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XVII

Bericht des Rittmeisters von Vogelschrey

Es war halb acht Uhr abends. Meine Gäste hatten sich im Rittersaal versammelt. Ich stand unter ihnen und wartete, daß der Haushofmeister melden würde, es sei angerichtet, da stürzt der Salvermoser, der Kunstmaler, herein. Ganz außer sich ist er, der Franzl!

»Gar is's mit mir!« schreit er. »Schlagt's mich nur gleich tot! Ich verdien's ...«

»Aber Franzl!«

»Zeitig bin i geworden zu Straf' und Buße ... ich Zigeuner ... ich elendiger!«

»Was hast denn?«

Er guckt mich verwirrt an und streicht sich die langen Haare aus der Stirn.

»Hast du mir nicht aufgetragen, ich soll die Augen aufsperren, heute vormittag?« fragt er.

»Freilich!«

»Und was hab' ich statt dem gemacht?« jammert er los. »In meinem Zimmer hab' ich gesessen! Baumschläge hab' ich schraffiert! Um nix hab' ich mich gekümmert, ich Trottel, ich verdächtiger! Jetzt haben wir's. Jetzt haben's unterdes den Pater Faramund verräumt!«

»Was?«

»Um zwölf ist er in sein Zimmer gegangen. Seitdem hat ihn niemand mehr gesehen! Fort ist er ... fort!«

Der Salvermoser hat so laut und jammervoll geredet, daß jeder es hat hören müssen. Ich hab' meinen Ohren nicht getraut. Ich hab' mich an die Gäste gewendet, die vollzählig da waren. »Ich bitt' schön: Weiß keiner von euch was von dem Pater Faramund?«

Keiner. Allgemeines Schweigen. Jetzt habe ich es mit dem Schrecken bekommen. Ich bin hinüber in den Gästeflügel. Da hat in dem offenen Zimmer der Gaudenz Safferstätt am Tisch gesessen. »Ich wart' auf den Pater!« sagt er verbissen auf meine Frage hin, was er da macht. »Aber, er kommt nicht!«

»Ja, aber wo steckt er denn nur?«

»Seit mindestens vier Stunden ist er wie von der Erden verschluckt!« spricht der Haushofmeister. »Vielleicht gar schon seit Mittag um zwölf! Jesses! Jesses! Der Hochwürdige!«

Die Centa war mir gefolgt. Mit angstvollen Augen in ihrem blassen Kindergesichtel. Ich hab' sie gebeten:

»Katzel: schau, daß die Gäst' ihre Suppe kriegen! Sei tapfer! Nehm' dich zusammen! Mach' die Hausfrau!«

»Ach du liebe Zeit!« sagt sie verstört und ringt die Hände.

»Hilft nichts! Entschuldig' mich drüben bei den Herren und schick' mir gleich mal den Rentamtmann und den Inspektor und den Wappolt, den Forstmeister! Das sind meine tüchtigen Herren Beamten! Mit denen ihrer Hilfe kommen wir schon hinter die Sach'!«

Die Centa lief atemlos davon. Bis meine Angestellten kamen, habe ich noch einmal schnell ein Verhör mit dem Baptist, dem Laquaien, angestellt. Der blieb bei seinen Angaben: Um zwölf war der Pater noch da. Um vier war er nicht mehr da. Wer war inzwischen hier in der Nähe seines Zimmers und in dem Erdgeschoß des Schloßflügels gewesen? Von zwei Uhr ab, wo wir wie die nassen Mäus' vom Berg herunter gekommen sind, viele Menschen: Jagdgäste, ihre Diener mit nassen Mänteln und Schuhen hin und her, mein eigenes Personal. Das war ein Treiben und Durcheinander gewesen wie auf den neumodischen Eisenbahnhöfen zwischen Salzburg und München. Aber vorher? Zwischen zwölf und zwei? Da hatte in dem ganzen Gästeanbau, nachdem alles seit acht Uhr auf der Jagd war und die Zimmer seit zehn Uhr aufgeräumt waren, eine Totenstille geherrscht. Keine Menschenseele hatte sich gerührt. Am wenigsten hatte sich der verflixte Salvermoser blicken lassen! Na ja: Ein Kunstmaler! Das ist schon das Rechte, so einen als Aufpasser hinzustellen! Die sind nicht von dieser Welt! Große Kinder sind's – die Herren Maler! Mir soll's eine Lehre sein!

»War denn wirklich, aufs Sakrament gesagt, zwischen zehn und zwölf kein Mensch in der Nähe?« forsche ich den alten Baptist ungeduldig aus. Der wackelt mit seinen halb zahnlosen Kiefern und stottert:

»Nur der Herr Graf Oetsch nebenan!«

Freilich: der Oetsch! Das war's ja! An den hatte ich ja schon die ganze Zeit mit Schrecken gedacht.

»Aber der Herr Graf,« schlottert der Laquai weiter, »haben bis gegen zwei Uhr fest geschlafen, haben sich dann angekleidet und sind hinüber in die Halle zu den anderen Gästen!«

»Und jetzt steigt er irgendwo im Gebirg bei Nacht und Nebel hinter dem Filzenschuster her!« ruf' ich zornig, »statt daß man ihn fragen könnt', und er tät' Red' und Antwort geben!«

Der Haushofmeister, der Rubesoier, räuspert sich und bemerkt halblaut: »Der Herr Graf sind noch nicht fort!«

»Woher wissen Sie's?«

»Ich hab' ihn eben da drinnen in seinem Zimmer gehen gehört!«

Gottlob! Ich klopfe. Trete ein. Jawohl: da steht der Oetsch am offenen Fenster, lang und dürr wie eine Zaunlatte vor der schwarzen Nacht, den Jagdhut schon auf dem Kopf, die Büchse umgehängt, dreht mir den Rücken zu und schaut in das Dunkel hinaus. Wie er mich hört, wendet er sich zu mir um und sagt, als wäre nichts geschehen: »Du! 's ist doch g'scheit, daß ich eine Stund' gewartet hab'! Das Wetter wird besser!«

»Hör', Johann Preisgott ...«

»Da schau: der Regen hört auf ...«

Es rieselte nur noch leise draußen. Der Himmel blieb verschleiert von Dunst und Gewölk. Der Vollmond drang nicht durch. Aber es kam doch ein bläuliches, unbestimmtes Dämmern vom Himmel!

»Das Zwielicht mag ich gern!« versetzt der Oetsch. »Da sieht man selber gerad' genug und wird nicht gesehen. Jetzt darf ich aber schauen, daß ich weiter komm'! Sonst bringt mir ein anderer den Kapitalkerl, den Filzenschuster, zur Strecke! Dein Büchsenspanner, der Anderl, ist auch jede Nacht hinter ihm her!«

Dabei macht er sich zum Gehen fertig. Ich halte ihn zurück.

»Du, Johann Preisgott: Weißt du, was passiert ist?«

»Ihr sucht's, scheint mir, den Pfaffen nebenan?« sagt er mit großer Gemütsruhe.

»Ja. Und er ist weg!«

Den Oetsch schien das blutwenig zu interessieren. Das war für ihn, als wäre ein Maikäfer davongeflogen. Höchstens lächelte er bei meiner Bestürzung schadenfroh über sein langes, hageres Gesicht.

»Mit den Pfaffen kannst mich jagen!« sprach er, und das war mir nicht neu. Dabei ging er zur Türe. »Der Stier mag's rote Tuch nicht leiden und ich nicht das schwarze!«

»Es ist doch dein Vetter!«

»Ich hab' ihn mir nicht ausgesucht. Ich leg' keinen Wert auf die geistliche Verwandtschaft. Hab's nie getan!«

Das war schon wahr. Ich habe mich entschlossen und gefragt: »Johann Preisgott: Heute vormittag warst du doch bis zwei in deinem Zimmer?«

»Geschlafen hab' ich.«

»Hast du gar nichts Verdächtiges hier im Haus unter der Zeit bemerkt?«

»... Wenn ich doch geschlafen hab', Poldl!«

»Du hast doch oft gesagt, du schläfst wie der Hase mit offenen Augen und hörst im Traum alles, was um dich vorgeht!«

Der Oetsch blieb zerstreut an der Tür stehen.

»Ja – daß ich nicht lüg'!« sprach er. »Ich hab' so mal in der Zeit nebenan eine Frauenstimme gehört!«

»Wer war's?«

»Weiß ich's? Ich war zu müd', um mich um die Weiber zu kümmern! Sie hat auch nur ganz kurze Zeit geredt! Ganz schnell und leise!«

»Und dann?«

»Dann hab' ich so dunkel in der Erinnerung, daß nebenan etwas rumort hat ... geschäftig ... weißt ... und Schritte hin und her ... und dann ein Fall ... oder Sprung ... draußen ... aufs Dumpfe ... Ich hab' noch im Schlaf lachen müssen und gedacht: Jetzt hupft der Pfaff' auch schon durchs Fenster, wie ich, wenn ich morgens früh auf die Jagd geh! Dann hab' ich wieder fest geschlafen, bis mich der Diener geweckt hat!«

»Und das erzählst du jetzt erst?«

»Was geht's denn mich an?« sagt der Oetsch und gähnt. »Ich bin nicht so neugierig!«

»Aber andere sind's!«

»Dann springt's halt hinter dem Pfaffen her! Nur laßt's mich damit aus – verstehst?«

Jetzt bin ich sehr ernst geworden.

»Das kann ich nicht, Johann Preisgott! Ich bin als Schloßherr für das Verschwinden des Paters vor Gott und der Welt verantwortlich. Da muß mir jeder helfen, der's gut mit mir meint. Und du vor allem! Ich will nicht mehr sagen. Aber gerade du – schon damit die Leut' nichts reden – du sollst darauf schauen ...«

Der Oetsch hat laut gelacht. Es hat sich gar nicht geschickt für die Stunde, in der wir waren.

»... daß der Wolf im Schafpelz wieder beikommt, Poldl! Oder das Schaf im Wolfspelz – kannst leicht auch sagen!«

»Johann Preisgott ... das verbitt' ich mir schon höflich! So redet man nicht von einem hochwürdigen Herrn wie dem Pater Faramund!«

Wieder hat der Oetsch unter dem langen Schnurrbart seine weißen Zähne gezeigt. »Red' ich denn vom Pater Faramund?« fragt er recht unschuldig und scheinheilig erstaunt, wie das seine zweispältige Manier ist.

»Von wem denn als von dem Pater Faramund da nebenan?«

Er beguckt mich von Kopf bis zu den Füßen, als wollte er sagen: »Herrgott, ist der Poldl Vogelschrey aber arg dumm«, und schüttelt seinen abenteuerlichen Landsknechtschädel.

»Ihr seid's doch alle wie die Waisenbuben!« spricht er mitleidig und spöttisch.

»Wieso?«

»Ja – wer sagt euch denn, daß das da nebenan der Pater Faramund ist? Mein Lieber: Da kann doch jeder daherkommen und das sagen!«

»Bist still! Um Gottes willen!«

»Es kennt ihn ja keiner von euch! Nur der alte Franz Assisi Meerwarth und ich. Der Meerwarth ist schon am Morgen abgereist, ehe der Pater gekommen ist, und ich habe den sogenannten Herrn Vetter überhaupt nicht zu Gesicht gekriegt. Er hat sich ja immer auf seinem Zimmer gehalten und ist nur mal schnell und heimlich zu meiner lieben Frau Exschwägerin, der Mette, hinaufgestiegen und wie ein Dieb in der Nacht wieder herunter!«

»Jetzt hör' auf ...«

»Das ist keine Hochwürden, Poldl! Zu dem darfst schon Seine Nichtswürden sagen, wenn du ihn wieder fangst! Aber ich glaub', der ist schon seit Mittag über alle Berge! Den kriegt ihr nimmer!«

»Ja, träum ich jetzt oder wach ich?«

»Ich hab's nicht geträumt, sondern deutlich im Schlaf gehört, wie die Mette nebenan ins Zimmer gekommen ist und rasch ein paar Worte geflüstert und wieder weg. Gleich darauf hat sich mein Pater fertig gemacht und hopla – zum Fenster hinaus! Seinen Muschelhut und seinen Mantel hat er dir zur Erinnerung dagelassen! Was er sich statt dessen über die Kutte gezogen und auf den Kopf gesetzt hat, das weiß ich nicht. Da fragst mich zu viel!«

Ich griff mir an die Stirne. »Johann Preisgott – bist denn ganz von Gott verlassen? Das hätt' doch die Mette merken müssen, daß das nicht der Pater ist!«

»Das braucht sie auch gar nicht zu merken, die blonde Frau Schwägerin. Das hat sie doch gewußt!«

»Was?« schrei' ich auf.

»Deswegen hat sie ihn sich doch kommen lassen! Anderswo wäre es wahrscheinlich nicht so unauffällig gegangen. Da war ihr dein Schloß als Stelldichein gerad' recht! Ihr seid ja viel zu harmlose Menschen, du und die Katzel, um irgend was zu merken! Das weiß die süße Unschuld oben schon! Die weiß ja, daß ihr sie anbetet und für eine goldige kleine Heilige haltet – die liebe Frau Schwägerin! Ist's aber beileib' net, Poldl!«

»Jetzt steht mir der Verstand still!« sag' ich und setze mich, und der Oetsch meint gelassen:

»Dann hast wenigstens noch einen! Ich hätt' es bald nicht mehr geglaubt!«

Ich springe in meiner Aufregung wieder vom Stuhl.

»Wen hätte sich denn die Mette heimlich hierher bestellt?« rufe ich. »He!«

Der Oetsch zieht die Augenbrauen hoch und zuckt die Schultern.

»Halt ihren Liebhaber!« spricht er trocken.

»Wen?«

»Nach dem Namen fragst mich zu viel, mein Lieber! Wird schon irgendwie mit der Ermordung ihres ersten Mannes zusammenhängen! Schade, daß mein Bruder Peter-Paul nicht mehr reden kann. Der sagt es dir gleich!«

»Jesus Maria!« stöhn' ich. »Und das redst du so frei heraus?«

»Wenn du dich von meiner guten Frau Schwägerin gerad' zum Narren halten läßt, samt der armen Centa, und der Mette dein Haus für ihr gotteslästerliches Stelldichein mit ihrem Liebhaber herleihst, der wahrscheinlich mehr vom Tod des Peter-Paul weiß als wir alle ...«

»Das mußt du jetzt beweisen!« sage ich mit zitternder Stimme und trockener Kehle. »Das mußt du mir beweisen! Eher kommst du mir nicht aus dem Zimmer!«

»Was willst denn wissen?« fragt der Oetsch förmlich gutmütig, als müsse er meiner Schwäche und Unerfahrenheit zu Hilfe kommen.

»Wenn das alles so wär', wie du daherredest – warum gibt denn der nebenan plötzlich heute mittag das Spiel verloren und deckt gerad' seine Karten auf und läßt alles liegen und stehen und sogar seine Verkleidung drüben da am Nagel hängen und macht, daß er Hals über Kopf davonkommt?«

»Eh' der Mette ihr Mann, der Gaudenz, über ihn kommt!« spricht der Oetsch mit großer Seelenruhe. »Der ist den beiden hinter ihre Schliche gekommen, so dumm wie er ist! Wahrscheinlich haben's seine Dummheit halt doch überschätzt und sich nicht genug in acht genommen!«

»Was sagst ...«

»Hübsch langsam geht's heut' bei dir mit dem Denken, Poldl! Nicht viel vor zwei ist der Herr nebenan zum Fenster außigefahr'n, und kaum anderthalb Stunden später ist doch schon der Gaudenz Safferstätt mit einer Visage wie ein Wilder hier erschienen – der Laquai, der Baptist, hat's doch erzählt – und hat mit der Faust gegen die Türe nebenan getrommelt und ist ohne Herein ins Zimmer und hat sich mit zusammengebissenen Zähnen hingesetzt und gewartet. Und da sitzt er jetzt, nach geschlagenen fünf Stunden immer noch und rollt die Augen und lauert in einem weg, daß er dem Hochwürden gleich an die Gurgel kann, wenn er wieder ins Zimmer einsteigt. Aber ich glaub', der kommt nicht! Der war gerad noch rechtzeitig von der Mette gewarnt und hat Fersengeld gegeben! Darfst froh sein, Poldl! Sonst hätt' es zwischen dem und dem Gaudenz noch Mord und Totschlag gesetzt!«

Und plötzlich wurde der Johann Preisgott Oetsch wieder ganz verdreht und sagte, sich seine Pfeife anzündend, um nun wirklich auf die Jagd zu gehen, beiläufig: »Im achtzehnten Jahrhundert habe ich übrigens in Rom einen ähnlichen Fall erlebt. Im Karneval. Der Karneval in Rom, mußt du wissen, war damals der fidele Blocksberg für ganz Europa. Ich glaub' auch, daß die blonde Monna Ginetta, gegen die damals die heilige Inquisition einschritt, jetzt meine Schwägerin Mette ist. Die Art Weiber kommt immer wieder! Damals war der Liebhaber ein Florentiner und nannte sich ...«

Ich habe mir die Ohren zugehalten, um den Wahnsinn nicht zu hören, und dabei laut gerufen:

»Kannst denn wirklich jetzt von hier weg und hinter dem Wilderer herlaufen?«

Der Oetsch hat genickt und so stark gesagt, daß ich es habe hören müssen, und dabei auf einmal sehr feierlich ausgesehen:

»Ich geh'! Mein Gewissen ist rein! Ich weiß von alledem nichts, vom Tod vom Peter-Paul bis heute! Frag' lieber den Gaudenz Safferstätt nebenan! Mir scheint, der hat heute mehr darüber erfahren, als ihm lieb ist!«

Der Oetsch ist grimmig hinausgestapft. Seine Miene war furchtbar ernst und düster. In dieser Sekunde hätte ich die Hand dafür ins Feuer legen mögen, daß der wilde Mensch unschuldig sei an dem Verdacht, der auf ihm lastete. Man hat seine Schritte draußen im Park vernommen. Dann wurde es still. Der Regen hatte ganz aufgehört.

Ich bin in das Nebenzimmer zu dem Gaudenz, habe die Türe geschlossen, mich an seine Seite gesetzt, ihm fest in seine wasserblauen Augen geschaut, die so matt und nichtssagend waren wie immer, und ihn leise gefragt: »Gaudenz! Wen hab' ich denn da unter meinem Dach gehabt?«

Er hat mich begriffsstutzig angeblickt und nicht gewußt, was ich meine.

»Hier in dem Zimmer, Gaudenz? Wer war denn das, der hier gewohnt hat? Du weißt's doch?«

»No – der Pater Faramund!« sagte er erstaunt.

»So hat er sich genannt ...«

»Mit seinem Klosternamen! Daß er von Herkunft ein Oetsch ist, das ist uns doch bekannt, Poldl!«

»Aber er war es doch nicht wirklich!«

Jetzt hat der Gaudenz nichts weniger wie geistreich dahergeschaut, nur maßlos betroffen.

»Ich bitt' dich, Poldl! Wer soll's denn sonst gewesen sein?«

»Du meinst: das war doch der Pater in eigener Person?«

»Da ist doch gar kein Zweifel! ... Auf was für Ideen du auch kommst, Poldl ... Schon merkwürdig ...«

»Aber was hast du denn nachher gegen ihn, daß du den ganzen Nachmittag wie anpetschiert dahockst und auf ihn wartest?«

Jetzt wird mein Gaudenz wieder verdrossen, finster und drohend. »Mores will ich ihn lehren!« sagt er mit unterdrücktem Zorn. »Meine Ruh' will ich vor ihm haben! Er soll mir meine Frau nicht narrisch machen! Die Mette ist schon nervös genug! Was braucht er denn die halbe Nacht und den halben Tag bei ihr zu sitzen und ihr die Beichte abzuhören? Meine Frau hat keine Todsünden zu beichten! Wo käm' denn das her?«

»Da hast schon recht!«

»Da geht so ein Zelot bei und setzt ihr Mucken in den Kopf und droht mit Fegfeuer und Höllenstraf'! Schließlich kommt's dann auf einen milden Pfennig für sein Kloster hinaus! Den kann er haben! Ich bin reich genug! Aber zweimal täglich sich zwischen Mann und Frau drängen und in meine Ehe hineinhorchen – das verbitt' ich mir! Und das werd' ich ihm sagen! Fangt's ihn nur, den Pfaffen! Bringt's ihn her! Ich red' deutsch mit dem hochwürdigen Herrn!«

Der Gaudenz sprang wild auf und ging mit geballten Fäusten im Zimmer hin und her und hat erbittert gelacht. Er war ein ganz anderer Mensch wie der harmlose dumme Kerl, der er sonst war. Es war nicht gut mit ihm Kirschen essen. Es ist schon schrecklich, sobald einer keinen Verstand hat und ihn dann auch noch verliert ...

Ich bin hinaus und hab' dem Diener angeschafft:

»Ich bitte die Herren Gutsbeamten, wenn sie kommen, hier auf mich zu warten! Und der Anderl soll auch bei, mein Büchsenspanner!«

Dann schaute ich, daß ich zu meiner lieben Frau kam. Ich hatte das Vorgefühl: Jetzt gibt's Weiberarbeit! Zart und mit feinen, spitzen Fingern! Es zog sich mir allmählich immer mehr alles um die Mette oben zusammen.


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