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Psyche

Psyche, dein Schmetterlingsflügelpaar ist zerfetzt!
Psyche, du bist so krank und so müdgehetzt!
Psyche, und deine lieblichen kleinen Füße bluten!
Psyche, du zarte, was hat dich so wild verstört?
Durch meine Nächte hab ich dein klagendes Schluchzen gehört,
Deine tränenden Augen glänzen von Fiebergluten!

Psyche, wie hat dich die Hoffnung einst traut gewiegt!
Ach, ich sehe dich noch, so weich in den Mantel des Höchsten geschmiegt,
Seh dich nach Faltern und Blumen und silbrigen Wolken greifen!
Sehe dich tänzeln, als trüg dich dein winziges Schwingenpaar,
Sehe dich tändeln mit deiner schneeweißen Taubenschar,
Sehe dich auf deinem Wolkenrosse die Weiten durchschweifen.

Psyche, du warst so fein und so rein und so selig gut,
sparst so froh in des Eros schützender Liebeshut!
Holde Psyche, was hast du seitdem für Qualen erlitten?
Psyche, du klagende Psyche, was hast du Grauses gesehn?
Gingst du den Gang durch die starrenden Sphinxalleen?
Bist du durchs Dunkel der ewigen Tiefen geschritten?

Groß und schweigend starrst du, in heißem Weh!
Wunden glühen auf deines lieblichen Leibes Schnee.
Psyche, ruhe dich aus! – Deine zarten Kräfte erliegen.
Deine treue trauliche Amme, die Hoffnung, ist lange tot!
Doch die gute Urahne Vergessen erbarme sich deiner Not!
Komm, und laß dich von ihrem schläfernden Liede wiegen!


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