Paul Schreckenbach
Um die Wartburg
Paul Schreckenbach

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XXIII.

Das Heer des Landgrafen war in drei Treffen gegliedert. Vorn zog Hermann Goldacker mit sechzig auserwählten Reitern, denen folgte in eines Schleuderwurfs Entfernung Friedrich selbst mit fast dreihundert Geharnischten zu Roß. Dann kam der Troß der Fußknechte unter Dietrich von Wertherns Befehl, dessen Nachhut zwei Fähnlein Reiter bildeten.

Nahe bei dem Dorfe Kobschütz ließ Goldacker Halt machen und erwartete die Nachrückenden. »Wollen wir hier bleiben, Herr?« fragte er. »Es war Euer Wille, und der Ort ist wahrhaftig gut gewählt. Besetzen wir hier links und rechts den Wald, so können wir sie schön in die Mitte nehmen.«

»Nein, lieber Marschalk, ich habe meinen Sinn geändert,« gab Friedrich zur Antwort. »Ganz ohne Vorsicht werden sie wohl auch nicht dahinreiten, obschon sie uns nicht in der Nähe vermuten. Der Nortenberger ist nicht von gestern, sondern des Krieges wohl erfahren. Läßt er eine Vorhut voranreiten, so könnte die uns zu früh bemerken, und dann könnte der Überfall nur halb oder gar nicht glücken. Ich denke vielmehr, wir rücken auf Lucka. Das Städtlein liegt halb in Asche und ist verwüstet, die Bürger sind zum großen Teil geflohen, wie mir Kunde ward. Die Königsmänner lagern vor den Toren, und bis zum Flüßchen Schnauder reichen ihre Zelte und Feuerstätten. Hier Schlotheim kennt den Ort genau, so wie er die ganze Gegend kennt. Er wird uns führen. Vor Käferhain biegen wir ab von der Straße und ziehen durch den Wald im Bogen auf Zschagast. Dann reiten wir aus dem Walde durch das Dorf und brechen ins Lager ein.«

»Und meint Ihr, Herr, daß sie keine Wachen ausgestellt haben?«

»Auf der Straße vielleicht, im Walde schwerlich. Auch denke ich, wir werden genau zur Mittagszeit dort sein, oder wenig später. Da werden sie kochen und braten oder schon beim Essen sitzen. Das ist die allerbeste Zeit, ein Heer zu überfallen. Meine Thüringer wenigstens würden um diese Stunde am leichtesten zu überrumpeln sein.«

»Die Schwaben sind sicher nicht von anderer Art,« versetzte Goldacker lächelnd. »Euer Plan gefällt mir sehr wohl. Aber wäre es nicht besser, wir brächen von zwei Seiten über sie herein?«

»Nein, wir bleiben zusammen,« entschied Friedrich. »Unsere Mannschaft ist zu klein, als daß wir sie teilen könnten. Der Stoß muß mit aller Kraft geführt werden.«

»Wie Ihr wollt, Herr. Nur vergönnt mir, daß ich unter den Vordersten reite.«

»Du bist ja schon an der Spitze, und so soll es bleiben. Daß du voranreitest, versteht sich immer von selbst. Wir können übrigens in aller Gemächlichkeit unseres Weges ziehen, denn es ist noch früh am Tage. Wir brauchen dann alle Kräfte der Männer und Rosse, jetzt sollen sie geschont werden.«

Es war in der Tat, trotzdem des Fürsten Befehl befolgt ward, noch fast eine Stunde vor Mittag, als man auf der breiten Waldblöße anlangte, die der ortskundige Schlotheim als beste Ruhestätte vor dem Kampfe bezeichnete. »Von hier aus, Herr, sind es ungefähr noch zweitausend Schritte bis nach Zschagast, das dicht vor dem Walde liegt,« sagte er. »Ich kenne den Weg, denn ich bin ihn oftmals geritten, als ich noch Amtmann in Breitenhain war. Dort in der Lichtung habe ich den stärksten Keuler meines Lebens erlegt. So etwas vergißt sich nicht.«

»Gut. Dann rasten wir hier,« befahl Friedrich und schwang sich aus dem Sattel. »Stelle Wachen aus, Goldacker, bis an den Waldesrand. Aber daß sie hübsch im Dickicht bleiben! Links und rechts vom Wege alle fünfzig Schritt zwei Mann! Bemerken die Vordersten etwas Verdächtiges, so geben sie sofort ein Zeichen an die Nächsten. Schlotheim, du bist dem Marschalk behilflich!«

Er setzte sich auf einen bemoosten Stein, der aus Waldgras und Farrenkraut hervorragte, und ließ sich etwas Brot und kaltes Fleisch, dazu eine Flasche roten Weines reichen. Bald hatte sich das ganze Heer gelagert, und rasch und geräuschlos wurde ein kärgliches Mahl eingenommen. Dabei mußten beständig nach allen Seiten einzelne kleine Abteilungen in den Wald ausschwärmen, damit jede sich etwa nahende Gefahr auf der Stelle bemerkt werden konnte.

Einige dieser Leute brachten ein paar Dutzend Bauern vor Friedrichs Gesicht: Männer, Weiber und Kinder, die sie in einer Erdhöhle aufgefunden hatten. Die armen Menschen befanden sich offenbar in der größten Angst, zitterten und bebten am ganzen Leibe und fielen auf die Knie, als sie den Mann im vergoldeten Harnisch erblickten, der so stolz und gebieterisch aussah.

»Gnade, Herr König! Wir haben gar nichts mehr!« rief der Älteste der Schar, ein Greis mit verwittertem Angesicht, der nichts auf dem Leibe trug als ein grobes, wollenes Hemd, das über den Hüften von einem Stricke umschnürt war.

Friedrich erhob sich. »Ich bin nicht der König, dem Himmel sei Dank. Ich bin euer Markgraf, der euch helfen will!«

Seltsamer Weise machte dieses Wort nicht den geringsten Eindruck auf die Landleute. Augenscheinlich verstanden sie es gar nicht. Sie schauten ebenso trübselig und angstvoll vor sich nieder wie vorher.

Verwundert blickte sie der Fürst an. Dann fragte er: »Wo seid ihr her?«

»Aus Zschagast!«

»Warum seid ihr nicht daheim zur Mittagszeit?«

»Unsere Häuser sind verbrannt, wir haben nichts zu essen, suchten uns im Walde Wurzeln und Beeren.«

Indem kam eine der ausgeschickten Wachen zurück und meldete, daß das Dorf vor dem Walde zur einen Hälfte total niedergebrannt sei, zur andern Hälfte noch in Flammen stehe. Zu sehen sei niemand, es scheine völlig verlassen zu sein.

»Daher der brenzliche Geruch und der Dunst im Walde,« bemerkte Goldacker.

Friedrich war aufgestanden, die Lust zum Essen war ihm vergangen. Er nagte heftig an seiner Unterlippe, wie er im Zorne zu tun pflegte.

»Wann ist das Dorf angesteckt worden?« fragte er den Alten.

»Gestern gegen Abend, Herr!«

»Und konntet ihr nichts retten?«

»Sie trieben uns fort, Herr. Sie schossen nach uns mit Pfeilen, und zwei von uns schossen sie tot.«

»Kommt, Goldacker und Schlotheim, wir wollen vorgehen an den Waldrand und selber zusehen!« befahl Friedrich. »Du, Schlotheim, führe uns! Den Leuten hier,« wandte er sich an Werthern, »gebt Brot, soviel da ist!«

Er schritt, dem Ritter folgend, den Waldweg dahin, der auf das Dorf Zschagast zuführte. Das Gehölz erstreckte sich bis dicht an den Ort heran. Aber außer den nächststehenden Häusern, die bis auf die niederen Lehmwände heruntergebrannt waren, konnte man nichts von dem Dorfe wahrnehmen, und ebenso war jede weitere Fernsicht unmöglich. Die ganze Gegend vor dem Walde war in eine ungeheure Rauchsäule eingehüllt. Es war, als lagere ein dichter Nebel über dem Lande.

»Herr,« sagte Friedrich von Schlotheim, »der Brand kommt uns sehr zustatten. Hier rechts neben dem Dorfe ist ein breiter Weideanger. Ihr seht ihn nicht, denn der Rauch liegt jetzt darüber und davor. Da können wir uns aufstellen und ordnen. Sehen können sie uns nicht.«

»Das soll geschehen und schnell geschehen!« rief Friedrich. »Eile zurück, Schlotheim, und laß aufsitzen. Die Knechte sollen hinter den Reitern herziehen.«

Als der Ritter gegangen war, stand Friedrich lange stumm neben Goldacker da und schaute unverwandt in die Rauchmassen, die sich in immer neuen Schwaden erhoben, und aus denen hier und da noch Flammen emporsprühten. Eine tiefe Stille lag über der Brandstätte, nur aus der Ferne ertönte manchmal ein Ruf und das dumpfe Gebrüll der Rinder, die aus allen Dörfern der Umgegend ins feindliche Lager zusammengetrieben waren.

»Kannst du erkennen, Hermann, was da drüben liegt?« sagte der Fürst plötzlich und deutete auf eine dunkle Masse, die unter einer Weide in einiger Entfernung sich undeutlich von dem Erdboden abhob.

»Ich kann's nicht erkennen, Herr, aber ich will's sogleich erkunden,« erwiderte der Marschalk und sprang aus dem Gehölze vor. Kurz darauf kehrte er mit tief verfinstertem Gesicht zurück.

»Herr, ein scheusäliger Anblick,« sagte er. »Ein toter Bauer und sein sterbendes Weib. Sie waren zusammengekrochen, wie todwundes Wild tut. Das Weib hatte viele Stiche in der Brust, der Mann war tot. Sie hatten ihm die Füße abgehauen.«

Die Züge des Landgrafen verzerrten sich bei diesen Worten, und er knirschte mit den Zähnen. Dann hob er die Hände zum Himmel empor und rief: »Ihr Heiligen Gottes, ihr sehet den Greuel! Gebt mir den Sieg über die Bestien da drüben, damit ich dem Schrecken ein Ende mache! – Goldacker, du gibst den Befehl aus, daß von den schwäbischen Knechten keiner geschont wird. Sie haben alle den Tod zehnfach verdient.«

Jetzt nahte sich Schlotheim an der Spitze der Reiter. Friedrichs mächtiger Schimmel ward ihm nachgeführt und Goldackers riesiger Wotan. Langsam nur und allmählich kamen die Geharnischten aus dem Walde heraus, denn sie mußten auf dem schmalen Pfade einzeln hintereinander herreiten.

»Komm her, Beulwitz!« rief Friedrich, ehe er sein Roß bestieg. »Mein Wappner ist noch weit dahinten, du sollst heute mein Wappner sein. Mache mir den Helm fest!« und als der junge Ritter eilend herzusprang, um den Dienst zu verrichten, fügte er mit erhobener Stimme hinzu: »Heut setze ich auf mein Haupt den Helm dreier Lande mit den Wappen Meißens, Thüringens und Osterlandes und was meine Eltern sonst besessen, zu einem Zeichen des Streites. Gott helfe mir auf dieser Fahrt, so wahr wir das Recht haben!« Dann schwang er sich in den Sattel, ergriff die Lanze und sprengte an die Spitze des Zuges.

Noch hatten nicht alle Reiter das Freie gewonnen, und Schlotheim war noch bemüht, sie in Reihen zu ordnen, da geschah etwas Unerwartetes. Ein starker Windstoß brauste daher und fegte den Rauch hinweg, und mit einem Male lag die ganze Gegend offen vor aller Augen. Auf einer kleinen Anhöhe erhob sich ein großes Zelt, auf dem das Reichsbanner wehte, kleine Zelte standen teils in Reihen, teils ungeordnet um das Quartier des Befehlshabers herum. Wagen, mit aller möglichen Beute beladen, waren zu einem Vierecke zusammengefahren und bildeten so zugleich eine Umfriedigung für das geraubte Vieh. Man sah, wie die Knechte mit Eimern, die Rosse hinter sich herziehend, zur Tränke hinabschritten, und überall wirbelte von kleinen Lagerfeuern lustig der blaue Rauch in die Höhe, ein Zeichen, daß die Feinde dabei waren, zum Mittag abzukochen. Friedrichs schneller Blick überschaute das alles mit einem Male, aber er sah auch, daß zwischen seiner Schar und denen da drüben ein Zwischenraum von über tausend Ellen lag, und daß der Feind ihn schon wahrnahm. Denn es entstand ein Wirrwarr im Lager, ein schnelles Durcheinanderlaufen, Geschrei und Getümmel scholl herüber. Die einen stürzten in die Zelte, die andern zerrten die Rosse herbei, und blitzschnell pflanzte sich die Bewegung über das ganze Lager fort.

»Goldacker!« schrie der Fürst, »wir haben keine Zeit mehr! Drauf, drauf!«

»Über sie, Herr!« brüllte der Marschalk und war im Nu an seines Herrn Seite. »Vorwärts, Leute! Vorwärts!«

Der geharnischte Gewalthaufe setzte sich in Bewegung, erst langsam, dann schneller und immer schneller. Aber mehrere Minuten verstrichen doch, ehe die feindlichen Zelte erreicht wurden, und so hatten einige Hundert der Königsmannen Zeit gefunden, sich zu rüsten. Mit wildem Geschrei warfen sie sich den Anreitenden entgegen, aber durch die ungeheure Wucht des Anpralls wurden sie auseinander geschleudert. Ein Knäuel von Männern und Pferden wälzte sich auf der Erde, die andern zerstoben nach allen Seiten. Nortenberg selbst, des Königs Haupt- und Feldhauptmann, lag am Boden, von Friedrich von Schlotheims Lanze gefällt.

»Weiter! Auf die dort!« rief Friedrich und deutete auf einen Haufen, der sich am Weingraben gesammelt hatte. Und weiter brausten die dreihundert Reiter, und obwohl ein Hagel von Steinen und Pfeilen über sie niederging und mancher Mann vom Rosse sank, zersprengten sie auch hier den Feind, daß nicht mehr zehn Mann beieinander blieben.

Damit war der Kampf entschieden. Ein Todesschrecken überfiel alle auf dem weiten Plan verstreuten Trupps der Feinde, sie flohen heulend und schreiend der Schnauder zu. Dort blieben viele mit den Pferden stecken, denn das Tal des kleinen Flusses war an manchen Stellen voller Sumpf und Morast. Sie fielen in die Hände der Fußknechte Friedrichs, die nun auf dem Schlachtfelde erschienen und den Sieg vervollständigten. Eine große Anzahl der gepanzerten Ritter hatte ihre Rosse gar nicht zu erreichen vermocht und wehrte sich nun zu Fuß gegen die Andringenden. Aber die schwere Rüstung, die sie im Sattel für Ungeharnischte fast unüberwindlich machte, war ihnen auf ebener Erde überaus hinderlich, und noch mehr wurden ihnen die langen Sporen, mit denen sie sich leicht im Grase verwickelten, zum Verhängnis. Mehrere Hundert wurden erschlagen und ebenso viele gefangen. Noch viel größer war die Zahl der erschlagenen Knechte, deren keinem das Leben geschenkt wurde.

Friedrich hielt vor dem offenen Tore von Lucka, um ihn seine Getreuen, Goldacker und die beiden Schlotheim, Beulwitz, Thüna und Hopfgarten. Verwundet waren die meisten, aber es fehlte doch nicht einer, und so fiel kein Wermutstropfen in den Becher der Siegesfreude, den das Glück dem tapfern Fürsten zum ersten Male in seinem Leben voll kredenzte. Nur eine halbe Stunde war verflossen, seit er hervorgebrochen war aus dem Walde bei Zschagast, aber diese halbe Stunde hatte sein Schicksal von Grund aus verwandelt.

Er hatte den Befehl gegeben, daß die Gefangenen herbeigeführt und auf dem Markte des Städtchens zusammengestellt werden sollten, und er brauchte nicht lange auf sie zu warten. Von allen Seiten führten seine Leute barhäuptige, der Wehr und des Harnisches beraubte Herren herbei, denen die Hände auf den Rücken gebunden waren. Sie wurden an dem Fürsten und seinem Gefolge vorübergetrieben, und viele wagten nicht, die Augen aufzuschlagen. Das waren seine reichen und mächtigen meißnischen Vasallen, die ihm den Treueid gebrochen und sich dem Könige angeschlossen hatten.

Kühl und streng schaute der Fürst vom Pferde herab auf die Gefangenen nieder, die je zwei und zwei an ihm vorüberzogen. Keine Muskel zuckte in seinem Gesicht. Jetzt aber nahte sich ein Paar, bei dessen Anblick ein Lächeln des Triumphes über seine Züge ging.

»Sieh da, auch ihr in meiner Hand, ihr Herren Burggrafen von Meißen und Leißnig? So eurem Herrn wieder zu begegnen, hattet ihr wohl nicht vermutet.«

Der kleinere der Brüder senkte bei diesen Worten scheu sein Haupt, der größere aber rief trotzig: »Wir sind in Eurer Hand, Herr Markgraf, und ich sehe, es ist eine ungnädige Hand. Aber daß Ihr uns binden ließet, das ist eine Schmach, die auf Euch zurückfällt. So tut kein edler Mann mit Männern von edlem Blute. Unser ritterliches Wort mußte Euch genügen.«

Friedrichs Augen sprühten. »Meinst du, Konrad von Leißnig? Was ist mehr, ein Eid, beim allmächtigen Gotte geschworen, oder ein ritterlich Wort? Euren heiligen Eid habt Ihr mir gebrochen, was soll ich geben auf Euer Wort? Ihr tragt die Bande mit Recht. Und ich sehe, Konrad von Leißnig, daß du noch immer derselbe bist, der du von jeher warst, ein trotziger, frecher Vasall, der sich dünkt, einem Fürsten des Reiches gleich zu sein. Aber ich will dich Demut lehren, und du sollst in mir noch deinen Herrn erkennen. Ein Jahr im Turm von Tenneberg wird deinen Verstand so weit schärfen, daß du in Zukunft unterscheiden kannst, wer zu befehlen und wer zu gehorchen hat.«

Er winkte mit der Hand, und die beiden wurden weiter geführt.

»Goldacker,« sagte er und faßte den Getreuen am Arm, »daß ich den Leißniger und den Meißner habe, das ist mehr wert als fünftausend Mark Silbers.«

»Sagt zehntausend, Herr, und das ist nicht zu viel. Ganz Meißen fällt Euch heute zu, denn ich denke, Ihr werdet keinen dieser Halunken aus der Haft entlassen, ehe er Euch seine Burgen und Städte überantwortet hat.«

»Dessen kannst du sicher sein,« entgegnete Friedrich. »Der König mag mir an Geld bieten, was er will, es wird keiner seiner Fesseln ledig, ehe ich Meißen wieder habe bis auf das letzte Dorf. Aber siehe, da kommt der Nortenberger!«

Auf einer Bahre von Zweigen wurde der verwundete Feldhauptmann herangetragen. Friedrich sprang vom Pferde und trat an ihn heran.

»Ihr habt mir großen Schaden getan, Küchenmeister,« sagte er, »aber Ihr habt gehandelt als Eures Herrn getreuer Diener. Darum soll Euch ein ritterliches Gefängnis sicher sein.«

Der Verwundete neigte dankbar das Haupt gegen ihn und ward vorbeigetragen. Die Reihe der Gefangenen war damit beschlossen.

»Was tun wir nun, Herr?« fragte Goldacker.

»Zuvörderst, denke ich, setzen wir uns an den Tisch, den uns die Feinde selbst gedeckt haben. Dann brechen wir auf und ziehen zurück nach Leipzig. Was wollen wir in den Wäldern die Flüchtigen verfolgen? Ein Söldnerheer läuft auseinander, wenn's geschlagen ist. Vor allem kommt's darauf an, die Gefangenen zu bergen. Sie sind für uns die Gewähr, daß das ganze Land sich uns unterwirft. Übermorgen rücken wir dann zu weiteren Taten aus. Also zunächst zum Schmause, dann nach Leipzig!«

So geschah's. Als sich die Schatten des Abends herabsenkten auf die gute Stadt an der Pleiße, da war alles Volk auf den Beinen, und von allen Türmen wehten die Fahnen und dröhnten die Glocken. Denn der Sieger zog ein durch das Grimmaische Tor, um den getreuen Bürgern seine Beute zu zeigen. Unter brausendem Jubel des Volkes bewegte sich der Zug nach der Kirche Sankt Thomä, und an derselben Stelle, wo er am Morgen gekniet hatte, um Gottes Hilfe zu erflehen, kniete nun Friedrich am späten Abend, um dem Höchsten zu danken für den Sieg, der fast einem Wunder gleich kam. Es durchschauerte ihn seltsam, als er der Worte gedachte, die er früh hier gesprochen. Eine Antwort hatte er empfangen vom allmächtigen Gott, eine Antwort, die ihm seine Länder und das Glück seines Hauses wiedergab. Und so wie er empfanden alle die Hunderte, die das weite Gotteshaus füllten: der Himmelsherr hatte Gericht gehalten auf dem Felde vor Lucka. Der Mann, der dort in der bestaubten und blutbefleckten Rüstung kniete vor dem kerzenfunkelnden Hochaltar, war ihr von Gott selbst bestätigter Herr, und fürder konnte ihm niemand seine Herrschaft entreißen.


 << zurück weiter >>