Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Militärinstrukteure.

Die Spartaner hatten ein Gesetz, das ihnen verbot, allzuhäufig mit demselben Feinde Krieg zu führen, auf daß nicht der Feind von ihnen, den Spartanern, ihre Künste erlernte. Das war ein gescheites und nützliches Gesetz. Umgekehrt hat die deutsche Regierung zu wiederholten Malen ausdrücklich fremde Staaten mit deutschen Lehrmeistern versorgt. An und für sich kann man das nicht tadeln; es kommt eben alles darauf an, mit welchen Absichten und mit welchem Erfolge. Auch die Engländer haben gar nicht selten Instrukteure nach fremden Landen, insbesondere nach dem Balkan, nach Ägypten und nach Persien gesandt. Sie wußten aber, warum. Sie haben irgendwie die Sendung politisch ausgeschlachtet. Am Nil war sie ohne weiteres die Vorläuferin zur britischen Besetzung, und in Persien sollte sie es sein. Bei uns hat lediglich die Versorgung der Türkei mit unseren Instrukteuren einen greifbaren Zweck gehabt, da schließlich der Sultan unser Verbündeter wurde. Immerhin berührte es seltsam, daß einstens Schulenburg umgekehrt den mit Habsburg verbündeten Venezianern half, um die Türken zu vertreiben. In allen anderen Staaten trieben wir entweder keine weitblickende Politik oder, wenn vorhanden, haben wir keine Früchte von ihr zu erzielen vermocht. Wir lieferten Instrukteure an Japan und das ihm feindliche China, an die Argentinier und ihre Gegner, die Chilenen, an Griechen, Bulgaren und Türken.

Nachdem die Japaner zuerst französische Instrukteure gehabt hatten, obwohl doch 1870 den Ruhm des französischen Heeres stark gemindert hatte, zogen sie in den 1880er Jahren Deutsche heran, die drei Majore von Meckel, von Grutschreiber und von Blankenburg. Besondere Dankbarkeit haben sie stets dem späteren General Meckel bewahrt und haben ihm noch 1905 ein Denkmal errichtet. Seinen Lehren, so erklärten sie mit höflicher Geste, verdankten sie hauptsächlich die Siege über Rußland. In China wirkten der Hauptmann v. Reitzenstein (nicht mit dem obengenannten Rittmeister zu verwechseln), Falkenhayn und andere.

Man muß Instrukteure unterscheiden, die im amtlichen Auftrage kamen, von solchen, die sich auf eigene Rechnung und Gefahr zur Verfügung stellten; zu den letzteren gehörten: Körner, v. Toll und zahlreiche andere Deutsche, die 1879 bis 84 für Chile gegen Bolivia und Peru fochten. Sie alle haben der Abenteuer eine schwere Menge erlebt. Schon der Schauplatz war mannigfaltig genug. Er wechselte von wasserlosen Wüsten zu feuchtem Urwalde und vereisten Hochgebirgskesseln. Einen von ihnen, den baltischen Baron v. Toll, einen Riesen von 2,04 m Länge, habe ich persönlich gekannt. Er war gerade aus dem gemeldeten Kriege zurückgekommen, und erzählte gern von seinen Erlebnissen. Er ist 1885 in Bonn gestorben. Sein Kamerad Körner aber, der in der neuen Heimat geblieben war, ward dazu berufen, das gesamte chilenische Heer zu reorganisieren. Einige Zeit darauf kam Arent, der unter Moltke im Generalstab und zwar in der russischen Abteilung gewesen war, nach Argentinien. Als sich die Lage zwischen den beiden südamerikanischen Freistaaten zuspitzte und bald nach der Wende des Jahrhunderts ein Krieg auszubrechen drohte, da wurde Arent Chef des argentinischen Generalstabes. Zu gleicher Zeit war Körner Generalissimus der Chilenen. Wenn also der Ausbruch erfolgt wäre, so hätten sich zwei Deutsche als Führer der feindlichen Südamerikaner gegenübergestanden. Durch Vermittlung des englischen Obersten Holdich, der 1903 einen versöhnenden Schiedsspruch fällte, wurde jedoch der Ausbruch vermieden.

Andere freiwillige Instrukteure gingen nach dem Balkan, insonderheit nach Rumänien und Bulgarien. Die Herrschaft deutscher Fürsten daselbst hat die Berufung erleichtert. Eine große Rolle spielten derartige Unwillige, die namentlich aus Österreich stammten, in Persien, wo sie zu hohen Ehren aufstiegen und Engländern wie Russen ein Dorn im Auge waren. Neben den Offizieren wirkten, genau wie in der Türkei, deutsche Ärzte, wie denn das deutsche Lazarettwesen überall vorbildlich war, und auch in Japan fast ohne Änderung übernommen wurde.

In Siam war ein Münchner, Trumpp, zehn Jahre lang Generalarzt der ganzen siamesischen Armee, und ein Hannoveraner war der Leiter des siamesischen Eisenbahnwesens. Ein Bremer, Ernst, war jahrelang Direktor des assamesischen Eisenbahnwesens. Man wird einräumen, daß solche Dienste von großem Wert für Staaten sein können, die uns feindlich werden können, wie denn tatsächlich Siam und Indien es im Weltkrieg geworden sind. Als 1891 eine gefährliche Hungersnot in Rußland ausbrach und es sich darum handelte, den notleidenden Norden von dem fruchtbaren, begünstigten Süden aus zu versorgen, da zeigte sich die russische Bahnverwaltung so unfähig, daß im Gouvernement Cherson sich 30 000 Waggons beladen mit Getreide zu einem unentwirrbaren Knäuel stauten. Nachdem dieser Mißstand einige Wochen gewährt hatte und viele schon im Norden verhungert waren und sich kein Mensch mehr Rats wußte, da berief der Zar einen Deutschen, den baltischen Oberst Wentrig, Führer eines Genieregiments. Dieser schaffte alsbald Ordnung.


 << zurück weiter >>