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Wilhelm Hauff

1802–1827

Liebeslieder

 

Wilhelm Hauff

geboren am 29. November 1802 in Stuttgart, verlebte eine fröhliche Kindheit und siedelte nach dem frühen Tode seines Vaters nach Tübingen über, um Theologie zu studieren. Der Roman »Lichtenstein«, 1825/26, befestigte den Ruhm seiner Dichtungen. Er starb nach kurzer Krankheit am 19. November 1827.

Serenade

     Wenn vom Berg mit leisem Tritte
Luna wandelt durch die Nacht,
Eil' ich zu des Liebchens Hütte,
Lausche, ob die Holde wacht.
Seh' ich dort die Lampe glühen
In dem stillen Kämmerlein,
Möcht' ich wie der Lampe milder Schein
Spielend um die zarten Wangen ziehen.

     Mit des Lichtes schönsten Strahlen
Zög' ich um mein liebes Kind,
Farben wollt' ich um sie malen,
Wie sie nur am Himmel sind;
Sänke Schlummer ihr aufs Auge,
Löschte sie des Lämpchens Schein,
Wär' ihr letzter, süßer Blick noch mein,
Und ich stürbe sanft an ihrem Hauche.

     Nimmer darf ich um sie weben,
Wie der Lampe milder Schein,
Doch mein Lied darf zu ihr schweben,
Darf der Liebe Bote sein.
Schwebt denn Töne meiner Laute
Zu des Liebchens Kämmerlein,
Wieget sie in süße Träume ein,
Und dann flüstert: »Denke mein, du traute!«

Soldatenliebe

     Steh ich in finstrer Mitternacht
So einsam auf der fernen Wacht,
So denk ich an mein fernes Lieb,
Ob mir's auch treu und hold verblieb.

     Als ich zur Fahne fort gemüßt,
Hat sie so herzlich mich geküßt,
Mit Bändern meinen Hut geschmückt,
Und weinend mich ans Herz gedrückt!

     Sie liebt mich noch, sie ist mir gut,
Drum bin ich froh und wohlgemut;
Mein Herz schlägt warm in kalter Nacht,
Wenn es ans treue Lieb gedacht.

     Jetzt bei der Lampe mildem Schein,
Gehst du wohl in dein Kämmerlein,
Und schickst dein Nachtgebet zum Herrn,
Auch für den Liebsten in der Fern'!

     Doch, wenn du traurig bist und weinst,
Mich von Gefahr umrungen meinst –
Sei ruhig, bin in Gottes Hut,
Er liebt ein treu Soldatenblut.

     Die Glocke schlägt, bald naht die Rund'
Und löst mich ab zu dieser Stund';
Schlaf wohl im stillen Kämmerlein,
Und denk in deinen Träumen mein.

Amor der Räuber

Die Unschuld saß in grüner Laube,
Sie hielt ein Täubchen in dem Schoß;
Und Amor kam: »Gib mir die Taube;
Ein Weilchen nur gib deine Taube.«
Die Unschuld ließ sie lächelnd los,
Doch hielt sie Täubchen an dem Band,
Das sich um Täubchens Flügel wand.

Doch kaum hat er die weiße Taube;
So schneidet er den Faden ab;
Und höhnisch lachend mit dem Raube
Entflieht der Räuber aus der Laube
Und nimmer kehrt der lose Knab'.
Und als ihr Täubchen nimmer kam,
Ward sie dem Räuber ewig gram.

Ihr Auge

Ich weiß wo einen Bronnen
Voll hellem Himmelstau,
Es glänzt der Strahl der Sonnen
Aus seines Spiegels Blau;
Er ladet klar und helle
Zu süßer Wonne ein,
Es winkt aus seiner Quelle
Der Sonne milder Schein.

Mir war als sollte drunten
In seiner klaren Flut
Das arme Herz gesunden
Von seinem bangen Mut.
Ich tauchte freudig nieder,
Ins klare Blau hinab,
Mein Herz, das kam nicht wieder,
Fand in dem Quell sein Grab.

Kennst du den süßen Bronnen,
So klar und silberhell?
Kennst du den Strahl der Sonnen
Aus seinem blauen Quell?
Das ist des Liebchens Auge,
Ihr süßer Silberblick, –
Aus seiner Tiefe tauche
Ich nie zum Licht zurück.

Stille Liebe

O dürft' ich fragen, was aus ihrem Auge
Oft so entzückend mir entgegenstrahlt,
Was, wenn ich schnell mich ihrer Seite nahe,
Die Wangen ihr mit hoher Röte malt!
Ahnt sie, was meine Lippen ihr verschweigen,
Was meine Brust mit stiller Sehnsucht füllt?
Hofft' ich zu kühn? Ist es der Strahl der Liebe,
Der so entzückend ihrem Blick entquillt?

Warum hat doch ihr Händchen so gezittert,
Als ich ihr gestern guten Abend bot,
Und als ich ihr recht tief ins Auge schaute,
Was machte sie auf einmal doch so rot?
Sie hat die Rose, die ich ihr gegeben,
So sorgsam ins Gebetbuch eingelegt;
Warum wohl? Da sie sonst so gerne Rosen
Am Busen und am Sommerhütchen trägt.

Warum schwieg sie auf einmal heute stille
Und wußte nicht mehr, was ich sie gefragt?
Hat sie gemerkt, was ich ihr gerne sagte?
Ich hab' ihr's doch mit keinem Wort gesagt.
O hätt' ich Mut! dürft' ich Luisen sagen,
Was mich so still, was mich so tief beglückt!
O dürft' ich fragen, was aus ihrem Auge
Oft so entzückend mir entgegenblickt!

Trost

Die Mißgunst lauscht auf allen Wegen,
Daß sie der Liebe Glück verrät,
Doch treue, zarte Liebe geht
Auf tausend unbewachten Stegen;
Ein Druck der Hand, ein flücht'ger Blick
Sagt mir der Liebe süßes Glück.

Und zog ich auch in weite Ferne,
Es zog mit mir, mein stilles Glück,
Denn schau' ich nicht der Liebe Blick,
So blick' ich auf zum Abendsterne;
Wie ihres Auges stille Glut
Strahlt er ins Herz getrosten Mut.

Und wallen meine Tage trüber,
Und dringt kein Trost von ihr zu mir,
Und dringt mein Sehnen nicht zu ihr,
Kein Wort von ihr zu mir herüber;
Mein stilles Glück ist nicht getrübt,
Ich weiß ja doch, daß sie mich liebt.

Drum klag' ich nicht in weiter Ferne,
Weil Neid der Liebe Weg belauscht,
Wenn auch nicht Wort mit Wort sich tauscht,
Mir strahlt ein Trost im Abendsterne;
Aus seinen milden Strahlen quillt
Mir meiner Liebe trautes Bild.


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