Victor von Scheffel
Episteln
Victor von Scheffel

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Caput III.

Von meiner allerersten That in der Roma.

Item so stieg ich mit meinen Habseligkeyten in dem Gasthofe des Franz Roesler in der via Condotti ab, und wiewohl ich das ganz Gepäck dem germanischen Hausknecht anvertrauet, gesellete sich doch eyner von den welschen Tagdieben, so an der Ecke des spanischen Platzes herumlungern, dazu und bemächtigte sich eynes Mantelsacks, so er in mein Zimmer trug; und achtete ich desselben nit viel. Als aber Wirt und Kellner sich verzogen hatten, stand derselb immer noch in der Stub, und fragte ich ihn endlich, was er begehre. Also schien er mich für eynen Engelländer zu halten, so ganz frisch von Civitavecchia her eyngefahren und in welschem Brauch keyn Bescheyd wisse, und verlangete 8 paoli – so nach rheinischem Geld 2 Gulden macht – für die Herauftragung besagten Mantelsackes. Stellete sich bei mir eyn Gefühl eyn, als wenn ich noch in Livorno wäre, frug denselben daher noch eynmal präzis und scharf: »Wie viel?«, und wie er seine Forderung von 8 paoli wiederholete, sprach ich keine Silben mehr, öffnete die Tür, so auf eynen schmalen Gang und eyne abschüssige Treppe führet, drehete obigen Kerl eynmal um seine eygene Achsen und warf ihn also akkurate zur Kammer hinaus, dass er nit sehr senkrecht in der Hausflur anlangete; – und ward mit seiner Forderung von 8 paoli nit mehr gesehen. Hat besagte Spedition dem alten Türsteher im Gasthof, so von bairischer Herkunft ist, eyn gross Gefallen erreget, mir selbiger aber eynen Wink erteilet, dass es nämlich in Italien im Fall solenner Hinauswerfung sehr indiziert und sachdienlich sey, das individuum ejiciendum auch noch mit eynem Tritt zu honorieren, – wie ich solches später in mannigfachen Fällen hab anwenden sehen, und bedauer, in casu concreto hievon noch kein Kenntnis besessen zu haben. Geschah dies in der ersten halben Stund meines römischen Aufenthalts.


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