Paul Schreckenbach
Die letzten Rudelsburger
Paul Schreckenbach

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II.

Der Oktober war ins Land gezogen und hatte endloses Regenwetter mitgebracht. Von allen Bergeshöhen rieselten schmutziggraue Regenbächlein zu Tal, und die Saale ging so hoch, daß ihre Wasser hie und da Felder und Wiesen überfluteten – ein Schauspiel, das ihre Anwohner im Frühjahr häufig, um diese Jahreszeit dagegen selten genossen. Die Heerstraße, die an der Rudelsburg vorbeiführte, war gänzlich verödet, denn durch die Flut unterhalb der Saaleck konnte kein Mensch reiten oder fahren. »Gut, daß Weißenfels auf unserm Ufer liegt!« sagte der Ritter Heinrich Kurtefrund zu seinem älteren Bruder Werner. »Sonst hätte ich von der vermaledeiten Fahrt erst in Tagen zurückkommen können.«

»Nun, ich hätte die Kunde, die du mir gebracht hast, wohl noch einige Tage abwarten können!« knurrte der Burgherr der Rudelsburg und starrte aus dem Fenster seines Gemaches finster in den weißen Nebel hinein, der zwischen seinem Schlosse und der Saaleck lagerte. »Fürst und Bischof helfen ganz offensichtlich den Krämern über! Mordselement! Die Welt wird immer schöner! Mich freut es, daß ich zu dem Possenspiele nicht selber hingeritten bin, und mich reut's, daß ich dich geschickt habe!«

Die Brüder redeten miteinander von dem Sühnetage, der auf Betreiben des Landgrafen Friedrich ehegestern in Weißenfels stattgefunden hatte. Werner Kurtefrunds Hartnäckigkeit und Stolz hatten ihn abgehalten, in eigener Person auf der Tagung zu erscheinen, auch ahnte er von vornherein, daß nichts Gutes für ihn dabei herauskommen werde. Aber ganz und gar wollte er den mächtigen Herrn doch nicht vor den Kopf stoßen, und deshalb war er auf den Ausweg verfallen, sich selbst mit Unpäßlichkeit zu entschuldigen und seinen jüngeren Bruder an seiner Statt zu entsenden. Die Kunde, die der ihm jetzt eben heimbrachte, war nicht gut. Der Rudelsburger forderte von allen Waren, die Naumburgs Kaufleute über sein Gebiet führten, einen Zoll. Nun wiesen die Naumburger in Weißenfels Dokumente vor, in denen schon des jetzigen Ritters Vater gegen Zahlung einer großen Geldsumme eine ganze Menge Dinge von diesem Zolle befreit hatte. Lag hier nicht eine Fälschung vor, so war das gute Recht der Stadt über jeden Zweifel erhaben. Aber von einer Fälschung konnte keine Rede sein, denn es lebten noch mehrere Schöffen und Ratsmannen, die einst den Vertrag selbst mit unterzeichnet hatten, und auf ihren Eid hin erklärten sowohl der Landgraf Friedrich wie der Bischof Johann, die Stadt habe recht, und der Ritter möge sich in Zukunft aller Plackereien und Übergriffe enthalten. Und so waren die Klagen der Bürgerschaft Punkt für Punkt durchgesprochen und Punkt für Punkt als berechtigt anerkannt worden, und Landgraf Friedrich selbst hatte zum Schluß dem jungen Kurtefrund versichert, wenn sein Bruder den Frieden mit der Stadt nicht annehme, für seine bisherigen Gewalttaten keinen Ersatz leisten und fortfahren werde, Gewalt zu üben, so werde das eines Tages ein sehr böses Ende nehmen. Auf seine, des Fürsten, Gnade und Beistand habe er dann in keiner Weise mehr zu rechnen.

Während der jüngere Kurtefrund das alles erzählt hatte, waren den Lippen des älteren nicht eben liebliche Worte entfahren. Nun wiederholte er noch einmal grimmig: »Ja, mich reut's, daß ich dich hingeschickt habe!«

»Das braucht dich nicht zu gereuen,« antwortete der andere. »Ich habe dir nichts vergeben, habe nichts unterschrieben und nichts zugesagt. Und es ist immer gut, daß man weiß, wie man mit den Leuten dran ist. Von dem Landgrafen weißt du das nun, und von dem Bischof will ich dir's eben künden.«

»Was denn noch von dem?« fuhr der Ritter auf.

»Vieles und wenig Gutes,« versetzte Heinrich Kurtefrund. »Daß er immer mit dem Landgrafen stimmte und noch schärfer wider uns redete als der, das habe ich dir gesagt. Aber ich habe noch ganz andere Dinge gehört, und die müssen wir ernstlich bedenken. Du weißt, daß Kühnegold der Stadtschreiber sein heimlicher geschworener Feind ist, weil ihm der lustige Johann von Miltitz sein Weib verführt hat, da er noch Domherr war.

Der kam zu mir in Weißenfels bei der Nacht und schwur mir's auf Ehre und Gewissen, daß der Bischof der Stadt wolle Freund sein und helfen mit großer Macht, wenn es zwischen ihr und dir zur Fehde käme. Er hat es in Sankt Ägidius' Hof dem Merkwitz über den Reliquien zugeschworen.«

»Der Schelm!« rief der Burgherr mit funkelnden Augen. »Er hätte lieber über einen Geldsack sollen schwören. Denn wie ich mir dachte, so ist es gekommen. Die Waidfärber und Gewandschneider haben seine Schulden bezahlt und stellen ihm weiteres Geld in Aussicht. Ein Schurke ist Johann von Miltitz, denn er hilft für Gold und Silber jedermann und würde gegen den Papst zu Rom ins Feld rücken, wenn ihm jemand genug bieten wollte!«

»Höre weiter!« sagte der jüngere Kurtefrund, nachdem der heftige Zornesausbruch seines Bruders vorübergebraust war. »Du wirst noch Seltsameres erfahren. Der Mensch, den du in deinen Diensten hier hattest und den du dem Bischof überliefert hast zum Gericht, der ist, wie du weißt, von ihm freigelassen worden. Es hieß damals, seine Unschuld habe sich herausgestellt, und da habe man ihn von dannen ziehen lassen, wohin er wollte. Dem ist nicht so. Er ist nicht fortgezogen, er steht in des Bischofs Diensten. Denn er hat versprochen, er wolle ihm aus Erz ein Rohr gießen, und mit dem Teufelskraut, das er fertigt, wollen sie große Kugeln schießen aus dem Rohre.«

Werner Kurtefrund hatte die Augenbrauen hoch hinaufgezogen und hörte seinem Bruder erstaunt zu. »Nun? Und?« fragte er, als dieser schwieg.

»Ich dachte, du verständest das ohne weiteres. Sie wollen mit den Kugeln die Burg der Bischofsfeinde zusammenschießen.«

Der Schloßherr ließ sich auf eine Bank fallen und brach in ein dröhnendes Gelächter aus. »Da können sie lange schießen, die Narren! Haha, das gönne ich dem Schelm, dem Johann, daß er von dem fremden Gauner genasführt wird wie ich und hoffentlich noch schlimmer! Und wenn er sich auf solche Rüstung verläßt und mit solchem Zeug sein geborgtes Geld verplempert, so kann mir's nur recht sein!«

»Wenn du dich nur nicht täuschest,« entgegnete Heinrich Kurtefrund nachdenklich. »Das Teufelszeug hat doch hinten im Turm ganz greulich gehaust, den ganzen Kamin in Stücke gesprengt. Und der alte Hogeniste ist noch heute auf dem einen Ohre taub durch den Knall.«

»Ach was! Durch einen Knall fällt keine Mauer um, und wäre er stärker als aller Donner. Und der alte Kamin war morsch und brüchig. Das macht mir niemand weiß, daß eine unserer Mauern mit solchem Satansspielwerk zerschossen werden kann!«

»Gott geb's! Aber eines macht mich stutzig: Der Merkwitz gibt sein Geld dazu. Auch das sagte mir Kühnegold. Der Merkwitz weiß gewöhnlich, was er tut; er ist ein schlauer Fuchs.«

»Auch schlaue Füchse treten zuweilen ins Fangeisen. Der Kerl, der hier war, ist ohne Zweifel ein Zauberer und Teufelsbraten. Und seine größte Kunst besteht darin, daß er auch klugen Leuten den Kopf verdreht. Ich fing an, ihm zu trauen wie selten einem Menschen und« – er machte eine wilde Bewegung – »doch davon reden wir nicht! Schenken meine Feinde ihm ihr Vertrauen, so werden sie den Schaden haben, und für den Spott sollen sie nicht zu sorgen brauchen!«

Heinz Kurtefrund schüttelte den Kopf. »Du nimmst die Sache auf die leichte Achsel! Mir wär's lieber, der Bischof wäre unser Feind nicht. Steht er den Krämern bei, so können wir das Feld nicht halten, müssen uns auf unsere Burgen verlassen.«

»Das können wir auch, den Heiligen sei Dank!« sagte Kurtefrund der Ältere und setzte mit grimmigem Lachen hinzu: »Mit deinem Kugelrohre schweige nur stille!«

»So will ich dir von etwas anderem reden! Sieh dort hin!« Er wies mit der Hand durchs Fenster in den Nebel hinein, aus dem jetzt, wahrscheinlich infolge eines starken Windstoßes, ein mächtiger Steinturm auftauchte. »Das ist unser Pfahl im Fleisch, die Saaleck! Früher war sie in unserer Freunde Hand, wir durften hoffen, sie für uns selbst zu erwerben. Jetzt sitzt einer drin, der unser heimlicher Feind ist und, wenn die Fehde beginnt, offen zu unseren Feinden halten wird. Und doppelt schlimm für uns, daß gerade Johann von Druczin ihr Vogt geworden ist! Er ist tapfer und schlau und haßt uns von jeher. Vorhin begegnete ich dem Schuft, er ritt mit sechs Lanzen nach Naumburg, wo sie heute ihres geistlichen Hirten Geburtstag feiern. Glaubst du, der Kerl hätte mich gegrüßt? Er ritt vorbei, als wäre ich Luft für ihn, dabei lachte er spöttisch vor sich hin. Er wird wohl schon Wind haben von dem, was sein Herr wider uns im Schilde führt.«

Werner Kurtefrunds Antlitz hatte sich während der Rede seines Bruders erschreckend verfinstert. Nun, da er geendet, ballte er die beiden mächtigen Fäuste und preßte sie dumpf aufstöhnend gegen seine Schläfen. »Ja,« knirschte er, »darin hast du recht! Dieser verdammte Steinhaufen ist der Pfahl in unserem Fleische!« Plötzlich ließ er die Hände sinken und sagte hochaufatmend: »Sie darf nicht bleiben in des Bischofs Hand, wenn er unser Feind sein will!«

»Er wird sie schwerlich verkaufen vorher,« sagte der jüngere Kurtefrund trocken. »Und sie etwa berennen? Den Teufel auch! Da verbrennen wir uns die Finger! Sie ist fast noch fester als unsere Burg, und da sie viel kleiner ist, so ist sie auch viel leichter zu verteidigen.«

Werner Kurtefrund erwiderte zunächst nichts auf diese Worte. Indem er die Arme auf das Fensterbrett aufgestemmt hielt, blickte er unverwandt hinüber zu der bischöflichen Feste, die nur in schattenhaften Umrissen durch die Nebelschleier hindurch sichtbar war. Endlich wandte er sich um. Eine wilde, grausame Entschlossenheit blitzte ihm aus den Augen.

»Du sprachst von berennen?« sagte er. »Dächten wir daran, so wären wir freilich Toren. Sie widerstände wohl wochenlang. Nein, wollen wir die Burg haben, so müssen wir sie überfallen.«

Heinz Kurtefrund fuhr unwillkürlich zurück. »Mitten im Frieden? Ohne Ansage der Fehde?« stotterte er verwirrt.

»Das versteht sich von selber,« erwiderte sein Bruder hart. »Denn sagen wir die Fehde vorher an, so müssen wir sie eben berennen. Ein Drittes gibt es da nicht!«

Es war eine Weile still zwischen den beiden. Sie standen einander gegenüber in schweren Gedanken. Endlich begann der Ältere von neuem: »Ja, ein Drittes gibt es da nicht. Entweder sage ich dem Bischof Fehde an, dann wirft er soviel Knechtevolk hinein, wie ihm beliebt, und die Burg wird nimmer mein. Oder ich komme ihm zuvor und durchschneide den Strick, mit dem er mich erdrosseln will. Weiß ich nun, daß er mein Feind ist und mir Arges sinnt, wär' ich da nicht ein Tor, wenn ich ihm nicht zuvorkäme?«

»Er wird alles leugnen, was zwischen ihm und den Städtern beschworen ist!« entgegnete der jüngere Kurtefrund. »Er wird überall ausschreien: Der Rudelsburger hat mich freventlich überfallen, er hat den Krieg vom Zaun gebrochen.«

»Was er ausschreit über mich, das gilt mir so viel wie ein toter Spatz, wenn ich nur die Burg habe, die mir an allen Ecken und Enden im Wege ist!«

»Er wird dich als einen Landfriedensbrecher verklagen vor Kaiser und Reich!«

»Der Kaiser ist weit! Er sitzt in München und paßt auf, daß ihm die Krone nicht vom Haupte fällt.«

»Aber er kann dem Landgrafen, seinem Eidam, die Ausführung der Acht übertragen, und mit Friedrich ist nicht zu spaßen!«

»Dann müssen erst Tagungen gehalten und Zeugen verhört werden. Und da muß dann seine Feindschaft gegen mich zutage kommen, denn da wird einer für mich zeugen müssen, er mag wollen oder nicht: Dietrich von Merkwitz. Du weißt, ich hasse ihn, und er haßt mich. Aber du weißt auch, wie es das ganze Land weiß, daß er so wenig mit seinem Eide spielt wie ich. Das ist das Gute an dem Kerl.«

»And wenn er sich des Zeugnisses weigert?«

»Dann weiß jedermann, woran er ist. Wer nichts zu verbergen hat, braucht sich seines Zeugnisses nicht zu weigern.«

Wieder entstand eine Stille. Dann fragte Heinz Kurtefrund: »Und wann gedenkst du zur Tat zu schreiten?«

»Das beste wird sein: noch diese Nacht!«

Wieder prallte der Jüngere zurück. »Wie? So schnell und plötzlich? Und vor einer Viertelstunde dachtest du noch nicht daran?«

»Darin irrst du! Schon oftmals habe ich in schlafloser Nacht darüber nachgedacht, wie ich mich des Riegels entledigen könne, den andere vor mein Tor schieben und mir so alle freie Bewegung hemmen. Nun kam mir durch dich der Anstoß, den Plan auszuführen. Und können wir's besser treffen? Der Vogt ist nicht daheim, hat noch Knechte mitgenommen. Die drüben werden heute wohl auch ein Faß trinken auf ihres Herrn Wohl. Die Nacht finster und ohne Mondschein, dabei ein Nebel, daß man nicht zehn Schritte weit sehen kann! Das muß man benutzen und rasch zugreifen, wenn man überhaupt zugreifen will. – Nun? Fürchtest du dich?« fuhr er fort, als sein Bruder noch immer schweigend dastand. »Du brauchst nicht teilzunehmen an der Tat, wenn du nicht willst und ein böses Ende fürchtest!«

Der Jüngere fuhr bei diesen Worten zornig auf: »Du weißt, daß ich mich so wenig fürchte wie du!«

»Es wäre«, fuhr der Burgherr bedächtig fort, »vielleicht ganz gut, wenn ein Kurtefrund der ganzen Fehde fern bliebe. Man muß alles bedenken, denn auf der Welt ist alles möglich. Geht die Sache übel aus, so wird mir das Lehn entzogen, und ich muß landflüchtig werden. Die Heiligen mögen das verhüten, aber möglich ist es doch. Da wäre es gut, wenn ein Kurtefrund sagen könnte: Ich habe mit dem allen nichts zu tun, mir kann man also von Rechtswegen auch nichts entziehen!«

»Und der soll ich sein?« unterbrach ihn sein Bruder heftig. »Ich, Heinrich Kurtefrund, der im Lande umherfährt nach Abenteuern, weil ihm sonst das Leben zu öde ist? Bist du von deinem Verstande verlassen? Daraus wird nichts, mein Lieber! Du hast ja einen jungen Hahn, der noch keine Sporen trägt, beim Grafen Günther in der Hofzucht. Der bleibt ohnehin der Sache fern, und auf ihn kann keine Schuld gebracht werden!«

Werner Kurtefrund nickte. »Ich kann dich nicht zwingen, will's auch nicht. Ja, mir kommt ein Gedanke, wie du überaus nützlich werden kannst bei dem Überfall. Wie oft hast du uns und alle unsere Freunde lachen gemacht, wenn du beim Bier oder Wein anderer Leute Stimmen so täuschend nachmachtest, daß man vermeinte, sie redeten selbst. Das kann uns viel helfen bei unserem Streiche. Und so sei es denn, wir wagen den Angriff! Von Sonnenuntergang ab wird kein Mensch mehr aus der Burg gelassen, und die Waffen werden instandgesetzt. Vorher erfährt niemand ein Sterbenswörtchen von unserem Plan –«

Der Eintritt seines Dieners Kunemund unterbrach ihn. »Was gibt's?« herrschte er den Alten an.

»Herr, der Herr Graf Günther von Kevernburg ist eingeritten.«

»Der alte Graf? Bei diesem Wetter? Hat ihn der Teufel über die Saale geführt?«

»Nein, Herr, der junge Herr Graf, und er kommt nicht über die Saale, er ist von Priesnitz hergeritten!«

Die Kurtefrunde sahen sich erstaunt an. »Wie, ist der schon aus dem Preußenlande zurück? Das ist erstaunlich. Kein Mensch hat erwartet, daß er viel vor Weihnachten käme.«

»Wahrscheinlich von der Liebe getrieben,« bemerkte Heinz Kurtefrund sarkastisch.

»Es ist gut, Kunemund,« wandte sich der Burgherr an den Greis. »Ich komme auf der Stelle.«

»Verflucht!« rief Heinz Kurtefrund, als der Alte das Gemach verlassen hatte. »Das macht unseren ganzen Plan zunichte!«

»Gott bewahre!« gab der Bruder zurück. »Den bringe ich dazu, daß er selber mitmacht. Du weißt, man kann ihn leicht überreden! Ein Wagehals ist er auch! Und es ist ganz gut, wenn er mit in den Handel verstrickt wird.«

»Ob er wohl noch dein Eidam wird?« fragte Heinz Kurtefrund unvermittelt.

»Ich höre von unserer Schwester in Beuditz, daß Gertrudis zahm wird und klein beigibt. Sie glaubt es wohl jetzt selber, daß der fremde Schuft sie bezaubert hat. Die Domina meinte, sie werde jetzt ohne Besinnen den Grafen nehmen. Gut, daß ich sie einstweilen ins Kloster steckte! Hier hätte sie nur getrotzt, dort hat ihr Sieglinde den Kopf zurechtgesetzt. Sie ist ein vernünftiges Weib und versteht das.«

Er hatte inzwischen die Tür geöffnet und schritt hinaus. Sein Bruder folgte ihm auf dem Fuße, und während er hinter dem Burgherrn die Treppe hinabstieg, sagte er in seiner derben Weise: »Sie mag dem Mädchen den Buckel schön vollgelogen haben. Natürlich hat sie ihr weißgemacht, der Kerl sei gerichtet worden!«

»Das wird sie wohl sicherlich gesagt haben.«

»Siehst du wohl. Nun, dann weiß es der Teufel, wie die ganze Geschichte noch abläuft. Ach, diese Weiber! Zum Zeitvertreib taugen sie wohl, aber sonst wär's besser, es gäbe gar keine in der Welt!« Heinz Kurtefrund war nämlich ein gelehriger Schüler seines weiberhassenden Oheims in Neidschütz und selbst gewillt, wie dieser, ein alter Hagestolz zu werden. »Und wie wird der wackere Günther die Sache betrachten? Er kann doch verdammt stutzig werden, wenn er sie nun erfährt!«

»Das kommt darauf an, wie er sie erfährt,« erwiderte Werner Kurtefrund halblaut. »Laß mich nur reden, ich weiß ihn zu nehmen, denn ich kenne seinen Geist.«

Er machte eine Bewegung nach der Stirn, die für seinen zukünftigen Schwiegersohn nichts weniger als schmeichelhaft war, und schritt dann vollends die Treppe hinunter.


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