Otto Stoessl
Morgenrot
Otto Stoessl

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III.

Bei allem Eifer nach selbständiger Bewegung sah Dieter sich zu Zeiten gern nach dem Vater um. Der hatte freilich seine liebe Not, alles zu erklären und für alles eine Auskunft zu sagen, was der Sohn wissen wollte. Der Vater nahm den Buben gelegentlich auf seine Amtswege mit, wenn er wo Geld einzukassieren, Mitglieder zu werben, die Zeitschrift auszutragen hatte. Bei solchen Wanderungen wies er ihm diesen und jenen merkwürdigen Anblick. Der Vater war nicht gerade gesprächig, doch immer wohlgelaunt und zugänglich. Seine Antworten, nichts weniger als gelehrt, bezeugten jenen gesunden Menschenverstand, der mit einer fröhlichen Gemütsart Hand in Hand geht. Sie trafen daher das Richtige immer von einer andern, als der Bildungsseite, und enthielten und boten voll selbstverständlicher Einfalt stets eine überraschende Anschauung.

So betrachteten sie einmal in einer Auslage des Kohlmarkts im Laden eines Juweliers die Bronzegruppe: Hagen Tronje, der den funkelnden Nibelungenhort in den Rhein zu den Töchtern des Stromes hinabwirft. »Was bedeutete wohl das?« »Ja das ist auch so eine Geschichte,« hieß es, »da haben drei Könige, aber nicht die heiligen drei, um ein Frauenzimmer gestritten und um ihre reiche Mitbringe und haben einander so lange Böses getan, bis ein gescheiter Mensch voll Zorn das ganze üble Geld packte und in den Strom warf.« O ihr gesegneten Bildungslücken, durch welche eine unverkümmerte Natur hervorgrünt! Aber die Lücken der Unbildung sind schändlich, durch welche das gemeine Halb-, Alles- und Besserwissen herausqualmt und alle Klarheit des Sehens trübt und verdirbt!

Am glücklichsten waren die Abende, wenn der Vater ans Bett des Buben trat, der einschlafen sollte und nicht mochte, und darum Geschichten zu hören begehrte. Der Vater begann nun im Dunkel zu erzählen, wie es daheim aussah und wie seine Anverwandten hießen, und was es für wunderliche Leute in dem kleinen Ländchen gab, und endlich schloß er mit einer Schnurre, die möglichst umständlich ausgedehnt wurde, so daß man etwa noch vor ihrem Ende einschlummern konnte.

Wenn Dieter auf solche Weise ein Traumbild von des Vaters Heimat bekam, sah er sie einmal im Jahr mit ihren leibhaftigen Gestalten in Wien aufziehen. Im Spätherbst, wenn draußen die Ernte vorbei war und die Leute für Gott und die Welt Zeit hatten, besannen sie sich namentlich auf die schuldige Frömmigkeit und wollten wirksame Gebete mit einer kleinen Andachtsreise und Weltfreude verbinden. An einem Sonntag hieß der Vater Dieter seinen Buben sich ordentlich anziehen und führte ihn in die Stefanskirche, die von Wallfahrern wimmelte, von wunderlichen alten Männern in schwarzen Tuchröcken mit Kniestrümpfen, Schnallenschuhen, glattrasierten Gesichtern und schlichten, bis zu den Schultern reichenden Haaren, von Frauen in Kopftüchern oder gar mit silbernen Hauben, in anliegenden schwarzen Spensern und abstehenden Röcken. Während Dieter beim Weihbrunnen wartete, ging der Vater langsam und leise von Bank zu Bank vorwärts, klopfte hier einem auf die Schulter, winkte dort einem andern, flüsterte dem und jener etwas zu, begrüßte die Wohlbekannten und weckte sie gleichsam auf. Als der Gottesdienst aus war, ließ er den ganzen Schwarm voranziehen, während er selbst mit seinem Bruder Philipp und mit seinem Sohne hinterdrein folgte. Die Wallfahrer, die auf der weiten Fußreise nach Mariazell hier in Wien Station machten, versammelten sich nämlich zu Mittag im »schwarzen Adler« auf dem Rudolfsheimermarkte. Dort wollte er sie treffen und ein paar Stunden mit ihnen verbringen. Der Onkel Philipp war bei dieser Gelegenheit recht als stattlicher und verheißungsvoller Junggeselle angetan mit einem dunkelblauen, von schwarzen Seidenborten eingefaßten Anzug, einem glänzenden Zylinder auf dem Kopf und einem bemerkenswerten Kleinod auf der Sammetweste, welches der junge Dieter unablässig anstaunte. Es war eine aus feinem, schimmernden, goldenen Frauenhaar geflochtene, von einer Opalschließe zusammengehaltene Uhrkette. Dieses Kunstwerk stammte von einem der vielen geliebten Mädchen, das der umworbene Junggeselle nicht geheiratet und das wohl sein schönes Haar vergeblich geflochten hatte, um ihn zu binden. Der Onkel Philipp, jung und lebenslustig genug, alle Rosengärten zu durchspielen und zu plündern, hielt dieses Angedenken als Siegestrophäe und wertes Erinnerungszeichen in Ehren und trug es bei besonders feierlichen Anlässen zum Sonntagsstaate. Auf dem langen Wege vom Stefansplatze in die Vorstadt hinaus war er wohlgelaunt und voller Späße, wie immer.

Draußen beim »schwarzen Adler« traf man die ganze Wallfahrerschaft bei Bier und Pfeife, und Vater und Onkel behagten sich gleich in ihrer Mitte. Da gab es ein Fragen und Erzählen und Forschen und Finden. Da wuchs von berichteten Todesfällen ein ganzer Kirchhof und von guter oder übler Nachrede ein Gedenkstein und Grabkreuz neben dem andern, und von Geburten erneute sich eine ganze Heimat wieder. Welche waren nach Amerika gegangen und suchten Reichtümer in der neuen Welt, andere waren zurückgekehrt und fanden auf ihre alten Tage wiederum als Bauern und Weber zufrieden einen stillen Herbst auf der alten Erde.

Nach etlichen Stunden nahm man von den Wallfahrern Abschied, viele Hände wurden geschüttelt, auch der kleine Dieter ging von Mann zu Mann und bekam freundliche Blicke aus allen Augen, und als Gruß immer ein frommes: »In Gottesnamen.« So schied man.

Bei einem Spaziergange durch die Bäckerstraße vernahm Dieter aus einem Hausflur neuartige laute Kommandorufe: »Steuer auf Backbord,« »Mann über Bord,« »Segel auf Backbord,« und dergleichen. Er ging näher und sah eine Schar von Buben in dem hochgewölbten Raume bei einem interessanten Spiele versammelt.

Sie saßen in großen Kisten und ruderten. Der alte Flur hallte von ihrem Lärm, und an ihrer Spitze turnte auf einem an die Wand gelehnten Handwagen als Schiffsjunge und Kapitän zugleich ein behender, schlanker Bursch mit lebhaften Augen und gebieterischer Stimme. Dieter setzte sich auf der Stelle in eine Kiste und schwamm unverzüglich im Weltmeer. Der Junker aus der Bäckerstraße, so hieß der Befehlshaber der Mannschaft, war überhaupt ein erfinderischer Mensch, der jeden Tag Neues ausheckte und zuwege brachte, freilich durch die völlige Ungebundenheit seiner Existenz und durch sehr dürftige Kleider, die keine besondere Schonung verlangten, hiezu auserkoren und befähigt. Die beiden Knaben fanden Gefallen aneinander. Der Junker hatte gegen die Aula, wohin Dieter ihn zur ersten Prüfung der Freundschaftstauglichkeit führte, nichts einzuwenden, sondern benahm sich so würdig, daß Dieter ihm sogar einmal durch das Treppenhaus hinabzuspucken gestattete, und Dieter seinerseits konnte von ihm so viel Neues erfahren, daß er nicht zögerte, sich diesem Umgang zu ergeben. Junker führte ihn zunächst einmal in seine Wohnung. Die lag im höchsten Stockwerke, eigentlich unter dem Dach des Hauses, in dessen Flur sie zu Schiff gefahren waren. Die Frau Junker, eine Wäscherin, stand mit nackten Armen und heißem Gesicht vor einem Holzladen und bügelte Leinenhemden. Gerade als Dieter eintrat, hielt sie das glühende Eisen ganz nah an ihre Wange, um seine Hitze zu erproben, welche Tapferkeit dem Besucher ebenso Achtung abnötigte, wie, daß sie auf sein bescheidenes »Guten Tag« den Gruß gleichgültig zurückgab, ohne ihn auszufragen, ja auch nur anzuschauen. Wie viele Buben mochte der ihrige schon in diese Kammer und wieder hinausgeführt haben! Es war auch dem Junker gar nicht darum zu tun gewesen, Dietern etwa seiner Mutter vorzustellen, sondern den Bodenschlüssel zu holen, dessen er zu einem wichtigen Unternehmen bedurfte. Immerhin tat Dieter ein paar angenehme Atemzüge von diesem Wohlgeruch nasser Wäsche und frisch gebügelten Linnens und sagte dann wieder sein ehrbares »Guten Tag« und folgte dem Führer, der den Dachboden aufschloß, nach umständlichen Klettereien über Balken und durch enge, niedrige, finstere wäschebehangene Gänge mit einer bedeutenden Gebärde Stille gebot und lauschend vor einer halboffenen Kammer stehenblieb. Dort sah man in einem kümmerlichen Holzschragen auf einem schmutzigen Strohsack und zerwühlten Bettlaken einen mageren Mann sich wälzen, der aus gelbem und eingetrocknetem, ganz verrunzeltem Gesichte mit wilden schwarzen Augen um sich blickte. Sie dünkten unserm Dieter hervorquellenden Rosinen in einem verhutzelten Kuchen gleich. Diese Augen irrten von der Decke zur Tür, und der ganze lebendige Leichnam zitterte, stöhnte, murmelte unverständliche Worte, schwieg dann und schien angestrengt nachzudenken. Der Junker kannte ihn wohl schon lange, darum fürchtete er ihn nicht allzusehr; dem Dieter aber war der Mensch recht unheimlich, besonders wenn er schwieg und nachsann. In einem solchen angstvollen Augenblick der Stille steckte der Junker den Kopf ins Zimmer und schrie den Mann an: »Mäh«, wobei er seiner Stimme das richtige Ziegenmeckern gab. Der Liegende fuhr empor, setzte sich halb auf, erhob beide hagern nackten Arme und drohte mit geballten Fäusten und undeutlichen Zornlauten. Darauf schrie ihn der freche Junge an, immer meckernd: »Wie geht's, Herr Baron Buttenschani, wie geht's?«

Der andere gab zurück: »Geht dich einen Dreck an.«

Diese Antwort schien dem Junker anzuzeigen, daß die Schauwürdigkeit bedrohlich werden könnte, weshalb er, von Dieter gefolgt, rasch in die Dämmerung des Bodens zurücktauchte. Unten erzählte er eine verwirrte und dunkle Geschichte von diesem Narren, der einmal reich gewesen und ein wirklicher Baron sei. Der habe vorlängst, als in Wien ein Krieg gewütet, die erschossenen Studenten in einer Butte aus der Aula getragen, darum nenne man ihn nicht anders als »Baron Buttenschani«. Jedenfalls lag dem eine Erinnerung an das achtundvierziger Jahr und an die Schüsse und Kämpfe zugrunde, blieb aber Dietern auch später verborgen, so oft er diesem ersten Gespenst des Lebens, einem zerstörten Geist, nachforschte und die Spuren verfolgen wollte, auf welchen etwa das Fürchterliche diesen Mann beschlichen hatte. Der »Baron Buttenschani« zeigte sich nicht immer so abweisend und unzugänglich, wie der Junker ihn auch nicht immer reizte und stichelte, sondern oftmals traf man ihn ganz zerlumpt und gleichsam von Hunger, Irrsinn, Kälte verkleinert auf der Straße, wo er murmelnd und lächelnd umherschlich und mitunter durch ein fast liebenswürdiges Betteln und unverständliches Erzählen und Umratfragen von den Vorübergehenden Geld oder Eßwaren erlangte, mit denen er wieder recht freigebig umging, so daß der Junker von ihm manchen guten Bissen bekam, wie er seinerseits ihm auch von dem seinen spendete. Da in des Barons wirren Erzählungen häufig eines großen dunklen Ganges Erwähnung getan wurde, meinte Dieter, das müsse jener gesuchte unterirdische Weg sein, der von der Schatzkammer der Aula vielleicht geradewegs in die Bäckerstraße führte. Jedenfalls schien ihm diese Andeutung seine eigenen langgehegten Ahnungen zu bestätigen und erregte sie von neuem auf das heftigste. Auch der Junker wurde neugierig, und die beiden Gesellen beschlossen, einmal in den Kellern der Aula gründlich zu forschen und zu graben. Da sich um diese Räume niemand kümmerte, fanden sie unschwer Eingang. Sie betraten ausgedehnte, durch die kleinen Fenster von oben her nur spärlich erhellte Dämmergebiete einer wahren Unterwelt. Dem umfänglichen Grundriß des alten Gebäudes entsprach eine weite Flucht dieser niedrigen Gewölbe, welche die Einbildungskraft gar wohl mit Gold und Kostbarkeiten erleuchtete. Solche Keller bedeuteten ja die eigentlichen Schatzkammern eines richtigen Palastes und mußten vor Zeiten billig von Wundern gestrotzt haben. Heute waren sie freilich leer, die Wände starrten in grauen, feuchten Quadern und gelegentlich machte das Vorübereilen einer pfeifenden Ratte die Knaben schauern. Sie begannen in der vermuteten Richtung des geheimen Ganges zu graben und fanden den Boden locker und gefügig, von welchem sie schwarze Steine unschwer lösten und bald einen ganzen Haufen beisammen hatten, als sich ihnen eine Gestalt mit einem Lichte näherte: der Vater Dieter. Der Junge staunte. Wieder einmal erwies sich die Allgegenwart des Mannes. Der Vater stand mit seiner Kerze vor den erstaunten Schatzgräbern, und fragte keineswegs unfreundlich, sondern interessiert: »Was schafft ihr denn hier?« Doch brauchte Dieter gar nicht zu antworten und sein großes Geheimnis zu verraten, denn der Vater leuchtete, ohne weiter in ihn zu dringen auf den Haufen schwarzer Steine, den die Knaben aufgewühlt hatten, rief erstaunt: »Ei, das ist ja lauter Kohle. Da habt ihr nun einen ganzen Schatz gefunden.« Womit er nun selbst die Schaufel zur Hand nahm und weiter arbeitete, während die beiden sich lautlos davonmachten. Der Fund der schwarzen Steine dünkte sie wertlos, weil sie den erwünschten Gang ja doch nicht hatten finden dürfen. Wie gleichgültig, ob der Haufen dort etwa zu einem Herdfeuer taugte! Der Vater Dieter aber stieß auf ein mäßiges Kohlenlager, das vor Zeiten hier aufgestapelt, nun längst vergessen und von keinem gekannt, als herrenloses Gut schlummerte, von welchem er manchen Tag einen Sack nach seiner Dienstwohnung hinauftrug und verheizte. Sein Sohn aber ging nach anderen Schätzen aus. In diese Zeit fiel, von dem Knaben freilich kaum bemerkt, ein rasch zunehmendes Siechtum der Mutter, welche zu husten begann aber trotz dem unerbittlich wachsenden Brustübel ihre Hausarbeiten tapfer verrichtete. Nur abends pflegte sie, früh ermüdet, noch beim Essen selbst, einzuschlafen, bevor sie sich niederlegte, auch ging sie nur mehr selten aus. Damals lebte für eine kurze Weile eine kleine Negerin in der Dienstwohnung, half ihr Teil bei der Arbeit mit und genoß wie unser Dieter die mütterliche Fürsorge der Frau und die Abendschnurren des Vaters. Das war, als der Forschungsreisende Doktor Hesky zu Wien mit Vater Dieters Hilfe im Prater eine Ausstellung afrikanischer Sehenswürdigkeiten veranstaltete und ein berühmter Mann wurde. Für den Knaben ergab sich ein wunderliches Freundschaftsverhältnis mit der Schwarzen, wovon wir in der Geschichte »Negerkönigs Tochter« einläßlich erzählt haben. Dazwischen nahm aber auch die Verbindung mit dem unternehmenden Junker ihren Fortgang. Die Abenteuer erstreckten sich mit der steigenden Kraft und Begehrlichkeit über immer weitere Gebiete. Der Aeltere führte seinen Schützling in einen Kreis bedeutender Helden ein, welche als Indianerhäuptlinge in den unterirdischen Gängen des Wienflusses und Alserbaches hausten, in Höhlen auf Erdhaufen ihre Friedenpfeifen rauchten, Streitäxte ausgruben, wieder einscharrten und Schätze in Gestalt glänzender Perlmutterabfälle aus den nahen Drechslereien sammelten. Junker war der gefürchtete Inkas, Dieter bekam den Namen Unkas, und es war ein hochansehnliches geheimes Leben. Um auf diesen beschwerlichen und schmutzigen Wegen nicht durch allzu sorgfältige Kleidung behindert zu sein – hätte sie Dietern doch bei seinen ärmeren und anständig zerlumpten Indianerkameraden nur verdächtig gemacht –, legte er immer im Flur der Aula, es war im Spätfrühjahr, Rock und Hemdkragen ab und versteckte sie hinter einem Pfeiler. Von der Mutter, die nun schon schwer krank im Bett lag, hatte er sich eilends empfohlen, seinen Jausenkaffee samt dem zugehörigen Kipfel zu sich genommen – der Vater war auf Amtsgeschäften außer Hause – so gehörte der Nachmittag den indianischen Erlebnissen. Welche Wochen eifriger Ereignisse, Taten und Listen! Daß der Vater häufiger als sonst daheim blieb und schweigend bei der Mutter saß, ihre Hände haltend und gelegentlich mühsam scherzend, daß er am Abend, wenn der Bub heimkam, auf dessen gesprächige Fragen nur kurze Antworten gab und ihn so lange beim Bett der Kranken ließ, bis diese eingeschlafen war, nicht ohne das Haar ihres Kindes lange gestreichelt zu haben, als wollte sie das Gefühl dieses runden kleinen Kopfes in ihren Händen bewahren; dies alles merkte der Knabe nicht, oder legte ihm in der glücklichen Unwissenheit seines Alters keine Bedeutung bei. Vielmehr hieß er die größere Freiheit willkommen, die ihm jetzt vergönnt war, da die Mutter ihn, wenn er wollte, fortließ und der Vater ihn weder ausfragte, noch durch plötzliches Dazwischentreten überraschte.

So war er eines Abends, als die Schatten der Dämmerung bereits über den Universitätsplatz wuchsen, heiß und froh von den Indianern heimgekehrt und stand eben hemdärmelig in der Aula, als sein Vater in verhaltener Erregung von der Stiege herabkam. Dieter blieb in seinem mangelhaften Aufzug sprachlos. Der Vater sagte nur: »Zieh dich an und komm hinauf.« Eilends nahm Dieter vor den Augen des Vaters Kragen und Rock hinter dem Pfeiler hervor und folgte, noch auf der Stiege sich zurechtmachend, dem stumm Vorangehenden.

Oben lag in schwerem, von Husten gequältem Schlummer die Mutter wachsgelb im Bette. Ihre Hände fuhren angstvoll und suchend über die Decke.

Es war ihre letzte Nacht.


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