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Italienische Pastelle

I.

Ein wandelnd Mohnfeld schien die Hühnerschar,
So purpurn glühten die durchsonnten Kämme.
Den Schuppen trug ein weißes Säulenpaar;
Der See stach blau durch die Olivenstämme.
Im schwarzen Erdreich lichtes Lattichkraut
Und das Akanthusgrün der Artischocken.
Ein Kind, dem man vier klein're anvertraut,
Trug Mandelblüten in den braunen Locken.

II.

Nur Silberfischchen sind im großen Netz,
So viel, als ob ein Silberbaum sie streute.
In gestemreichem, wichtigen Geschwätz
Steh'n Frau'n und Fischer um die arme Beute.
Seemöven blitzen weiß und perlengrau.
Ein Bübchen staunt, die Hände in den Taschen.
Der See liegt stählern. Nur durch's Uferblau
Zuckt's noch erregt, wie große, goldne Maschen.

III.

Es ist so still. – Des Turmes Glockenspiel
Warf aus dem Schalloch Silber in das Schweigen.
Man sah die Glöckchen spielen, wie am Stiel
Maiglöckchen sich im leisen Winde neigen.
Die Höfchen tot, so weit ich Umschau halte.
Nur hier und da ein roter Blumentopf,
Ein faules Kätzchen, eine faule Alte,
Mir freundlich nickend mit dem Pudelkopf.

IV.

Lichtwolken weich ins Himmelsblau verblasen.
Die weiße Villa finstergrün umlaubt.
Veilchen im kräuterreichen Frühlingsrasen
Und rote Anemonen, Haupt an Haupt.
Ins ferne Land gekritzelt zarte Erlen,
Am Springborn der Zypressen schwarzer Kreis.
Buntfunkelnd ruhn noch ein paar Regenperlen
In der Kamelien kaltem, keuschem Weiß.

V.

Die Piazetta schwirrt von Taubenflug.
Den kleinen Kartenhändler schelt' ich weise:
Du bist nicht ehrlich! pfui, du machst Betrug!
Forderst heut' plötzlich doppelt hohe Preise!
Er hängt beschämt den Schwarzkopf, stürzt sich dann
Auf andre deutsche Opfer, presto, presto!

Heut' bietet er mir strahlend Rosen an:
Vuole rose? Oggi son onesto!

VI.

Von blassem Grün umwoben stehn die Erlen,
Verschlungen wie zu schlankem Schleiertanz.
Kastanienknospen glühn wie Bernsteinperlen,
Umzuckt von feuchtem, zartem Strahlenglanz.
Goldnes Gelock umfliegt die Trauerweide,
Die Träumerin des sanften Uferhags.
Rosinas Lachen strahlt wie rote Seide
Durchs weiche Leuchten dieses Nachmittags.

VII.

Ein gelbes Segel, das aus Silber taucht.
Der Uferweg voll breiter Ölzweigfuhren.
Gegen den Abendhimmel hingehaucht
Der hohen Kirchlein scharfe Miniaturen.
Die Rosen leuchten aus dem Klostergange,
In lila Duft verwebt sich See und Land.
Drei blinde Mädchen wandeln Hand in Hand,
Die Köpfe schlank erhoben im Gesange.

VIII.

Es hat geregnet! Einen wundervollen,
kristallnen Regen, drin der Frühling sitzt.
Millionen Spiegel blitzen aus den Schollen,
In deren jeglichem die Sonne blitzt.
Am Himmel Wolken, wie zerriss'nes Linnen,
Durch das vieltausend blaue Augen sehn,
Wie schön noch heut die Florentinerinnen
Auf den geschwungenen Arnobrücken gehn.

IX.

Ein roter Karren – (hohe Federkronen
Zieren die Pferdchen –) fährt durch weißen Staub
Körbe voll Tulpen, – nein, es sind Zitronen,
Tulpengestaltige, im grünen Laub.
Zwei Mädchen thronen vorn, mit edlen Mienen.
Der lahmen Obstfrau übermütiger Sohn
Wirft ihnen Bälle, nein doch, Apfelsinen,
Vom hohen, goldnen Berg auf ihren Thron.

X.

Auf schmalem, goldumbuschten Lorbeersteige
Ein ernster Zug im grellen Abendloh'n.
In buntverwaschnen Kleidchen, – Ölbaumzweige
Nachschleppend, – spielen Kinder Prozession.
Eins trägt drei Nägel, eins dem Gottessohne
Sein Kreuz, ein Krauskopf Schwamm und Essigkrug.
Das winzigste hält eine Dornenkrone,
Aus der der Frühling weiße Blüten schlug.

XI.

Zypressen steh'n vorm kleinen Friedhof Wache,
Ein Wäldchen in vier düstern, hohen Reih'n,
Drohend erhoben, daß hier keiner lache.
Nur lächelnd blickt ein blanker Stern hinein.
Zwei junge Mütter knieen vor den Toren.
Nach Aveläuten darf man nicht hinein.
Drin steht auf kleinem Grab, auf kleinem Stein:
Schlaf, Liebling, süß, den Schlaf, den ich verloren.

XII.

Chorknaben knicksen. Weihrauchodem fliegt.
Die knospenschlanken Kerzenflammen ragen.
Mehr, immer mehr! Ein Dies irae liegt
Im alten großen Meßbuch aufgeschlagen.
Hinter dem bunten Fenster steht im Glanze
Die heiße Sommersonne. Eben trifft
Ein Farbenglanz gleich einem blauen Kranze
Mit rotem Band die große Notenschrift.


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