Hermann Wissmann
Unter deutscher Flagge quer durch Afrika von West nach Ost
Hermann Wissmann

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Gegend bei Tabora.

Vierzehntes Kapitel.
Tabora und Tibbu-Tibb.

Durch eine von Rinderheerden bevölkerte Niederung stieg ich zur englischen Missionsstation Kilimani-Urambo hinauf und rastete in dem bequem und comfortabel eingerichteten Häuschen, das bis vor Kurzem von dem bereits erwähnten Mr. Southon bewohnt war. Drei Gräber, die Ruhestätten dreier Missionare, die in kurzer Zeit hier erlegen waren, gaben Zeugniß von dem aufopfernden Beruf eines Missionars im tropischen Afrika. Die Station wurde von einigen Wangwana (freigelassene frühere Sklaven von Arabern in Zanzibar und längs der Ostküste) verwaltet, nachdem alle werthvollen Sachen nach dem Tode des letzten Missionars Mirambo zur Aufbewahrung übergeben waren.

Den Mangel an der nothwendigsten Medicin, einer neuen Fußbekleidung, denn mein letztes Paar Stiefel hatte zusammen nur noch eine Sohle, ersetzte ich aus dem Vorrathe der Station 265 und entnahm einige Lebensmittel, um meinem von der anhaltend gleichmäßigen Nahrung etwas erschlafften Magen wieder aufzuhelfen.

Durch ebenes Terrain wand sich der Weg durch ganz vereinzelt stehende, 50 m hohe Kuppen, deren Gipfel, mit Granitgeröll gekrönt, den Hügeln das Aussehen von mächtigen Hünengräbern geben, und passirten wir mehrere Dörfer, die alle in der schon beschriebenen Form der Tembe gebaut waren.

Am 3. näherten wir uns einem großen, mit Pallisaden befestigten Dorfe, das sich aus dem neutralen Gebiet zwischen dem Lande Mirambo's und Uniamwesi befand. Ich wollte außerhalb des Dorfes lagern. Viele Eingeborene kamen uns grüßend entgegen und luden mich in ihr Dorf ein. Trotz meiner Abwehr entrissen sie, als wie um den müden Trägern noch das letzte Stückchen Weg zu erleichtern, meinen Leuten die Lasten, trugen diese in ihr Dorf, legten sie auf einen Platz im Innern nieder und waren schnell bereit, meinen Leuten beim Aufbau des Zeltes und Aufschichten der wenigen Lasten behilflich zu sein.

Kaum war ich so quasi gewaltsam eingerichtet, als sich das freundliche Benehmen der Eingeborenen änderte. Man umstand mein Zelt, wies mit Händen lachend auf mich, äffte mir meine Bewegungen nach und benahm sich unerhört frech. Sämmtliche Männer hatten Keulen (Fimbo) in der Hand. Man rief mir höhnend zu, ich möchte ihnen die schönen wollenen Decken, die auf meinem Feldbett lagen, doch jetzt schon geben, sie würden sie doch bekommen, ich solle meine Koffer öffnen u. s. w.

Ich ignorirte, Besorgnißlosigkeit heuchelnd, dies Benehmen. Meine drei Begleiter von der Westküste waren immer dicht beim Zelt und ließen ihre Waffen nicht aus der Hand. Humba sagte mir, die Thore des Dorfes seien rings verschlossen, man habe etwas mit uns vor, der Häuptling des Dorfes verweigere, mich zu besuchen.

Ich hatte meine Büchse, jetzt meine einzige Waffe, stets bei mir. Schon gleich nach dem Einrücken hatte ich Weiber in der Nähe nicht mehr gesehen, und aus den benachbarten Hütten trug man die Habseligkeiten in entlegenere Gehöfte. Dem Häuptling sandte ich ein Geschenk und ließ ihn zu mir bitten; er weigerte sich und sandte das Geschenk zurück, ein Zeichen der Verweigerung der Freundschaft. Humba hatte ihn in erregtem Gespräch mit 266 einigen meiner Träger angetroffen. Es wurde von den uns Umstehenden ganz ungenirt erwähnt, daß es bald ein »Maneno« d. i. »Ereigniß« geben würde. Entferntere riefen den mich Umringenden ermunternd zu, doch diese waren dadurch, daß wir die Waffen nicht aus den Händen ließen, eingeschüchtert, und antworteten, daß es besser sei, beim Dunkelwerden zu beginnen. Meinen Leuten wurde der Ausgang aus dem Dorfe verweigert; ich war mit meinen drei Begleitern gefangen.

Zwei meiner besten Träger erschienen, sehr gedrückt, und wollten nicht mit der Sprache heraus. Humba hörte, daß man mit Einbruch der Dunkelheit sich mit Gewalt in den Besitz meiner Sachen setzen und dafür sorgen wolle, daß ich nicht im Stande sei, später die Araber ihnen auf den Hals zu hetzen. Ich war mir jetzt klar, daß man versuchen würde, uns niederzumachen, um zu plündern, und bereitete Alles vor, unser Leben so theuer als möglich zu verkaufen. Wir versahen uns mit so viel Patronen als nur möglich. Ich schnürte meine Karten und Tagebücher in ein Packet zusammen und instruirte den vielgewandten Humba, daß er im Falle eines Ueberfalles mit dem Packet versuchen solle, das Dorf zu verlassen und Tabora, das nur 3 Tagereisen weit entfernt war, zu erreichen, um dort die Schriften an einen Weißen abzugeben.

Schon begann es zu dämmern, und immer gespannter wartete ich auf das, was nun bald erfolgen mußte. Da plötzlich trat aus der Menge ein Mann auf mich zu, den ich schon bei Mirambo gesehen hatte. Er grüßte mich höflich, brachte mir Salaams von seinem Herrn Mirambo und übergab mir einen Brief von Zefu an seinen Vater, den er mir versprochen hatte: eine Empfehlung, um meinen Besuch zu erklären. Frei und furchtlos bewegte sich der Bote, den der Name seines Herrn hier unantastbar machte. Ich muß gestehen, daß mich das plötzliche Erscheinen dieses neuen Rettungsankers tief bewegte.

Unmittelbar vor der Gefahr, in diesem finsteren Winkel des Erdballes den Erfolg meiner Arbeit und das Leben unter den Keulen habgieriger Schurken zu verlieren, nach langen Mühen und Arbeiten, unweit vom Reiseziel, so nahe vor der im Geiste vielleicht überschwenglich ausgemalten Belohnung langer Anstrengungen, pries ich aus tiefstem Herzen die Gewalt, die mir noch im letzten Moment Hoffnungen gab, dem Aergsten zu entgehen.

267 Ich zog den Boten in mein Zelt, schloß dasselbe und besprach mit ihm das Benehmen der Dorfbewohner. Sie werden jetzt nicht wagen, dem Freund Mirambo's etwas anzuthun, denn Alle zittern vor ihm, meinte der Bote, er wolle noch in der Nacht bis zu einem anderen Dorfe gehen, das Mirambo gehörte, damit man wisse, daß er seinem Herrn erzählen würde, wo er mich getroffen habe.

Stolz, ohne sich umzuschauen, schritt er durch die ihm Raum gebende Menge und verschwand.

Die Stimmung der Dorfbewohner schien merklich geändert: ich sandte Humba nochmals zum Häuptling und ließ ihm sagen, er möge seine Leute warnen, zu frech zu sein gegen den Freund Mirambo's und Tibbu-Tibb's. Der Häuptling war verlegen, man besprach sich überall in flüsterndem Tone, man kam und ging, kurz, die Botschaft schien gewaltigen Eindruck gemacht zu haben.

Die Nacht war hereingebrochen; ich saß ohne Licht im geschlossenen Zelt, und meine drei Begleiter lagen, die Karabiner im Arm, dicht an der Zeltwand.

Man hörte, ebenso wie vor nicht langer Zeit in Uha bei Salassi, von Einigen die Furcht der Anderen verhöhnen und zur That anreizen. Mirambo würde nicht wegen eines Weißen Krieg machen, der Weiße habe viel schöne Sachen in seinen Koffern, wer Furcht habe, könne nicht reich werden, und Vieles mehr, was Humba mir übersetzte.

Es wurde Mitternacht, und der Anbruch meines neunundzwanzigsten Geburtstages sah mich, mit der Büchse auf den Knieen auf dem Bette sitzend, bereit, dem Unabwendlichen entgegenzutreten. Die tiefen Athemzüge meiner Treuen bewiesen, daß die Müdigkeit sie überwältigt hatte. Ich ließ sie ruhen, da ich sie jeden Augenblick, wenn nöthig, erwecken konnte. Es war geradezu befremdend, wie lange sich die räuberischen Eingeborenen dagegen wehrten, einen so guten Fang aus der Hand zu lassen, wie immer noch Erörterungen, hitzige Wortwechsel und Umschleichen meines Zeltes mir bewiesen.

Erst gegen Morgen legte sich die durch Pombetrinken aufrecht erhaltene Aufregung, und die Furcht vor den Folgen hatte doch die Habgier überwunden. Als noch kaum ein schwacher Lichtstreifen am Horizont den neuen Tag verkündigte, hatte ich meine 268 Begleiter geweckt, das Zelt zusammengelegt und zum Aufbruch Alles bereit gemacht. Humba, der die Stelle wußte, wo die Träger abseits schliefen, erweckte diese leise und kam mit einigen zurück, denen ich mit Verlust der Zahlung drohte, wenn sie nicht sofort die übrigen herbeibringen würden und ohne durch Geräusch die Eingeborenen zu wecken, meinen Befehlen folgten. Die Leute, die nur die Furcht vor den Dorfbewohnern von mir fern gehalten hatte, kamen schnell herbei. Ich ging mit Humba, der heute meinen Arbeitskoffer trug, voran, nach dem Ausgange, an welchem zwei Eingeborene in tiefem Schlafe lagen. Wir rissen den Schlafenden die Waffen aus der Hand, mit einem nicht gelinden Stoße entfernte ich die aus dem Schlafe Aufschreckenden von dem Ausgange, und draußen waren wir, gefolgt von meinen nachdrängenden Leuten. Halb im Laufschritt, hatten mir bald eine 100 m vom Dorfe liegende Höhe erreicht. Hier hielt ich, um alle meine Leute zu erwarten. Jetzt, hier im Freien, mit der Büchse in der Hand, hätte ich ohne allzu große Besorgniß den Angriff der Dorfbewohner abgewartet, und ich will gestehen, daß mich der Wunsch, die peinlichen Stunden der langen Nacht an den feigen Räubern zu rächen, für einen Augenblick beherrschte. Die letzten meiner Leute waren da, scheinbar Nichts zurückgelassen, und vor den Thoren des Dorfes hatten sich Bewaffnete versammelt. Die Träger traten an, ich schloß mit meinen drei Bewaffneten, konnte es jedoch nicht unterlassen, bevor ich mich zum Abmarsch wandte, den feigen Räubern mit der Faust zu drohen, um dem tobenden Gefühl des Zornes in mir wenigstens einen erlaubten Ausdruck zu geben. Meine Begleiter schwangen ihre Karabiner, und weiter ging es in die frische Morgenluft hinein mit schnellem Schritt dem nächsten Ziele zu. Zum zweiten Male hatte uns Mirambo's Name gerettet.

Die böse Nacht war bald vergessen. Nach weiteren zwei Märschen durch öden Hochwald erschien am 5. Mittags Tabora in der Ferne.

Vor einer großen Tembe mit geräumiger Veranda hielten wir. Es trat mir ein Weißer in langem, weißen Ueberhemd, für dieses Klima eine sehr praktische Kleidung, entgegen. Ich stellte mich ihm vor, und er nahm mich an der Hand, führte mich in ein geräumiges, reinliches Haus und wies mir ein freundliches Zimmer an.

269 Père Haut Coeur, der Supérieur der hiesigen algerischen Missionsstation, nahm mich mit großer Herzlichkeit auf. Die drei anderen Missionare und drei Laienbrüder hatten sich mit dem den katholischen Missionen eigenen praktischen Sinn mit sehr geringen Kosten vorzüglich eingerichtet und lebten in Folge ausgedehnter Gartencultur, Feldbau und Viehzucht viel billiger und außerdem gesunder, als dies in vielen anderen Stationen von europäischen Conserven möglich ist. Ich schwelgte im Genuß des ersten Brotes. In Tabora gedeiht bei genügender Bewässerung während der Trockenzeit vorzüglich Gerste.

Der große Unterschied der katholischen Missionen, die meist aus Westdeutschen und Franzosen bestehen, und den englischen evangelischen im äquatorialen Afrika besteht darin, daß erstere für Lebenszeit sich der aufopfernden Thätigkeit in dem noch für Europäer schädlichen Klima weihen, während die anderen nur für einige Jahre den schwarzen Heiden ihre Thätigkeit widmen. Katholische Missionen finden durch Ankauf von fern hergebrachten Sklaven, meistens Kindern, bald einen festen Stamm für ihre Arbeit, während evangelische nur an freiwilligen Schülern ihren hoben Beruf auszuüben suchen. Wenn man in Rechnung zieht, wie angekaufte Kinder dadurch, daß sie in die Hände wohlthätiger Lehrer kommen, oft einem schweren Loos entgehen und einer nothwendigen, festen Leitung und dem gerade für den Neger segensreichen gewissen Zwange unterworfen werden, wie andererseits die Klage der englischen Missionen dahin geht, daß freie Kinder durch plötzliches Fortbleiben und Unterbrechen der Beziehungen die Arbeit vieler Wochen verloren machen, ja, daß solche Schüler selbst mit großen Mitteln vielfach gar nicht zu haben sind, so muß ich für meinen Theil dem Princip katholischer Missionen beipflichten. In Wahrheit spricht der großartige Erfolg, den diese letzteren schon nach kurzer Zeit aufweisen, für meine Ansicht. Von den englischen Missionen, die andere Principien verfolgen, und von anderen Gesichtspunkten aus die Bekehrung des Negers erzielen wollen, lernte ich später allerdings auch am Nyassa Erfolge kennen, die den hervorragendsten katholischen Nichts nachgeben, aber sicher bei Weitem größerer Mittel benöthigen, als jene.

Ich bin der Meinung, daß das katholische Christenthum in Folge etwas größeren Gewichts auf äußerlichen Eindruck dem Neger leichter zugänglich ist, als das evangelische.

270 Nachdem ich meine Waniamwesi-Träger, die nur bis hierher angenommen waren, abgelohnt und entlassen hatte, stattete ich mit Père Haut Coeur den Bedeutendsten der Araber und dem fast stets betrunkenen, schlaffen Häuptling von Unianiembe Besuche ab und ging am 7. nach dem Lager Tibbu-Tibb's auf eine Tagereise nach Südosten, um dort das Nähere über meine Weiterreise zu besprechen.

Den mächtigen Araber Hamed-bin-Mohammed, Tibbu-Tibb oder westlich des Lualaba Mutschi-Pula und Tupa-Tupa genannt, traf ich im Kreise vieler Verwandten und Klienten in der Barsa eines interimistischen Hauses.

Er ist ein Mann von ca. 45 Jahren und ganz schwarzer Hautfärbung, obwohl sein Vater ein reiner Araber war. Ein wenig stark, ist er in seinen Bewegungen sehr lebhaft, gewandt und höflich, bestimmt in seinen Gesten, hat jedoch wie sein Sohn oft etwas Beobachtendes und Lauerndes, und scheint gern zu spötteln.

Wir wurden sehr bald einig. Ich wollte mit ihm reisen und von ihm unterwegs die bis zur Küste nöthigen Waaren entnehmen, um sie erst in Zanzibar zu bezahlen. Ich vermied dadurch eine große Begleitung und den Ankauf von Gewehren, mußte jedoch ganz kleine Lasten machen, da Tibbu-Tibb schnell zu reisen gedachte. Meine Träger mußte ich selbst in Tabora engagiren.

Noch an demselben Tage kehrte ich zurück und that Schritte, um Leute, die nach der Küste gehen wollten, anzuwerben.

Da bis zur Abreise nach Osten noch 10 Tage vergehen sollten, brach ich am 9. auf, um die zwei Tagereisen südlich von hier wohnende deutsche Expedition, die Herren Dr. Böhm, Dr. Kaiser und Reichard in Ugunda zu besuchen.

Beim Aufbruch von der Tembe, in der ich nach dem ersten Marschtage übernachtet hatte, sah ich beim Eintritt der Tagesdämmerung am 10. September, dicht über dem Horizont ein wunderbares Phänomen.

Die Mondsichel schwamm über dem sich fahl färbenden östlichen Horizont, und dicht bei ihr stand ein herrlicher Komet. Erstaunen und Furcht erregte dieses Bild bei allen Negern, und viele Fragen über die Bedeutung des geschweiften Sternes wurden mir vorgelegt.

271 Gegen Mittag näherte ich mich einem Pallisadendorfe, das inmitten einer freien, unbedeckten Ebene sehr weit sichtbar ist. Es sollte Gonda sein, der Aufenthalt der Landsleute. Der Sitte gemäß verkündete ich durch drei Schüsse meine Ankunft, die, da ich schon von Tabora einen Brief gesandt hatte, erwartet wurde. Hornsignale wurden hörbar, und bald brachen aus dem Thor 60 wild geschmückte Krieger hervor und entwickelten sich unter dem Befehle zweier Weißen zu einer Schützenlinie. In fliegenden rothen Mänteln, mit winkendem Federbusch begannen die Ruga-Ruga ihren Scheinangriff. Unter fortwährenden Signalen drangen sie ununterbrochen feuernd auf mich zu und schlossen mich im Halbkreise ein.

Empfang bei Reichard und Dr. Böhm.

Die beiden Weißen, Dr. Böhm und Reichard, die ich bei ihrem Abschiedsfeste von Berlin im Jahre 1878 kennen gelernt hatte, kamen mir entgegen. Ich sprang von meinem Esel und schüttelte den Landsleuten mit frohem Herzen die Hand. Sie führten mich in das Dorf, das einem weiblichen Häuptling Namens Discha gehörte und nur vorübergehend zum Aufenthalt gewählt war, denn wie ich hörte, wollten die beiden Herren bald dem schon zum Rikwa-See vorausgegangenen Dr. Kaiser folgen. Eine Tafel war bereitet, die Alles bot, was die schon seit 3 Jahren im Innern Weilenden nur herbeischaffen konnten, und bei einer Bowle, die in gleichen Theilen aus Sherry, Portwein und Cognac, den letzten Vorräthen, bestand, saßen wir bis gegen Morgen, unsere Erlebnisse austauschend, vom lieben Deutschland sprechend und von der Zukunft, die besonders für meine Landsleute ganz im Dunkel lag.

Noch zwei Tage genoß ich den Austausch der Gedanken in der Muttersprache, deren ich mich seit Nyangwe, seit Pogge's Rückkehr, nicht mehr bedient hatte. Leider sollte ich Dr. Kaiser, der bald darauf am Rikwa-See sein Grab fand, nicht wieder sehen, und auch Dr. Böhm, der mir durch seinen ungeschwächten Feuereifer, mit dem er unermüdlich dem fremden Unbekannten entgegenging, unvergeßlich bleiben wird, hat nach vielen überstandenen Gefahren, schwerer Verwundung und manchem Fieber, das tückische Klima der Quellländer des Lualaba dahingerafft.

Den einzig überlebenden Herrn Reichard traf ich erst wieder, als ich im Jahre 1887 von meiner jüngsten Reise in Afrika heimkehrte. Er war mit eiserner Gesundheit und Energie, 5 lange 272 Jahre dem Klima und den Gefahren trotzend, zuletzt von allen Mitteln entblößt, gezwungen gewesen, nach großen, jetzt schon bekannten Erfolgen zurückzukehren.

Sein Andenken ist in den Ländern, die er durchzogen, und die auch später ich berührte, noch sehr rege. Geschätzt von seinen Leuten und allen Eingeborenen, die ihm ermöglichten im Frieden auszukommen, gefürchtet von jenen, die seiner kleinen Macht trotzen zu dürfen glaubten, muß man hoffen, daß er seine langjährige Erfahrung, seine eiserne Gesundheit und Willenskraft der großen Arbeit der Eröffnung Afrika's noch nicht entzieht.

Nach Tabora zurückgekehrt, nahm ich 25 Träger an, meist Wangwana, die nach Zanzibar zurückwollten, und machte mich reisefertig. Da Tibbu-Tibb die Abreise abermals aufschob, unternahm ich noch einen Abstecher nach dem Norden, nach der englischen Mission Ujui, wo Reverend Coppelstone mich in gütiger Weise mit vielen Annehmlichkeiten zur Weiterreise ausrüstete.

Während meiner Anwesenheit in Ujui kam eine große Elfenbeinkarawane Mirambo's vom Osten zurück. Dieselbe war bis Ugogo gekommen, hatte dort Nachricht erhalten, daß ein neuer vom Sultan Said-Bargasch bestimmter Gouverneur mit vielen Truppen nach Tabora komme, um Mirambo zu bekriegen, eine Nachricht, die sich später als lügnerisch herausstellte, und war in Folge dessen umgekehrt. Man erzählte, daß der Sohn Tibbu-Tibb's nach meiner Abreise in Urambo festgehalten würde, bis diese Karawane unbelästigt zu ihrem Häuptling zurückgekehrt sei, und dies bestätigend traf Zefu einige Tage später bei seinem Vater ein.

Am 24. brach ich auf, dankbar den Herren der katholischen Mission für ihre gütige Unterstützung in jeder Richtung.

Einen in der Mission angestellten Gärtner, der sehr schwer krank gewesen war und so körperlich geschwächt, daß für ihn keine Hoffnung blieb, dem Klima Widerstand zu leisten, nahm ich auf Ansuchen des père supérieur mit mir zur Küste. Ich hatte die Freude, ihn nach 2 Monaten in Zanzibar gesund und kräftig abzuliefern.273

 


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