 Millionen Dollar. Seine größte Stiftung erwähnt er gar nicht. Sie betrug 125 Millionen Dollar und wurde der » Carnegie Corporation« in Neuyork im Jahre 1911 gegeben. Diese Korporation hat er auch zur Haupterbin eingesetzt, und man kann heute noch gar nicht übersehen, was für Summen ihr auf diese Weise noch zufließen werden. Den Zweck dieser Korporation bestimmt Mr. Carnegie in einem Brief an das Kuratorium dahin: »Förderung des Fortschritts und der Verbreitung von Wissenschaft und Bildung im amerikanischen Volke durch Unterstützung von technischen Schulen, höheren Lehranstalten, Bibliotheken, wissenschaftlichen Forschungsinstituten, Heldenfonds, nützlichen Veröffentlichungen und durch andere ähnliche Einrichtungen und Mittel, die sich im Laufe der Zeit als zweckentsprechend herausstellen.«

Die gesamten Carnegiestiftungen betragen etwas über 350 Millionen Dollar – sicherlich eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, daß sie von einem Manne erworben und verteilt worden ist. Notiz von Prof. Van Dyke.]


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