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Siebentes Kapitel.

Peveril's Diener waren so sehr an den Ruf: »In Stiefel und Sattel!« gewöhnt, daß sie bald zu Pferde und in Ordnung waren. Die Cavalcade bewegte sich mit der merklichen Vorsicht, welche sie aus den Bürgerkriegen gelernt hatten. Ein Reiter auf einem guten Pferde ritt auf sechshundert Fuß voraus; in der Hälfte dieser Entfernung folgten noch zwei mit ihren gezogenen Carabinern, gleichsam zum Kampf bereit. Gegen dreihundert Fuß hinter dem Vortrabe kam das Hauptcorps, wo die Gräfin von Derby, auf Lady Peveril's Zelter sitzend (denn ihr eignes Pferd war durch die Reise von London nach Martindale erschöpft worden), von einem Reitknecht von erprobter Treue, und einem Dienstmädchen begleitet, den Ritter Peveril und drei Glieder guter, geübter Reiter zum schützenden Geleite hatte. Im Nachtrabe kamen Whitaker und Launce Outram, als besonders bewährte Männer, welchen die Deckung des Rückzuges anvertraut war.

Aber so weise Peveril und sein Gefolge in der Kriegszucht sein mochten, so waren sie doch in der bürgerlichen Politik etwas zurück. Der Ritter hatte Whitakern, obgleich ohne scheinbare Nothwendigkeit, die Absicht ihres jetzigen Zuges mitgetheilt; und Whitaker war mittheilend gegen seinen Kameraden Launce, den Förster. »Es ist sonderbar genug,« sagte dieser zu Whitaker, als er von dem Falle unterrichtet war, »und ich wünschte, Ihr, als ein kluger Mann, erklärtet mir's – warum, wenn wir für den König gebetet, und für den König gefochten haben, und für den König in den Tod gegangen sind seit zwanzig Jahren – das Erste, was wir nunmehr zu thun finden, sein muß, im Harnisch zu reiten, um seinem Verhaftsbefehl uns zu widersetzen?«

»Ei, du einfältiger Mensch,« rief Whitaker, »ist das Alles, was du von dem wahren Grunde des Handels weißt. Nun, so höre, wir fechten für des Königs Person wider seinen Verhaftbefehl schon vom Anfang an; denn ich erinnere mich, die Proklamationen der Schurken u. s. f. ergingen alle im Namen des Königs und des Parlaments.«

»Ei, war es wirklich eben so?« erwiederte Launce. »Nein, wenn sie das alte Spiel so bald wieder anfangen, und Verhaftbefehle in des Königs Namen gegen seine treuen Unterthanen ergehen lassen, Glück dann unserm tapfern Ritter, sag' ich, der bereit steht, sie in den Staub zu werfen. Und wenn Bridgenorth hinter uns drein ist, soll es mir keinen Kummer machen, auf ihn los zu schlagen.«

»Je nun, der Mann, ausgenommen, daß er ein verwünschter antiroyalistischer Puritaner ist, ist doch kein schlimmer Nachbar. Was hat er dir gethan?« sagte Whitaker.

»Er hat auf dem Rittergute den Wilddieb gemacht,« antwortete Launce.

»Den Teufel auch! du spaßest wohl, Launce,« sagte Whitaker. »Bridgenorth ist weder Jäger, noch Falkonier; er hat nicht so viel Ehrlichkeit, als dazu gehört.«

»Aber er läuft nach Wild mehr, als Ihr glaubt, mit seinem sauern, finstern Gesicht, das Kinder erschrecken und Milch zum Gerinnen bringen könnte,« sagte der Förster. »Diesen Morgen ging ich in den Wald, ein Reh zu schießen, in der Meinung, etwas Wild möchte in der Speisekammer nach dem gestrigen Gelage von Nöthen sein, und als ich unter dem Fenster der Kinderstube vorbeikam, sah ich nur eben herauf, was die Gouvernante machte; und so sah ich sie durch den Fensterflügel sich flugs mit Haube und Schärpe anthun, sobald sie mich nur flüchtig bemerkt hatte. Gleich darauf sah ich die Thüre des Kabinets offen, und sicher, sie kam durch den Garten und so über Stock und Stein in den Park, und so, dacht' ich, aha! Mamsell Deborah, wenn Ihr so willig nach meiner Pfeife und Trommel tanzt, so sollt Ihr lange laufen, bis Ihr zu mir kommt. Und so ging ich das Thal herunter, wo das Dickicht anfängt und der Boden sumpfigt wird, immer der Meinung, sie folge mir, und in's Fäustchen lachend, daß ich sie so herum führte.«

»Du verdientest,« sagte Whitaker, »dafür in's Wasser geworfen zu werden, wie ein wetterscheuer junger Hund. Aber was hat die ganze Irrlichts-Geschichte mit Bridgenorth zu schaffen?«

»Ei, es hing ganz mit ihm, nämlich mit Bridgenorth, zusammen,« fuhr Launce fort, »daß sie mir nicht folgte; erst ging ich langsam, dann hielt ich, drauf kehrt' ich ein wenig um, und hernach fing ich an, mich zu wundern, was aus ihr geworden wäre, und zu denken, ich hätte mich wohl ein Bißchen wie ein Esel bei der Sache benommen. Als ich nun mein Gesicht nach dem Schlosse hinwandte, kehrte ich zurück, als wenn mir die Nase blutete, da ich eben am Dornbusch, der, wie Ihr wißt, einen Pfeilschuß weit vom Hinterpförtchen steht, Mamsell Deborah im vertrauten Gespräch mit dem Feind entdeckte.«

»Mit welchem Feinde?« fragte Whitaker.

»Mit welchem Feinde? Ei, mit wem sonst, als Bridgenorth. Sie zogen sich zurück und hinter den Zaun; aber, dacht' ich, es wäre schlimm, wenn ich euch nicht berücken sollte, der ich so manches Reh berückt habe. – So ging ich rund um das Dickicht, um sie zu beschleichen, und ich will nie wieder eine Armbrust spannen, wenn ich nicht gesehen habe, daß er ihr Gold gab und ihr die Hand drückte.«

»Und das war Alles, was du unter ihnen vorgehen sahest?« fragte Whitaker.

»Wahrhaftig, und das war genug, um mich aus dem Sattel zu heben,« antwortete Launce. »Was? Indem ich glaubte, das hübscheste Mädchen im Schlosse nach meiner Pfeife tanzen zu sehen, führt sie mich an und munkelt in einem Winkel mit einem alten reichen Puritaner!«

»Glaube mir, Launce,« sprach Whitaker, »es ist nicht, wie du denkst. Bridgenorth kümmert sich nicht um diese Liebeständeleien, und du denkst an nichts Andres. Aber es ist schicklich, daß unser Herr wisse, daß er mit Deborah insgeheim zusammengekommen ist und ihr Gold gegeben hat; denn niemals gab noch ein Puritaner Gold, es wäre denn als Angeld auf ein verübtes oder noch zu verübendes Bubenstück.«

»Nein,« sagte Launce, »ich möchte doch nicht so niederträchtig sein, und hingehen, und das Mädchen unserm Herrn verrathen. Sie hat ein Recht, ihrer Laune zu folgen, – nur gefällt mir ihre Wahl nicht, das ist Alles. Er kann nicht sechs Jahre von den Fünfzigern sein, und ein essigsaures Gesicht unter dem Wetterdach eines niedergeschlagenen Kastorhutes, und ein hagerer, ausgetrockneter Körper, in einen schwarzen Mantel gewickelt, dächt' ich, wäre keine große Versuchung.«

»Ich sag' es noch einmal,« rief Whitaker, »du irrst dich; es ist und kann keine Liebesangelegenheit zwischen ihnen sein, sondern bloß eine Intrigue, welche vielleicht die nämliche edle Gräfin von Derby betrifft. Ich sage dir, meinem Herrn ist es nützlich, davon zu wissen, und ich will es ihm jetzt selbst sogleich erzählen.«

So sprach er, ritt, trotz aller Gegenvorstellungen, die Launce zu Gunsten der Deborah machte, zum Hauptcorps ihrer kleinen Schaar, und berichtete dem Ritter und der Gräfin, was er eben vom Förster vernommen, indem er zugleich bemerkte, wie er vermuthe, daß Herr Bridgenorth von Moultrassie-Hall ein Spionsystem auf dem Schloß Martindale zu unterhalten suche, entweder um seine gedrohte Rache gegen die Gräfin von Derby, als Urheberin von seines Schwagers Tode, sich zu sichern, oder aus einer andern unbekannten, wahrscheinlich schlechten Absicht.

Whitaker's Erzählung regte Peveril's Empfindlichkeit hoch auf. Nach seinen Vorurtheilen glaubte er, daß die entgegengesetzte Partei durch List und Ränke zu erreichen suche, was sie mit offener Gewalt nicht vermöge, und kam nun schnell auf den Gedanken, daß sein Nachbar, dessen Klugheit er immer achtete und bisweilen selbst fürchtete, einen geheimen Briefwechsel mit einem seiner Hausgenossen unterhielte.

Whitaker hatte kaum seinen Posten im Nachtrabe wieder eingenommen, als er ihn wieder verließ, und schneller als zuvor zum Hauptcorps galoppirte, um die unangenehme Botschaft zu bringen, daß sie von einem Dutzend Reiter und drüber verfolgt würden.

»Reit' schnell auf Hartley-nick,« sagte der Ritter, »und dort, mit Gottes Hülfe, wollen wir die Buben erwarten. Frau Gräfin von Derby, ein Wort und ein kurzes lebt wohl! Ihr müßt mit Whitaker und einem andern wachsamen Reiter vorwärts und mich allein lassen, zu verhüten, daß Euch Niemand über den Hals kommt.«

»Ich will bei Euch bleiben und ihnen Stand halten,« sagte die Gräfin; »Ihr wißt von früherer Zeit her, ich fürchte mich nicht, Mannesthaten zuzusehen.«

»Ihr müßt fortreiten, Gräfin,« sagte der Ritter, »um des jungen Grafen willen, und für das Beste der übrigen Familie meiner edlen Freundin. Es ist hier keine Mannesthat Eurer Bemerkung werth zu erwarten, es ist bloßes Kinderspiel, was die Gesellen mitbringen.«

Sie gab ungern ihre Einwilligung, ihre Flucht fortzusetzen, und so errreichten sie den Grund von Hartley-nick, einen sehr jähen und höckerigen Paß, wo die Straße, oder vielmehr der Pfad, der bisher über offenen Boden ging, zwischen Buschholz auf der einen, und dem steilen Ufer eines Bergstromes auf der andern Seite, verschlossener und enger ward.

Die Gräfin von Derby nahm herzlichen Abschied vom Ritter Peveril, trug ihm freundliche Grüße an den kleinen Julian und dessen Mutter auf, und ritt nun mit ihrer Begleitung und Bedeckung eiligst weiter. Sobald sie aus dem Gesicht verschwunden war, holten die Verfolger den Ritter Peveril ein, welcher die Seinigen so vertheilt und aufgestellt hatte, daß sie die Straße an drei verschiedenen Punkten völlig besetzten.

Die feindliche Partei wurde, wie er erwartet hatte, vom Major Bridgenorth angeführt. Ihm zur Seite war eine schwarzgekleidete Person mit einem silbergrauen Jagdhunde, und ihm folgten acht bis zehn Einwohner des Dorfs Martindale-Moultrassie, von denen zwei oder drei Friedensrichter, und andere dem Ritter als Freunde der umgestürzten Regierungsform bekannt waren.

Als die Schaar rasch herauf geritten kam, gebot ihnen der Ritter zu halten, und da sie vorzurücken fortfuhren, befahl er seinen Leuten, ihre Pistolen und Karabiner anzulegen; worauf er mit einer Donnerstimme wiederholte: »Halt, oder wir feuern!«

Die Gegenpartei hielt nun, und Major Bridgenorth näherte sich, um zu unterhandeln.

»Ha ha, wie geht's, Herr Nachbar,« rief Ritter Peveril, als wenn er ihn jetzt erst erkannt hätte; »was habt Ihr diesen Morgen so scharf zu reiten? Fürchtet Ihr nicht Eurem Pferde zu schaden, oder Eure Sporen zu verderben?«

»Ritter Gottfried,« antwortete der Major, »ich habe nicht Zeit zu scherzen, ich bin in Angelegenheiten des Königs hier.«

»Doch nicht etwa in Oliver Cromwell's, Herr Nachbar? Ihr seid gewohnt, dessen Aufträge für besser zu halten,« sagte der Ritter lächelnd, und ein lautes Gelächter erscholl unter seinem Gefolge.

»Zeigt ihm unsre Vollmacht,« sagte Bridgenorth zu dem erwähnten schwarzgekleideten Manne, welcher ein Staatsbote war. Dann nahm er die Vollmacht von dem Beamten und überreichte sie dem Ritter mit den Worten: »Vor diesem werdet Ihr wenigstens Achtung haben.«

»Die nämliche Achtung, die Ihr einen Monat früher davor gehabt haben würdet, oder solche,« sagte der Ritter, und riß die Vollmacht in Stücken. – »Was den Henker starrt Ihr mich an? Glaubt Ihr ein Monopol zum Aufruhr zu haben, und daß wir nicht auch ein Recht haben, uns ungehorsam zu zeigen?«

»Macht Bahn, Ritter Gottfried Peveril!« rief Bridgenorth, »oder Ihr treibt mich zu einer That, die mir leid thun könnte. Ich bin in dieser Sache der Rächer von einem der Heiligen des Herrn, und ich will die Jagd verfolgen, so lange mir der Himmel einen Arm verleiht, mir den Weg frei zu machen.«

»Nur auf Eure Gefahr sollt Ihr hier Euch den Weg öffnen,« sprach Peveril; »es ist mein Grund und Boden; ich bin seit zwanzig Jahren genug gequält worden von euch Heiligen, wie ihr euch selber nennt. Ich sage Euch hiermit, Bridgenorth, Ihr sollt ungestraft weder die Sicherheit meines Hauses verletzen, noch meine Freunde über das Gebiet hinaus verfolgen, noch, wie Ihr gethan, mit meinen Dienstboten Verkehr treiben. Für gewisse Handlungen, die ich weder vergessen noch abläugnen will, hab' ich Euch geachtet, und es wird mir schwer fallen, ein Schwert oder eine Pistole gegen Euch zu ziehen; aber zeigt eine feindliche Bewegung, oder rückt einen Fuß breit vorwärts, und ich werde mich den Augenblick Eurer bemächtigen. Und was diese Elenden betrifft, welche hieher kommen, eine edle Frau an meinen Gränzen zu beunruhigen, laßt sie fort, oder ich schicke Einige von ihnen vor der Zeit in die Hölle.«

»Weicht auf Eure eigene Gefahr,« rief der Major, und legte die Hand an seine Pistole. Der Ritter rückte sogleich auf ihn los, ergriff ihn beim Kragen und spornte seinen Rappen, den er zugleich im Zaume hielt, so daß das Pferd einen Sprung machte und das volle Gewicht seiner Brust gegen den Hals des andern brachte. Ein behender Soldat hätte sich, in Bridgenorth's Lage, seines Gegners mit einer Kugel entledigt. Aber Bridgenorth's Muth war, wiewohl er einige Zeit bei der Parlamentsarmee gedient hatte, mehr bürgerlicher als militärischer Art; und er stand seinem Gegner nicht bloß an Stärke und in der Reitkunst, sondern auch in der kühnen, entschiedenen Entschlossenheit nach, welche den Ritter Peveril so zuversichtlich in den persönlichen Kampf stürzte. Während sie also mit einander sich auf eine Art herumschlugen, die so wenig mit ihrer langen Bekanntschaft und vertrauten Nachbarschaft zusammenstimmte, war es kein Wunder, daß Bridgenorth mit vieler Heftigkeit abgeworfen wurde. Während der Ritter aus dem Sattel sprang, sprengten Bridgenorth's Begleiter herbei, ihren Anführer zu retten, und die des Ritters, sich ihnen zu widersetzen. Der Staatsbote nahm den Wink an und fand leicht einen Grund, eine gefährliche Pflicht nicht zu verfolgen. »Der Verhaftbefehl,« sagte er, »ist zerrissen. Die es thaten, müssen vor dem Gericht es verantworten. Für meine Person kann ich ohne Commission nicht weiter gehen.«

»Wohl gesprochen, und wie es einem friedliebenden Manne ziemt!« sagte der Ritter. – »Whitaker, laßt ihm im Schlosse Erfrischung geben. Sein Gaul ist auch sehr heruntergekommen. – Nun, Nachbar Bridgenorth, steht auf; ich hoffe, Ihr seid nicht verletzt worden bei diesem tollen Gefecht. Ich mochte nicht Hand an Euch legen, bis Ihr Euern Karabiner aufnahmt.« Unter diesen Worten half er dem Major in die Höhe. Der Staatsbote zog sich indeß auf die Seite, und mit ihm der Polizeibeamte und Deputirte, welche nicht ohne einen geheimen Verdacht waren; die Uebrigen aber, Bridgenorth's Freunde und Anhänger seiner Grundsätze, behaupteten ihren Platz ungeachtet dieses Abfalles, und schienen, nach ihren Mienen zu urtheilen, fest entschlossen, ihr Verhalten nach dem ihres Anführers einzurichten, wie es auch sein möge.

Indessen zeigte sich, daß Bridgenorth den Kampf nicht wieder erneuern wollte. Er machte sich ziemlich ungestüm von Peveril los, jedoch nicht, um sein Schwert zu ziehen. Im Gegentheil bestieg er sein Pferd mit einer düstern, niedergeschlagenen Miene und kehrte, mit einem Zeichen gegen sein Gefolge, desselben Weges zurück, den er gekommen war. Der Ritter sah ihm einige Minuten nach und sagte dann: »Da reitet ein Mann, der ein recht ehrlicher Mann gewesen sein würde, wäre er kein Presbyterianer. Aber es ist keine Herzlichkeit in ihnen – sie hegen Tücke, und das hass' ich, wie einen schwarzen Mantel, oder ein Genfer Käppchen mit zwei langen, auf jeder Seite hervorragenden Ohren, gleich zwei Schornsteinen auf dem Giebel einer Strohhütte. Sie sind schlau, wie der Teufel, auf ihren Vortheil; und daher, Launce Outram, nimm Zwei mit dir, und halte sie im Auge, daß sie nicht unsre Flanke umgehen, und am Ende gar der Gräfin auf die Spur kommen.«

»Das wäre mir eben so lieb, als wenn sie auf die zahme weiße Hindin meiner gnädigen Frau loshetzten,« antwortete Launce, und vollzog seines Herrn Befehle, indem er dem Major Bridgenorth in einer gewissen Entfernung nachfolgte und seinen Zug von solchen Anhöhen, welche die Gegend beherrschten, beobachtete. Aber es ward bald offenbar, daß kein Manöver beabsichtigt wurde, und der Major den geraden Heimweg einschlug. Als dieß gewiß war, entließ Ritter Peveril die meisten seines Gefolges, behielt nur seine eigenen Diener bei sich, und ritt schleunig weiter, die Gräfin einzuholen.

Es ist nur ferner zu sagen nöthig, daß er sein Vorhaben, die Gräfin nach Vale-Royal zu escortiren, ohne weiter ein Hinderniß auf dem Wege zu treffen, ausführte. Der Herr des Hauses übernahm bereitwillig die Begleitung der hochherzigen Frau nach Liverpool, und machte es sich zur Angelegenheit, sie sicher nach den Erbgütern ihres Sohnes eingeschifft zu sehen, wo sie sicher war, bis die Anklage gegen sie wegen des Bruchs der königlichen Amnestie durch Christian's Hinrichtung ausgetragen werden konnte.

Lange Zeit wollte dieß nicht gelingen. Clarendon, damals an der Spitze von Carls Staatsverwaltung, betrachtete ihre rasche Handlung als darauf berechnet, die wiederhergestellte Ruhe Englands zu stören, indem sie die Zweifel und die Eifersucht derjenigen erregte, welche die Folgen der in unsern Zeiten sogenannten Reaction zu fürchten hatten. Zu gleicher Zeit sprachen die hohen Dienste dieser ausgezeichneten Familie – die Verdienste der Gräfin selbst – das Andenken ihres tapfern Gemahls – und die eigenen besondern Umstände der Jurisdiction, welche den Fall von allen gemeinen Regeln ausnahmen – stark zu ihrem Vortheil, und der Tod Christian's wurde am Ende bloß durch Auflegung einer schweren Geldbuße bestraft, welche mit großer Schwierigkeit aus den zerstreuten Besitzungen des jungen Grafen von Derby erhoben wurde.



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