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Fünfundzwanzig Kleinigkeiten.

 

1.

Mit einem Veilchenstrauß.
An eine junge Dame.

Die armen Blümchen träumten heut' Nacht
Sie ständen an Edens Pforten.
Sie wurden an Deinen Busen gebracht –
Der Traum ist Wahrheit geworden!

 

2.

Mit einem Strauße gelber Nixenblumen,
einem jungen Mädchen dargebracht.

Dich sah der Neck: zum Strauß hab' ich die Blumen hier vereint;
Die goldnen Thränen sind es ja, die er um Dich geweint.

 

3.

Zwei braune Augen sah mein Blick,
D'rin lag meine Welt, meine Heimath, mein Glück,
D'rin flammte der Geist und des Kindes Frieden,
Und nie und nimmer vergess' ich's hienieden.

 

4.

Als sie sang.

Wenn einst die Welt nicht lauscht mehr Deinem Sang,
Bezaubert mich noch Deiner Lippe Klang;
Flieht einst das Jugendlächeln Deinen Mund,
Ich schau' in Deiner Augen tiefem Grund
Ein großes Herz, ein engelrein Gemüth.
Doch was blieb Dir von mir? – Ein altes Lied.

 

5.

Als sie tanzte.

Verkörpert sich der Ton? O wunderbar!
Erhielt die Rose Schwingen? Ja, fürwahr!
Wir wünschen es –- es ist gescheh'n:
Wir haben Dich im Tanz geseh'n.

 

6.

An die Schauspielerin Frau Heiberg,
mit meinen Märchen.

Man glaubte sonst, es gebe keine Feen,
Es sei ihr Reich dem Märchen nur beschieden;
Du kamst, und Jeder hat entzückt geseh'n,
Daß es in Wahrheit Feen giebt hienieden.

 

7.

Mit Hegels »Philosophie der Geschichte.«

Auf hohem Felsenkamm wir stehen,
Es klopft das Herz uns bang zumal;
Ein Weltendrama von Ideen
Rollt sich uns unten auf im Thal.

 

8.

In das Stammbuch des Malers Melby.

Du sollst nicht buhlen um der Kleinen Gunst,
Nicht kümm're Dich, was auch beginnt der Haufe;
Dir ward der Gottheit Kuß, die heil'ge Kunst,
Und sagen darfst Du dreist: mir ward die Taufe.

 

9.

In das Stammbuch von Felix Mendelssohn-Bartholdy. 1841.

Als Orgeltöne durch die Kirche klangen,
Tauft' man ein Kind, das Felix ward genannt.
Ja » Felix!« Gottes Engel sangen!
Der Tonkunst Scepter ruht in seiner Hand.

 

10.

An die dänische Schauspielerin Fräulein Petersen als Pernille.

In einem Verschen möcht' ich's wohl gesteh'n –
Die Hand zuvor: Sie werden doch nicht roth! –
Hätt' als Pernille Holberg Sie geseh'n,
Fand ihn als Junggesellen nicht der Tod.

 

11.

In das Stammbuch einer jungen Dame.

Wo um die Mauer sich die Rose schlinget,
Wo in den Wogen spiegelt sich die Flur,
Vom Frosch zur Nachtigal ein Jedes singet –
Dort in der reichen dänischen Natur,
Naht sich ein Engel aus der bessern Zone:
Ich weiß ein Herz, das er erkor zum Throne.

 

12.

Der Umziehetag im April.

Am Keller, in der Stube, ja selbst hoch unterm Dach
Lernt man, was Chaos heißt: es ist der Umziehtag.
Nun kommt der Leichenwagen; sieh! das Gefolg' ist groß;
Es ist ein Herr: er legte die Hände in den Schooß.
Er ziehet um – und darf man dem Tageblatte trauen,
Wird künftig er im Himmel sich seine Wohnung bauen.
Jetzt ist er schon dort oben und macht sein Kompliment,
Allein ich fürchte wirklich, in den April er rennt.

 

13.

Mit Schillers Gedichten.

Ein Rosenflor entsprang aus seinem Herzen,
Das brechen mußte in des Todes Schmerzen;
In jeder Rose ist ein Gott zu sehn,
Und diese Blumen werden nie vergeh'n.

 

14.

Mit Rückerts Gedichten.

Gleich dem Vogel auf sich Rückert schwingt
In des Sprachgebiets Umhegung:
Alles tanzt gleich. Alles klingt,
Jedem Buchstab' wird Bewegung.
Besser kennt er, als wir's ahnen,
Dichterkarten bunt Gemisch;
In der Sprache der Germanen
Ist er wie im Fluß der Fisch.

 

15.

In alten Sagen erklingt die Kunde,
Es stirbt auf dem tiefen Meeresgrunde das Muschelthier,
Sobald es geschaffen der Perle Zier.
O Liebe! Du wardst meinem Herzen gegeben:
Doch die Perle kostet das Leben.

 

16.

Du gabst mir Blumen, sie verwelkten bald,
Doch in veränderter Gestalt
Entstiegen sie dem Grabe wieder:
Erkenne sie – die Blumen wurden Lieder.

 

17.

Impromptu an Thorwaldsen
als er Holbergs Büste in Thon modellirt hatte.

»Nicht lebe Holberg mehr, der Dänensohn!
Ich brech' den Thon, der seinen Geist umgeben!«
So sprach der Tod. »»Und aus dem kalten Thon,««
Rief Thorwaldsen, »»soll Holberg wieder leben.««

 

18.

Devise mit einer Laterne ohne Licht,
als Geschenk auf einem Christbaume.

Daß diese Leuchte ohne Licht, geschieht aus guten Gründen:
Wie Du den Mangel heben kannst, wirst selber wohl Du finden.
Steck Deinen eignen Witz hinein: Du siehst ihn ja so gerne;
Und solch' ein kleines Stümpfchen paßt gar schön in die Laterne.

 

19.

Mit dem Portrait der Tänzerin Lucile Grahn

Als die Sylphide Taglioni schied,
Empfand die Seinestadt ein schweres Weh;
Da sandt' an Frankreich Dänemark die Seine –
Die Rosenknospe aus des Nordes Schnee.

 

20.

In eine junge Dame,
mit einem Exemplare des Bilderbuches ohne Bilder.

Wär' hier ein kleiner Spiegel auf dem Deckel,
Und Sie, mein Fräulein, gingen dann vorbei:
So fände man, daß just das schönste Bild
Das Erste in dem Buche sei.

 

21.

In einen jungen Ehemann,
mit seiner Mutter Portrait im Namen seiner Gattin.

Wohl weiß ich, Eine liebtest Du vor mir:
Hier schenk' ich Deine erste Liebe Dir.

 

22.

Nach dem Russischen.

Sie ist so weiß, so lieb und hehr,
Nichts Weiß'res ist zu finden mehr;
Ich liebe sie und das so sehr,
Daß ich sie nicht kann lieben mehr.

Nun ist sie todt so lieb und hehr,
Und lächelt weißer noch viel mehr;
Jetzt ist sie todt, o Gram so schwer,
Ich muß sie lieben jetzt noch mehr.

 

23.

Die medicäische Venus.

Aus Meeresschaum, so weiß, so lind,
Schön, wie ein Gott es nur ersinnt,
Sie ewig jung sich hebt;
Die Menschen all' begräbt der Tod,
Der nimmermehr der Liebe droht:
Die Göttin ewig lebt.

 

24.

An eine junge Dame.
Mit meinem Portrait.

Erblickst Du dieses Bild in spätern Tagen,
Gedenkst Du wohl der »Herzensmelodieen«.
Sprich dann: Ich hatt' ihn lieb – Du darfst es sagen;
Man weiß, Du meinst nur seine Poesieen.

 

25.

Gebet.

Gott, unsre feste Burg in Noth und Leid,
Deß Sonnenstrahl des Lebens Wolken scheuchet,
O, stärke unsern König allezeit,
Daß Dänmarks Glück und Frieden nie erbleichet.
Der Sieg verlasse unsre Banner nicht,
Die Liebe nicht und jedes edle Streben;
Und wenn das Urtheil einst Gott allen Reichen spricht,
Mög' Dänmark lilienrein sich aus dem Meer erheben.

 


Schnellpressendruck von Fr. Nies in Leipzig.

 


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