Julius Wolff
Der Raubgraf
Julius Wolff

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Viertes Kapitel.

Ein junger Kleriker führte den Stiftshauptmann über Treppen und durch steingraue Hallen in einen gewölbten, von einer Hängelampe nur matt erleuchteten Gang, an dessen Ende still und zurückgezogen die Wohngemächer des Bischofs lagen. Dort in einem geräumigen, üppig ausgestatteten Zimmer ließ er den Gast in Erwartung des Hausherrn allein, und Herr Willekin war nicht leicht zumute, als er nun unmittelbar und in einer ihn fremd anschauenden, seltsam befangenden Umgebung vor einer vielleicht verhängnisvollen Unterredung stand.

Bald trat der Bischof ein, in bis auf die Füße reichendem violettem Gewand, eine jugendlich schlanke Gestalt mit bleichen, edel geformten Zügen, denen zwei große dunkle Augen einen vornehm gebietenden Ausdruck verliehen.

Der Stiftshauptmann verneigte sich tief, und Bischof Albrecht redete ihn mit den Worten an: »Seid mir willkommen, Herr Stiftshauptmann! Wie geht es unserer gnädigen Frau von Quedlinburg?«

»Sie sendet Euch durch Euren gehorsamen Diener ihren freundnachbarlichen Gruß, hochwürdigster Herr!« erwiderte der Stiftshauptmann mit einer neuen Verbeugung.

»Und meldet mir ihr und ihrer hochgeborenen Damen erfreuliches Erscheinen am Tage meiner feierlichen Inthronisation,« sprach der Bischof, während ein zufriedenes Lächeln über sein Antlitz glitt.

Der Stiftshauptmann schwieg und blickte verlegen zu Boden.

»Nun? Ihr schweigt?« frug der Bischof betroffen. »Ihr wollt mir doch nicht sagen, sie käme nicht?«

»Ich wollte, ich brauchte es Euch nicht zu sagen, hochwürdigster Herr,« entgegnete der Stiftshauptmann etwas kleinlaut.

»Sie kommt nicht?!« wiederholte der Bischof mit strafendem Blick, jedes Wort laut betonend.

Willekin schüttelte langsam das Haupt.

Der Bischof machte einen Gang durch das Zimmer, seine Erregung zu bekämpfen. Dann blieb er halb abgewandt mit verschränkten Armen stehen und warf hochmütig über die Schulter: »Ich werde doch erfahren, womit sie ihr Ausbleiben entschuldigen will, Herr Stiftshauptmann?«

Der andere zögerte mit der Antwort und sagte dann: »Hochwürdigster Herr, – es sind Bedenken und notwendige Rücksichten, welche die gnädige Frau bestimmen, – der heilige Vater ist der geistliche Oberherr, und –«

»Hahaha! also darum!« lachte der Bischof, »weil das hochheilige Kollegium Papst Johanns, das in seiner babylonischen Gefangenschaft zu Avignon sich so lustige Tage macht, mir seinen Segen versagt! – Ein so zartes Gewissen hätte ich unserer schönen Schwester Jutta nicht zugetraut. Nun, ich hoffe, die scrupuli werden noch zu besiegen sein.«

»Ich bezweifle es, gnädigster Herr!«

»Wie? weil ich als deutscher Kirchenfürst mich unter die Vormundschaft des bis zur Machtlosigkeit heruntergekommenen Papstes nicht bücken und beugen, sondern meine Herrlichkeit und Freiheit, mein eigen Regiment und Willen mir wahren will, darum, darum verweigert mir die Äbtissin eines freiweltlichen Stiftes, selber eine reichsunmittelbare Fürstin, die nachbarliche Höflichkeit?« eiferte der Bischof mit unwilligem Erstaunen. »Herr Stiftshauptmann, das ist nicht der wahre Grund.«

»Und weiß kaum, hochwürdiger Herr, wie ich es Euch –«

»O besinnt Euch nur! Ihr wißt noch einen anderen,« unterbrach ihn der Bischof mit spottender Überlegenheit und fügte, da keine Antwort erfolgte, herrisch hinzu: »Seht mir ins Gesicht, Herr Willekin von Herrkestorf! kommen diese Bedenken aus der Äbtissin eigener Seele?«

»Nun denn, – nein, durchlauchtiger Herr!« antwortete der in die Enge Getriebene entschlossen.

»Aha! nicht, wirklich nicht! So will ich es Euch sagen, Herr Stiftshauptmann, woher sie stammen: der Wind weht vom Regenstein, der ihr den nichtigen Einwand, haltlos wie Nebeldunst, zugeblasen hat. Der Graf war bei Euch!«

Der Stiftshauptmann nickte.

Der Bischof, die zusammengekrampften Hände im Rücken, schritt heftig auf und nieder.

»Erzählt!« befahl er zornbebend.

»Ich hatte in Gegenwart der Pröpstin Kunigunde Gräfin von Woldenberg von unserer gnädigen Frau schon den Befehl erhalten, Euch ihre und ihres ganzen Kapitels freudige Teilnahme an Eurem hohen Feste anzukündigen. Da kam Graf Albrecht, sagte uns seinen Streit mit Euch, hochwürdiger Herr, und –«

»– und brachte Eure wankelmütige Domina im Handumdrehen dazu, mir abzusagen,« ergänzte der Bischof in höchster Erbitterung. »O, ich höre ihn, ich sehe ihn dabei, und er soll es nicht umsonst getan haben!«

»Ihr habt alles erraten, hochwürdigster Herr,« sagte der Stiftshauptmann, »ich habe Euch –«

»Ihr habt mir nichts gesagt; nein, nein! Nur, wie ihr wollt, wie ihr wollt, Herr Graf und Frau Äbtissin! – Hört jetzt meine Antwort, Herr Stiftshauptmann! Meldet Eurer gnädigen Frau mein tiefes Bedauern über ihren mir schmerzlichen Entschluß und meinen Wunsch, daß sie der heilige Vater in Avignon segnen möge, wenn er gerührt ihre Demut vor seiner Erhabenheit erfährt.« Der Bischof sprach es mit einem Lächeln um die geschweiften Lippen, das etwas Unheimliches hatte; zwischen seinen Brauen zeigte sich eine böse Falte, und sein Gesicht schien noch bleicher als zuvor. Er schritt zum Tische und läutete mit einer kleinen Glocke, die einen schrillen, rasselnden Klang gab.

Der junge Kleriker trat ein und entfernte sich wieder, nachdem der Bischof ihm einen leisen Befehl erteilt hatte.

Darauf wandte sich der Bischof wieder zu seinem Gaste, und die beiden Herren blickten sich an, als erwartete jeder vom andern eine Frage oder das erste Wort zur Anknüpfung eines neuen Gesprächs.

Aber der Bischof sagte nur, indem er sich selber niederließ: »Nehmt einen Sessel, Herr Stiftshauptmann, und laßt mich Erfreuliches hören von Handel und Wandel der guten Stadt Quedlinburg.«

Der Stiftshauptmann sprach, nachdem er sich dem Bischof gegenüber gesetzt hatte: »Hochwürdiger Herr, ich habe noch einen andern Auftrag an Euch.«

Der Bischof schwieg und lauerte.

»Vom Bürgermeister Nikolaus von Bekheim,« fuhr Herr Willekin fort, den Bischof dabei scharf ins Auge fassend.

»Vom Bürgermeister? an mich?« frug der Bischof sehr verwundert.

Der Stiftshauptmann, der schon von der hochmütigen Art und Weise, mit der ihn der Bischof bis jetzt behandelt hatte, wenig erbaut war, fühlte sich durch das erheuchelte Erstaunen, das in der Frage lag, verletzt und erwiderte ziemlich unwirsch: »Gnädigster Herr, Ihr dürft mir vertrauen! ich bin vollkommen eingeweiht. Also mit einem Worte: der Rat nimmt das Bündnis mit Euch an.«

Über des Bischofs Gesicht fuhr ein Strahl der Freude. Aber schnell bezwang er die unwillkürliche Regung und sagte gelassen: »Verzeiht mir, Herr von Herrkestorf! aber das ist ein Geheimnis, in dessen Besitz ich nicht gerade Euch vermutete.«

Herr Willekin verstand und sprach darauf noch mehr gereizt: »Dann vergeßt Ihr, hochwürdiger Herr, daß ich nicht bloß Stiftshauptmann, sondern auch altangesessener Bürger meiner Stadt bin. Übrigens plant Ihr ja in Eurem Bunde nichts Ungebührliches gegen meine gnädige Frau, die Äbtissin, in welchem Falle ich allerdings nicht den Boten und Bringer so heimlicher Kunde machen würde.«

»Ich danke Euch, Herr!« erwiderte der Bischof kühl. »Nimmt der Rat meine Bedingungen strikt an?«

»Mit den meisten Eurer – Vorschläge ist er einverstanden, wünscht aber eine deutlichere Bestimmung der in gewissen Fällen von Euch zu erwartenden Hilfeleistungen und verlangt einen Austausch bindender Schriftstücke.«

»Also nochmalige Verhandlung!« murrte der Bischof. »Nun meinetwegen; so sendet mir Eure Bevollmächtigten.«

»Hierher, nach Halberstadt? Das würde nicht ohne einiges Aufsehen, nicht ohne Wissen desjenigen geschehen können, gegen den unser Schutz- und Trutzbündnis eigentlich gerichtet ist. Der Regensteiner hat überall seine Kundschafter, erst heute, auf dem Ritt hierher, haben sie mich umstellt.»

»Ihr habt recht; aber wie könnte es anders geschehen?«

»Schickt uns Eure Schrift durch einen unverdächtigen Boten und empfanget dagegen die unsrige auf demselben Weg und an demselben Tage zurück.«

»Mag es sein, wie Ihr sagt,« sprach der Bischof nach kurzem Bedenken und erhob sich. »Also, Herr Stiftshauptmann, das Bündnis zwischen mir und der Stadt Quedlinburg ist geschlossen.«

»So gut wie geschlossen, hochwürdigster Herr!« erwiderte der Stiftshauptmann und schlug in des Bischofs dargebotene Rechte.

»Überbringt den wohledlen Herren im Rate meinen freundlichen Gruß, Herr Willekin von Herrkestorf,« sagte der Bischof, »und vergeßt nicht, was Ihr Eurer gnädigen Frau von mir bestellen sollt.«

Dann winkte er dem Gaste, der ihm eine so widerwärtige und eine so willkommene Botschaft gebracht hatte, gnädig Entlassung.

Als der Stiftshauptmann den bischöflichen Palast mit seinen drückenden Mauern und dumpfigen Wölbungen hinter sich hatte und aus der tiefen Dämmerung des Außentores in den hellen Sonnenschein hinaustrat, wo gegenüber die Türme des wunderherrlichen Domes, noch unvollendet zwar und mit Baugerüsten umgeben, schon hoch und schlank zum blauen Himmel empor ragten, atmete er erleichtert auf. Gedankenvoll, aber nicht unbefriedigt von der Unterredung ging er dahin. Er hatte seinem Gegner, dem Grafen Albrecht, beim Bischofe etwas eingeheizt, brachte seiner gnädigen Äbtissin eine wohlverdiente Rüge für ihren Wankelmut heim, hatte dem Stolze des Bischofs das Selbstbewußtsein des Städters entgegengesetzt und endlich das von beiden Teilen erwünschte Schutzbündnis seinem Abschluß näher geführt. Je mehr er sich diese Erfolge klar machte, je heitere wurden seine Mienen und je schneller auch seine Schritte zur Kurie seines Freundes, des lebenslustigen Domherrn.

Kaum war der Bischof allein, als der junge Kleriker wieder erschien und auf einen Wink des ersteren einen älteren geistlichen Herrn eintreten ließ, dessen faltiges Gesicht den Ausdruck eines verschlossenen, nachdenklich nach innen gekehrten Wesens trug. Es war der Dompropst Jordan von Donfuß, ein dem Bischof sehr ergebener Prälat, den dieser selbst erst zum Lohn für seine erfolgreiche Tätigkeit bei der Bischofswahl zur obersten Würde im Domkapitel erhoben hatte.

Der Bischof ging ihm mit dem Ausruf entgegen: »Jordanus, sie kommt nicht!«

»Wer war es doch, hochwürdiger Herr,« erwiderte der so Begrüßte ruhig, »der Euch das vor sechs oder sieben Tagen schon sagte?«

»Aber den Grund, warum sie nicht kommt, den wißt Ihr nicht.«

»Der Dompropst dachte mit gesenkten Wimpern einen Augenblick nach und sagte dann: »Ausflüchte wüßt' ich genug für sie, aber nur einen Grund, und der heißt – Graf Albrecht.«

»Wie räch' ich mich, Jordanus?« frug der Bischof zornblitzend.

»An der Äbtissin durch Vergessen, daß sie in der Welt ist; am Grafen –«

»– durch einen Kampf auf Leben und Tod!« brauste der Bischof.

»Nein,« entgegnete der Dompropst gelassen, »dazu ist er zu mächtig. Wir müssen ihn in feinen Schlingen fangen, alle seine Schritte kreuzen, alle seine Pläne hemmen und hindern, ihn langsam, Schritt vor Schritt zurückdrängen, bis er klein geworden ist.«

Der Bischof schüttelte das Haupt: »Das geht mir zu langsam, Propst! ich will ihm rasch Schlag auf Schlag versetzen. Den Kauf von Wegeleben und Schneitlingen schließen wir morgen ab. Dazu ließ ich Euch rufen. Mein Schneitlingen faß' ich Fuß im Schwabengau, und der Wegelebener Bezirk schiebt sich so recht wie ein Keil in das Regenstein'sche Gebiet zwischen Crottorf und Quedlinburg.«

Der Dompropst nickte still vor sich hin und sagte dann: »Freilich, wenn Ihr es nicht nehmt, so nimmt es Graf Albrecht, wie er Burg Gersdorf genommen hat.«

»Hat er sie schon?« fuhr der Bischof auf.

»Wohl möglich, keinesfalls entgeht sie ihm,« erwiderte der Propst.

»So müssen wir weiter denken, Jordanus! müssen Land und Leute gewinnen, unsere Macht zu mehren,« sprach der Bischof immer heftiger werdend. »Ich will nicht ruhen und rasten, bis ich den Grafen von Regenstein zu meinen Füßen sehe. Er allein ist schuld daß die Äbtissin nicht kommt, und das, Jordanus, soll er mir büßen!«

»Es ist ein leidiger Fall, des Erzbischofs wegen,« nickte der Propst.

»Nun freilich! was soll er denken, wenn die Äbtissin von Quedlinburg und die Grafen von Regenstein fehlen?«

»Und die andern, die Grafen von Mansfeld, Hohnstein, Stolberg –«

»Haben die auch abgesagt?« frug der Bischof finster.

»Noch nicht, aber Ihr glaubt doch nicht, daß sie kommen werden, wenn die Regensteiner ausbleiben?«

Der Bischof stampfte mit dem Fuße. »Und das alles um den einen!« rief er wutbebend. »Aber ich zwing' ihn, ich zwing' ihn, Jordanus!«

»Dann macht Euch auf einen heißen Kampf gefaßt, hochwürdiger Herr!«

»Das bin ich, Propst!« erwiderte der Bischof und reckte die schlanke Gestalt mit dem feinen Kopf stolz empor; »es geht um die Herrschaft im Gau. Nur einer kann Herr darin sein, und das will ich sein!«

»Wenn Ihr der Städte sicher wäret –,« sagte der Propst.

»Osterwiek ist mir treu, mit Quedlinburg sind wir im reinen, nur unserem lieben Halberstadt ist nicht recht zu trauen,« erwiderte der Bischof nachdenklich, »indessen gegen den Regensteiner wird es mich nicht im Stich lassen.« Dann fügte er mit einer entlassenden Handbewegung hinzu: »Sendet morgen in der Frühe einen Boten mit einem Schreiben an den Fürsten von Anhalt, ich nähme seine Bedingungen an und betrachte mich von Stund an im Besitz von Wegeleben und Schneitlingen.«

»Es ist wenigstens ein Anfang,« sagte der Propst sich verneigend.

»Ja,« sprach der Bischof, »der Anfang zum Kampf mit dem Grafen, zum Kampf um die Herrschaft im Gau!« –

Als der Bischof seinen vorsichtigen Dompropst mit den verhängnisvollen Worten verabschiedete, dachte er nicht, daß der erste Schlag in diesem Kampfe bereits gefallen war, und nicht von einem bischöflichen Schwerte. Aber noch der heutige Tag sollte ihn darüber aufklären.

Gegen Abend erschreckten den einsam Grübelnden sein Kammerknecht durch die mit verstörter Miene vorgebrachte Meldung: »Hochwürdigster Herr, draußen ist Glefing, der Vogt von Emersleben, und will Euch sprechen; er ist verwundet.«

Der Bischof schnellte empor, als wäre er in die Ferse gestochen. »Was sagst du?« rief er, »Glefing verwundet? bring' ihn her!« Eine heftige Unruhe erfaßte ihn, und die kurze Spanne Zeit, bis der Angemeldete erschien, dauerte ihm schon zu lange.

Der Reisige trug den rechten Arm in einer Schlinge und war bleich und matt vom Blutverlust und von der Anstrengung des trotz seiner Verwundung zu Fuß zurückgelegten Weges.

»Glefing! was hat's gegeben?« frug der Bischof, ehe der andere ein Wort sagen konnte. »Waren die Regensteiner in Emersleben?«

»Hochwürdigster Herr, sie sind noch drin,« erwiderte der Vogt.

»Das soll doch nicht etwa heißen, sie hätte das Schloß erstiegen?« schnob ihn der Bischof an.

»Doch, Herr! es ist so,« sagte Glefing. »Mit einem Male waren sie da, die fünf Grafen, Albrecht voran, bei zwanzig Pferde stark und mit ihrem reisigen Fußvolk vom Regenstein, von Derenburg, Schwanbeck und Crottorf und Bock von Schlanstedt mit den bösen Sieben. Das Tor zuschlagen und die Brücke abwerfen war ein; aber ehe wir die Armbrust aufbringen konnten, waren sie schon an der Mauer, und die Crottorfer hatten allerlei Kriegszeug zum Werfen mitgebracht, und damit fingen sie an, uns hart zu berennen. Das erste Mal fehlte es ihnen, und mancher von ihnen sank hin und stand nicht wieder auf; aber der Überdrang war zu groß gegen unser Häuflein. Als sie schon im Tore drin waren, gab es noch eine harte Schlacht, und Graf Albrecht rief mir zu, ich sollte zum Frieden mit mir handeln lassen, sonst würden wir schwerlich mit dem Leben davon kommen. Ich wies ihn ab, und da ging es ans Dreinhauen Mann gegen Mann, und als ich den Hieb auf den Arm kriegte, war's vorbei. Drei von den Unsern lagen tot, und vier waren verwundet; da mußten wir aus gedrungener Not klein beigeben. Sie warfen uns hinaus und haben eine starke Besatzung ins Schloß gelegt. Emersleben ist nun wieder Regensteinsch.«

Den Kopf in die Hand gestützt am Tische sitzend und an der Unterlippe nagend, hatte der Bischof den Bericht seines verwundeten Burgvogtes angehört, ohne ihn zu unterbrechen. »Der Herr der Hölle danke dir für deine Botschaft!« fuhr er dann mit einem Male heraus.

»Ihr habt sie ja noch gar nicht gehört, Herr!« erwiderte Glefing.

»Hast du noch mehr zu krächzen, Unglücksrabe?«

»Noch ein paar Worte vom Grafen Albrecht von Regenstein an Euch,« erwiderte der Vogt. »Ich soll Euch sagen, hochwürdigster Herr, das Schwert ließe den Krummstab grüßen, und was man mit einem Tausch mit einem ehrlichen Kaufbrief nicht kriegen könnte, das nähme man sich so wie Schwanebeck und Emersleben; das wäre weltlich Recht.«

»Scher' dich zum – Bader und laß dich verbinden!« knirschte der Bischof.

Der Vogt ging ohne Dank und Abschied davon. Der Bischof aber wandelte mit großen Schritten auf und nieder und murmelte Verwünschungen gegen den Grafen Albrecht. Schon etwas gefaßter sagte er in seinem zerrissenen Selbstgespräch: »Dahin wie daher! Was wir in Emersleben verloren, müssen wir in Wegeleben wieder aufbauen.«

Spät erst begab er sich zur Ruhe und warf sich noch lange auf dem Lager umher, bis sich der Schlummer seines aufgeregten, mit zahllosen Plänen zermarterten Gehirnes erbarmte und den macht- und ruhmbegierigen Mann dann doch noch mit beängstigenden Träumen quälte.


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