Sagen aus Schlesien
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Das Bahrrecht

In Lauban lebte ums Jahr 1645 ein Bleicher, namens Gruner. Der hatte um schnöden Goldgewinstes willen einen Spitzenhändler, der bei ihm eingekehrt war, um einen Garnhandel mit ihm abzuschließen, jämmerlich erschlagen und den Leichnam, nachdem er drei Tage fest gefroren gewesen, denn es war Winterszeit, bei nächtlicher Stunde in den Queis getragen. Aber wie denn der große Bluträcher im Himmel alles ans Licht bringt, so ist auch diese Tat bald ruchbar geworden. Die Leiche wurde gefunden, und es entstand ein großer Zulauf. Der Scharfrichter und »die Jüngsten« waren bestellt, um auf den Gruner acht zu haben. Als aber der Auflauf bei der Leiche größer wird, ist auch der Mörder mit unter dem Haufen gewesen. Da haben alsbald »die Jüngsten« einen Kreis um die Leiche geschlossen, und der Scharfrichter ist in die Mitte getreten und hat mit lauter Stimme gesagt, der Mensch gehöre ihm nicht; der wäre eines gewaltsamen Todes gestorben, und der Mörder befände sich unter dem Haufen des Volkes. Hierauf haben alle bei dem Toten vorbeigehen und ihn mit den zwei Zeigefingern an der Stirne anrühren müssen. Als nun die Reihe an den Gruner kommt und er ihn anrührt, läuft das rote Blut dem Toten aus der Nase. Da hat man den Mörder sogleich ergriffen und festgesetzt.

 


 


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