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Friedrich Halm

Liebeslieder.

Mein Herz, ich will dich fragen

Mein Herz, ich will dich fragen,
Was ist denn Liebe, sag'?
»Zwei Seelen und ein Gedanke,
Zwei Herzen und ein Schlag!«

Friedrich Halm,

mit seinem eigentlichen Namen Eligius Franz Josef Freiherr von Münch-Bellinghausen, wurde am 22. April 1806 in Krakau geboren. Trat schon mit 20 Jahren in den Staatsdienst ein und machte eine glänzende Staatskarriere. Schon mit 34 Jahren Regierungsrat, wurde er bald hierauf Direktor der Wiener Hofbibliothek, welche er mit voller Anerkennung leitete. Die schon mit 20 Jahren geschlossene Ehe war nicht glücklich. Er brachte es bis zum Generalintendanten der Kaiserlichen Hoftheater und starb in Wien am 22. Mai 1871.

1.
Lieder der Liebe

Ich weiß den Tag, ich weiß die Stunde noch,
Da meine Seele sich zuerst gestanden,
     Sie trage deines Zaubers Joch,
Sie liege willenlos in deinen Banden.

Du ruhtest still im Moose, weißt du noch?
Am Waldsaum war's, schwül sank der Abend nieder,
     Du schliefest, oder schlossest doch
Im wachen Traum die müden Augenlider!

Ich aber, zitternd über dich gebückt,
Ich sah dich an in selig scheuen Zügen,
     Von Schmerz zugleich und Lust durchzückt
Bis plötzlich du die Augen aufgeschlagen!

Dein Blick berührt' mich, so berührt ein Blitz,
Und klar war alles! Was in dunklem Triebe
     Mein Herz ersehnt', war dein Besitz,
Und was zu mir dich zog, war deine Liebe!

Ich weiß den Abend, weiß die Stunde noch!
Heiß war der Tag, Gewitter in den Lüften,
     Und nachtendes Gewölke kroch
Empor schon feindlich aus der Berge Klüften!

Wir kehrten heim; denn finstrer stets ringsum
Begann der Himmel drohend sich zu schwärzen,
     Wir aber trugen selig stumm
Des Glückes vollen Sonnenschein im Herzen!

2.
Eins möcht ich sein!

     Eins möcht' ich sein!
Auf deines Lebens dunkler Flut
Der Strahl, der zitternd auf ihr ruht
     Vom Mondenschein!

     Eins möcht' ich sein!
In deines Lebens Wüstensand
Der Born, an dessen Schattenrand
     Du schlummerst ein!

     Eins möcht' ich sein!
Wenn alles dir entflieht wie Traum,
Das Blatt, das dir am Lebensbaum
     Noch grünt allein!

     Eins möcht' ich sein!
Wenn tote Stille dich umringt,
Das Vöglein, das dir Hoffnung singt
     Ins Herz hinein!

     O laß mich's sein!
Im Jugendflor und grauen Haar
Laß eins mich bleiben immerdar:
     Dein, ewig dein.

3.
Flamme der Liebe

Wohl zehrt an mir der Krankheit Qual,
Dünn wird mein Haar, mein Antlitz fahl,
Du aber loderst noch wie vor
In tiefster Brust mir hell empor,
Flamme der Liebe!

Ob welkend auch, der Jahre Raub,
Der Leib dahinsinkt, Staub zum Staub:
Dich nähren, stockt das träge Blut,
Der Seele Mark, des Geistes Glut,
Flamme der Liebe!

Du stirbst nicht, zieht der Geist auch aus
Aus seinem morschen Erdenhaus;
Du hüllst noch in Verklärungsschein
Den Heimberufnen leuchtend ein,
Flamme der Liebe!

Du stürzest mit ihm licht und hehr
Dich in das ew'ge Strahlenmeer,
Wo jede Welle, die da schwillt,
Wo jeder Tropfen, der da quillt,
Flamme der Liebe!

4.
Bei dir sind meine Gedanken

     Bei dir sind meine Gedanken
Und flattern um dich her;
Sie sagen, sie hätten Heimweh,
Hier litt' es sie nicht mehr!

     Bei dir sind meine Gedanken
Und wollen von dir nicht fort;
Sie sagen, das wär' auf Erden
Der allerschönste Ort!

     Sie sagen, unlösbar hielte
Dein Zauber sie festgebannt,
Sie hätten an deinen Blicken
Die Flügel sich verbrannt.

Letzter Wille.

Wenn einst der Tod an mein Lager tritt,
Drei Stücke gib in den Sarg mir mit:

Geraniumblüte, brennend rot,
Wie meine Lieb' war bis zum Tod;

Ein duftend Röslein auch leg' hin,
Wild wachsend wie mein freier Sinn;

Ein Lorbeerzweig lieg' auch dabei,
Ein Zweig nur, daß kein Kranz es sei!

Dann setz' an meinen Sarg dich hin
Und weine, daß ich gestorben bin;

Und sprichst du dann: Wie der, wie der,
So liebt mich niemand auf Erden mehr!

Dann ist mein Tagewerk getan,
Dann schwingt mein Geist sich himmelan!

Du weißt es nicht.

     Du weißt es nicht, du weißt es nicht!
Wenn stumm mein Auge hängt an deinem,
     Dein blasses Kinderangesicht
Sich lächelnd niederbeugt zu meinem,
     Wenn deine Stimme zu mir spricht
Mit süßem Nachtigallenkosen,
Was da für Stürme in mir tosen,
     Wie da mein Herz schwillt, blutet, bricht,
     Du weißt es nicht, du weißt es nicht!

     Du weißt es nicht, du weißt es nicht!
Oft wollt' ich schon die Brust entladen
     Von ihres Grames Bleigewicht
Und deine Hand in Tränen baden
     Und flehen – nein, ich wag' es nicht!
Du würdest sprechen: »Treu, besonnen
Hast mein Vertrauen du gewonnen;
     Was jetzt von deinen Lippen spricht,
     Versteh' ich nicht, versteh' ich nicht!« –

     Verstehst du's nicht, verstehst du's nicht,
Wie Zagen bald und bald Verlangen
     Mit Dornen mir das Herz umflicht,
Wie meine Arme nach dir langen,
     Wie du allein mir Luft und Licht,
Wie du allein mir Reiz und Leben –
Nein, Lippe, laß kein Wort entschweben,
     Das ihrer Seele Frieden bricht –
     Sie wiss' es nicht, sie wiss' es nicht!

Mein Herz, ich will dich fragen

Mein Herz, ich will dich fragen,
Was ist denn Liebe, sag'? –
»Zwei Seelen und ein Gedanke,
Zwei Herzen und ein Schlag!«

Und sprich, woher kommt Liebe? –
»Sie kömmt und sie ist da!«
Und sprich, wie schwindet Liebe? –
»Die war's nicht, der's geschah!«

Und was ist reine Liebe? –
»Die ihrer selbst vergißt!«
Und wann ist Lieb am tiefsten? –
»Wenn sie am stillsten ist!«

Und wann ist Lieb am reichsten? –
»Das ist sie, wenn sie gibt!«
Und sprich, wie redet Liebe? –
»Sie redet nicht, sie liebt!«

Beim Abschied

1.

Ich müh mich ab und kann's nicht verschmerzen
Und kann's nicht verwinden in meinem Herzen,
Daß ich den und jenen soll sehen,
Im Kreis um mich herum sich drehen,
Der mich nicht machte froh noch trübe,
Ob er nun ginge oder bliebe,
Und nur die eine soll von mir wandern,
Für die ich ertragen all' die andern.

2.

     Es müßte nicht geschieden sein,
     Wärst du nur klein, recht klein;
     Dann sperrt' ich dich in einen Schrein,
     Gefügt aus Gold und Edelstein,
     Und hing' dich an ein Kettelein
     Und trüge dich am Herzen mein,
     So müßt' es nicht geschieden sein;
     Wärst du nur klein, recht klein!

3.

Leben, Leben! – Wie fang ich's an,
Wenn mir kein Tag mehr sagen kann,
Ich bring' dir dies, ich bring' dir das,
Wenn nur die Zeit bleibt, ohne Maß,
Wenn die Sonne dem Tag gebricht
Und den Nächten ihr Sternenlicht,
Der Flur das Grün, den Lüften ihr Hauch,
Wenn alles trüber Nebelrauch!
Leben, Leben! – Wie wird das sein,
Wenn du mir fern bist, und ich allein?

Was bleibt

     Ob Furcht und Angst dich quäle,
Ob Trübsal dich umwebt,
Laß eins dich trösten, Seele,
Dir bleibt, was du erlebt!

     Nicht bloß, was wir genossen
An Freuden da und dort,
Auch was wir unverdrossen
Gewirkt in Tat und Wort;

     Die Siege, die uns glückten
Trotz Mißgunst, Groll und Neid,
Die Lorbeern, die wir pflückten
Und trugen unentweiht;

     Uns bleibt, ob alles schwände,
Was Zeit uns flüchtig gibt,
Es bleibt uns bis ans Ende,
Was wahrhaft wir geliebt!

     Mag auch die Form zerstieben,
Wie Glas im Anstoß bricht,
Die Seele, die wir lieben,
Stirbt unsrer Liebe nicht!

     An diesem Trost lern' halten,
O Herz, in deiner Pein!
Es wechseln die Gestalten,
Was du erlebt, bleibt dein!

Gute Nacht

Gute Nacht! Nicht Ruhe finden
Könnt' ich, trüg' ich nicht den Winden
     Diesen Gruß an dich noch auf!
     Scheint mir doch des Tages Lauf
Erst beschlossen und vollendet,
Wenn ich sprach dir zugewendet: Gute Nacht!

Gute Nacht! Küßt morgen wieder
Frührot dir die Augenlider,
     Hauch' ich: »Guten Tag!« dir zu.
     Eins und alles ja bist du
Meinen Tagen, vom Beginnen
Bis zum Gruß, wenn sie verrinnen: Gute Nacht!

Gute Nacht! Bald still erbittert
Sag' ich's, bald von Lust durchzittert,
     Wie's die Stunde bringen mag;
     Doch ich weiß nicht einen Tag,
Daß ich, sinkend auf mein Bette,
Nicht im Geist gesagt dir hätte: Gute Nacht!


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