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Das sterbende Kind.

Mutter, ich bin müde und ich sehne
Mich, zu schlafen an dem Herzen Dir.
Heiß auf mein Gesicht fällt Deine Thräne,
Weine länger nicht, versprich es mir!
Hier ist's kalt und draußen Stürme wehen.
Doch im Traum ist Alles licht und klar.
Engelskindlein hab' ich dort gesehen
Immer, wenn mein Aug' geschlossen war.

Horch, Musik! Von ferne klingt es leise;
Ach! zu meiner Seite steht ein Knab',
Flügel hat er, Mutter, schöne weiße.
Die gewiß der liebe Gott ihm gab.
Grün und roth und golden seh' ichs schweben:
Blumen streu'n sie mit den Händen sein.
Sag', bekomm' ich Flügel auch im Leben,
Oder muß ich erst gestorben sein?

Warum hältst Du meine Hand so bange,
Drückst den Mund so fest auf mein Gesicht?
Naß, doch feuerheiß ist Deine Wange.
Mutter, ich bin Dein und laß Dich nicht.
O laß Deine Thränen nicht mehr fließen.
Weinst Du länger, weinen muß auch ich.
Bin so müd; mein Auge will sich schließen; –
Mutter, sieh, nun küßt der Engel mich!


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