Ludwig Thoma
Münchnerinnen
Ludwig Thoma

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Gleich darauf kam der lively Charles Grünbaum eilig ins Zimmer.

Ein kleiner, fetter Mann, der so aussah, wie man sich südöstliche Mädchenhändler vorstellt.

Er gab sich für einen Wiener aus, und er bemühte sich auch, den Dialekt der Donaustadt zu sprechen.

»Oba bidde... Herr Justizrat... bin ich engagiert für die Varietéabteilung. Bin ich der Vertreter davon? Wenn ichs ja bin, warum sagt man mir nix'n. Wenn ich's nein bin, warum lauf ich mir d' Füß weg?«

»Sie sollen es sein... nehmen Sie Platz!« sagte Firnkäs in seiner kurzen, bestimmten Art.

»Gut... soll i 's sein heute, war i's g'wes'n gestern... warum sagt man mir nix'n?«

Der Justizrat wurde wohlwollend, da er wußte, daß er sonst nicht fertig würde.

»Nur keine Aufregung, lieber Grünbaum. Wir werden heute über die Varietéabteilung wenig oder nichts zu sagen haben. Es handelt sich um Grundstücke und Bauplätze, es handelt sich...«

»Erzählen S' mir nix. I weiß eh alles. Bidde, wer hat in Schwabing...«

»Sie sollen sein ruhig«, sagte Firnkäs.

»No ja, i bin ja scho wieder gut.«

»Also, meine Herren, um wieder auf die Sache zurückzukommen: die großen, allgemeinen Gesichtspunkte, aus denen heraus sich... oder... äh... die für die nächsten Schritte der Bodenverwertungsgesellschaft bestimmend sein müssen, habe ich insoweit berührt und dargelegt, daß unser verehrter Gast imstande ist, sich ein Bild von den Bestrebungen zu machen. Heute«, der Justizrat hob die Stimme, »heute ist die große, vielleicht entscheidende Frage zu stellen, und es ist an ihre Lösung heranzugehen: Wo soll der mehrfach erwähnte Sammelplatz sein? Wo soll der Komplex von Gebäuden errichtet werden, die den angegebenen Zwecken dienen sollen?«

»Wie heißt Frag'? Es is do kei Frag'...«

»Herr Grünbaum, ich möchte Sie wirklich ersuchen, mich nicht zu unterbrechen!«

»Weil Sie sag'n, es is a Frag'... es is ka Frag'...«

»Sie sollen sein ruhig!« rief Firnkäs.

»Und Eahnern verehrten Brotladen in Gotts Namen endlich amal fünf Minuten lang zuhalt'n«, ergänzte Frühbeis.

»Diese Frage ist«, fuhr der Justizrat fort und sah Grünbaum strafend an, weil er schon wieder den Ansatz zu einem Zwischenrufe machte, »diese Frage ist, wie unser rühriger Vertreter der Abteilung für Varietékunst andeutete, im Prinzip schon beantwortet.« Er machte eine Pause. »Schwabing... daß nur Schwabing in Betracht kommt, in Betracht kommen kann, ist die übereinstimmende Ansicht aller Sachverständigen, aller Beteiligten, es ist und war von vorneherein die Ansicht des Vaters der Idee, unseres Herrn George Firnkäs.« – »Tschortsch« sagte Hiergeist. – »Es liegt eigentlich auf der Hand, daß hier, wo sich der leichtbeschwingte künstlerische Geist Münchens seine Heimstätte gesucht hat, daß hier, sage ich, wo der genius loci den geplanten Darbietungen entgegenkommt, der den Grazien und Musen geweihte Gebäudekomplex stehen muß.«

»Bravo! Voratrefflich!« rief Almus.

Hiergeist dankte ihm und erteilte das Wort dem Ingenieur Firnkäs.

Dieser schlug ein Bein über das andere, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verstärkte seine angelsächsische Aussprache.

»Wir wollen Schwabing nehmen, wir müssen Schwabing nehmen. Gut! Wir werden es nehmen. Hier ist der moderne Geist. Er ist nicht in der Umgegend vom Hofbräuhaus, er ist nicht dort, wo es nach Bier riecht. Sondern er ist außerhalb von das Siegestor. Ich habe sofort meinen Blick dorthin geworfen, und Sie wissen, aber Herr Globerger weiß es nicht, ich habe dort wundervolle Gelegenheit gefunden. Herr Frühbeis wird es auseinandersetzen. Wie ich den Ort gesehen habe, da habe ich gesagt: ›Hier oder nirgends!‹ Ich habe Leute gefragt, ich habe Pläne gemacht, ich habe viele Gedanken darüber gehabt, und ich habe das Resultat: Hier oder nirgends. Ich bitte, Herr Frühbeis, das andere zu sagen.«

»Also... wenn ich also das Wort ergreifen darf, dann möcht ich eigentlich das nämliche sag'n, was der Herr Firnkäs bemerkt hat... meine Herren! Das Projekt ist bloß in Schwabing möglich. Wo denn sonst? Im Westen is der Bahnhof, und wenn unser Bierdimpflministerium – die Herren entschuldigen schon, i red gern deutsch –, wenn de da droben amal an Begriff vom Verkehr kriegen, wird der ganze Westen nix wie Bahnhofviertel, Rangierbahnhöf, Werkstätten et cetera. Im Süden? Da is die Festwiesen, das heißt also Heringsbrater, Hendlbrater, Volksbelustigung mit luftgeselchtem Einschlag. Die Eleganz müßt sich in der Umgebung g'spaßig ausnehmen. Und erst drenter der Isar! Soll mer vielleicht am Nockherberg oder in der Näh von Berg am Loam internationale Kultur entfalten? Na, meine Herren, der erste Blick sagt's einem, und je mehr ma drüber nachdenkt, desto deutlicher wird's einem: für das Projekt gibt's bloß eine Möglichkeit, und de is Schwabing. I woaß scho: wenn ma Schwabing sagt, denkt ma an Schlawiner. Aber dös macht nix. Der haut goût, den dös Schlawiner-Zigeunermäßige hat, der derschreckt mi gar net. Im Gegenteil. Er paßt a bissel dazu. Mir woll'n ja keine Kindergärten errichten. Mir woll'n was Fesches, Pikantes; regen S' Ihna nur net auf, Herr Hofrat...«

Almus hatte sich halb vom Stuhle erhoben...

»Regen S' Ihna net auf! I woaß scho, die hohe Kunst... kommt aa... alles kommt... aber über dös können mir jetzt net red'n... i muß jetzt auf den eigentlichen Gegenstand übergeh'n, weg'n dem der Herr Globerger uns seine Anwesenheit geschenkt hat... Also... net wahr Herr Globerger... mir zwoa brauchen net viele Wort macha mir kennen uns auf den erst'n Blick... als Münchna... hamm ma's Herz auf'n recht'n Fleck, wenn ma'r aa... no, sag'n ma, a bissel rauhschalig san... und gradaus... mit die feine Sprüch hamm mir's halt net... uns muaß ma scho nehma, wia ma san also, jetzt passen S' auf...« Frühbeis breitete eine Karte aus »Da schaug'n S' jetzt amal her... da is d' Leopoldstraß'n... da drunt da große Wirt... weiter herob'n, sehg'n S' rechts ab... de Fläche, i hab' s' rot markiert... da muaß des Zentrum von unserm Komplex hie... da dehnen mir uns nach und nach aus bis zum Bach nunter; kommt de G'schicht in Flor, genga mir rüber auf de ander Seit'n... Platz gibt's g'nua... aber da...« Er klopfte mit dem Bleistift auf einen roten Fleck »da is des Zentrum, von dem aus muaß de ganze G'schicht ausstrahl'n... da muaß das erste Gebäude hin... der projektierte Kristallpalast... seh'g'n S' as?« Globerger stand über die Karte gebückt.

»I siech's scho.«

»Schön... Jetzt passen S' auf...« Frühbeis legte jovial seine Hand auf Bennos Schulter. »Wissen S', wem dös Platzl g'hört?«

»Ich denk ma's... aber...«

»Denken S' as Ihna no! Dem alten, guat'n Basl g'hört es... der Hartwig... dem nett'n alt'n münchner Original...«

»Ja... das is sehr schön, aber...«

»Nix aber! Hamm S'an Idee? Wissen S', was mir dem Weiberl geben? Jetzt fallen S' ma net um! Zwoamalhundertfufzigtausend Mark... Sie, dös werd an Erbtant... Kreuzdividomine! Was?«

»Es is wohl viel Geld, Herr Architekt, aber so weit i de Alte kenn, trennt sich de absolut net von ihrem Besitz...«

»Sie trennt si hart, woll'n ma sag'n... Du liaba Gott, es laßt si leicht einbild'n, dös arme Hascherl... aber a Viertelmillion. Mei liaba Globerger... da hat ma doch die Pflicht...«

»Sagen Sie uns einmal Ihre Meinung, sagen Sie Ihren Glauben«, mischte sich Firnkäs mit der ihm eigenen Ruhe ein.

Alle Blicke richteten sich auf Benno, der sich in den Mittelpunkt des Interesses gestellt sah.

»Ja... meine Meinung... wenn ich mich also diesbezüglich äußern soll, so möchte ich also sagen, diese betreffende Frau Hartwig, von der also die Sprache ist bezüglich des Projektes, sie ist nämlich sehr betagt, über achtzig Jahr, und das fragliche Anwesen ist ihr sozusagen oder wenigstens wahrscheinlich ans Herz gewachsen, indem sie es sehr lange in Besitz hat. Ich muß zunächst bemerken, daß ich seit Jahren nicht mehr in Kommunikation mit ihr stehe, indem ich natürlich durch meinen Geschäftsbetrieb nicht in der Lage war, diese Beziehungen zu pflegen. Also möchte ich konstatieren, daß mein Einfluß auf die alte Frau vielleicht nicht erheblich is...«

Grünbaum hatte den Justizrat in eine Ecke gezogen und führte mit ihm flüsternd ein lebhaftes Gespräch; Firnkäs trat zu ihnen, und die drei waren in eine lebhafte Beratung vertieft, von der man nur zuweilen Ausrufungen hörte.

»Wenn ich amal sag... wann's der Grünbaum amal sagt...«

Inzwischen wurde Frühbeis immer treuherziger.

»Mei liaba, guata Herr Globerger, dös san ja Krampf! I woaß, alte Leut hamm ihre Eigenheit'n, und de muaß ma berücksichtig'n, aba alles hat seine Grenzen. I bin als Münchner ganz g'wiß für Pietät, genau wie Sie, aber da hört mei Guatmüatigkeit auf... a Viertelmillion! I bitt Eahna um all's in der Welt! Hat ma scho so was g'hört?«

»Man kann ja den Versuch mach'n«, sagte Benno, »aber ich geb mich da gar keinen Illusionen nicht hin...«

»Nacha muaß ma anderne Sait'n aufziahg'n. Sie san doch verwandt mit der bockboanig'n alten Schacht'l?«

»Ja, mein Großvata und die Hartwig war'n G'schwisterkind...«

»No also! Da hamm doch Sie an Interesse. Da hamm doch Sie das denkbar größte Interesse, daß mit dera Sentimentalität net a Vermög'n verdummt werd. – Sie entschuldigen scho, aber i sag mei Ansicht frischweg, da hamm doch Sie an Interesse!«

»Was kann ich mach'n?«

»Was Sie mach'n kinna? Da muaß ma eb'n schaug'n, ob Ihna's Gesetz nicht eine Handhabe bietet... zum Beispiel, ob ma de Alte net als schwachsinnig oder so was entmündig'n ko... da frag'n ma jetzt glei unsern Justizrat.«

Hiergeist kam eben mit den andern aus der Ecke heraus. »Was wollen Sie mich fragen, Herr Architekt?«

»I sag grad, wenn ma de Frau Hartwig net im Gut'n rumkriegt, müss'n die Verwandten eingreif'n. Ob ma net an Antrag auf Entmündigung stell'n ko?«

»Des geht nicht ganz so einfach, wie Sie sich das vorstellen...«

»Aber ma hat doch Beischpiele von Exempeln...«

»Ich sage nicht, daß es unmöglich oder völlig ausgeschlossen ist. Aber ein solcher Schritt kann nur im äußersten Notfalle erwogen werden. Ich glaube, daß wir vielleicht auf andere Weise leichter zum Ziele gelangen... Herr Globerger, unser Herr Grünbaum hat eine Angelegenheit in Erfahrung gebracht, die scheinbar...«

»Des is nix scheinbar«, rief der rührige Mann...

Hiergeist lächelte.

»Die hoffentlich zu einer gütigen Erledigung führt. Nämlich, Frau Hartwig ist in Sorge, daß sie durch die Auflassung des südlichen Friedhofes nach ihrem Ableben nicht neben ihrem vorverstorbenen Ehemanne bestattet wird. Das ist die wichtigste Angelegenheit für die alte Frau, für die sie jedes Opfer bringen würde. Nun wollen wir ja keineswegs, daß sie wirkliche Opfer bringen soll, im Gegenteil, wir wollen nur ihren Vorteil und den ihrer Familie. Ich überlege gerade, ob es mir oder andern Herrn der Bodenverwertungsgesellschaft nicht gelingen könnte, durch Beziehungen zum Magistrat, besonders zu den maßgebenden Persönlichkeiten, ob es uns nicht gelingen könnte, sage ich, die alte Dame von diesem schweren Kummer zu befreien. Natürlich müßte der Verkauf des Anwesens das Äquivalent bilden... was glauben Sie, Herr Globerger? Und wie verhalten Sie sich zu dieser Frage?«

Benno wurde es unbehaglich.

Er sprach gerne über Dinge, die in weiter Ferne lagen, und er war um so tatkräftiger, je weniger Aussicht vorhanden war, daß er einen Entschluß fassen müßte.

Sowie eine Entscheidung an ihn heran kam, war er in seinem Behagen gestört.

Vielleicht fühlte er, wenn auch undeutlich, daß die Art, wie man ihn als Werkzeug gebrauchen wollte, nicht sehr vertrauenerweckend war und ein sonderbares Licht auf die so bombastisch verkündeten Pläne warf.

Er sah sich unsicher um, und der Wunsch, mit Redensarten, die ihn zu nichts verpflichteten, zu entrinnen, setzte sich bei ihm fest.

»Ja...« sagte er achselzuckend... »ich kann mir betreff dieser Frage keine Meinung bilden, insoferne ich, wie gesagt, mit der Frau Hartwig keine Kommunikation unterhalten habe und keine Informationen besitze... Vielleicht«, er atmete innerlich auf, als ihm dieser Vorschlag einfiel, »vielleicht dürfte ich den Herren proponieren, daß ich Erkundigungen einziehe und dann das Resultat mitteile?«

»Sie können Ihnen verlassen... wann ich amal sag, es is so...« rief Grünbaum.

»Gewiß... ich möchte auch Ihre Behauptungen durchaus nicht in Zweifel ziehen, aber die Herren werden zugeben, ich muß mir über die Situation klar werden...«

»Das ist selbstverständlich«, pflichtete der Justizrat bei. »Indes, es wäre immerhin schon etwas gewonnen, wenn wir wüßten, ob Sie geneigt wären, die Bestrebungen der Bodenverwertungsgesellschaft nach der Richtung hin zu unterstützen...«

»Selbstverständlich!« sagte Benno mit starker Betonung. »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, habe ich von Anfang an die großzügigen Bestrebungen dieser Gesellschaft mit dem wärmsten Interesse verfolgt...«

»Mister Globerger...« Firnkäs stellte sich vor Benno hin; die Hände hatte er in die Hosentasche vergraben, und seine Blicke hielt er fest auf den Mann gerichtet; er war ganz Amerikaner und großer Unternehmer, und er hatte etwas Abschließendes zu sagen.

»Mister Globerger... ich muß für Sie Aufklärung schaffen... Diese Männer hier«, ein Blick umfaßte die Runde, »sind gekommen auf meine Einladung. Ich habe ihnen gesagt, wir brauchen für unsere nächsten Pläne die Hilfe von einem intelligenten und charaktervollen Bürger, der Beziehungen hat zu dieser alten Frau. Man hat mir gemeldet, daß Sie der Mann sind. Gut. Ich habe veranlaßt, daß Sie eingeladen sind worden... Ich habe Sie vorher gesehen in jenes Kaffeehaus. Gut. Sie verstehen, was Sie heute gehört haben, ist im Vertrauen gehört; Sie werden es nicht publik machen. Das ist nicht Ihr Charakter. Ich weiß es. Sie werden jetzt heimgehen und überlegen, ob es Ihr Interesse ist, der Assoziation, die ich gegründet habe, eine Beihilfe zu geben, oder nicht. Es ist Ihr Interesse. Es ist Ihr sehr starkes Interesse, Mister Globerger. Wenn ich zu einem Manne sage, beteiligen Sie sich, so weiß ich, daß er keinen guten Willen haben kann für nichts. Ich habe auch keinen guten Willen für nichts. Ich muß dem Mann zeigen, daß er seinen Nutzen auf meiner Seite hat, das ist meine Aufgabe. Und er muß die Intelligenz haben, das zu begreifen. Das ist seine Aufgabe. Well. Ich will nicht wissen, ob Sie von der alten Frau erben, ich sage nur, was Sie von uns haben werden. Sie werden eine Provision haben von zehntausend Mark, Mister Hiergeist soll darüber ein Protokoll geben. Sie werden aber noch mehr haben. Ich gebe Ihnen einen Vertrag für alle Kolonialwaren für den Kristallpalast. Ich kann nicht sagen, wie viel es ist. Ich verspreche nichts, was ich nicht kenne. Ich schätze, es wird viel sein, und ich schätze, Sie wissen es besser als ich. Das mußten Sie hören, und jetzt überlegen Sie, auf welcher Seite Ihr Vorteil ist. Good bye!«

Er schüttelte Benno mit festen Rucken die Hand, grüßte den Justizrat und die andern und ging.

Seine Rede, eigentlich mehr seine Art zu sprechen, hatte Benno gleich wieder ins Schwanken gebracht.

So redet eigentlich kein Mann, der jemand täuschen oder übervorteilen will. Das war so hingesagt: willst du was profitieren, mir ist's recht; willst du nicht, mir ist's auch recht. Die Sache liegt so und so. Jetzt weißt du's. Tu, was du magst.

Die Pläne der Assossiäschen, der Bodenverwertungsgesellschaft, gewannen ein ganz anderes Aussehen, wenn man Herrn Firnkäs hörte.

Benno wurde nachdenklich.

Zehntausend Mark auf die Hand, einen festen Vertrag über Warenlieferung. Was brauchte es eigentlich lange überlegen?

Er wandte sich an Hiergeist.

»Herr Justizrat, also, ich werde so bald wie möglich die einleitenden Schritte ergreifen. Sowie ich approximativ beurteilen kann, ob sich in der Sache was erreichen läßt, werde ich Ihnen sofort Mitteilung machen...«

»Sehen Sie mal zu, erkundigen Sie sich, es läßt sich in solchen Dingen nichts übereilen«, sagte der Justizrat, der die wechselnden Stimmungen des Gastes bemerkt hatte.

»Wie gesagt, ich will mein Möglichstes betreff dieser Angelegenheit tun...«

»Nur net auslassen, Globerger!« Herr Frühbeis war jetzt völlig Herzbruder und Landsmann. »Reden S' dem alten Weiberl zua! Waar ja zum lachen! Da muaß ma bloß wissen, wia ma's anpackt. ›Muatterl‹, saget i ihr, ›Muatterl, de ganze Stadt, dei liabe, schöne Münchnerstadt, werd amal dei Andenken segnen‹ und so weita. Oder i saget was vom Beten. De alte Generation gibt no was auf de Sach'n. Kurz und guat, de kriaget i rum, und Sie ham do aa den münchna Brustton... Waar zum Lacha...!«

Der Justizrat sah, daß das überströmende Wohlwollen des Architekten keinen günstigen Eindruck machte, und er bat ihn, um ihn von weiteren Versuchen abzuhalten, daß er noch etwas im Büro verweilen möge; von Benno verabschiedete er sich herzlich und doch gemessen.

Dieser stieg nachdenklich die Treppe hinunter und wollte eben auf die Straße hinaus treten, als ihn Almus einholte.

»Mein tarefflicher Herr Globerager, haben Sie noch einen Augenblick für mich übrig?«

»Ja... aber...«

»Sehen Sie, verehrter Gönner, man hat heute manches voragebracht, aber, wie das häufig so geht, das Wichtigste hat man veraschwiegen, veragessen... Haben Sie auch nur einmal das Wort ›Ideale‹ vernommen? Nein! Man hat es nicht gesagt, man hat es nicht einmal angedeutet, und doch muß es mit goldanen Lettern am Firste des neuen Tempels stehen... Dem Ideale! Herr Globerager...«

»Ja... aber entschuldigen S'...«

»Herr Globerager, wir bereiten der Kunst den Weg in Ihre Vatarstadt. Sie ist noch nicht eingezogen, sie ist nicht hier. Mag die Welt sagen, was sie will! Nun und nimmer ist die hohe, himmlische Göttin hier... Und da spricht man von Veragnügen, vom Zentrum des Veragnügens... vom Sitze der Musan sollte man sprechen...«

»Jawoi... entschuldigen S'...«

»Herr Globerager, wenn Sie am Hoftheater stehen, erblicken Sie die Musan im Giebelfelde... Spottan ihrer selbst und wissen nicht wie, sagt der große Dichter... Drinnen ist eine Bühne, die Musan bleiban heraußen... aber wir, verehrter Gönner, wir wollen Ihre Vatarstadt zur Kunststadt erheban...«

»Entschuldigen S', da kummt mei Tramway. I muß...«


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