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Die Heirat unseres Vaters.

Unser Vater war achtundvierzig Jahre alt, als er sich zum zweiten Male vermählte, und zwar mit Awdotja Wassiljewna Epifanow.

Ljubotschka erzählte mir, daß sie, solange Wolodja und ich noch nicht auf dem Lande waren, jeden Tag mit den Epifanows beisammen gewesen seien, und daß es ungemein lustig gewesen sei. Papa hatte mit seiner Fähigkeit, alles originell, amüsant, einfach und zugleich schön zu arrangieren, Jagden, Fischzüge und Feuerwerke veranstaltet, woran die Epifanows immer teilgenommen hatten. Und es wäre noch lustiger gewesen, sagte Ljubotschka, wenn dieser unausstehliche Peter Wassiljewitsch, der immer schmollte, stotterte und alles störte, nicht dabei gewesen wäre.

Seit wir gekommen waren, hatten die Epifanows uns nur zweimal besucht, und wir waren einmal bei ihnen gewesen. Nach dem Peter-Paulstage aber, Papas Namenstage, an welchem sie und eine Menge anderer Gäste bei uns waren, hörten unsere Beziehungen zu den Epifanows, ich weiß nicht warum, fast gänzlich auf, und nur Papa allein besuchte sie auch weiterhin.

In der kurzen Zeit, während welcher ich Papa mit Dunitschka, wie meine Mutter sie genannt hatte, beisammen sah, konnte ich folgendes beobachten: Papa war beständig in der glücklichen Gemütsstimmung, die mir am Tage unsrer Ankunft an ihm aufgefallen war. Er war so heiter, jung, glücklich und voller Leben, daß die Strahlen seines Glückes auf seine ganze Umgebung fielen und ihr unwillkürlich dieselbe Stimmung mitteilten. Wenn Awdotja Wassiljewna im Zimmer war, wich er nicht von ihrer Seite und sagte ihr so süßliche Schmeicheleien, daß ich mich für ihn schämte, oder er blickte sie stumm und bewundernd an oder er flüsterte ihr wohl auch lächelnd etwas zu, doch all das geschah eigentlich wie im Scherz, in der ihm auch in den ernstesten Dingen eigenen Art.

Awdotja Wassiljewna schien sich von Papa den Ausdruck des Glückes angeeignet zu haben, der damals fast immer in ihren großen blauen Augen leuchtete, ausgenommen in den Augenblicken, in denen sie plötzlich von einer solchen Schüchternheit überfallen wurde, daß sie mir, der ich dies Gefühl kannte, leid tat und es mir Schmerz bereitete, sie anzusehen. In solchen Momenten scheute sie sichtlich jeden Blick, jede Bewegung; es war ihr, als sähen alle sie an, als dächten alle nur an sie und als fände man alles an ihr eigentümlich. Erschreckt schaute sie sich um, ihr Gesicht wurde bald rot bald blaß, und sie begann laut und keck zu sprechen, meist dummes Zeug, und weil sie das empfand, daß alle, auch mein Papa, sie hörten, errötete sie noch mehr. Aber Papa pflegte in solchen Fällen ihre Torheiten gar nicht zu bemerken und blickte sie immer gleich entzückt mit fröhlichen Augen an. Ich hatte bemerkt, daß diese Anfälle von Schüchternheit, die Awdotja Wassiljewna wohl auch ohne jeden Grund überfielen, sich oftmals grade dann einstellten, wenn in Papas Gegenwart von einer jungen und hübschen Frau gesprochen wurde. Der häufige Wechsel von Nachdenklichkeit und seltsamer, unbeholfener Heiterkeit, von der ich schon gesprochen habe, das Wiederholen von Lieblingsworten und Redewendungen meines Vaters, die Fortsetzung von Gesprächen, die sie mit Papa begonnen hatte, alles dieses hätte mir – wenn die handelnde Person nicht mein Vater und ich selbst etwas älter gewesen wäre – Papas Beziehungen zu Awdotja Wassiljewna verraten müssen, aber ich ahnte damals noch nichts, auch dann noch nicht, als Papa in meiner Gegenwart einen Brief von Peter Wassiljewitsch erhielt, über den er sich sehr ärgerte und nach dessen Empfang er seine Besuche bei den Epifanows bis Ende August einstellte.

Ende August nahm Papa seine Fahrten aufs Nachbargut wieder auf, und einen Tag vor unserer (meiner und Wolodjas) Abreise nach Moskau teilte er uns mit, daß er Awdotja Wassiljewna Epifanow heiraten werde.


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