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Sechszehntes Kapitel.

Von den Wundern, die Gott nach dem Tode des heil. Franziskus auf dessen Verdienste und Fürbitte gewirkt hat.


1) Zur Ehre des allmächtigen Gottes und zur Verherrlichung des heiligen Franziskus will ich nun einige von den bewährten Wundern berichten, die nach seiner Verherrlichung im Himmel geschehen sind; ich glaube aber mit jenen anfangen zu müssen, bei welchen sich die Kraft des Kreuzes Christi zeigt und in denen sich dessen Ruhm erneuert. Der neue Mensch Franziskus glänzte ja durch ein neues und staunenswerthes Wunder, weil er mit einem ganz besonderen Vorzuge, der früheren Jahrhunderten nicht verliehen war, ausgezeichnet erschien: er war nämlich geschmückt mit den Wundmalen Christi, und im Leibe dieses Todes gleichförmig gemacht dem Leibe des Gekreuzigten. Was immer die menschliche Zunge über diesen Vorzug sagen mag, es bleibt stets hinter dem wohlverdienten Lobe zurück. Bezog sich ja sein ganzes Streben, mochte er draußen oder daheim sein, auf das Kreuz des Herrn. Und damit er auch äußerlich am Leibe das Zeichen des Kreuzes trage, das seinem Herzen vom Anfange der Bekehrung an eingedrückt war, so schloß er sich ein ins Kreuz und nahm das Bußkleid, welches ein Bild vom Kreuze ist. Und wie sein Geist innerlich den gekreuzigten Herrn angezogen hatte, so sollte auch sein Leib die Waffen des Kreuzes anlegen; und wie Gott in diesem Zeichen die Mächte der Luft bekriegt, so sollte auch seine Kriegsschaar in demselben Zeichen für den Herrn kämpfen. Aber auch von der Zeit an, wo er unter der Fahne des Gekreuzigten zu dienen anfing, erglänzten um ihn verschiedene Geheimnisse des Kreuzes, und wer sein Leben betrachtet, dem wird es ganz klar einleuchten, daß er durch die siebenfache Erscheinung des Kreuzes des Herrn vermittelst der entzückenden Liebe im Denken und Empfinden ganz in das Bild des Gekreuzigten umgestaltet wurde. Und mit Recht hat die Milde des höchsten Königs, der sich zu seinen Liebhabern über alle menschlichen Begriffe herabläßt, seinem Leibe die Zeichen des Kreuzes bleibend eingedrückt, damit er, von der wunderbaren Liebe zum Kreuze zuvorgekommen, auch wunderbar würde durch die wunderbare Ehre des Kreuzes. Die unwiderlegliche Wahrheit dieses staunenswerthen Wunders wird nicht blos durch die in jeder Weise glaubwürdigen Zeugnisse jener erwiesen, welche es gesehen und betastet haben, sondern auch die wunderbaren Erscheinungen und Kräfte, die nach seinem Tode wie Blitze zucken, dienen dazu, jede Wolke des Zweifels aus dem Geiste zu verscheuchen.

2) Papst Gregor IX. seligen Andenkens, von dem der heilige Mann geweissagt hatte, daß er zur Würde des Papstes erhoben würde, hatte, bevor er den Heiligen in das Verzeichniß der Heiligen einschrieb, im Herzen einige Zweifel über dessen Seitenwunde. Aber eines Nachts im Traume erschien ihm, wie jener glückliche Papst selbst unter Thränen erzählte, der selige Franziskus mit etwas harter Miene, tadelte den Zweifel seines Herzens, erhob die rechte Hand, deckte die Wunde blos und forderte von ihm eine Schale, um das Blut aufzunehmen, das aus der Seite hervorquoll. Während der Erscheinung überreichte der Papst die verlangte Schale, die sich bis an den Rand mit dem Blute anzufüllen schien, das aus der Wunde hervorfloß. Seit dieser Zeit empfand er eine solche Andacht gegen dieses heilige Wunder und erglühete mit solchem Eifer für dasselbe, daß er es durchaus nicht leiden konnte, wenn Jemand in stolzer Anmaßung jene heiligen und hellglänzenden Male bestritt; er tadelte solche sehr strenge.

3) Ein gewisser Minderbruder, der mit dem Predigtamte betraut war und sich besonders durch Tugend und guten Ruf auszeichnete, hatte wohl die feste Ueberzeugung von der Wahrheit der heiligen Wundmale gehabt, wurde aber, da er nach menschlicher Klugheit bei sich über den Grund dieses Wunders nachdachte, von einem gewissen Zweifel befallen. Da er nun, weil dieser Zweifel an Kraft zunahm, mehrere Tage hindurch von diesem Kampfe zu leiden hatte, erschien ihm des Nachts im Schlafe der heilige Franziskus mit beschmutzten Füßen, demüthig und strenge, geduldig und unwillig und sprach: Was ist das für ein Ringen und Kämpfen? welch schmutziger Zweifel? Siehe meine Hände und Füße. Hierauf sah er die durchbohrten Hände, ohne jedoch die Wundmale an den beschmutzten Füßen zu sehen. Dann sprach der Heilige: Entferne den Staub von meinen Füßen und erkenne die Male der Nägel. Hierauf faßte der Bruder dieselben voll Andacht und es war ihm, als wischte er den Schmutz ab und berührte die Male der Nägel mit seinen Händen. Nach diesem erwacht er sogleich, benetzt sich mit Thränen und wäscht die frühere Gesinnung, die in etwas beschmutzt war, mit einem Strome von Thränen und durch öffentliches Bekenntniß hinweg.

4) Eine Dame in der Stadt Rom, edel durch den Glanz der Sitten und den Ruhm der Ahnen, hatte den heiligen Franziskus zu ihrem Fürsprecher erwählt und bewahrte ein Bild von ihm in ihrem geheimen Gemache, wo sie zum Vater im Himmel im Verborgenen betete. Während sie nun eines Tages beim Gebete das Bild des Heiligen betrachtete, das jene Wundmale nicht hatte, fing sie an, sich nicht wenig zu betrüben und zu wundern. Indeß, was Wunder, wenn auf dem Gemälde nicht war, was der Maler darauf zu malen unterlassen hatte? Als sie nun mehrere Tage mit besorgtem Geiste nachdachte, warum die Male fehlten, erschienen eines Tages plötzlich jene wunderbaren Zeichen auf dem Gemälde, wie sie auf andern Bildern dieses Heiligen gemalt zu werden pflegen. Von Staunen ergriffen rief sie sogleich ihre Tochter herbei, die Gott geweihet war, und fragte sie, ob das Bild bisher ohne die Wundmale gewesen sei. Die Tochter versichert und schwört, das Bild sei früher ohne die heiligen Wundmale gewesen und jetzt erscheine es wahrhaft mit den Wundmalen. Jedoch der Geist des Menschen treibt oftmals sich selbst zum Falle und zieht die Wahrheit in Zweifel. So auch hier. Schädlicher Zweifel schleicht sich ein in das Herz der Frau und sie denkt, ob nicht von Anfang an das Bild so gewesen sei. Aber die Kraft Gottes fügt ein zweites Wunder hinzu, damit die Frau das erste nicht verachte. Denn sogleich verschwinden jene Male und das Bild bleibt des ertheilten Vorzuges beraubt, damit das vorhergehende Wunder durch das nachfolgende bewiesen werde.

5) Bei Lerida in Katalonien ging ein gewisser Mann, Johannes mit Namen, ein Verehrer des seligen Franziskus, spät am Abende einen gewissen Weg. Hier hatte man einen Hinterhalt gelegt, um Jemanden zu tödten, doch nicht diesem Johannes, der keine Feindschaft hatte, galt es, sondern einem andern Manne, der ihm ähnlich sah und eben in dessen Begleitung sich befand. Es stürzt nun Jemand aus dem Versteck hervor und da er diesen für seinen Feind hält, zerfleischt er ihn mit vielen Wunden so arg, daß durchaus nicht mehr eine Hoffnung auf Wiedergenesung übrig blieb. Denn ein Hieb hatte Schulter und Arm fast abgehauen, und ein Stich unter der Brust hatte eine so große Oeffnung zurückgelassen, daß der daraus hervorströmende Athem gegen sechs brennende Kerzen, die miteinander verbunden waren, auslöschte. Nach dem Urtheile der Aerzte war die Heilung unmöglich, weil die Wunden in Fäulniß übergingen und einen so unerträglichen Geruch ausströmten, daß selbst seine Gattin heftigen Widerwillen empfand. Wo nun keine menschlichen Mittel helfen konnten, suchte er mit möglichst großer Andacht Hülfe beim seligen Vater Franziskus; ihn und die heilige Jungfrau hatte er auch schon voll Vertrauen angerufen, da er die Stiche erhielt. Nun siehe! Während der Unglückliche einsam auf dem Schmerzenslager liegt und wachend unter Stöhnen sehr oft den Namen Franziskus ausspricht, steht Jemand, der ihm durchs Fenster gekommen schien, im Franziskanerkleide an seiner Seite, ruft ihn beim Namen und spricht: Weil du Vertrauen auf mich gehabt hast, so wird dich der Herr befreien. Als der Kranke den Mann fragte, wer er sei, erhielt er zur Antwort, er sei Franziskus. Und sogleich tritt er näher, löst den Verband und salbt ihm, wie es schien, alle Wunden. Sobald er sich aber von jenen heiligen Händen, die kraft der Wundmale des Erlösers zu heilen vermögen, sanft berührt fühlte, war die Fäulnis vertrieben, das Fleisch wiederhergestellt, die Wunden geschlossen und die frühere Gesundheit vollständig zurückgekehrt; hierauf verschwand der selige Vater. Der Mann fühlt sich nun geheilt, bricht freudig aus in das Lob Gottes und des seligen Franziskus und ruft seine Frau. Diese läuft eilig herbei und als sie ihren Mann, von dem sie glaubte, man müsse ihn am folgenden Tage begraben, nun stehen sieht, wird sie von heftigem Staunen ergriffen und erfüllt die ganze Nachbarschaft mit Schreien. Die Hausgenossen und Verwandten eilen herbei und suchen ihn, weil sie ihn für gehirnkrank halten, aufs Bett zu legen; er aber weigert sich, versichert und zeigt, daß er geheilt sei. Hierauf wurden alle von so großem Staunen befallen, daß sie gleichsam von Sinnen kamen und das, was sie sahen, für ein Phantasiegebilde hielten; denn jenen, welchen sie kurz vorher von den schrecklichsten Wunden zerfetzt und schon verfault gesehen hatten, erblickten sie jetzt voll Freude über die erlangte Gesundheit. Der Geheilte sprach nun zu ihnen: Fürchtet euch nicht, noch haltet das, was ihr sehet, für Schein, denn der heilige Franziskus ist soeben von dieser Stelle weggegangen und hat mich durch Berührung seiner heiligen Hände von allen Wunden gänzlich geheilt. Der Ruf dieses Wunders verbreitet sich, es eilt das ganze Volk herbei und sieht in diesem offenbaren Wunderwerke die Kraft der Wundmale des seligen Franziskus; alle werden mit Bewunderung und Freude erfüllt und erheben mit herrlichen Lobsprüchen den in Christus umgewandelten Franziskus. Und mit Recht gab der selige Vater, der dem Leibe nach schon gestorben war, aber mit Christus lebte, durch wunderbare Erweisung seiner Gegenwart und sanfte Berührung seiner heiligen Hände dem tödtlich verwundeten Manne die Gesundheit wieder, da er ja die Wundmale dessen an sich trug, der, indem er aus Barmherzigkeit starb und wunderbar auferstand, das verwundete und halb todt zurückgelassene Menschengeschlecht durch die Kraft seiner Wunden heilte.

6) Bei Potenza, einer Stadt Apuliens, war ein gewisser Geistlicher, Rogerius mit Namen, ein ehrwürdiger Mann und Kanonikus an der Domkirche. Dieser wurde von einer Krankheit geplagt und ging eines Tages zur Kirche, um dort zu beten. Hier befand sich ein Gemälde des seligen Franziskus mit den glorreichen Wundmalen. Beim Anblicke desselben beginnt er an diesem erhabenen Wunder wie an etwas ganz Ungewöhnlichem und Unmöglichem zu zweifeln. Während er nun innerlich an Eitles denkt und dadurch im Geiste verwundet wird, fühlt er sich in der Fläche der linken Hand unter dem Handschuh heftig gestochen und hört bei dem Stiche ein Geräusch, wie wenn ein Pfeil aus dem Geschoße fliegt. Von der Wunde verletzt und von dem Geräusche ganz erschreckt, zieht er den Handschuh ab, um mit den Augen zu sehen, was er gefühlt und gehört hatte. Wiewohl er nun früher keine Verletzung in der flachen Hand gehabt, so erblickte er dennoch in Mitte derselben eine Wunde, ähnlich der, die von einem Pfeile verursacht wird, und empfand einen so gewaltigen Brand in ihr, daß es schien, er müsse daran sterben. Wunderbar! Keine Spur von Verletzung erschien im Handschuh, damit der geheimen Wunde des Herzens die Wunde entspräche, die ihm zur Strafe im Verborgenen beigebracht ward. Vom heftigsten Schmerz gestachelt, schreit und heult er mehrere Tage hindurch und deckt allen seines Herzens Unglauben auf; bekennt, er glaube wahrhaftig, der selige Franziskus habe die heiligen Wundmale gehabt und bekräftigt mit feierlichem Eide, aller Trug des Zweifels sei von ihm gewichen. Dann flehet er demüthig zum Manne Gottes, er möge ihm doch durch seine heiligen Wunden zu Hilfe kommen, und die vielen Gebete des Herzens werden recht kräftig durch den Strom der Thränen, die er vergießt. Fürwahr, wunderbar! Nachdem der Unglaube abgeworfen, folgt der Gesundheit des Geistes die Genesung des Leibes. Jeder Schmerz ist gestillt, der Brand gekühlt, keine Spur der Wunde bleibt zurück. So wurde nach mildreicher Fügung Gottes die verborgene Krankheit des Geistes durch das verborgene Brenneisen im Fleische geheilt; und nachdem der Geist geheilt, wurde auch das Fleisch vollkommen gesund; und der Mann, der sich demüthig zeigte gegen Gott, wurde ein Verehrer des heiligen Franziskus und war den Ordensbrüdern stets in Freundschaft zugethan. Dieses so herrliche Wunder ist eidlich bekräftigt, die Akten sind durch das Siegel des Bischofs beglaubigt und zu unserer Kenntniß gelangt. Es sei also kein Zweifel an diesen heiligen Wundmalen; Niemandens Auge sei schalkhaft, weil Gott gut ist und Niemand glaube, die Verleihung einer solchen Gabe gezieme sich nicht der ewigen Güte. Denn wenn durch jene seraphische Liebe viele Glieder mit Christus dem Haupte verbunden wurden, um hier im Kriege einer ähnlichen Waffenrüstung würdig befunden, und dort im Reiche Gottes zu einer ähnlichen Herrlichkeit erhoben zu werden: so muß jeder von gesundem Verstande sagen, dieses gereiche nur zur Ehre Christi.

Von Auferweckung der Todten.

1) In dem Dorfe auf dem Berge Maran starb eine Frau, die dem heiligen Franziskus in besonderer Verehrung ergeben gewesen war. Es kommen die Geistlichen zusammen, um zur Nachtzeit unter Absingung von Psalmen die Leichenfeier und Wache bei der Verstorbenen zu halten. Da erhebt sich plötzlich die Frau vor den Augen aller auf dem Bette, ruft einen der anwesenden Priester, ihren Pathen, herbei und spricht: Vater, ich will beichten. Denn nach meinem Tode sollte ich in einen harten Kerker eingeschlossen werden, weil ich eine Sünde noch nicht gebeichtet hatte, die ich jetzt aufdecken will. Aber auf die Fürbitte des heiligen Franziskus, dem ich während meines Lebens mit andächtigem Herzen diente, ist mir die Rückkehr in den Leib gestattet worden, damit ich nach dem Bekenntniß dieser Sünde das ewige Leben erlange. Und siehe! wenn ich diese Sünde werde bekannt haben, so eile ich vor euren Augen zu der verheißenen Ruhe. Zitternd beichtet sie nun dem zitternden Priester, sammelt sich ruhig im Bette nach Empfang der Absolution und entschläft dann selig im Herrn.

2) In der kleinen Ortschaft Pamarco, in den Gebirgen Apuliens lebt ein Ehepaar, das ein einziges Töchterlein hatte, welches es zärtlich liebte. Das Kind wird schwer krank und stirbt; und da die Eltern keine Nachkommen mehr erwarten, so halten sie wegen des Todes ihres Kindes sich selbst gleichsam für gestorben. Es kommen die Verwandten und Freunde zu dem gar traurigen Begräbnisse; die unglückliche Mutter liegt darnieder von unsäglichen Schmerzen erfüllt, und von übergroßer Trauer fortgerissen merkte sie durchaus nichts von dem, was geschah. Inzwischen würdigt sich der heilige Franziskus, von nur einem Bruder begleitet, die trostlose Frau, die seine Verehrerin war, zu besuchen, und redet sie mit liebevollen Worten an. Fürchte nichts, spricht er; denn das Licht deiner Lampe, das du als ausgelöscht beweinest, soll dir auf meine Fürbitte zurückgegeben werden. Augenblicklich erhebt sich die Frau, offenbart allen, was der Heilige ihr gesagt hatte, und läßt den leblosen Leib nicht zu Grabe tragen, sondern ruft mit großem Glauben den Namen des heiligen Franziskus an, erfaßt die verstorbene Tochter und hebt sie vor den Augen aller lebendig und gesund auf. Alle Anwesenden werden von Staunen ergriffen.

3) Brüder von Nocera baten einst einen gewissen Mann, Petrus mit Namen, um einen Wagen, dessen sie auf eine kurze Zeit bedürften. Aber statt der erbetenen Hülfe antwortet jener thörichter Weise mit Schimpfworten und statt des Almosens, das man zur Ehre des heiligen Franziskus erfleht hatte, erwiedert er mit Schmähungen auf den Namen des Heiligen. Bald reuet den Menschen seine Thorheit; denn Gott flößte ihm Schrecken ein, es möchte vielleicht die Rache des Herrn ihn verfolgen, wie sie ihn ja auch wirklich sogleich verfolgt hat. Denn augenblicklich wird sein Erstgeborener krank und haucht nach kurzer Zeit den Geist aus. Der unglückliche Vater wälzt sich auf dem Boden, ruft ohne Unterlaß den Heiligen Gottes Franziskus an und schreit unter Thränen: Ich bin's, der gesündigt hat, ich bin's, der schlecht geredet hat; mich solltest du geißeln; dem frommen Büßer gib zurück, was du genommen hast dem gottlosen Lästerer; ich schenke mich dir; dir zu dienen will ich stets bereit sein, und auch ein andächtiges Lobopfer zur Ehre deines Namens will ich Christo für immer darbringen. Nun siehe, Wunder! Bei diesen Worten erhebt sich der Knabe, untersagt dem Vater das Wehklagen und versichert, da er im Tode vom Leibe getrennt wurde, habe ihn der selige Franziskus fort und wiederum auf Erde zurückgeführt.

4) In der Stadt Rom hatte ein gewisser vornehmer Mann ein kaum siebenjähriges Knäbchen. Als die Mutter zur Kirche des heiligen Markus ging, wollte der Knabe, wie Kinder zu thun pflegen, der Mutter nachlaufen, und da er gezwungen wurde, zu Hause zu bleiben, sprang er aus dem Fenster des Palastes und durch den äußerst schlimmen Fall zerschmettert, gab er sogleich den Geist auf. Die Mutter, noch nicht weit entfernt, hört das Getöse des Falles; den Sturz ihres Kindes befürchtend, kehrt sie eilig zurück und findet ihren Sohn, der ihr durch diesen traurigen Fall so schnell entrissen war. Sogleich legt sie rächende Hand an sich selbst, rauft sich die Haare aus und bringt durch ihr jämmerliches Schreien die ganze Nachbarschaft zum Wehklagen. Ein gewisser Minderbruder, Raho mit Namen, der gerade dorthin kam zu predigen, nähert sich dem Knaben und spricht voll Glauben zum Vater: Glaubst du, daß der Heilige Gottes Franziskus wegen der Liebe, die er stets zu Christus trug, der für die Menschen am Kreuze starb, um ihnen das Leben wiederzugeben, deinen Sohn von den Todten auferwecken kann? Der Vater antwortet, er glaube es fest und bekenne es gläubig, und er wolle auch für immer des Heiligen Diener sein, wenn er auf seine Fürbitte von Gott ein so großes Geschenk erlange. Jetzt kniet der Bruder mit seinem Genossen nieder zum Gebete und fordert auch die Anwesenden zum Gebete auf. Nachdem dies geschehen, öffnet der Knabe ein wenig den Mund, thut die Augen auf und erhebt die Arme; dann steht er auf, ist plötzlich wiederhergestellt und wandelt vor den Augen aller. Er hatte also durch die wunderbare Kraft des Heiligen Leben und Gesundheit zugleich wiedererhalten.

5) Ein Knabe aus der Stadt Kapua spielte mit mehreren Genossen am Ufer des Vulturnus und fiel aus Unvorsichtigkeit in die Tiefe. Die reißende Strömung verschlang ihn bald und begrub ihn todt unter dem Sande. Die andern Knaben, mit denen er am Fluße gespielt hatte, schreien laut auf und darüber läuft eine große Volksmenge zusammen. Alle rufen flehentlich und andächtig die Verdienste des heiligen Franziskus an und bitten ihn, er möge doch ansehen den Glauben der Eltern, die ihm in Andacht ergeben wären, und sich würdigen, ihren Sohn vom Tode zu erretten. Ein gewisser Schwimmer hört von ferne das Rufen und eilt herbei. Nach langem Suchen findet er endlich, nachdem er die Hilfe des seligen Franziskus angerufen, den Ort, wo der Knabe lag. Schlamm hatte den Leichnam wie ein Grab bedeckt; er gräbt ihn aus, trägt ihn aus dem Wasser und trauert beim Anblicke des Verstorbenen. Wiewohl nun alles umstehende Volk das Kind todt sah, so riefen sie doch unter Weinen und Wehklagen: Heiliger Franziskus! gib diesen Knaben seinem Vater zurück. Und selbst die Juden, die gekommen waren, sprachen, von natürlichem Mitleid gerührt: Heiliger Franziskus! gib diesen Knaben seinem Vater zurück. Plötzlich erhebt sich der Knabe und ist zur Freude und Bewunderung aller gesund; dann bittet er demüthig, man möge ihn zur Kirche des seligen Franziskus führen, um in Andacht dem zu danken, durch dessen Kraft er nach seiner sichern Ueberzeugung wunderbar auferweckt war.

6) In der Stadt Suessa, in dem Viertel, das man »zu den Säulen« nennt, stürzte plötzlich ein Haus zusammen, unter dessen Trümmern ein Jüngling begraben wurde und augenblicklich starb. Vom Getöse des einstürzenden Hauses aufgeschreckt, laufen von allen Seiten Männer und Weiber herbei, schaffen Holz und Steine fort und geben der armen Mutter den todten Sohn zurück. Diese aber wird von den bittersten Todesschmerzen erfüllt und ruft, so gut sie kann, mit klagender Stimme: Heiliger Franziskus, heiliger Franziskus, gib mir meinen Sohn wieder zurück! Aber nicht blos die Mutter, sondern auch alle Anwesenden flehen die Hilfe des heiligen Vaters an. Da aber der Jüngling weder einen Laut von sich gibt, noch Gefühl zeigt, legt man den Leichnam auf ein Bett, um ihn am folgenden Tage zu begraben. Jedoch die Mutter hat Vertrauen auf den Herrn, gestützt auf die Verdienste seines Heiligen. Sie macht das Gelübde, den Altar des seligen Franziskus mit neuem Mousselin zu bekleiden, wenn er ihren Sohn zum Leben erwecke. Nun siehe! Gegen Mitternacht fängt der Jüngling an, langsam zu athmen, die Glieder werden warm, lebendig und gesund steht er auf und bricht aus in Worte des Lobes auf Gott und seinen Heiligen. Aber auch die Geistlichen und das Volk, die herbeigekommen waren, fordert er auf, Gott und dem seligen Franziskus mit freudigem Herzen Lob und Dank darzubringen. –

7) Ein gewisser Jüngling, Gerlandinus mit Namen, aus Ragusa gebürtig, ging zur Zeit der Weinlese in den Weinberg. Da er nun unter die Kelter ging, um die Schläuche zu füllen, fielen plötzlich, indem sich das Holz verschob, sehr große Steine auf ihn herab und zerquetschten seinen Kopf. Der Vater läuft eiligst zum Sohne, aber vor Verzweiflung bringt er dem Verschütteten keine Hilfe, sondern läßt ihn liegen, wie er zusammengestürzt war. Die anderen Winzer vernehmen die lauten Klagerufe des Vaters, laufen schnell herbei, und von großem Schmerze ergriffen, ziehen sie den bereits todten Jüngling hervor. Jetzt wirft sich der Vater dem Heilande zu Füßen und flehet demüthig, er möge ihm doch wegen der Verdienste des heiligen Franziskus, dessen Fest gerade bevorstand, den einzigen Sohn zurückgeben. Er verdoppelt die Gebete, gelobt Werke der Frömmigkeit und verspricht mit seinem Sohne den Leib des heiligen Mannes zu besuchen, wenn er auferweckt werde. Wunderbar! Der Knabe, der am ganzen Leibe zerquetscht war, erhält augenblicklich Leben und volle Gesundheit zurück, erhebt sich voll Freude vor allen, tadelt die, welche noch wehklagen, und versichert, auf Fürbitte des heiligen Franziskus sei ihm das Leben wieder gegeben worden.

8. Auch in Deutschland hatte er einen Todten auferweckt. Der heilige Vater, Papst Gregor IX., hat durch apostolisches Schreiben dieses erfreuliche Ereigniß allen Brüdern zu wissen gemacht, die zur Uebertragung des heil. Vaters Franziskus und zum Generalkapitel nach Assisi zusammengekommen waren. Den Verlauf dieses Wunders beschreibe ich nicht, da er mir unbekannt ist; ich glaube aber, daß das Zeugniß des Papstes alle anderen Beweise übertreffe.

Von denen, welche der heilige Franziskus aus der Gefahr des Todes befreit hat.

1) An den Grenzen der Stadt Rom wohnte ein gewisser Edelmann, mit Namen Rudolph. Er und seine fromme Gemahlin hatten eines Tages Minderbrüder gastlich aufgenommen, theils aus Gastfreundschaft, theils aus Liebe und Verehrung zum seligen Franziskus. In der folgenden Nacht nun fiel der Schloßwächter von der Spitze des Thurmes auf's Dach und von dort auf die Erde. Er hatte sich nämlich am Rande des Thurmes auf einen Bündel Reiser gelegt und die Stricke, womit diese fest gebunden, hatten sich gelöst. Durch das Getöse des Falles wird das ganze Haus aufgeschreckt, und da man erkannt hatte, der Nachtwächter sei herabgestürzt, läuft der Burgherr und dessen Gemahlin sammt den gedachten Minderbrüdern herbei. Jedoch der Mann, der von der Höhe herabgefallen war, lag in so tiefem Schlafe, daß er weder durch den doppelten Sturz auf Dach und Erde, noch durch das Geschrei der Familie, die auf das Getöse herbeigelaufen kam, aus seinem Schlummer erwachte. Dann erst, als man an ihm zog und mit den Händen rüttelte, erwachte er und fing an, sich zu beklagen, daß man ihn der süßen Ruhe beraube; denn er habe, so versicherte er, sanft geschlafen in den Armen des seligen Franziskus. Als die Anderen ihn auf seinen Sturz aufmerksam machten und er sich in der Tiefe liegen sah, obwohl er in der Höhe gelegen hatte, staunte er, daß so etwas geschehen sei, ohne daß er es bemerkt habe, und versprach vor allem, er wolle aus Verehrung gegen Gott und den seligen Franziskus ein Büßerleben führen.

2) Ein gewisser Priester, Thomas mit Namen, der zu Pophis in Kampanien wohnte, ging eines Tages aus, um die Mühle der Kirche wiederherzustellen. Während er aber etwas unvorsichtig am Ende des Kanals hin und wieder ging, fiel er plötzlich in den tiefen wasserreichen Schlund. Hier wurde er im Holze verstrickt, und das Wasser floß ihm über den Mund, weil er rückwärts gebeugt lag. Wiewohl er die Zunge nicht gebrauchen konnte, so rief er doch im Herzen unter Thränen zum heiligen Franziskus. Geraume Zeit befand er sich in dieser Lage, und die Anwesenden verzweifelten schon an seinem Leben. Man versucht die Mühle nach der entgegengesetzten Seite zu drehen, was auch gelingt; hierdurch wird der Priester frei und geräth in die Strömung. Nun siehe! ein gewisser Minderbruder, mit einem weißen Kleide angethan und mit einem Stricke umgürtet, erfaßt sehr sanft den Unglücklichen am Arm, zieht ihn aus dem Fluß und spricht: Ich bin Franziskus, den du angerufen hast. Der so Gerettete geräth in heftiges Staunen und will seines Retters Füße küssen, läuft ängstlich hin und her und fragt seine Genossen: Wo ist er? wo ging der Heilige hin? auf welchem Wege ging er fort von hier? Jene Männer aber staunten und fielen nieder auf die Erde, priesen die Großthaten Gottes in der Höhe und die Kraft der Verdienste seines demüthigen Dieners Franziskus.

3) Einige Knaben aus der Burg Zelane waren auf's Feld gegangen, um Kräuter zu pflücken. Hier befand sich ein alter verdeckter Brunnen, dessen Oberfläche mit Grün überwachsen war; er maß ungefähr vier Schritte und hatte tiefes Wasser. Wahrend nun die Knaben, der eine hier, der andere dort, das Feld durchliefen, stürzte einer unversehens in den Brunnen. Sein Leib wurde zwar von der Tiefe verschlungen, aber sein Geist wandte sich nach oben zur Fürbitte des seligen Franziskus und rief selbst im Falle voll gläubigen Vertrauens: Heiliger Franziskus, hilf mir! Da die Knaben ihren Genossen nirgends gewahrten, riefen sie ihn und suchten ihn weinend ringsumher; endlich fanden sie, daß er in den Brunnen gefallen war. Jetzt eilen sie unter Thränen zur Burg, erzählen den Vorfall und bitten um Hilfe. Bald kehren sie, von einer großen Menschenmenge begleitet, zur Unglücksstelle zurück; nun wird einer an einem Seile in den Brunnen hinabgelassen und er sieht den Knaben auf dem Boden sitzen, vollständig frei von jeder Verletzung. Der Knabe wurde aus der Tiefe herausgezogen und erklärte vor allen Umstehenden: Bei meinem plötzlichen Falle habe ich die Fürbitte des heiligen Franziskus angerufen, und dieser war sogleich, während ich fiel, mir sichtbar gegenwärtig, streckte seine Hand aus und faßte mich sanft und verließ mich nicht, bis er mich unter eurer Beihilfe herausgezogen hatte.

4) Während der Bischof von Ostia, der später Papst wurde und sich Alexander nannte, in der Kirche des heiligen Franziskus bei Assisi vor dem römischen Hofe predigte, fiel ein schwerer und großer Stein, den man unvorsichtiger Weise auf einer hohen und steinernen Bühne hatte liegen lassen, herab auf den Kopf einer Frau. Die Umstehenden hielten die Person für todt und glaubten, ihr Kopf sei vollständig zerschmettert; darum bedeckten sie dieselbe mit dem Mantel, den sie trug, und wollten nach Beendigung der Rede ihren Leichnam aus der Kirche tragen. Die Frau aber, die man todt glaubte, empfahl sich mit gläubigem Sinne dem seligen Franziskus, vor dessen Altar sie lag. Nun siehe! Nach Beendigung der Predigt erhob sich die Frau vor allen Anwesenden so unversehrt, daß auch nicht eine Spur von Verletzung an ihr erschien. Und was noch mehr zu bewundern ist, sie hatte schon lange bis auf diese Stunde fast beständig an Kopfschmerzen gelitten, aber von diesem Augenblick an war sie von diesem Uebel vollständig befreit, wie sie selbst später bezeugte.

5) Bei Corneto, wo unsere Priester ein Kloster haben, wollte man eine Glocke gießen, wozu einige fromme Männer herbeigekommen waren. Auch ein Knabe von acht Jahren, Bartholomäus mit Namen, kam dorthin und brachte den Brüdern, die auch dabei thätig waren, ein Geschenk. Plötzlich entsteht ein heftiger Sturm, erschüttert das Haus und wirft die schwere und große Eingangsthüre so gewaltig auf den Knaben, daß alle glaubten, das Kind sei von dieser ungeheuren Last zerquetscht; denn es lag so vollständig unter dieser Last begraben, daß man von außen davon nichts mehr sehen konnte. Alle Anwesenden laufen nun herbei und rufen die mächtige Hilfe des seligen Franziskus an. Der Vater, dessen Glieder vor Schmerz erstarrten und der sich nicht von der Stelle bewegen konnte, flehet zum heiligen Franziskus und weihet ihm seinen Sohn. Man hebt endlich die unheilvolle Thüre hinweg; und siehe! der Knabe, den man schon todt glaubte, ist wie aus dem Schlafe erwacht, erscheint fröhlich und hat nicht die geringste Verletzung erlitten. Später trat er in seinem fünfzehnten Jahre in den Franziskanerorden, wurde nachher ein gelehrter Mann und berühmter Prediger. –

6) Leute von Lentino hatten aus einem Berge einen sehr großen Stein ausgehauen, den man auf den Altar einer gewissen dem seligen Franziskus geweihten Kirche legen wollte, deren Konsekration nahe bevorstand. Gegen vierzig Mann hatten schon zu wiederholten Malen versucht, den Stein auf einen Wagen zu bringen, aber vergebens; da fällt er plötzlich auf einen Arbeiter und begräbt ihn unter sich. Die Anwesenden werden verwirrt und wissen nicht, was zu thun; die meisten verzweifeln an der Rettung des Unglücklichen und gehen davon. Jedoch zehn Männer bleiben zurück. Diese rufen mit klagender Stimme den heiligen Franziskus an und bitten, er möge doch nicht zulassen, daß ein Mensch in seinem Dienste so schrecklich umkomme. Endlich fassen sie wieder Muth und wälzen den Stein mit solcher Leichtigkeit hinweg, daß Niemand zweifeln konnte, die Kraft des seligen Franziskus habe ihnen geholfen. Der Mann erhebt sich, unversehrt an allen Gliedern; ja noch mehr: von dieser Stunde an sah er ganz klar, obschon er früher schlechte Augen gehabt hatte. Hieraus können alle ersehen, von welch' großer Kraft des seligen Franziskus Verdienste in Umständen sind, wo man wegen Mangel an menschlicher Hilfe verzweifeln müßte.

7) Etwas Aehnliches ereignete sich bei »Sankt Severin« in der Mark Ankona, Während hier nämlich viele Leute einen sehr großen Stein, den man von Constantinopel geholt hatte, nach der Kirche des seligen Franziskus ziehen wollten, rollte der Stein zurück und fiel mit reißender Schnelligkeit auf einen der Arbeiter. Man glaubte, dieser Mann sei nicht bloß todt, sondern vollständig zermalmt. Aber der heilige Franziskus stand ihm bei und hob den Stein auf, und als man denselben fortgewälzt hatte, sprang der Mann hervor ohne alle Verletzung, gesund und unversehrt.

8) Bartholomäus, ein Bürger von Gaeta, half fleißig am Baue einer dem heiligen Franziskus geweihten Kirche. Eines Tages aber fiel ein schlecht gelegter Balken herab, traf seinen Rücken und zerquetschte ihn. Er fühlte, daß er bald sterben müßte, und da er ein gläubiger, frommer Mann war, so bat er einen Minderbruder, er möge ihm die heilige Wegzehrung reichen. Der Pater war aber nicht im Stande, den Leib des Herrn so schnell herbeizuholen, indem er glaubte, der Verunglückte werde augenblicklich sterben. Darum sprach er zu ihm die Worte des heiligen Augustin: Glaube, und du hast genossen! In der folgenden Nacht erschien nun dem Kranken der selige Franziskus mit eilf Brüdern, trug ein Lamm an seiner Brust, trat zum Bette, rief ihn bei Namen und sprach: Bartholomäus, fürchte dich nicht! denn nicht überwinden wird dich der Feind, der dich an meinem Dienste hindern wollte. Hier ist das Lamm, das du zu empfangen wünschtest, das du auch durch dein Verlangen empfangen hast, und durch dessen Kraft du die Gesundheit des Leibes und der Seele erlangen wirst. Hierauf streicht er mit seiner heiligen Hand über die Wunden des unglücklichen Mannes und befiehlt ihm, zu dem Werke zurückzukehren, das er angefangen hatte. Früh am Morgen stand er auf, und da er vor denen, die ihn halb todt verlassen hatten, unversehrt und froh erschien, so brachte er alle in Verwunderung und Staunen. Aber auch in den Herzen der anderen erweckte er durch sein Beispiel und das Wunder, das der Heilige an ihm gewirkt, Verehrung und Liebe zum seligen Vater Franziskus.

9) Ein Mann aus dem Dorfe Ceperanum, Nikolaus mit Namen, fiel eines Tages wüthenden Feinden in die Hände. Diese brachten in ihrer viehischen Grausamkeit dem unglücklichen Manne Wunden über Wunden bei und wütheten so lange, bis sie ihn für todt hielten, oder doch glaubten, er werde bald sterben. Aber gleich bei den ersten Stichen rief er mit lauter Stimme: Heiliger Franziskus, stehe mir bei! Heiliger Franziskus, hilf mir! Diesen Ruf hatten viele aus der Ferne vernommen, konnten aber keine Hülfe bringen. Man trägt ihn nach Hause; und obschon er ganz im Blute gebadet ist, so sagt er doch zuversichtlich, er werde diesen Wunden nicht erliegen und versichert auch, er empfinde keine Schmerzen. Es war ihm nämlich der heilige Franziskus erschienen und hatte ihm von Gott Zeit zur Buße erflehet. Diese Erscheinung wurde durch den Erfolg bestätigt; denn da man das Blut abgewaschen hatte, ward er plötzlich gegen alle menschliche Erwartung ganz gesund.

10) In der Burg St. Geminian war der Sohn eines Edelmannes sehr krank. Er hatte keine Hoffnung mehr auf Genesung und war dem Tode nahe; denn seinen Augen entströmte ein Blutfluß, so gewaltig, als wenn die Pulsader am Arm durchschnitten wäre. Auch die übrigen wahren Anzeichen des nahen Todes zeigten sich an seinem Leibe, und man hielt ihn schon für todt. Denn wegen großer Schwäche hatte er bereits den Gebrauch der Sinne und Vernunft verloren und schien den Geist ausgehaucht zu haben. Nach alter Gewohnheit versammelten sich nun Eltern und Freunde, um den zu betrauern, welchen man für todt hielt, und man sprach nur von der Beerdigung. Jedoch der Vater faßt Vertrauen auf den Herrn, läuft schnell zur Kirche des heiligen Franziskus, die hier erbaut war, legt einen Strick um den Hals und wirft sich in aller Demuth zur Erde nieder. Hier macht er seine Gelübde, verdoppelt sein Flehen und verdient durch Seufzen und Weinen bei Christus, den heiligen Franziskus zum Helfer zu haben. Denn als der Vater heimkehrte und gleich zu seinem Sohne ging, fand er ihn vollständig gesund. Die Trauer ward jetzt in Freude verwandelt.

11) Etwas Aehnliches hat der Herr auf die Verdienste seines Heiligen gewirkt an einem gewissen Mädchen in Katalonien, aus dem Dorfe Thamarit, und an einem andern Mädchen aus Ankona. Denn da dieselben sehr krank und dem Tode nahe waren, erhielten sie auf das gläubige Gebet der Eltern zum heiligen Franziskus ihre volle Gesundheit wieder zurück.

12) Ein gewisser Kleriker, Matthäus mit Namen, aus dem Dorfe Album, hatte Gift getrunken und wurde hierdurch so krank, daß er in keiner Weise mehr reden konnte und nur sein Ende erwartete. Ein Priester mahnt ihn zur Beicht, vermochte aber kein Wort aus ihm herauszubringen. Da flehet er im Herzen voll Demuth zu Christus, er möge sich um der Verdienste des heiligen Franziskus willen würdigen, den Kranken von dem nahen Tode zu befreien. Und kaum hatte er, vom Herrn gestärkt, den Namen des heiligen Franziskus in gläubiger Andacht ausgesprochen, da bricht der Kranke vor allen Anwesenden das Gift aus, ist gesund und dankt seinem Wohlthäter.

Von der Rettung Schiffbrüchiger.

1) Zehn Meilen von dem barlettanischen Hafen befand sich ein Schiff in großer Gefahr. Der Sturm wurde äußerst heftig; man verzweifelte an der Rettung des Lebens und warf die Anker aus. Jedoch der Sturm nahm zu an Heftigkeit; die Taue rissen, die Anker blieben in der Tiefe, und das Schiff wurde stürmisch auf dem Meere umhergetrieben. Nachdem endlich das Meer wieder ruhig geworden war, geben sich die Schiffer alle Mühe, die Anker heraufzubringen, deren Taue oben auf dem Wasser schwammen. Da sie aber durch eigene Kräfte dieses nicht vermochten, riefen sie mehrere Heilige um Hülfe an und arbeiteten selbst aus Leibeskräften. Aber nichtsdestoweniger konnten sie während eines ganzen Tages auch nicht einen Anker heraufbringen. Nun sagte einer der Schiffsleute, Perfektus (der Vollkommene) mit Namen, aber höchst unvollkommen an Sitten, mit einigem Spotte zu seinen Genossen: Alle Heiligen habt ihr um Hülfe angerufen, und, wie ihr sehet, ist keiner, der Hülfe brächte. Laßt uns nun jenen Franziskus, der ja ein neuer Heiliger ist, anrufen: vielleicht steigt er herab ins Meer und gibt uns die verlornen Anker zurück. Die Genossen geben, nicht aus Spott, sondern mit aufrichtigem Herzen ihre Zustimmung zu dem Vorschlage des Perfektus, tadeln dessen Lästerworte und machen dem heiligen Franziskus ein Gelübde. Sogleich, in einem Augenblicke und ohne Beihülfe der Matrosen schwammen die Anker auf dem Wasser, gleich als hätte das von Natur schwere Eisen die Leichtigkeit des Holzes angenommen.

2 ) Ein gewisser kranker Pilger, der eben an einem sehr heftigen Fieber viel gelitten hatte, kam zu Schiffe aus einem Lande jenseits des Meeres. Er trug eine besondere Verehrung zum heiligen Franziskus und hatte sich denselben beim Könige des Himmels zum Fürsprecher erwählt; er war noch nicht ganz wiederhergestellt von seiner Krankheit und brannte vor Durst. Da aber das Wasser schon fehlte, fing er an, mit lauter Stimme zu rufen: Gehet voll Vertrauen und bringet mir einen Becher Wasser, denn der heilige Franziskus hat mein Trinkgefäß mit Wasser gefüllt. Nun sehet, Wunder! man fand das Gefäß voll Wasser, wiewohl es gerade zuvor leer gewesen war. Am folgenden Tage entstand ein Unwetter; das Schiff wurde mit Wellen bedeckt und vom Winde heftig hin und her geworfen. Da man nun schon Schiffbruch fürchtete, fing jener Kranke plötzlich an zu rufen: Erhebet euch alle und gehet dem heiligen Franziskus entgegen, der zu uns kommt; sehet, er ist da, uns zu retten. In dieser Weise rief er mit lauter Stimme und unter Thränen fort, fiel dann auf sein Angesicht und betete. Im Augenblicke der Erscheinung des Heiligen erhielt der Kranke seine volle Gesundheit zurück, und auch das Meer wurde wieder ruhig.

3) Bruder Jakobus von Rieti hatte mit anderen Brüdern über einen Fluß zu setzen; zuerst wurden seine Genossen in einem kleinen Nachen an das jenseitige Ufer gebracht, und er sollte als der letzte den Kahn besteigen. Aber unglücklicher Weise schlägt das Fahrzeug um. Der Schiffer rettet sich durch Schwimmen, aber Jakobus sinkt in die Tiefe. Die Brüder am jenseitigen Ufer rufen in heißen Gebeten zum heiligen Franziskus und flehen unter Thränen und Seufzen, er möge doch seinem Sohne Hilfe bringen. Aber auch der verunglückte Mitbruder, der in des Wassers tiefen Schlund gefallen war und mit dem Munde nicht beten konnte, ruft mit dem Herzen, so gut es geht, und flehet um des lieben Vaters Beistand. Und in der That, des seligen Vaters Gegenwart rettete ihn; er wandelte in der Tiefe des Wassers wie auf trockenem Lande, ergriff den versenkten Kahn und gelangte mit demselben ans Ufer. Wunderbar! Seine Kleider waren nicht durchnäßt, ja nicht einmal ein Tropfen Wassers hatte sein Kleid berührt.

4) Ein anderer Franziskaner, Bonaventura mit Namen, schiffte nebst zwei Männern über einen See. Das Schifflein zerbrach theilweise, und da viel Wasser hineinströmte, sank es mit denen, die darin waren, in die Tiefe. Während sie aber aus dieser Tiefe des Unglücks mit großem Vertrauen den erbarmungsreichen Vater Franziskus anriefen, schwamm das Schiff, voll Wasser, plötzlich auf der Oberfläche, und sie gelangten unter des Heiligen Führung wohlbehalten in den Hafen. In ähnlicher Weise wurde ein Ordensbruder von Eskulum, der in einen Fluß versunken war, durch die Verdienste des seligen Franziskus befreit. Auch auf dem See von Rieti entgingen einige Männer und Frauen, die sich in ähnlicher Gefahr befanden, auf Anrufung des seligen Franziskus, unversehrt dem Schiffbruche.

5) Einige Schiffer von Ankona wurden bei einem gefährlichen Sturme hin und hergeworfen und sahen sich in Gefahr unterzugehen. Sie verzweifelten schon an der Rettung durch eigene Kräfte und riefen darum flehentlich zum heiligen Franziskus. Da erschien auf dem Meere ein großes Licht, und mit diesem Lichte wurden die Wasser durch göttliche Einwirkung ruhig. Es ist in der That, als könnte der heilige Mann Franziskus durch staunenswerthe Kraft den Winden und dem Meere gebieten. Ja, dieser heilige Vater hat geleuchtet und leuchtet noch mit so großen Wundern auf dem Meere, und hat hier so oft den Verzweifelten Hilfe gebracht, daß ich glaube, diese Thatsachen lassen sich im Einzelnen gar nicht aufzählen. Es ist auch nicht zu verwundern, wenn ihm, dem Himmelsfürsten, Herrschaft über die Wasser gegeben wurde, da ihm ja schon während seines sterblichen Lebens die ganze Körperwelt in staunenswerther Weise unterthänig war.

Befreiungen aus Banden und Kerker.

1) In Romanien wurde der Sclave eines gewissen Herrn, ein Grieche, des Diebstahls fälschlich angeklagt. Der Landesherr ließ denselben in einen hohen Kerker einschließen und hart fesseln. Die Hausfrau aber, welche den Sclaven des ihm aufgebürdeten Verbrechens ohne allen Zweifel für unschuldig hielt, hatte mit ihm Erbarmen und drang mit demüthigen Bitten in ihren Gatten, den armen Menschen frei zu lassen. Da jedoch der Gatte mit halsstörriger Eigensinnigkeit auf seiner Meinung beharrte, wandte sich die Frau mit demüthigem Gebete an den heiligen Franziskus, machte ihm ein Gelübde und empfahl seiner Barmherzigkeit den unschuldig Eingekerkerten. Sogleich erscheint der Helfer der Bedrängten und besucht huldvoll den Gefangenen im Kerker, löset seine Fesseln, erbricht den Kerker, faßt den Unschuldigen bei der Hand, führt ihn heraus und spricht: Ich bin es, dem deine Herrin dich andächtig anempfohlen hat. Große Furcht befällt den armen Mann, und da er beim Herabsteigen von dem sehr hohen Felsen den an einer Seite liegenden Abgrund umgehen will, befindet er sich plötzlich durch seines Retters Kraft in der Ebene, eilt zu seiner Herrin und erzählt ihr der Wahrheit gemäß den Hergang des Wunders. Die fromme Frau wird hierdurch noch mehr zur Liebe Christi und zur Verehrung seines Dieners Franziskus entzündet.

2) In Massa bei St. Peter schuldete ein gewisser armer Mann einem Soldaten eine gewisse Summe Geldes. Da er aber aus Armuth nicht bezahlen konnte, wurde er gefangen genommen, obschon er seinen Dränger flehentlich bat, er möchte sich seiner erbarmen und um der Liebe des heil. Franziskus noch ein wenig Nachsicht haben. Doch der übermüthige Soldat verschmähete das Flehen, und verachtete thörichter Weise als etwas Geringes die Liebe des Heiligen. Denn störrisch erwiderte er: Ich werde dich in einen Ort einschließen und in einen solchen Kerker werfen, daß dich weder Franziskus noch ein anderer befreien kann. Er versucht, was er gesagt. Er fand einen dunklen Kerker, warf den armen Menschen hinein und legte ihn in Bande. Jedoch bald erscheint der heilige Franziskus, erbricht den Kerker, sprengt die Fesseln und führt den Mann unversehrt zu seiner Familie zurück. So hat die Kraft des seligen Franziskus dem stolzen Soldaten seinen Raub entrissen, den Gefangenen, der sich ihm empfohlen, aus dem Elende errettet, und durch ein erstaunliches Wunder den unverschämten Soldaten in einen sanften Mann umgewandelt.

3) Albertus von Arezzo wurde wegen Schulden, die man ungerecht von ihm forderte, in einem höchst schauerlichen Kerker gefangen gehalten. Der Arme empfahl nun demüthig dem heiligen Franziskus seine Unschuld, denn er liebte sehr den Franziskanerorden und verehrte unter den Heiligen mit besonderer Liebe den heiligen Franziskus. Ein Gläubiger hatte lästernd gesagt, weder Franziskus noch Gott könnten ihn seinen Händen entreißen. Da nun aber der Gefangene an der Vigil des heiligen Franziskus gefastet und sein Essen aus Liebe zum Heiligen einem Bedürftigen gegeben hatte, erschien ihm in der folgenden Nacht, während er wachte, der heilige Franziskus. Bei seinem Eintritte fielen die Bande von seinen Füßen und die Fesseln von seinen Händen; die Thüren öffneten sich von selbst, und die Bretter sprangen aus dem Boden. Der arme Mensch war nun befreit und ging nach Hause. Er erfüllte nun sein Gelübde, indem er an der Vigil des seligen Franziskus fastete; auch opferte er jährlich eine Wachskerze und machte sie jedes Jahr, um den Zuwachs seiner Verehrung gegen den Heiligen anzudeuten, um eine Unze größer. –

4) Während der Regierung Papst Gregor's IX. wurde ein gewisser Petrus aus der Stadt Alisia der Ketzerei angeklagt. Auf Befehl desselben Papstes nahm man ihn zu Rom gefangen und übergab ihn dem Bischofe Tiburtinus in Gewahrsam, der ihn unter Strafe der Absetzung wohl bewachen mußte. Der Bischof ließ ihn darum binden und in einen dunklen Kerker einschließen, damit er nicht entfliehen könnte, und reichte ihm nur dürftig Speise und Trank. Da nun der Gefangene hörte, es sei eben die Vigil des heiligen Franziskus, begann er unter vielen Zähren den Seligen anzurufen, er möge sich seiner erbarmen. Und weil er den reinen Glauben wiedererlangt und jeden Irrthum gottloser Ketzerei abgeworfen hatte, auch in wahrer Herzensandacht dem höchst treuen Diener Christi, Franziskus, ergeben war: so verdiente er auf die Fürbitte desselben Erhörung. Denn der selige Franziskus stieg, als sein Festtag bereits zu Ende ging und die Abenddämmerung begann, voll Erbarmen in's Gefängniß, rief den Gefangenen beim Namen und befahl ihm, schnell aufzustehen. Der arme Gefangene wird von Furcht ergriffen und fragt, wer ihn denn anspreche. Hierauf erhält er zur Antwort, der selige Franziskus sei hier zugegen. In Kraft der Gegenwart des heiligen Mannes brechen dem Gefangenen die Fußketten, die erste Thüre öffnet sich, indem die Nägel von selbst herausfallen, und er kann frei fortgehen. Jedoch von Furcht erschüttert, weiß er nicht, wie zu fliehen, sondern schreit an der zweiten Thüre und erschreckt die Wächter. Die wunderbare Befreiung von den Banden wird dem Bischof berichtet, und nachdem der fromme Oberhirt von dem Hergange der Sache in Kenntniß gesetzt war, geht er in den Kerker, erkennt hier deutlich die Macht Gottes und betet den Herrn an. Die Fesseln werden vor den Papst und die Kardinäle gebracht, und da sie sehen, was geschehen war, staunen sie und preisen über Alles den Herrn. –

5) Guidolotus von St. Geminian ward fälschlich angeklagt, einen Mann, dessen Sohn und ganze Familie durch Gift getödtet zu haben. Die weltliche Macht ergreift ihn, legt ihn zu Terre in schwere Fesseln und schließt ihn in einen Thurm ein. Aber der unglückliche Mann vertraute auf den Herrn wegen seiner Unschuld, welcher er sich bewußt war, und überließ die Vertheidigung seiner Sache der Anwaltschaft des seligen Franziskus. Während nun das Gericht überdachte, wie man durch Foltern das Eingeständniß des Verbrechens herausbringen, und mit welcher Todesstrafe man den Menschen nach seinem Bekenntnisse belegen sollte, erschien ihm der heilige Franziskus in eben der Nacht, wo jener am folgenden Morgen gefoltert werden sollte. Bis zu Tagesanbruch ist der Gefangene von einem sehr glänzenden Lichte umflossen, sein Herz erfüllt sich mit Freude, und mit großem Vertrauen erwartet er zuversichtlich seine Rettung. Am Morgen kommen die Henker, schleppen ihn aus dem Kerker, spannen ihn auf die Folter und legen viele schwere Eisenstücke auf seinen Leib. Dann nehmen sie ihn von der Folterbank, befestigen schwere Gewichte an seinen Füßen und ziehen ihn wiederholt auf und nieder, so daß Marter auf Marter folgte, und er um so schneller zum Geständnisse des angeschuldigten Verbrechens geführt würde. Jedoch im Bewußtsein der Unschuld zeigt er Freude im Gesichte und verräth keine Trauer bei der Marter. Jetzt wird ein großes Feuer unter dem Unglücklichen angelegt; doch nicht ein Haar seines Hauptes wurde versengt, obschon er mit dem Kopfe nach unten hing. Endlich wird er mit siedendem Oel übergossen; aber durch die Kraft seines Beschützers, unter dessen Obhut er sich gestellt, überwindet er alle diese Martern. Jetzt erst wird er frei gelassen und geht unversehrt von dannen. –

Von der Rettung aus Geburtsnöthen.

1) Eine gewisse Gräfin in Slavonien, durch Adel berühmt und der Tugend eifrig ergeben, brannte von Liebe und Verehrung gegen den heiligen Franziskus und zeigte ihren glühenden Eifer für die Franziskaner-Mönche durch werkthätige Liebe. Zur Zeit ihrer Niederkunft nun litt sie große Schmerzen und ward von so heftigen Peinen gequält, daß die bevorstehende Geburt des Kindes der Tod der Mutter zu sein schien; und sie glaubte auch, das Kind zum Leben gebären sei für sie das Leben verlieren, und ihre Anstrengungen würden nicht des Kindes Geburt, sondern ihren Tod bewirken. Jetzt kommen ihr des heiligen Franziskus Ruf, Tugend und herrliche Wunder in's Gedächtniß; ihr Glaube wird belebt, ihre Andacht entzündet; sie wendet sich an ihn, den mächtigen Retter, den treuen Freund, den Tröster der Frommen, den Helfer der Betrübten. Sie betet: Heiliger Franziskus! alle meine Gebeine flehen an dein Erbarmen, mit dem Herzen gelobe ich, was ich mit dem Munde nicht aussprechen kann. Nun siehe! wunderbar schnell hilft der liebe Vater. Das Ende des Gebetes ist das Ende der Schmerzen. Das Ende der Geburtsnöthen ist der Anfang des Gebärens. Denn sogleich schwanden alle Peinen und gesund gebar sie ihr Kind. Sie vergaß aber nicht ihres Gelübdes, noch ließ sie wegen obwaltender Schwierigkeiten ihren Vorsatz unerfüllt, sondern baute eine Kirche zu Ehren des heiligen Franziskus und übergab dieselbe den Minderbrüdern.

2) Bei Rom war eine gewisse Frau, Beatrix mit Namen, der Zeit ihrer Geburt nahe; nun aber starb das Kind, und schon vier Tage trug sie die todte Leibesfrucht in ihrem Schooße. Die unglückliche Frau wurde von vielen Aengsten geplagt und von Todesschmerzen gemartert. Die todte Frucht brachte die Mutter dem Tode nahe, und das Kind, noch nicht geboren, erzeugte der Mutter die augenscheinlichste Lebensgefahr. Die Aerzte versuchen ihre Kunst, aber alle menschlichen Mittel bleiben erfolglos; und so ergießt sich in reichlichem Maaße über die Arme der erste Fluch; denn sie war ihres Kindes Grab und hatte selbst das nahe Grab sicher zu erwarten. Endlich empfiehlt sie sich durch Boten mit aller Andacht den Minderbrüdern und bittet flehentlich und mit festem Glauben um eine Reliquie des heiligen Franziskus. Durch göttliche Fügung fand man etwas von dem Gürtel, den der Heilige zuweilen gebraucht hatte. Sobald der Gürtel die gemarterte Frau berührte, verschwand sogleich jeder Schmerz. Die todte Frucht, für die Mutter Ursache des Todes, kam, und die Frau erlangte ihre frühere Gesundheit zurück.

3) Die Gemahlin eines gewissen Edelmannes von Narni, ihr Name war Juliana, verlebte ihre Jahre in Trauer und beweinte stets ihr unglückliches Loos; denn alle ihre Kinder, die sie mit Schmerzen trug, mußte sie nach kurzer Zeit mit noch größerem Schmerze zu Grabe tragen. Da sie nun wieder im vierten Monate war und wegen der frühern Unglücksfälle sich mehr ängstigte wegen des Todes, als wegen der Geburt ihres Kindes, flehete sie mit gläubigem Sinne zum seligen Vater Franziskus für das Leben ihrer Leibesfrucht, die noch nicht geboren war. Während nun die Dame eines Nachts schlief, erschien ihr eine Frau, ein schönes Knäblein auf ihren Händen tragend und überreichte es der Dame, die sich sehr freute. Da sie aber das Kindlein nicht annehmen will, weil sie fürchtet, es gleich wieder verlieren zu müssen, fügt jene Frau hinzu: Nimm das Kind ruhig an, das der heilige Franziskus, der dich bemitleidet, dir zuschickt; es wird am Leben bleiben und sich guter Gesundheit erfreuen. Gleich beim Erwachen erkannte die Dame aus dieser himmlischen Erscheinung, der selige Franziskus werde ihr Beistand leisten. Jetzt wurde sie mit großer Freude erfüllt, weil sie der Verheißung gemäß ein gesundes Kind gebären sollte, verdoppelte ihre Gebete und machte verschiedene Gelübde. Endlich ist die Zeit ihrer Schwangerschaft vollendet, und sie gebärt einen Sohn, der gleichsam durch des seligen Franziskus Verdienste heranwachsend als kräftiger und blühender Jüngling seine Eltern anspornte, Christus und seinen Heiligen mit recht großer Liebe und Andacht zu verehren. Etwas Aehnliches bewirkte der heilige Vater in der Stadt Tibur. Hier war nämlich eine Frau, die viele Töchter hatte, aber sich vergebens nach einem männlichen Sprossen sehnte. Endlich wendet sie sich an den heiligen Franziskus, verdoppelt ihre Gebete, macht Gelübde. Die Frau empfängt auf des Heiligen Fürbitte und gebärt Zwillinge, zwei Knäbchen, obschon sie den Heiligen nur um einen Sohn gebeten hatte. –

4) Bei Viterbo war eine Frau nahe der Geburt, noch näher dem Tode, von den heftigsten Schmerzen in den Eingeweiden gequält und gesättigt mit den Trübsalen der Frauen; die Kräfte der Natur schwanden, alle ärztliche Kunst zeigte sich erfolglos. Da rief die Frau den Namen des seligen Franziskus an und augenblicklich hatte sie eine glückliche Geburt. Jedoch nach der Wohlthat vergaß sie des Wohlthäters, gab dem Heiligen nicht die gebührende Ehre und streckte am Festtage desselben ihre Hand aus nach knechtlicher Arbeit. Doch siehe! der rechte Arm, den sie an die Arbeit legte, wird sogleich steif und verdorrt, und da sie denselben mit dem linken Arm an sich ziehen will, trifft auch diesen die gleiche Strafe und er verdorrt. Jetzt wird sie von heilsamer Furcht ergriffen, erneuert ihr Gelübde und weihet sich abermals dem heiligen Franziskus; um der Verdienste dieses barmherzigen und demüthigen Heiligen willen erhält sie den Gebrauch ihrer Glieder zurück, welchen sie wegen ihrer Undankbarkeit und Verachtung eingebüßt hatte. –

5) Eine Frau aus der Umgegend von Arezzo litt schon sieben Tage an gefährlichen Geburtswehen; sie war bereits schwarz geworden, und alle verzweifelten an ihrer Rettung. Jetzt macht sie dem seligen Franziskus ein Gelübde und ruft sterbend seine Hilfe an. Nachdem sie das Gelübde gemacht, schläft sie bald ein, und sieht im Traume den heiligen Franziskus. Dieser redet sie liebreich an und fragt, ob sie sein Angesicht kenne und zu Ehren der glorreichen Jungfrau die Antiphon: Gegrüßt seist du Königin, Mutter der Barmherzigkeit, beten könne? Die Frau antwortet, sie kenne Beides. Darauf erwiderte der Heilige: Bete die Antiphon, und bevor du sie beendigest, wirst du mit Gesundheit gebären. Bei diesen Worten erwacht die Frau und fängt mit Furcht an zu beten: Gegrüßt seist du Königin, Mutter der Barmherzigkeit. Da sie aber die Worte spricht: Wende deine barmherzigen Augen zu mir herab und zeige uns Jesum, die gesegnete Frucht deines jungfräulichen Leibes, ist sie sogleich frei von allen Wehen, gebiert ein schönes Knäblein und dankt der Königin der Barmherzigkeit, die um der Verdienste des heiligen Franziskus sich ihrer huldvoll erbarmt hatte. –

Von der Heilung Blinder.

1) Im Kloster der Minderbrüder zu Neapel war ein Ordensmann, Robert mit Namen, schon seit vielen Jahren erblindet. Nun wuchs auch noch in seinen Augen eine Fleischmasse, welche bewirkte, daß er die Augenlider nicht bewegen und gebrauchen konnte. Gegen diese Zeit kamen aus anderen Klöstern hier viele Minderbrüder zusammen, die nach verschiedenen Weltgegenden reisen wollten. Um nun diese Missionäre durch ein neues Wunder zur Reise anzueifern, heilte der selige Vater, das Vorbild des heiligen Gehorsams, in Anwesenheit der Mitbrüder den eben erwähnten kranken Robert auf folgende Weise. Während der Nacht lag der Bruder todtkrank darnieder, und schon waren die Sterbegebete über ihn verrichtet. Plötzlich steht der selige Vater bei ihm mit drei andern Brüdern von vollkommener Heiligkeit: es waren der heilige Antonius, der Bruder Augustinus und Jakobus von Assisi. Diese Männer folgten während ihres Lebens dem seligen Vater Franziskus vollkommener nach und begleiteten ihn frohen Muthes nach dem Tode. Der heilige Franziskus nimmt ein Messer und schneidet den Fleischklumpen hinweg, gibt dem kranken Ordensmanne das Augenlicht zurück, entreißt ihn dem Rachen des Todes und spricht zu ihm: Mein Sohn Robert! die Gnade, welche ich dir erwiesen, sei den Brüdern, die zu fernen Völkern reisen, ein Zeichen, daß ich vor ihnen her gehe und ihre Schritte lenke; sie mögen freudig ziehen und frohen Herzens den auferlegten Gehorsam ausführen.

2) Bei Theben in Romanien lebte eine blinde Frau. Diese fastete am Vorabende des Festes des heiligen Franziskus bei Wasser und Brod und ließ sich am Feste selbst zur frühen Morgenstunde von ihrem Manne zur Kirche der Franziskaner führen. Hier wohnte sie der heiligen Messe bei, und da sie bei der Erhebung des Leibes Christi ihre Augen öffnete, sah sie klar die Hostie, betete dieselbe sehr andächtig an und brach dann laut in die Worte aus: Ich danke Gott und seinem Heiligen, daß ich den Leib Christi sehe. Alle Anwesenden wandten sich um bei diesem Ausrufe der Freude. Die Frau aber ging nach Vollendung der heiligen Geheimnisse nach Hause. Ihr Geist frohlockte, und ihre Augen waren sehend. Es jubelte die Frau, nicht blos weil sie das körperliche Augenlicht wieder erhalten hatte, sondern auch weil sie gerade durch die Verdienste des seligen Franziskus und die Kraft ihres Glaubens jenes wunderbare Sakrament zu schauen verdiente, das für die Seelen das wahre und lebendige Licht ist.

3) Ein vierzehnjähriger Knabe von der Burg Pophis in Kampanien verlor plötzlich durch einen Unfall vollständig das linke Auge. Der herbe Schmerz trieb das Auge von seiner Stelle und ganze acht Tage lag es außerhalb der Augenhöhle; denn der Nerv hatte sich um einen Finger lang gedehnt, und das Auge hing fast vertrocknet an der Wange. Da nun die Aerzte an der Heilung verzweifelten, und nichts anders übrig zu bleiben schien, als das Auge auszuschneiden, nahm der Vater des Kindes von ganzem Herzen seine Zuflucht zum seligen Franziskus. Der unermüdliche Helfer der Bedrängten erhörte die Bitten des Flehenden. Denn das verdorrte Auge kam wunderbar wieder an seinen Ort, erhielt die frühere Frische zurück und sah des Lichtes erwünschte Strahlen.

4) In derselben Gegend fiel einem gewissen Priester ein großes Stück Holz auf den Kopf, zerquetschte denselben und zerstörte ihm das linke Auge. Der Unglückliche wird zu Boden geworfen und fängt an, mit lauter Stimme und wehklagend zum heiligen Franziskus zu rufen: Hilf mir, hochheiliger Vater, auf daß ich an deinem Feste zu deinen Brüdern gehen kann, wie ich ihnen versprochen habe. Es war nämlich die Vigil des Heiligen. Nach diesem Gebete steht er sogleich auf, ist vollkommen gesund und bricht in Lobes- und Freudenrufe aus. Alle Umstehenden, die ihn wegen seines Unglückes bemitleideten, gerathen in Staunen und Frohlocken. Der geheilte Priester geht zum Feste des seligen Vaters und erzählte allen des Heiligen Milde und Kraft, die er an sich erfahren. –

5) Während ein gewisser Mann vom Berge Gargano in seinem Weinberge arbeitete und einen Baum beschnitt, traf er sein eigenes Auge und schnitt es mitten durch, so daß die eine Hälfte desselben fast außerhalb der Augenhöhle herabhing. In dieser schlimmen Lage verzweifelte er an menschlicher Hülfe; darum versprach er dem heiligen Franziskus, er wolle an seinem Festtage fasten, wenn er ihm zu Hülfe käme. Sogleich bringt der Heilige Gottes das Auge an seine Stelle zurück und verbindet die beiden Hälften so vollkommen mit einander, daß auch keine Spur von Verletzung zurück bleibt und der Mann so gut wie früher sehen kann.

6) Auch eines Edelmannes Sohn, der blind geboren war, erhielt durch die Verdienste des seligen Franziskus das erwünschte Augenlicht, und man nannte ihn wegen dieses Wunders Illuminatus, d. h. der sehend Gemachte. Als er später das gehörige Alter erreicht hatte, trat er in den Orden des heiligen Franziskus. Eingedenk der empfangenen Wohlthat, machte er solche Fortschritte im Lichte der Gnade und Wahrheit, daß er wahrhaft ein Sohn des Lichtes zu sein schien; und endlich erlangte er durch die Verdienste des seligen Vaters nach einem heiligen Anfange ein noch heiligeres Ende.

7) In Zacchanti, einer Burg bei Anagnin, hatte ein gewisser Soldat, Gerhard mit Namen, das Augenlicht vollständig verloren. Nun ereignete es sich, daß zwei Minderbrüder, die aus fremden Ländern kamen, seines Hauses Gastfreundschaft in Anspruch nahmen. Aus Verehrung gegen den heiligen Franziskus wurden sie ehrerbietig aufgenommen. Nachdem sich die Brüder erholt hatten, dankten sie Gott und ihrem Wirthe und gingen zu einem in der Nähe gelegenen Kloster, worin ihre Mitbrüder wohnten. Aber eines Nachts erscheint der selige Franziskus einem jener Brüder im Traume und spricht zu ihm: Stehe auf und eile mit einem Begleiter nach dem Hause unseres Gastes, der in euch Christus und mich aufgenommen hat; denn ich will ihm seinen Liebesdienst vergelten. Er ist blind geworden wegen seiner Sünden, von welchen er durch reumüthige Beichte sich nicht reinigen wollte. Hierauf verschwindet der heilige Vater und der Bruder steht eiligst auf, um mit einem Begleiter den Auftrag schnell auszuführen. Sie kommen zum Hause ihres Gastes, und der eine erzählt ihm der Reihe nach Alles, was er gesehen hatte. Der Mann staunt nicht wenig und erklärt: alles, was die Brüder sagten, sei wahr; er wird zu Thränen gerührt, legt willig seine Beichte ab und verspricht wahre Besserung. Da nun der innere Mensch bei ihm vollständig erneuert ist, erhält er auch das äußere Licht sogleich zurück. Der Ruf dieses Wunders verbreitete sich ringsumher und führte sehr viele nicht blos zur Verehrung des heiligen Franziskus, sondern auch zur demüthigen Beichte ihrer Sünden und zur Uebung der Gastfreundschaft.

8) Ein gewisser Mann bei Assisi wurde des Diebstahls beschuldigt und von dem Richter Oktavian nach der Strenge der weltlichen Gerechtigkeit verurtheilt, geblendet zu werden. Das Urtheil wird von Otho, einem Soldaten, unter Beihülfe der Gerichtsdiener vollstreckt. Dem unglücklichen Menschen wurden die Augen ausgegraben und selbst die Sehnerven mit einem Messer abgeschnitten. So entstellt läßt er sich zum Altare des seligen Franziskus führen, betheuert seine Unschuld an dem ihm zur Last gelegten Verbrechen und flehet die Barmherzigkeit des heiligen Vaters an. Nun siehe! binnen drei Tagen erhält er um der Verdienste des Heiligen willen neue Augen, zwar kleiner als die frühern, aber ebenso scharfsichtig. Zeuge dieses erstaunlichen Wunders ist der so eben erwähnte Soldat Otho. Dieser legte hierüber ein eidliches Zeugniß ab vor dem hochwürdigen Pater Jakobus, Abt von St. Klemens. Der Abt stellte im Namen des Bischofs von Tiburtino, eine Untersuchung über dieses Wunder an. Zeuge dieses Wunders ist auch der Minderbruder Wilhelm von Rom. Diesem wurde von Bruder Hieronymus, General des Minderbrüder-Ordens, beim Gehorsame und unter Strafe der Exkommunikation befohlen, der Wahrheit gemäß auszusagen, was er von dieser Begebenheit wüßte. Dieser zur Aussage der Wahrheit so verpflichtete Ordensmann versicherte vor mehreren Provinziälen desselben Ordens und vor anderen Brüdern von großem Verdienste, er habe, als er noch in der Welt gewesen, den erwähnten Mann gesehen, bevor derselbe geblendet war; er sei ferner bei der Blendung selbst zugegen gewesen, habe des unschuldig geblendeten Mannes Augen, die auf die Erde geworfen wurden, mit einem Stocke neugierig hin und her gedrehet, habe endlich später ganz genau denselben Mann gesehen und sich überzeugt, daß er durch göttliche Kraft die Augen zurück erhalten habe und nun wohl sehe. –

Von der Abwendung verschiedener Krankheiten.

1) Bei der Burg Plebe lebte ein armer Jüngling. Er war taubstumm geboren und seine Zunge war so kurz und dünn, daß viele, welche dieselbe sahen, glaubten, sie sei ihm abgeschnitten. Ein gewisser Mann, Markus mit Namen, nahm den Unglücklichen um Gottes willen in sein Haus, und da er einsah, daß derselbe ihm nützlich sei, behielt er ihn beständig bei sich. Während nun dieser Mann eines Abends mit seiner Gattin speiset, und der Jüngling vor ihnen stand, sagt jener zu seiner Frau: Ich würde es für das größte Wunder halten, wenn der selige Franziskus dem Jungen Sprache und Gehör gäbe. Dann fügte er noch hinzu: Ich gelobe Gott, wenn der heilige Franziskus sich würdiget, dieses Wunder zu wirken, aus Liebe zu dem Heiligen für den Jungen zu sorgen, so lange er lebt. Wunderbar! Plötzlich wächst die Zunge, der Jüngling redet und spricht: Ehre sei Gott und dem hl. Franziskus, der mir Sprache und Gehör verliehen hat!

2) Bruder Jakobus von Iseum, ein Minderbruder, bekam als Kind im elterlichen Hause einen sehr schweren Bruch. Obschon ein schwacher und kranker Jüngling, trat er doch auf Eingebung Gottes mit frommem Sinne in den Franziskaner-Orden, ohne jedoch irgend Jemanden das Uebel zu entdecken, an dem er litt. Als der Leib des heiligen Franziskus an den Ort übertragen wurde, wo seine heiligen Gebeine, dieser kostbare Schatz, jetzt noch ruhen, war auch der eben erwähnte Ordensbruder bei der Jubelfeier der Uebertragung, um dem Leibe des schon verherrlichten Vaters die gebührende Ehre zu erweisen. Er nähert sich der Bahre, worauf die Gebeine ruheten, umfaßt dieselbe vor Andacht des Geistes und betet unter vielen Zähren. Nun siehe! auf wunderbare Weise ziehen sich die ausgetretenen Theile plötzlich an ihre Stelle zurück; er fühlt sich gesund, wirft das Bruchband weg und ist seit dieser Zeit frei von allen frühern Schmerzen. In ähnlicher Weise wurden von derselben Krankheit geheilt die Minderbrüder Bartholomäus von Eugubio, Angelus von Tuderto; dann die Priester Nikolaus von Stichano und Johannes von Fora; ferner ein Mann von Pisa und ein anderer von der Burg Cisterna; dann Petrus von Sicilien und ein Mann vom Schloß Sello bei Assisi und viele andere, die durch die Barmherzigkeit Gottes und des seligen Franziskus Verdienste wunderbar geheilt wurden.

3) An der Seeküste lebte eine Frau, die seit fünf Jahren des Verstandes, Gesichtes und Gehöres beraubt war; sie zerriß mit den Zähnen ihre Kleider und hatte keine Furcht weder vor Feuer noch Wasser; auch litt sie in höchstem Grade an der Fallsucht. Endlich jedoch ist nach dem Plane Gottes für sie die Zeit der Barmherzigkeit gekommen. Eines Nachts wird sie von einem Lichte, das ihr Heil verkündet, umstrahlt, und durch göttliche Erleuchtung sieht sie den seligen Franziskus auf einem erhabenen Throne sitzen. Sie wirft sich vor dem Heiligen nieder und flehet demüthig um ihre Gesundheit. Da aber der Heilige sich ihren Bitten noch nicht geneigt zeigte, so fügte die Frau ein Gelübde hinzu und machte das Versprechen, denjenigen nichts abzuschlagen, die um der Liebe Gottes und des heiligen Franziskus willen um ein Almosen bitten würden. Sogleich geht der Heilige auf den Vertrag ein, der dem ähnlich war, den er selbst einstens mit dem Herrn gemacht hatte. Er bezeichnet die Frau mit dem heiligen Kreuze und gibt ihr dadurch die Gesundheit wieder vollständig zurück. Von einer ähnlichen Krankheit heilte der barmherzige Vater ein gewisses Mädchen von Stursia, den Sohn eines Edelmannes und einige andere, wie sichere Zeugnisse berichten. –

4) Petrus von Foligno machte einmal eine Wallfahrt zur Gnadenkirche des heiligen Michael, und da er die Reise nicht mit der entsprechenden Andacht vollbrachte, so fuhr ein böser Geist in ihn, als er eben aus einer Quelle trank. Schon drei Jahre hindurch wurde er von dieser Besessenheit geplagt, wobei sein Leib heftige Zuckungen erlitt; er führte gar häßliche Reden und wollte schreckliche Dinge vollbringen. Da er aber zuweilen lichte Augenblicke hatte und von der Kraft des Heiligen hörte, die mächtigen Geister der Luft zu vertreiben, so bat er ihn demüthig um Hülfe. Er pilgerte darauf zum Grabe des seligen Vaters, und sobald er dasselbe mit der Hand berührt hatte, wurde er wunderbar von den bösen Geistern befreit, die ihn grausam hin und her zerrten. In ähnlicher Weise kam der erbarmungsreiche Vater Franziskus einer Frau von Narni, die ebenfalls besessen war, und vielen andern zu Hülfe. Es wäre zu lang, wenn ich die schreckliche Qual dieser Menschen und die Weise, wie sie geheilt wurden, im Einzelnen anführen wollte. –

5) Ein gewisser Mann aus der Stadt Fano, Bonus mit Namen, litt an der Gicht und dem Aussatze, seine Eltern brachten ihn zur Kirche des seligen Franziskus, und hier wurde er von beiden Krankheiten geheilt. Ein Jüngling, Akto mit Namen, gebürtig von St. Severin, war ganz mit dem Aussatze bedeckt; er machte dem heiligen Franziskus ein Gelübde und wurde zu dessen Grabe gebracht, wo er durch die Verdienste des seligen Vaters vom Aussatze gereinigt wurde. Der heilige Franziskus besaß eine ganz vorzügliche Kraft, gerade diese Krankheit zu heilen, weil er aus Liebe zur Demuth und Barmherzigkeit der Bedienung der Aussätzigen sich in Demuth gewidmet hatte. –

6) Eine adelige Dame mit Namen Rogata, im Bisthume Sora, war bereits seit drei und zwanzig Jahren krank am Blutfluße. Von vielen Aerzten hatte sie schon viele Leiden erduldet und schien vor übergroßen Schmerzen oftmals dem Tode nahe. Hörte der Blutfluß auf, dann schwoll sie am ganzen Leibe. Einst hörte sie einen Knaben in römischer Mundart die Wunder besingen, welche Gott durch den heiligen Franziskus gewirkt hatte. Hierbei ward sie von heftigem Schmerz ergriffen, daß sie des Heiligen Fürbitte noch nicht angerufen habe, brach in Thränen aus und sprach in lebendigem Glauben bei sich selbst: O seliger Vater Franziskus, der du durch so große Wunder leuchtest, wenn du mich huldvoll von dieser Krankheit befreiest, so wird dadurch dein Ruhm sich sehr mehren; denn bis jetzt hast du ein so großes Wunder noch nicht gethan. Was bedurfte es mehr? Nach diesen Worten fühlte die Dame sich durch des heiligen Franziskus Verdienste geheilt. Auch ihren Sohn Marius, der einen verkrüppelten Arm hatte, heilte der selige Franziskus, nachdem die Mutter ihm ein Gelübde gemacht hatte. Ferner machte der Fahnenträger Christi, der heilige Franziskus, eine Frau von Sizilien gesund, die schon sieben Jahre am Blutflusse gelitten hatte.

7) In der Stadt Rom lebte eine sehr fromme Jungfrau, mit Namen Praxedis. In ihrer zarten Jugend hatte sie sich dem Herrn geweihet und aus Liebe zum ewigen Bräutigam schon vierzig Jahre in einer engen Zelle verlebt; auch sie erhielt eine besondere Gnade vom heiligen Franziskus. Als sie einmal Geschäfte halber auf ihren Söller ging, fiel sie herab, brach Fuß und Schienbein und verrenkte die Schulter. Nun erschien ihr der überaus gütige Vater, angethan mit glänzenden Gewändern, redete sie mit süßen Worten an und sprach: Stehe auf, gesegnete Tochter, stehe auf und fürchte dich nicht! Hierauf erfaßte er ihre Hand, hob sie auf und verschwand. Die Jungfrau schaute in ihrem Zimmerchen hin und her, und da sie Niemanden gewahrte, glaubte sie, eine Erscheinung gehabt zu haben und schrie laut auf. Auf das Rufen eilen die Hausbewohner mit einem Lichte herbei; die Jungfrau aber fühlt sich vollkommen geheilt und erzählt den Anwesenden der Reihe nach, was sich zugetragen hatte. –

Von solchen, die den heiligen Franziskus nicht ehrten und sein Fest nicht feiern.

1) In dem Dorfe Simo bei Piktavien hatte der Pfarrer, Reginald mit Namen, ein Verehrer des heil. Franziskus, seinen Pfarrkindern angekündigt, das Fest des Heiligen feierlich zu begehen. Jedoch ein Mann aus der Gemeinde, der des heiligen Franziskus Kraft nicht kannte, mißachtete seines Pfarrers Befehl und ging auf's Feld, um Holz zu hauen. Während er aber zur Arbeit sich anschickte, vernahm er dreimal eine Stimme, die rief: Es ist Feiertag, arbeiten ist nicht erlaubt. Indeß dieser Mensch ließ sich weder durch den Befehl seines Pfarrers, noch durch die Stimme vom Himmel von der knechtlichen Arbeit abhalten; und darum fügte die Macht Gottes sogleich ein Wunder und eine Strafe hinzu, um seinen Heiligen zu verherrlichen. Denn während er mit der einen Hand die Gabel hielt, womit er das Gebüsch zurückschob, und mit der andern Hand das Beil zum Hauen erheben wollte, waren sogleich durch göttliche Kraft beide Hände unbeweglich an Gabel und Beil gefesselt, so daß er nicht einmal die Finger bewegen konnte, um die gedachten Gegenstände fallen zu lassen. Jetzt geräth er in Schrecken und Staunen; er weiß nicht, was zu thun, und läuft schnell zur Kirche; alle Leute kommen herbei, um dieses Schauspiel zu sehen. Reue erfüllt seine Seele, und auf Anrathen eines der anwesenden Priester, – es waren nämlich andere Priester geladen und zusammen gekommen, – geht er zum Altare, weihet sich demüthig dem seligen Franziskus und, wie er dreimal die mahnende Stimme vom Himmel gehört hatte, so macht er jetzt drei Gelübde, nämlich: das Fest des Heiligen zu feiern, es gerade in der Kirche zu feiern, in der er augenblicklich war, und endlich zum Grabe des Heiligen persönlich zu wallfahren. Nun siehe Wunder! Nach Ablegung des ersten Gelübdes wird ein Finger frei, nach dem zweiten Gelübde wird der zweite, nach dem dritten der dritte Finger vom Banne befreit, und während das ganze Volk, das schon zahlreich versammelt war, mit aller Andacht die Milde des Heiligen anruft, löset sich die eine und hierauf die andere Hand. Nachdem nun der Mann die frühere Freiheit wieder erlangt hatte, legte er selbst Gabel und Beil neben dem Altare nieder, während alles Volk Gott und die wunderbare Kraft seines Heiligen pries, der so wunderbar schlagen und heilen konnte. Gabel und Beil hangen bis auf den heutigen Tag vor dem Altare, der zu Ehren des seligen Franziskus daselbst errichtet ist, zum Andenken an diese Begebenheit. Auch hier und in den benachbarten Gegenden sind viele Wunder geschehen, die alle zeigen, daß dieser Heilige groß ist im Himmel und sein Fest auf Erden mit Andacht feierte. –

2) Während in Zenomanien eine gewisse Frau am Festtage des heiligen Franziskus ihre Hand an den Spinnrocken legte und mit ihren Fingern die Spindel faßte, erstarrten sogleich ihre Hände, und die Finger wurden von heftigen Brandschmerzen gequält. Indem sie nun aus dieser Strafe die Macht des Heiligen erkannte, lief sie, von Reue erfüllt, zu den Franziskaner-Vätern. Und während die frommen Söhne die Erbarmung des heiligen Vaters anflehten, wurde die Person sogleich gesund; in ihren Händen blieb keine Spur von Verletzung zurück, außer einem Brandmale, zum Andenken an diese Begebenheit. In ähnlicher Weise ward eine gewisse Frau in Kampanien, eine andere in dem Dorfe Oletti und eine dritte aus dem Dorfe Pylleus, die alle das Fest des seligen Vaters aus Verachtung nicht feiern wollten, zuerst wunderbar gestraft wegen der Sünde, dann aber, da sie Buße thaten, durch die Verdienste des seligen Franziskus noch wunderbarer befreit. –

3) Ein gewisser Burgsoldat in der Provinz Massa schimpfte in der abscheulichsten Weise auf die Wunderwerke des seligen Franziskus, überhäufte mit vielen Schmähungen die Pilger, die zu seinem Grabe wallfahrteten und verspottete öffentlich die Franziskaner. Während er aber wiederum die Ehre des heil. Dieners Gottes begeiferte, fügte er diesen Sünden noch eine schreckliche Gotteslästerung bei. Er sprach: Wenn es wahr ist, daß jener Franziskus ein Heiliger ist, so soll mich heute noch ein Schwert durchstechen; wenn er aber nicht heilig ist, so bleibe ich unversehrt. Der sündhaften Bitte folgte die gerechte Strafe des erzürnten Gottes. Denn nur eine kleine Weile nachher beleidigt der Gotteslästerer seinen Neffen. Dieser zieht das Schwert und stößt es seinem Oheim in die Eingeweide. Noch an demselben Tage stirbt der Verruchte, ein Sklave der Hölle und Sohn der Finsterniß. Alle mögen hieraus lernen, daß man die wunderbaren Thaten des heiligen Franziskus nicht mit Schmähworten angreifen, sondern mit andächtigen Lobsprüchen verherrlichen soll. –

4) Ein gewisser Richter, Alexander mit Namen, hatte mit seiner giftigen Zunge so viele Leute, als er nur konnte, von der Verehrung des seligen Franziskus abgehalten; zur Strafe hiefür wurde er nach göttlichem Gerichte der Sprache beraubt und blieb sechs Jahre stumm. Da er nun daran gestraft wurde, womit er gesündigt hatte, so that er von Herzen Buße und bereute es, die Wunder des Heiligen verunglimpft zu haben. Darum legte sich der Unwille des barmherzigen Vaters, er nahm den Büßer, der ihn demüthig anrief, in Gnaden auf und gab ihm die Sprache zurück. Von dieser Zeit an weihete dieser Mann die Zunge, womit er früher gelästert, dem Lobe des Heiligen, da die Strafe ihn Zucht und Andacht gelehrt hatte. –

Von einigen andern verschiedenartigen Wundern.

1) In dem Dorfe Gallian, zur Diözese Valve gehörig, lebte eine Frau, Maria mit Namen, die Christus und dem seligen Franziskus treu diente. Als sie an einem heißen Sommertage auf's Feld gegangen war, um mit Handarbeit ihren Lebensunterhalt zu verdienen, wurde sie bei der glühenden Hitze fast ohnmächtig vor Durst. Nirgends war ein erfrischender Trunk zu haben, weil sie sich allein auf einem dürren Gebirge befand. Halbtodt lag sie auf dem Boden und flehete mit frommer Andacht des Herzens zu ihrem Patron, dem heiligen Franziskus. Während nun die Frau in diesem inbrünstigen und demüthigen Gebete verharrte, schlummerte sie ein, von Arbeit, Durst und Hitze äußerst erschöpft. Nun siehe! Jetzt kommt der heilige Franziskus herbei, ruft sie beim Namen und spricht: Stehe auf und trink von dem Wasser, das dir und vielen andern von Gott geschenkt wird. Auf diesen Ruf erhebt sich die Frau vom Schlafe, zieht den Kieselstein, der neben ihr liegt, aus dem Boden, gräbt mit einem kleinen Stabe ringsumher und findet Quellwasser, das zuerst nur ein Tröpfchen zu sein schien, aber durch göttliche Kraft plötzlich zu einem Bache wurde. Die Frau trinkt sich satt und wäscht sich dann die Augen, an welchen sie schon seit Langem gelitten hatte. Sobald das Wasser die Augen berührt, werden sie auch von dem Uebel geheilt. Schnell eilt die Person nach Hause und erzählt zur Verherrlichung des heiligen Franziskus allen dieses staunenswerthe Wunder. Auf den Ruf dieses Wunders kommen von allen Seiten viele herbei und lernen aus Erfahrung die übernatürliche Kraft dieses Wassers kennen. Denn nach abgelegter Beichte werden sehr viele durch Berührung desselben von verschiedenartigen Gebrechen und Krankheiten befreit. Bis zum heutigen Tage ist die Quelle dort zu sehen, und zur Ehre des seligen Franziskus hat man daselbst eine Kapelle errichtet.

2) Bei St. Fakundo in Spanien bewirkte der Heilige in wunderbarer Weise, daß ein verdorrter Kirschbaum wieder grünte, blühete und Früchte brachte. Die Landleute bei Vilesien befreite er von der Plage der Würmer, die ihre Weinberge zerfraßen. Der Kornspeicher eines gewissen Priesters bei Palentia war jedes Jahr voll von Kornwürmern, auf Anrufung des heiligen Franziskus aber wurde der Speicher vollständig gereinigt. Das Gebiet eines gewissen Herrn von Petra mala in Apulien blieb auf Fürbitte des heiligen Vaters ganz frei von einer verheerenden Viehseuche, wiewohl alles Vieh der Umgegend dahingerafft wurde. –

3) Ein gewisser Mann, Martinus mit Namen, hatte sein Hornvieh weit vom Dorfe auf die Weide getrieben. Durch Zufall stürzte einer der Ochsen, und brach so schlimm das Bein, daß kein Gedanke an Rettung war. Da er nun das Thier gerne hätte tödten mögen, hiezu aber kein Werkzeug hatte, so ging er nach Hause, empfahl jedoch mit gläubigem Vertrauen das gefallene Thier dem Schutze des Heiligen, damit er es während seiner Abwesenheit vor den Wölfen schütze. In der Frühe des folgenden Morgens kommt der Mann mit dem Abdecker an die Unglücksstätte zurück, findet aber das gefallene Thier auf der Weide grasen, und das gebrochene Bein so vollkommen wiederhergestellt, daß man es von den andern nicht unterscheiden konnte. Der Mann dankt dem guten Hirten, der ihm sein Vieh bewacht und geheilt hatte.

Der demüthige heil. Franziskus weiß allen zu helfen, die ihn anrufen und verschmähet es nicht, auch in geringen Nöthen den Menschen beizustehen. Denn einem Manne von Amiterno stellte er ein Stück Vieh zurück, das ihm gestohlen war. Eine Frau von Interdoko zerbrach eine neue Schüssel in viele Stücke; der Heilige stellte sie vollkommen wieder her. Deßgleichen that er einem Manne vom Ulmgebirge in der Mark, dem seine Pflugschaar gebrochen war.

4) In der Diözese Sabina starb die Tochter einer alten achtzigjährigen Frau und ließ ein unmündiges Kind zurück. Da nun die Großmutter selbst das Kind an ihrer Brust nicht nähren konnte, und auch keine andere Frau zu finden war, welche es säugen wollte, so wußte die gute Frau nicht, wie zu helfen. Das Kind war schon matt und schwach geworden. In dieser äußersten Noth wendet sich die Greisin eines Nachts von ganzem Herzen und unter einem Strome von Thränen an den heiligen Vater Franziskus und flehet ihn an um Hilfe. Sogleich ist der Liebhaber der Unschuld zugegen und spricht: O Frau, ich bin Franziskus, den du mit so vielen Thränen angerufen hast; gib dem Kinde deine Brust; denn der Herr hat sie dir reichlich mit Milch gefüllt. Die alte Frau erfüllt des Heiligen Befehl, und sogleich träufelt aus der Brust der Achtzigjährigen Milch in Ueberfluß, das arme Kind zu stillen. Diese wunderbare Hilfe des Heiligen ward allen Leuten der Umgegend bekannt; viele Männer und Frauen kamen herbei, dieses außerordentliche Schauspiel zu sehen. Und da die Zunge nicht läugnen konnte, was die Augen bezeugten, so wurden alle angetrieben, Gott zu loben wegen der wunderbaren Kraft und liebenswürdigen Güte seines Heiligen.

5) Bei Spoleto lebten zwei Edelleute, die einen einzigen Sohn hatten, den sie als eine Schande ihres Namens täglich beweinten. Denn die Arme des Kindes waren am Halse fest gewachsen, die Kniee lagen an der Brust und die Füße waren mit der Nase verbunden; sie hatten also mehr eine Art Ungeheuer als einen Sohn. Die Mutter besonders empfand wegen dieses Unglücks großen Kummer und flehte oft unter Thränen zu Christus, er möge ihr um des heiligen Franziskus willen in ihrem Unglücke und in ihrer Schande gnädigst zu Hilfe kommen. Während sie nun einmal Nachts, von Kummer über ihr Mißgeschick ermüdet, traurig einschlief, erschien ihr der heilige Franziskus, tröstete sie mit zärtlichen Worten und gab ihr den Rath, sie möchte nach einem nahen, ihm geweihten Orte den Knaben tragen, ihn mit Wasser aus dem Teiche, der an jenem Platze war, im Namen des Herrn übergießen und so werde er die volle Gesundheit erlangen. Jedoch die Frau unterließ es, den Rath des Heiligen zu erfüllen; darum erschien er wieder und gab denselben Rath. Da aber die Weisung des Heiligen noch nicht beachtet wurde, so erschien er zum dritten Male und führte die Mutter mit ihrem Kinde bis zur Thüre des oben erwähnten Ortes. Auch einige vornehme Damen kamen um dieselbe Zeit hierher, um andachtshalber diese Stätte zu besuchen. Nachdem diese von der unglücklichen Mutter die Erscheinung vernommen hatten, stellten sie beide, Mutter und Kind, den Franziskaner-Vätern vor; hierauf schöpften sie Wasser aus dem Teiche und die angesehenste der Damen goß es mit eigenen Händen über das Kind. Sogleich hatte jedes Glied seine natürliche Lage, und der Knabe war geheilt. Dieses große Wunder versetzte alle in Staunen.

6) Ein gewisser Jüngling von Riparolio bei Segusa, sein Name war Aberinus, trat in den Franziskanerorden. Während der Zeit seines Noviziates verfiel er in Folge eines heftigen Schreckens in Wahnsinn, wurde an der ganzen rechten Seite gelähmt und verlor zugleich Gehör und Sprache, Bewegung und Gefühl. Schon mehrere Tage hatte der Unglückliche zum größten Leidwesen der Brüder im Bette zugebracht. Jetzt nahete das Fest des heiligen Franziskus; und da er an der Vigil desselben einige lichte Augenblicke hatte, so rief er mit gläubigem Herzen, wenn auch mit gebrochener Stimme, so gut er konnte, zum lieben Vater. Mitternacht kam; alle Brüder waren in der Kirche und sangen andächtig das Lob Gottes. Jetzt erscheint der selige Vater, angethan mit dem Franziskanerkleide und steht neben dem Novizen auf der Krankenstube; starkes Licht durchströmt das Zimmer. Der Heilige streicht sanft mit der flachen Hand vom Kopfe bis zu den Füßen über die rechte Seite des Kranken, legt ihm seine Finger in die Ohren, drückt ihm ein Malzeichen auf die rechte Schulter und spricht: Dieses Zeichen soll dir ein Beweis sein, daß dich Gott durch mich, dessen Beispiel du im Orden nachahmen wolltest, vollkommen geheilt hat. Und da er ohne Gürtel lag, that er ihm einen Gürtel um und sprach: Stehe auf und gehe in die Kirche, um Gott in Gemeinschaft mit den Brüdern den schuldigen Dank abzustatten. Hierauf wollte der Jüngling den Heiligen mit der Hand fassen und aus Dankbarkeit seine Füße küssen; der selige Vater aber entschwand seinem Blicke. Der Noviz war gesund an Geist und Leib, Gefühl und Sprache waren gänzlich wieder hergestellt. Er ging in die Kirche und wohnte dem göttlichen Offizium bei. Die Brüder und die Weltleute, welche in der Kirche waren und den Novizen gelähmt und ohne Verstand gesehen hatten, konnten sich nicht genug wundern. Viele von denen, welche den Verlauf dieses Wunders hörten, wurden von Andacht zu Christus und dem seligen Franziskus entzündet.

7) In dem Dorfe Chora, das zur Diözese Ostia gehört, hatte ein gewisser Mann ein so schlimmes Schienbein, daß er keineswegs mit diesem Beine gehen noch dasselbe bewegen konnte. Da er nun in dieser großen Noth auf menschliche Hülfe keine Hoffnung setzen konnte, fing er eines Nachts an, mit dem seligen Franziskus zu sprechen, als stünde er vor ihm, und sich in folgender Weise bei ihm zu beklagen: Hilf mir, heiliger Franziskus! Gedenke meiner Dienste, gedenke meiner Verehrung gegen dich! Denn auf meinem Esel habe ich dich getragen, deine heiligen Hände und Füße habe ich geküßt, ich war dir immer zugethan, hatte stets eine wohlwollende Gesinnung gegen dich; siehe, jetzt sterbe ich an diesen schrecklichen Schmerzen. Durch diese Klagen wurde der heilige Vater sogleich gerührt, gedachte der Wohlthaten, zeigte sich dankbar für die Liebe; er erschien in Begleitung eines Bruders dem Manne im wachenden Zustande und sprach zu ihm: Auf dein Gebet bin ich gekommen und bringe dir Heilung. Dann berührte er die schlimme Stelle mit einem kleinen Stabe, der die Gestalt eines griechischen T ( Τ) hatte; das Geschwür brach auf und der Mann ward sogleich gesund. Was jedoch noch wunderbarer ist, das Τ, dieses heilige Zeichen, blieb auf der Stelle, wo das Geschwür gewesen war, zum Andenken an das Wunder zurück. Mit diesem Zeichen versiegelte der heilige Franziskus seine Briefe, wenn er nicht amtliche, sondern Freundschafts-Briefe schrieb.

Nun siehe! nachdem wir die verschiedenen Wunder des glorreichen Vaters Franziskus angeführt haben, sind wir nicht ohne göttliche Fügung und wegen der Verdienste jenes ruhmreichen Bannerträgers des heiligen Kreuzes zum Zeichen des Heiles, zum Τ, gekommen. Hieraus sollen wir lernen, daß, wie das Kreuz diesem Soldaten Christi, der seinem Feldherrn folgte, eine reichliche Quelle des Verdienstes zum Heile wurde, eben dieses Kreuz ihm auch in seiner Verherrlichung mit Christus ein unwiderleglicher Beweis für seine Ehre geworden ist. Ja, dieses große und wunderbare Geheimniß des Kreuzes, in dem alle Gnadengaben, alles Verdienst der Tugend, alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft so tief vergraben liegen, daß sie vor den Weisen und Klugen dieser Welt verborgen bleiben; dieses Geheimniß des Kreuzes ward diesem Kleinen so vollkommen enthüllt, daß sein ganzes Leben nur den Spuren des Kreuzes folgte, nur des Kreuzes Süßigkeit verkostete, nur des Kreuzes Ruhm verkündete. Denn beim Anfange seiner Bekehrung konnte er in Wahrheit mit dem Apostel sprechen: Mir aber sei es fern, mich in etwas anderem zu rühmen, als in dem Kreuze unsers Herrn Jesu Christi. Und von seinem Wandel als Ordensmann konnte er ebenfalls in aller Wahrheit sagen: Wer immer dieser Regel folgt, über dem sei Friede und Barmherzigkeit. Aber am Ende seiner Laufbahn konnte er mit der vollsten Wahrheit hinzufügen: An meinem Leibe trage ich die Wundmale Jesu des Herrn. Aber auch dieses Wort wünschen wir täglich von dir zu hören: Die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und sein Geist sei mit euch, Brüder. Amen.

Wohlan denn, glorreicher Fahnenträger Christi! rühme dich ohne Furcht der Ehre des Kreuzes; denn mit dem Kreuze hast du angefangen, nach der Regel des Kreuzes bist du fortgeschritten, im Kreuze hast du vollendet, durch das Zeugniß des Kreuzes wird allen Gläubigen bekannt, welche große Herrlichkeit du im Himmel besitzest. Mit Zuversicht und ohne Bangen mögen dir folgen, die aus Aegypten herausgehen; denn mit dem Stabe des Kreuzes Christi zertheilen sie das rothe Meer, durchziehen die Wüste und, nachdem sie durch den Jordan dieses sterblichen Lebens gegangen sind, werden sie durch die wunderbare Macht dieses Kreuzes eingehen in das verheißene Land der Lebendigen. Dorthin möge uns führen der wahre Hirt des Volkes, unser Erlöser Jesus Christus, der Gekreuzigte, durch die Verdienste seines Dieners Franziskus. Alles zur Ehre und Verherrlichung des dreieinigen Gottes, der da lebt und herrscht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Soweit der heilige Bonnventura.


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