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Die letzten Stufen

Heut im Halbschlaf in der Morgenfrühe
Sah ich eine Felsentreppe ragen
Urgewaltig ins Gestein geschlagen. –
Jener Stiegenbau hieß: Menschenmühe.

Tausende von ernsten Wandrern gingen
Aufwärts unter blutender Beschwerde.
Hoch und steil, mit Weh nur zu bezwingen,
War die Schar der Stufen, nah der Erde.

Starr und sengend war des Tages Schwüle.
Viele sah ich taumeln und erliegen.
Aber allgemach kam sanfte Kühle,
Niedrer wurden allgemach die Stiegen.

Leiser Wind umfloß der Wandrer Wangen.
Glatter, ebner, breiter ward die Treppe.
Auf den letzten Stufen lag mit Prangen
Eines Frühlingsabends Purpurschleppe.

Lind und tröstend war der Lüfte Kosen.
Aus den Wolken scholl Willkommenrufen.
Stille Genien streuten rote Rosen
Freundlich nieder auf die letzten Stufen.

Ich erkannte, eh mein Traum zerstoben,
Einige der wenigen Beglückten,
Die sich in dem Rosenscheine droben
Selig-ernst die müden Hände drückten.


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