Sagen aus Schlesien
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Der Wetterherr

Es ist wohl schon 300 Jahre her, da hat ein vornehmer Herr in Begleitung verschiedener Standespersonen und deren Dienerschaft den Riesenberg und die Teiche in Augenschein nehmen wollen. Zuvor aber hat man den Dienern ernstlich geboten, es soll sich keiner unterstehen, unterwegs beim Aufstieg in das Gebirge den Waldgeist, den man gemeinhin den Rübezahl nannte, mit Spottreden zu reizen, damit hierdurch nicht etwa ein widerwärtiges Wetter erweckt werde. Als sie nun aufgestiegen, war es anfangs schön, herrlich und lustig. Als aber die Diener, die von weitem den Herren folgten, anfingen, mit spöttlichen Reden den Berggeist heimlich hervorzulocken und mit unflätigen Namen an seiner Ehre anzugreifen, da ist eine kleine Wolke von Sonnenuntergang her aufgestiegen und eine andere ihr von Mittag her begegnet. Und als die ganze Gesellschaft an einem großen Teich angelangt war, schlossen sich die beiden Wolken zusammen und gaben einen mächtigen Platzregen von sich. Und dann kam ein furchtbares Unwetter mit Blitzen, Hagel und schrecklichem Donner, daß sie nicht anders meinten, als es gehe an ihr Leben. Und bei jedem Donner, auf den sich ein Hagelwetter entlud, sind die Berge erzittert, und die Täler sandten einen erschrecklichen Widerhall. Fast alle standen erblaßt da und wußten nicht Rat noch Hilfe, nur der Herr selbst blieb ruhig, faßte ein großes Kreuz in seine Hand und hielt es dem Blitz und den Donnerstreichen entgegen, worauf das Ungewitter kreuzweis gespielt mit einem so heftigen Ungestüm, daß es den Berg erschütterte, die zusammengetroffenen Winde sich in den großen Teich schlugen und die Gestalt eines Kreuzes bildeten, das nach einer Weile wie eine Schlange gestaltet war und so in den Abgrund verschwand.

 


 


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