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Elftes Kapitel.

Fortsetzung der Geschichte Edgar Vaughan's.

 

Am Sonnabend Abend war ein vortreffliches Mahl in Bereitschaft, und neben dem Teller des Signors am obern Ende des Tisches stand eine Flasche seines Lieblingsweines Rogliano. Der kleine Harry, der schon Alles sprechen konnte, was man ihm vorsagte, und ganz genau wußte, was gut war, oder vielmehr was gut schmeckte, dieses geliebte Kind durfte aufbleiben, damit Großpapa ihn küssen solle. Dies war nach dem Glauben der Kinderstube das wirksamste Mittel, um ihnen Beiden sanften Schlaf zu sichern.

Ach, die runde Kinderwange wurde nie wieder von dem Silberbarte im Kusse gestreift. Die ganze Nacht hindurch warteten wir unter verwunderter Besorgniß. Der schreiende Harry wurde zu Bette gebracht, kein Großpapa erschien. Um Mitternacht rauschten die Oliven, und ich eilte hinaus. Später knarrten die Thüren, und ich öffnete sie – Alles vergebens. Es ließen sich weder Schritt und Stimme des Greises, noch das Bellen seines Lieblingshundes oder die wiehernde Begrüßung des Pferdes für dessen schläfrige Gefährten im Stalle hören.

Den ganzen Sonntag verlebten wir in furchtbarer Unruhe, während wir uns gegenseitig hundert Mal durch die Versicherung zu trösten suchten, daß der alte Mann einen Abstecher nach Prato gemacht haben müsse, um einen dort lebenden alten Freund zu besuchen. Als der Morgen anbrach, und noch keine Nachrichten von ihm eintrafen, begab ich mich unter einem Thränenstrom Lily's auf den Weg, um den geliebten Vater zu suchen. Dem alten Füselier wurde die Bewachung überlassen, und ich nahm zwei junge, rüstige, mit den Gebirgswegen vertraute Männer mit mir. Wohlberitten und bewaffnet beabsichtigten wir schnell vorwärts zu reiten, der Spur des Signors bis nach Corte zu folgen, um, wenn er wirklich dort eingetroffen, Genaueres über ihn zu erfahren. Es erwies sich jedoch als unnöthig, uns so weit vom Hause zu entfernen.

Auf dem ganzen öden Gebirgsweg, wo selten auch nur die Spur eines Hirten zu entdecken war, fanden wir weder Anzeichen von einem todten, noch von lebenden Menschen, bis wir zur Ponte Leccia gelangten, dem Punkte, wo die beiden Wege in einander mündeten. Hier wurde unsere Angst verdoppelt, und unsere letzte Hoffnung fast erstickt. Denn als wir uns in der Schäferhütte, wo Signor Dezio zu rasten beabsichtigt, erkundigten, erfuhren wir, daß er dort am Freitag auf seiner Rückreise übernachtet hatte. Die Frau des Hirten, welche ihn seit Jahren gekannt, versicherte uns, daß er bei wunderbarer Gesundheit und Laune gewesen sei und sogar darauf bestanden habe, daß sie mit den Männern speisen solle, was der korsischen Sitte zuwider ist. Dann habe er sich seiner großen Pläne, aber noch mehr seines schönen Enkels gerühmt. Sein Felleisen war mit Probewerkzeugen angefüllt gewesen, durch die er seinen englischen Sohn in Erstaunen zu setzen beabsichtigte, und er hatte eine Flinte von der Größe eines Hundeschweifes für den Kleinen mitgebracht, die zu benutzen er ihn selber lehren wollte. Während sie uns alles Dies erzählte und uns ihre Geschenke zeigte, weinte sie bei dem Gedanken an das, was ihm zugestoßen sein müsse. Pünktlich am Sonnabend Morgen war er wieder ausgezogen, ungeduldig wie ein Kind, seine Lieben wiederzusehen und ihnen seine Schätze zu zeigen. Aus Liebe zu der Familie Della Croce hatte ihr Mann das Pferd gut besorgt, und dasselbe hatte noch lustig in der Ferne gewiehert. Des Hirten Frau fügte hinzu, daß es in jener Gegend fast gar keine Banditen mehr gäbe seit dem Tode des großen Teodora, König der Berge, dessen Kind noch Tribut empfinge.

Nachdem wir unseren Pferden eine kurze Rast gegönnt hatten, begannen wir mit schwerem Herzen abermals die unheimliche Wildniß zu durchsuchen. Anstatt wie am Morgen zusammen zu bleiben, ritten wir jetzt in parallelen Linien nach rechts und links von dem öden Pfade, je nachdem der Boden es gestattete. Diese ganze Gegend ist sehr unfruchtbar und zerklüftet; der Weg windet sich abwechselnd an Klippenrändern und durch schmale Schluchten bergauf und bergab. Die Verödung und Einsamkeit wurde drückender, als die Schatten sich verlängerten.

Wir hatten zwei Drittel der Strecke bis zu unserem Hause gründlich durchsucht und einige Granithöhen überschritten, von denen das Meer zu erblicken war. Die Sonne stand niedrig über dem Cap Revellata, und die Nebel von den Sümpfen krochen am Fuß des Gebirges hin. Als ich hier ohne meine beiden Begleiter nach links ritt, hörte ich von weit herauf aus einer sich links von unserem Wege abzweigenden Schlucht das Bellen eines Hundes. So schnell mein ermüdetes Pferd vorwärts konnte, eilte ich auf die Höhle zu, aus welcher der Widerhall des unheilkündenden Tones, ein schwaches Bellen, das in ein schmerzliches Geheul überging, erscholl. Als ich scharf um den Felsen bog, erschreckte ich zwei riesige Geier, welche mit vorgestreckten Hälsen einen Hund umkreisten. Derselbe war so abgemagert und verhungert, daß sich seine Rippen beim jedesmaligen Bellen unter der Haut abzeichneten, aber trotzdem kämpfte er verzweifelt mit seinen widerwärtigen Feinden. Er stand über der Brust des edlen Signor Dezio. Dort lag der tapfere Kavalier, starr und steif, mit weitgeöffneten Augen, und sein weißer Bart zeigte rothe Flecke. Den königlichen Kopf gegen einen Felsen gelehnt, lag er auf dem Rücken, während seine linke Hand auf der von geronnenem Blute bedeckten Brust ruhte, und seine Rechte seitwärts vom Kinn herabhing, von wo sie im Tode fortgeglitten war. Dieselbe hatte ein kleines, unlängst angefertigtes Medaillon fest umklammert, welches eine kleine Locke von dem seidigen Haar des Kindes enthielt, die durch eine schwarze Strähne vom Haar seiner Mutter gehalten wurde. Der arme, alte Mann war mit jenem Andenken an den Lippen gestorben. Der tödtliche Schuß war von oben abgefeuert und die Kugel durch seinen ganzen Oberkörper gedrungen. Sie hatte die Lungen durchbohrt, und ich glaube, daß er nur wenig Schmerzen gelitten und sein harmloses Leben ruhig ausgehaucht hat. In seiner Nähe befand sich das Felleisen mit den Werkzeugen. Ich vermuthe, daß er mit dem Kindergewehr gespielt hatte, als er die Wunde erhielt. Es lag wenigstens abgesondert von dem Uebrigen an des alten Mannes Seite.

Während ich beim Dämmerlichte mit eisigkaltem Grausen den Schauplatz des furchtbaren Verbrechens betrachtete, wurde mir klar, daß der Greis hier abgestiegen sein mußte, um sein einfaches Mahl zu verzehren. Ein Hornbecher und eine Brodkruste befanden sich auf einem Felsstück und eine kleine Quelle rann den Abhang hinunter, an deren Rande sich hie und da die Fußspur eines Hundes zeigte. Der meuchlerische Feind hatte sich hinter ihm herangeschlichen und die ruhende Stellung des alten Mannes benutzt, um aus einem felsigen Schlupfwinkel sicher auf ihn zielen zu können. Wir fanden genau die Stelle, wo der Mörder auf der Lauer gelegen haben mußte, aber der Klippenabhang bewahrte keine Fußspur. Die Flinte und das spanische Pferd des Opfers waren fort, eine weitere Beraubung schien nicht stattgefunden zu haben.

Dieses Thal führte zu einem kürzeren wenngleich beschwerlicheren Wege nach Hause, den der Signor wahrscheinlich in seiner Ungeduld zu benutzen gedacht hatte. Ehrfurchtsvoll legten wir ihn auf das noch am wenigsten ermüdete Pferd, während ich mit dem treuen Hunde auf meinem Sattel (derselbe war zu erschöpft zum Gehen) schnell heimritt, um die traurige Nachricht zu verkünden und Hülfe zurückzusenden.

Ich hatte nicht nöthig, die schlechte Nachricht zu verkünden – Lily wußte Alles im ersten Augenblick und der Schreck erschütterte sie bei ihrem zarten Gesundheitszustand dermaßen, daß sie eine Woche hindurch mit dem Tode rang. Nach Ablauf dieser Zeit und drei Tage nach dem Begräbniß des Greises, bei dem ich seiner Tochter wegen das übliche Klaggeschrei verbot, wurde ein munteres kleines Mädchen geboren, dem die schweren Leiden der Mutter nicht geschadet hatten. Die unschuldigen Liebkosungen, oder was die Mutter dem Kindchen als solche auslegte, das freilich für ein Neugeborenes ein wunderbar liebliches Geschöpf war, trugen mehr zur Wiederherstellung meiner Lily bei, als selbst meine zärtliche Sorgfalt.

Aber obgleich sie jetzt wieder herumgehen und ihr Kind nähren konnte, das sie der Sorge keiner Anderen übergeben wollte, blieb sie in einem angstvollen und schreckhaften Zustand. Beim Knarren einer Thür, beim Nahen eines Schrittes oder beim Rauschen des Windes zuckte sie wie eine Cicade zusammen. Sie war in fortwährender Furcht vor jenem schleichenden, blutgierigen Reptil, das sie allein (ob mit Recht oder Unrecht kann nur Gott wissen) des Mordes ihres ehrwürdigen Vaters zieh. Noch aber blieb ihr der Trost, die Liebe eines Gatten zu besitzen, eines Gatten, der sie noch zärtlicher liebte, als zur Zeit, wo sein Lebenspfad durch Blumen geschmückt worden; und noch hatte sie die Freude, mit dem zärtlichen Scharfblick einer Mutter die knospenden Anlagen ihrer beiden süßen Babys zu beobachten. Babys nenne ich sie noch, und Master Harry war schon eine richtige Plaudertasche. Umgeben von so viel Liebe durfte ich wohl hoffen, daß sie, die Lieblichste von ihnen, an der Brust der Zeit Stärkung finden würde, wie die kleine Lily sie an ihrer eigenen Brust fand. Tief und lange betrauerten wir den alten Signor, den tapferen treuen Edelmann und unseren Berather in allen Dingen. Jeden Tag vermißten wir ihn, aber mit der Zeit konnten wir mehr darüber sprechen. Der Rogliano hatte nicht mehr den Glanz von ehedem, der Luri nicht die alte Farbe. Kein Glas von seinen Lieblingsweinen konnte ich jemals einschenken, ohne an Den zu denken, der uns die beste Art, dies zu thun, gelehrt hatte, und der jetzt meuchlings ermordet in seinem einsamen Grabe auf der Klippe St. Katharine lag.

Wir hatten unser Möglichstes gethan, um seinen Tod zu rächen. Sobald ich mein Weib allein lassen konnte, hatte ich die ganze Gegend durchsucht. Die Sbirren hatten ebenfalls alle ihre Kräfte aufgeboten, aber Nichts entdeckt. Sie sind tapfere Kerle, wenn es zum Kampfe kommt, aber nur armselige Geheimpolizisten. Nur zweierlei erfuhren wir, dem einige Bedeutung beizulegen war. Eine von diesen Nachrichten war die, daß am Freitag nach dem Morde, also an dem Begräbnißtage des Signors, der Verkauf eines spanischen Pferdes gleich dem seines Lieblings Marana in Porto Vecchio stattgefunden, das aber schrecklich matt und verhungert gewesen. Ich schickte meinen Bootsmann Petro, einen klugen und treuen Corsen, nach Porto Vecchio an der südöstlichen Küste, um die Spur zu verfolgen; denn ich selber durfte mein Weib noch nicht verlassen. Petro machte den Mann ausfindig, der das Pferd gekauft, und kaufte es ihm, wie ich bestimmt hatte, wieder ab. Die Beschreibung des ersten Verkäufers stimmte jedoch nicht mit meiner Erinnerung Lepardo's überein. Das Pferd erwies sich als die echte Marana, und es freute sich, daß es endlich wieder zu Hause war.

Die zweite Nachricht, welche auf das blutige Geheimniß Bezug zu haben schien, bestand darin, daß eine leichte, mit glattem Verdeck und dreifachen Ruderbänken versehenen Felukke dicht bei Girolata vor Anker liegend gesehen worden, und zwar zu Anfang der Woche, in welcher der Signor sein Haus verlassen hatte. Auch hörten wir, daß zwei Malteser Matrosen, welche zu dieser Felukke gehörten, in einem einsamen Orte unweit Otta ihren Aufenthalt genommen, wo sie wahrscheinlich noch anzutreffen seien.

Da Lily jetzt kräftiger war, beschloß ich, dieser Spur selbst zu folgen. So setzte ich denn meine kleine Yacht wieder in Thätigkeit und bemannte sie mit Leuten aus Calvi, denn meine ganze englische Mannschaft hatte ich schon vor langer Zeit entlassen. Frau und Kinder unter der Obhut des alten Füseliers zurücklassend, segelte ich von St. Katharine in der Absicht fort, nach drei Tagen heimzukehren. Ich kannte die Küste ganz genau, und Otta lag nicht weit von der Alabastergrube des alten Signors. Es ist eine wilde und öde Gegend, weit entfernt von belebten Wegen und wenig besucht, außer von Geächteten.

Wir fanden keine Spur von irgend welcher Wohnstätte, kein Zeichen von einer Landung, und ein bejahrter Fischer, den wir antrafen, erklärte, daß weder eine Felukke, noch sonst ein Fahrzeug kürzlich in der Nähe der Bucht gewesen sei. Ich merkte, daß ich um irgend eines dunklen Vorhabens willen von Hause fortgelockt und zum Besten gehalten war. Die öde Küste war noch ebenso einsam, die Alabasterhöhle so unberührt, wie seit unserem Picnic, dessen Spuren sich bis auf den zerstörenden Einfluß von Wind und Wetter noch unverändert vorfanden. So eilte ich mit vollen Segeln seltsam beklommenen Herzens nach St. Katharine zurück. Mein Verdruß wurde noch dadurch verstärkt, daß ein starker Nordwind aufstieg, und so kräftig unsere Yacht auch segelte, waren wir gezwungen, weit vom Lande abzubleiben. Als wir endlich die Bucht erreicht hatten, war es zu stürmisch, um die Nacht vor Anker zu legen, und ich mußte sie weiter nach Calvi schicken.

Es war bald Mitternacht, am 2. Oktober, als Petro und ich den bewaldeten Hügel hinanklommen, auf dem die alte Burg stand. Müde und niedergedrückt, wenngleich hin und wieder im Gedanken an meine Lieben erglühend, nannte ich mich einen Thoren, der sich grundlosen Befürchtungen hingab. Als wir den Gipfel des Berges erreichten, wurde meine unbestimmte Bangigkeit verdoppelt. Weßhalb waren die einfachen Oellampen am Eingang nicht angezündet? Ich hatte angeordnet, daß sie jeden Abend brennen sollten, und Lily selber hatte mir versprochen, dafür zu sorgen. Kein Anruf von dem Wächter, kein Knacken des Flintenhahns – selbst die Blendung war nicht an ihrem Platz. Wiederholt klopfte ich an die alte Thür von Kastanienholz, Niemand antwortete, Niemand kam, um zu öffnen. Keine der Schießscharten war von einem Licht erhellt, das Haus war so dunkel und schweigsam wie der es umrankende Epheu. Toll vor Schrecken rannte ich auf die kleine Seitenthür zu, aus der meine Lily mir zuerst entgegengetreten. Auch dieser Eingang war verschlossen oder auf irgend eine Weise gesperrt, und nur das Echo meines Pochens ließ sich hören. Petro und ich, wir ergriffen einen großen Steineichenzweig, den ich selber in der letzten Woche abgehauen hatte, und wir schlugen die Thür damit ein. Den Ruf »Lily, Lily!« ausstoßend flog ich von Zimmer zu Zimmer, stolperte über Möbel und stieß gegen die Thürpfosten. Weder die Stimme meines Weibes ließ sich hören, noch erschallte das Schreien meiner Kinder, kein Dienstbote antwortete mir. Alles war so still, wie zehn Klafter tief unter der Meeresfläche.

Nachdem ich durch sämmtliche Räume gestürzt war, wendete ich mich, um nach dem Dorfe zu eilen, da stieß ich gegen einen weichen Gegenstand, der vor meinem Fuße zurückwich. War es ein Sack oder irgend ein Polsterkissen? Ich bückte mich und erfaßte – meine Lily, kalt und starr am Boden liegend. Todt, meine Lily war todt! Oh, Gott konnte das nicht gewollt haben, warum hätte Er mir sonst solche Liebe für sie ins Herz gelegt?

Für Alles, was das Leben bedeutet, für Alles, was wir leisten sollen, für den Antheil, welchen die Seele an dieser Welt hat, war ich in jenem Augenblick gestorben, und dennoch brannte ein wahnsinniges Leben in mir, die Flamme der Hoffnung, welche nicht sterben wollte. Ich öffnete gewaltsam ihre geballten Hände, bog ihren starren Arm um mich, warf mich über sie, hauchte ihr meinen Athem ein und horchte, zerriß ihr einfaches Kleid und legte meine Wange an ihr Herz. Als ich keinen Pulsschlag fühlte, überströmten meine Thränen ihre kalte Brust, und ich lag eine Weile bewußtlos. Als ich dann erwachte, hatte ich ein seltsames Gefühl; sie war wohl bei mir, aber anders als sonst. Ich rief sie mit allen möglichen Liebesnamen an und glaubte, wir seien Beide im Himmel. Aber da stand Petro mit dem Licht, und wie zitterte sein Bart vor Schluchzen! Welches Recht hatte er, im Himmel zu sein? Würde er dort unrasirt eingelassen werden? Ich erhob mich, um ihn hinauszusenden, als er mir für kurze Zeit den Verstand zurückrief, indem er mit dem Finger deutend sprach: »Sehen Sie, sehen Sie, Signor! Sie ist nicht todt, ich sah ihre Augenlider zucken.«

Sie öffnete ihre herrlichen Augen ganz weit, sah mich ohne den Ausdruck der Liebe in ihnen an, schauderte und schloß sie wieder.

Wahnsinnig vor Entzücken hob ich sie empor und sandte Petro Hals über Kopf aus dem Zimmer. Sie war nicht todt, meine Lily, meine ewig Geliebte. Nun fiel sie zitternd in meine Arme, preßte ihre bleiche Wange an meine Brust und legte ihre weiße Hand auf meine Schulter.

Dann zog sie ihren Kopf hastig zurück, wie erschrocken über seinen Ruheplatz, und mit unsäglichem Vorwurf blickten mich die Augen an, in welchen die Liebe gleich dem Schein einer verlöschenden Lampe flackerte. Und wieder klammerte sie sich an mich, als ob sie hassen sollte und doch nicht anders könne, als lieben. Sie starb am nächsten Morgen. Clara, es ist mir jetzt nicht möglich, weiter zu erzählen.



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