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Zwölftes Capitel.


Physiognomie des Landes. – Besuch auf der Mission von Weimati. – Die Fälle des Kerikeri. – Der Kaudigummi. – Heki's Pah. – Heki's Gastmahl. – Weimati. – Der Semaphore. – Besteigung des Puckinui. – Die Seen von Taiami. – Die heissen Quellen von Tuikino. – Rückkehr nach dem Erebus. – Besuch des Capitains Levêcque von der französischen Corvette Heroine. – Wegnahme des Südseefahrers Iean Bart von den Bewohnern der Chataminseln. – Notwendigkeit einer stärkern Seemacht in diesem Meere. – Fluthbeobachtungen.


Der gänzliche Mangel an Wegen durch das Land und die Missstimmung, welche die Eingebornen gegen die Europäer zu zeigen anfingen, hielt unsere Offiziere ab, weit in das Binnenland vorzudringen; denn die Fusspfade durch die Wälder und Sümpfe sind ohne den Beistand von Führern ganz ungangbar und unter den bestehenden Verhältnissen wäre es einem Europäer kaum zu rathen gewesen, sich so vollkommen den Eingeborenen in die Hände zu geben, die ihn in jedem Augenblick in einem Labyrinthe verlassen konnten, wo er allein keinen Ausweg zu finden im Stande war.

Zum Glück nahmen unsere Geschäfte unsere Aufmerksamkeit so ausdauernd in Anspruch, dass wir nicht bedauerten, von der natürlichen Beschaffenheit des Landes an Forschungen, die uns vielleicht wünschenswerth waren, verhindert zu sein, denn nichts war weniger einladend, als das Aussehen des Landes von den Schiffen und den nächsten Hügeln aus. Die sanft wellenförmige Oberfläche, fast ganz bedeckt mit Farrenkraut, giebt der Landschaft etwas Einförmiges und Oedes, was die wenigen Baumgruppen, welche man hier und da bemerkt, nur noch mehr hervorheben, während das dichtverschlungene Unterholz das Reisen durch die Farrenkrautgebüsche zu einer höchst beschwerlichen und langweiligen Arbeit macht.

Gleich nach Beendigung der Pendelexperimente, die meine Zeit bis Ende October ganz in Anspruch genommen hatten, benutzte ich die freundliche Einladung des ehrwürdigen Mr. Taylor, um die der englischen Mission gehörige Agriculturanstalt und Schule in Waimati zu besuchen, die damals unter seiner Aufsicht stand und die ich wegen der bekannten und sehr interessanten Berichte früherer Besucher von Neuseeland sehr zu sehen wünschte.

Begleitet von den Commandeurs Crozier und Sullivan und Lieutenant Bird liess ich den Erebus unter Aufsicht des Lieutenants Sibbald Mittags den 1. November hinter mir; der Morgen war wunderschön und vollkommen ruhig bis um 6 Uhr, wo bei unsrer Einfahrt in den Fluss Kerikeri (ausgesprochen Kiddi Kiddi) sich ein frischer Gegenwind erhob, begleitet von einzelnen schweren Regengüssen und heftigen Windstössen, als wollte uns das Wetter den Namen des Flusses, der »stürmisch« bedeutet, ins Gedächtniss einprägen. Nachdem wir drei Stunden lang gegen den Wind, aber begünstigt von der Fluth, gefahren waren, erreichten wir die Mission, nicht weit von den untern Fällen des Kerikeri, wo er sich in zwei Arme theilt, ohne dass unser Boot auf einer der zahlreichen Sandbänke des Flussbettes aufgestossen wäre.

Die Niederlassung besteht hier aus einem geräumigen steinernen Speicher, in welchem die den Missionairen gehörenden Waaren und Vorräthe aufbewahrt werden. Er liegt an einer der schönsten Gegenden des ganzen Landes, zwar ganz von Wald entblösst, aber beschattet von einigen Pfirsich-, Birnen-, Aepfel- und andern Obstbäumen in dem Garten des Hauses und an dem höchsten Punkte des Flusses, zu welchem Schiffe langen können.

Wir fanden einen sehr freundlichen Empfang bei Mr. Kemp, dem Schullehrer und einzigen hier wohnenden Europäer, der schon seit vielen Jahren auf der Insel war. Er hatte von meinem beabsichtigten Besuch gehört und einen Führer nach den oberen Fällen bestellt, die er uns als sehr beachtenswerth empfahl. Während unsere Leute Vorbereitungen zu unserm Marsch nach Waimati trafen, begaben wir uns auf das andere Ufer des Flusses, der hier nicht breiter als 20 bis 30 Yard ist. Das Ufer erhebt sich ungefähr 70 Fuss hoch über dem Wasser, und nachdem wir die Hochebene erreicht hatten, die mit kurzem Farrenkraut und haideartigen Pflanzen bedeckt, aber von Bäumen ganz entblösst ist, hatten wir noch ungefähr 1½ englische Meilen nach den Fällen zu gehen. Die erste Ansicht derselben ist sehr eigenthümlich, indem der schnelle Strom, dessen Lauf man über dem Wasserfall mehrere Meilen weit durch eine ausgedehnte Ebene verfolgen kann, sich in einer breiten Wassermasse über einen 70 Fuss hohen Wall von schwarzen Basaltsäulen in ein tiefes kreisförmiges Becken stürzt, dessen Ränder dicht bewaldet sind. Ein schmaler Felsenpfad gestattet ohne grosse Schwierigkeit bis zu seinem Rande zu gelangen, und so schön der Effect ist, wenn man von oben in die Tiefe blickt, so nimmt sich der Fall doch von unten noch viel besser aus. Die Höhe und Wassermasse des Sturzes, welche donnernd und schäumend sich über die Klippen wälzt, bildet einen scharfen Gegensatz zu den schwarzen Säulen und dem vielfach schattirten Laub des dunkelgrünen Coprosma, der helleren Lorbeerarten und der anderen Bäume, welche durch die beständige Feuchtigkeit des dünnen Wassernebels, der das Thal immer erfüllt, in frischem und kräftigem Wachsthum gedeihen. Das Becken, wie auch der enge Canal, welcher das reine und helle Wasser nach der See leitet, ist sehr tief ausgehöhlt.

Mehrere unsrer Offiziere, die diese Fälle besuchten, gingen unter denselben zwischen dem herabstürzenden Wasser und den Basaltsäulen weg, wo der vielbedauerte Cunningham verschiedene sehr merkwürdige Pflanzen gesammelt haben soll. Hinter dem Falle und unter dem Basalte ist eine Höhle, fast 100 Fuss breit und ungefähr 40 Fuss tief und hoch, von welcher aus gesehen der Schaum des stürzenden Wassers eine sehr gute Wirkung hervorbringt, indem er einen Nebelvorhang vor der Höhle bildet, deren Decke und Fussboden mit Ockererden verschiedener Farbe überzogen ist. Als Dr. Hooker den Wasserfall besuchte, war das Wetter hell und schön und die grosse Verschiedenheit der Temperatur, als er von der Hochebene, wo er der vollen Einwirkung der Sonnenstrahlen ausgesetzt war, in die feuchten, von ewigem Schatten umhüllten Wälder hinabstieg, sehr auffällig; er beschreibt auch ein Phänomen, welches zwar bei Wasserfällen häufig ist, aber hier eine eigentümliche Wirkung hervorbringt; wenn die Sonne hell scheint, wölbt sich ein Regenbogen von den schönsten Farben über den dunkeln Abgrund und vermischt seine glänzenden Tinten mit dem üppigen Grün der Ufer.

Wir kehrten zu unsern Leuten zurück, die während unsrer Abwesenheit alle Vorbereitungen zur Reise vollendet hatten; die Bootsmannschaft von acht Mann trug unsere Zelte, Decken und einen kleinen flachen Kahn aus Büffelhäuten, bestimmt zur Entenjagd auf den Schlammuntiefen des Kawakawa und sehr leicht und fähig, in ruhigem Wasser zwei Menschen zu tragen. Da wir neben Anderem beabsichtigten, in einem grossen See unweit Waimati zu fischen, so glaubte ich, wir würden Gebrauch davon machen können, und ein grösseres Boot wäre für unsere Leute allein zu schwer gewesen. Mr. Taylor hatte ein Pferd mitgeschickt, um unser kleines Schleppnetz zu tragen, aber das Thier war so unruhig, dass es uns nicht gelang, ihm die ungewohnte Bürde aufzuladen, und wir es zurücklassen mussten, bis wir von Waimati danach schickten.

Das ungewöhnliche Aussehen unsrer Reisegesellschaft, an der Spitze die Offiziere mit ihren Doppelflinten, Botanisirbüchsen und verschiedenen Instrumenten, um die Höhe und Lage der Oertlichkeiten, die wir zu besuchen gedachten, zu bestimmen, und hinter ihnen die Matrosen, welche das Boot und andere nothwendige Gegenstände an Stangen trugen, erregte die Aufmerksamkeit und nicht selten den Spott der Eingebornen, welche wir unterwegs trafen. Während dieses ganzen Theils der Reise blieben wir auf der Hauptstrasse. Dieser Weg ist in der That der einzige in Neuseeland, der den Namen einer Strasse verdient, und wurde von Missionairen zur bessern Verbindung ihrer beiden Niederlassungen vor einigen Jahren angelegt. Wir fanden ihn grösstenteils in sehr gutem Zustande, so dass man ihn mit einem Wagen hätte befahren können.

Nachdem wir ungefähr 200 Fuss ziemlich steil den Fluss hinaufgestiegen waren, erreichten wir eine weite Ebene, bedeckt mit niedrigem verkümmertem Gestrüppe, in welchem sich bereits schöne Blumen zeigten. Der Boden ist ausnehmend schlecht und unfruchtbar; ein grosser Theil besteht aus schilfreichen Sümpfen von nur 2 – 3 Fuss Tiefe auf einer Unterlage von dichtem Thon. Man sagte mir, diese ganze grosse Ebene sei früher von einem unermesslichen Wald von Kaudibäumen (Dammara australis) bedeckt gewesen; wo man in der Erde nachgräbt, findet man das Gummi, welches dieser Baum ausschwitzt. Andere Ueberreste der Bäume sind nicht zu finden, woraus man schliesst, dass der Wald niedergebrannt worden sei; eine Verfahrungsart, die man oft beim Urbarmachen neuen Landes anwendet und die einigermaassen das Vorkommen des Gummi's in so ausserordentlich grossen Stücken erklärt; auf keine andere Weise lässt sich erklären, wie das Gummi dorthin gekommen ist, und dennoch sind der gänzliche Mangel an Stämmen oder Baumwurzeln und die ausnehmende Unfruchtbarkeit des Bodens Thatsachen, die sich mit dem früheren Vorhandensein eines ausgedehnten Waldes kaum vereinigen lassen. Es wäre der Mühe werth, die Stellen, wo das Gummi im grössten Ueberfluss gefunden wird, bis zu einer ansehnlichen Tiefe zu untersuchen, denn die Beschaffenheit des Holzes lässt uns allenfalls schliessen, dass das Feuer ziemlich tief unter die Erde hinabgebrannt habe, und eine Kenntniss dieser Thatsache wäre an und für sich schon interessant. Das Gummi ist ein sehr wichtiger Handelsartikel; hauptsächlich kaufen es die Americaner zum Preis von einem Penny für das Pfund, aber zu welchem Zwecke sie es verwenden, ist noch immer ein Geheimniss.

Während der ersten 4 oder 5 Meilen bleibt das Land einförmig und unfruchtbar, obgleich nicht zu bezweifeln ist, dass die Cultur es zu einem guten Weideland machen könnte; aber dazu gehörten Arbeiter, die hier nicht zu haben sind und ohne die sich keine Verbesserung in grösserem Style ausführen lässt. Die Eingebornen, die wir unterwegs trafen, redeten uns meistens mit der freundschaftlichen und heitern Begrüssung des Landes Tene-ra-ka-koa an, was so viel heisst als: wie geht's oder guten Morgen, und schienen sich höchlich zu ergötzen über unsere unvollkommene Aussprache des Wortes. Meistens hatten sie einen freundlichen Blick und einen herzlichen Händedruck für uns, und in der That scheint dieser letztere Brauch ganz an die Stelle ihrer früheren Begrüssungsweise durch Berühren der Nasen getreten zu sein, das bei den Eskimos der nördlichen Region immer noch Sitte ist.

Damals hatten wir wenig Ursache zu der Besorgniss, dass dieses allem Anschein nach glückliche und friedfertige Volk so bald alle Schrecken des Krieges erblicken werde. Und doch zog auf derselben Strecke die tapfere kleine Schaar von Soldaten und Matrosen unter Despard gegen den aufrührerischen Heki, um ihn in seinem 4 oder 5 Meilen von Waimati gelegenen und bis dahin für uneinnehmbar gehaltenen Pah anzugreifen, der von der ausdauernden Tapferkeit unsrer Truppen erstürmt wurde. Es war ein Glück für unsere tapferen Landsleute, dass sie eine Strasse fanden, auf welcher sie ihr Geschütz wenigstens halbwegs auf das Schlachtfeld schaffen konnten; aber ich fürchte, die Maories werden daraus lernen ihre Verschanzungen an Stellen anzulegen, die dem schweren Geschütze unzugänglich sind, durch welches allein sie zerstört werden können, da jeder Versuch, ihre Aussenwerke zu ersteigen, mit einer Niederlage enden muss.

Wir erblickten Waimati zuerst, als wir noch 4 Meilen davon entfernt waren, ehe wir noch an das Thal kamen, durch welches der gleichartige Fluss strömt. Auf einer zierlichen hölzernen Brücke setzten wir über den Fluss und erblickten alsdann ein höchst seltsam aussehendes Gebäude oder Gerüste, offenbar mit grosser Mühe in mehrern Stockwerken bis zur Höhe von mehr als 100 Fuss errichtet. Es lag dicht neben einem Dorf der Eingebornen auf einer kleinen Ebene, umgeben von Hügeln von geringer Höhe, deren Abhänge mit dem schönsten Nutzholz bestanden waren.

Wir konnten uns nicht erklären, welchen Zweck dieses Gebäude haben möchte; aber wir hörten später von Mr. Taylor, dass es bei Gelegenheit eines grossen Gastmahls errichtet worden sei, welches Heki einer grossen Anzahl von Eingebornen aus allen Theilen der Insel gegeben habe. In den verschiedenen Stockwerken hatten allerlei Lebensmittel gelegen, wie Mais, Kartoffeln, süsse Kartoffeln, Schweine, Muscheln und allerlei Esswaaren, und jedes Stockwerk war nach der Reihe abgeräumt worden.

Dieses Gastmahl, bei welchem mehr als tausend Eingeborne anwesend waren, soll hauptsächlich bezweckt haben, Heki Gelegenheit zu geben, seinen Landsleuten abzureden, ihre Ländereien an die Engländer zu verkaufen.

Er ist seit einigen Jahren zum Christenthum bekehrt und in der Erfüllung aller religiösen Pflichten ein Muster. Mit den Missionairen lebt er stets in Eintracht, obgleich er seinen wachsenden Hass gegen die in sein Vaterland eingedrungenen Fremdlinge nie verbarg. Er ist ein unruhiger, muthiger Mann, dessen Charakter eine merkwürdige Mischung von List und Offenheit zeigt, was sich auch auf dem Gesicht trotz der entstellenden Tätowirung desselben verräth. Seit dem eben erwähnten patriotischen Gastmahl hat man ihn stets als den grössten Feind Englands betrachtet. Alle Lebensmittel, welche während der acht- oder zehntägigen Dauer desselben verzehrt wurden, hatte Heki gekauft; aber der Landessitte gemäss nahm er nicht an dem Mahle Theil, sondern mischte sich unter die verschiedenen Gruppen, sprach abwechselnd zu ihnen und trug Sorge, dass sich Jedermann Genüge that. Wir sollten meinen, dass die Lebensmittel sich eben so gut auf einem weniger mühsamen und kostbaren Gerüste hätten aufbewahren lassen.

Auf der andern Seite des Flusses machte sich eine wesentliche Veränderung in der geologischen Beschaffenheit des Landes bemerklich. Anstatt des unfruchtbaren Pfeifenthones zeigte sich jetzt ein reiches verwittertes vulcanisches Product auf der Oberfläche, tiefer unten fest zusammengepresst und mit Glimmer, Hornblende und Quarz vermischt. Diese Masse war vielleicht früher harter Granitfels gewesen und konnte es, grosser Hitze und grossem Druck ausgesetzt, wieder werden. Wie wir das steile jenseitige Ufer des Thales erstiegen, fiel uns die vermehrte Fruchtbarkeit des Bodens bald in die Augen, und als wir die Höhe erreichten, erblickten wir ein hübsches Dorf und die Kirche mit ihrem Thurme; die Häuser der Missionaire, ganz in englischem Styl gebaut, und die gut bewirthschafteten Pachthäuser und Felder, mit Hecken von ächt englischem Grün abgetheilt, waren uns ein höchst wohlthuender Anblick und erinnerten uns mehr an unser Vaterland, als Alles, was wir in andern Theilen der Colonie gesehen hatten.

Wir fanden den herzlichsten Empfang bei Mr. und Mrs. Taylor, und nachdem wir ein vortreffliches Diner, das uns erwartete, zu uns genommen hatten, besuchten wir den Garten, wo wir einen Ueberfluss köstlicher Erdbeeren und anderer Früchte unseres Vaterlandes mitten unter Producten der tropischen Zone fanden. Der Garten ist geschmackvoll angelegt, und obgleich vor allen Dingen Angemessenheit und Nützlichkeit berücksichtigt ist, so ist doch auch eine schöne und regelmässige Vertheilung der einzelnen Partien nicht übersehen worden. Uns war es eine grosse Freude, in diesem weit entlegenen Lande eine so grosse Menge Pflanzen unserer Heimath zu finden, die manche glückliche Erinnerungen an frühere Zeiten in uns auffrischten, und der aufregende Gedanke an ein günstiges Gelingen, der in unserer Seele entstand, war keineswegs das unangenehmste Gefühl, welches wir bei unsrer Wanderung durch diesen schönen Garten empfanden.

Es war ein schöner heller Abend und unsere Beobachtungen über die Lage dieses Ortes und seine Meereshöhe wurden sehr zufriedenstellend beendigt. Die Temperatur der Luft war 70° 5', die des Wassers in einem 56 Fuss tiefen Brunnen, der aber nur 9 Fuss Wasser hatte, 59°.

Da wir nur einige Tage von den Schiffen abwesend sein konnten, war Mr. Taylor so freundlich, unsere Excursionen so anzuordnen, dass wir die verschiedenen Orte, welche wir zu sehen wünschten, mit möglichst geringem Zeitverlust besuchen konnten. Zuerst wollten wir in dem grossen See fischen; dann ihn befahren und sondiren und die tiefen Spalten im Berge auf dem entgegengesetzten Ufer untersuchen und ergründen; dann sollte der höchste Berg in der Nähe, der Pukinui, erstiegen und seine Höhe bestimmt, sowie der grosse Krater und die heissen Quellen untersucht werden. Alle diese uns höchst interessanten Gegenstände lagen, mit Ausnahme der beiden letztgenannten, in verschiedene Richtungen und in beträchtlicher Entfernung von Waimati, und da wir überall zu Fuss gehen mussten, weil unsere Instrumente von der Bewegung eines Pferdes Schaden leiden konnten und viel zu kostbar waren, um andern Händen anvertraut zu werden, so konnte nur die reifliche Ueberlegung eines Mannes, der mit dem Lande und mit unsrer Fähigkeit bekannt war, die Beschwerden der Reise auf den schmalen Jagdpfaden der Eingebornen zu ertragen, unsere Zeit auf das Vortheilhafteste eintheilen.

Wir kamen überein, zuerst den See Mapere bei Mawe zu besuchen, und nachdem wir unsere Leute am nächsten Morgen bei Tagesanbruch mit dem kleinen Boote und dem Netze abgeschickt hatten, brachen wir selbst um 9 Uhr Vormittags auf und mussten nach einer halbstündigen Wanderung in einer kleinen hübschen Kapelle, welche die christlichen Eingebornen in einem ihrer steinernen Pah's von Holz gebaut hatten und in der, wie uns Mr. Taylor unterrichtete, einer der Schullehrer jeden Sonntag zwei Mal die Kirchengebete verlas, vor einem heftigen Regengusse Zuflucht suchen. Einige der Hütten waren merkwürdig reinlich und schmuck und ihre Gärten mit Pfirsichbäumen oder cap'schen Stachelbeeren viel besser gehalten als wir anderwärts gesehen hatten. Nachdem wir durch ein beschwerliches Stück sumpfiges Jungleland gewandert, erreichten wir 5 oder 6 Meilen von Waimati den Rand des Sees.

Er bildet eine schöne Wasserfläche von 2 und 3 Meilen im Durchmesser und ist bis an seinen Rand von dichtem Wald umgeben. Er soll sehr seicht sein und von seinem Ursprung werden viele abergläubische Sagen erzählt, die zu einfältig sind, um hier wiederholt zu werden. So viel scheint jedoch gewiss, dass hier früher mehrere Dörfer der Eingebornen gestanden haben, deren Namen noch genannt werden, und wir haben alle Ursache zu dem Glauben, dass die Gestalt dieses Landes und vorzüglich dieser Umgegend durch vulcanische Störungen sehr verändert worden ist, wovon die zahlreichen Krater, der gespaltene Berg und die warmen Quellen Zeugniss ablegen. Obgleich man uns sagte, der See sei sehr seicht, so können wir uns doch darin sehr irren, da ich bemerke, dass Dr. Diefenbach berichtet, er sei 1½ Quadratmeilen gross und allem Anschein nach von grosser Tiefe; an einigen Stellen sind die Ufer sehr steil und bestehen aus basaltischer Lava. Vielleicht ist der See ein alter Krater, und wirklich geht eine Sage unter den Eingebornen, dass einst ein grosses Dorf mit seinen sämmtlichen Bewohnern bei einem Erdbeben hier verschwunden sei.

Mit dem Beistand des Canots eines Eingeborenen, der sich durch einen glücklichen Zufall in der Nähe vorfand, warfen wir das Netz aus. Mit dem ersten Zuge, bei welchem uns die Eingeborenen halfen, brachten wir zu ihrem grossen Ergötzen blos Wurzeln und Baumäste herauf und unser Netz war sehr zerrissen. Das Ausbessern nahm einige Zeit in Anspruch und wir ruderten alsdann nach einer andern Stelle; aber hier waren wir nicht viel glücklicher, indem wir nur ein paar Muscheln und einige sehr kleine Fische (die jedoch eine sehr werthvolle Vermehrung unsrer Sammlungen waren) fanden. Die Eingeborenen aus der Nähe, die sich ziemlich zahlreich versammelt hatten, schienen sich sehr über unsere Täuschung zu freuen und wären ohne die Anwesenheit Mr. Taylor's gewiss unangenehm geworden. Sie sahen sehr ungern, dass wir hier fischten, und fragten uns, wahrscheinlich auf den grossen Vorrath, den wir für unsere Schiffsmannschaft in der Bucht gesammelt hatten, anspielend, mit höhnischem Lächeln, ob wir nicht mit den Fischen aus dem Meere zufrieden sein könnten.

Offenbar hatten sie uns die Stellen im See gewiesen, wo es am schwersten war mit dem Schleppnetz zu fischen, und lachten zuerst herzlich und wie wir glaubten ohne Bosheit über unsere vergeblichen Bemühungen; aber als sie sahen, dass uns ihre Lustigkeit nicht im geringsten störte, sondern dass wir auf ihre Spässe antworteten, legten sie einigen Aerger an den Tag, denn sie konnten bemerken, dass wir sie jetzt etwas lächerlich machten, was sie von allen Dingen auf der Welt am wenigsten vertragen können. Die Aale sollen im See sehr gross und zahlreich vorkommen, aber sie werden nur Nachts durch Hülfe sinnreich eingerichteter Körbe gefangen, ähnlich denen, mit denen man an der englischen und der norwegischen Küste die Hummern fängt. Da wir keine gefunden hatten, so kauften wir einige von den Eingeborenen, womit wir uns und sie zufrieden stellten.

Ein starker Wind, der sich jetzt erhob und die Ueberfahrt in unserm kleinen Kahn zu gefährlich und langweilig machte, da er nur zwei Personen auf einmal hinübernehmen konnte, hielt uns ab, den gespaltenen Berg jenseits des Sees zu besuchen. Wir mussten daher diesen Theil unseres Planes aufgeben und wir entschlossen uns den Pukinuiberg zu ersteigen. Nach Barometerbeobachtungen fanden wir für den See Mapere eine Meereshöhe von 708 Fuss, während die von Waimati nur 623 war.

Um ¼3 Uhr Nachmittags erreichten wir den Gipfel des Pukinui und sahen uns reichlich für unsere Mühe durch die schöne Aussicht belohnt, die man hier über die ganze umliegende Gegend geniesst. Der Berg selbst ist ein Vulcan, der sich hoch über alle andern erhebt und von seiner Spitze das Meer auf beiden Seiten der Insel erblicken lässt. Die Luft war sehr klar und wir konnten die Einfahrt des Hafens von Hokianga deutlich sehen.

Mr. Taylor sagte mir, dass die Hauptmissionsanstalt der Wesleyaner an diesem Orte sei. Sie kamen bald nach den Missionairen der englischen Kirche auf die Insel und ihre frommen Bestrebungen sind wie bei jenen reichlich gesegnet worden.

Von hier aus liess sich in die grosse Verbesserung der Bodencultur, welche die christlichen Missionaire eingeführt, eine viel bessere Einsicht gewinnen, als es durch eine Beschreibung hätte geschehen können. Vor der Einführung des Friedensevangeliums zwang die Feindschaft oder der Ehrgeiz benachbarter Stämme die Einwohner in befestigten Orten und Pah's zusammen zu leben, und fast auf jedem Hügel sieht man noch Spuren dieser Verschanzungen; der Bau der Kumara oder süssen Kartoffeln, ihres Hauptlebensmittels, war auf die Abhänge des Hügels beschränkt oder ging selten über das Thal hinaus. Seitdem jedoch der Friede gepredigt wurde und der Krieg nicht mehr ihre Hauptbeschäftigung ist, verbreiten sie sich in kleineren Gruppen über die fruchtbaren Theile der Insel, bauen einzelne Hütten oder kleine Dörfer und leben in einem Behagen und einer Sicherheit, die sie früher nicht kannten und deren Vortheile sie vollkommen zu würdigen scheinen. Das ganze weite Thal, welches wir in schönster Cultur unter uns sahen, war früher der Schauplatz von einigen der schrecklichsten Thaten und zuletzt der Zufluchtsort des verabscheuungswerthen Shoongi. Die Grausamkeiten dieses wilden Häuptlings haben seinen Landsleuten seinen Namen zum Abscheu gemacht und zeigen deutlich, wie unpolitisch und unpassend es war, eine so grosse Macht einem Elenden in die Hand zu geben, der kein anderes Gefühl als Rache und Durst nach dem Blute seiner früheren Ueberwinder gekannt zu haben scheint und keine Gelegenheit vorbei liess, sie zu befriedigen.

Nach unsern Beboachtungen erhebt sich der Pukinui 1240 Fuss über die Meeresfläche. Die höchste Bergkette, die im Süden sichtbar war, heisst bei den Eingeborenen Ikorangi oder Himmelsfisch, aber es war uns nicht möglich, ihre Höhe zu messen. Das höchste Land gegen Norden nennen sie Maunga Taniwa, ein Name, dessen Bedeutung ich nicht erfuhr. Wir stiegen den Berg wieder hinab und langten Abends nach einem beschwerlichen Tagmarsch wieder in Waimati an.

Am nächsten Morgen mit dem Frühsten machten wir einen Ausflug nach den heissen Quellen in Taiami, genannt Tuakino; unser Weg führte uns durch eine hügelige und kahle Gegend, deren merkwürdigste Eigenthümlichkeit die drei vulcanischen Kegel sind, welche in der Mitte einer grossen Einsenkung des Tafellandes stehen und die Dr. Dieffenbach in seiner Reise in Neuseeland beschreibt. Nach einem mühsamen Marsch von drei Stunden erreichten wir kurz vor Mittag den ersten See und machten Halt, um Beobachtungen zur Bestimmung der Breite anzustellen. Die Temperatur des Sees war 62°, die der Luft 60°. Er hält etwa eine halbe Meile im Durchmesser; an den Ufern bemerkten wir viele verkohlte Baumstämme und auf seiner Mitte eine grosse Schaar Enten, die sich wahrscheinlich von einem kleinen Fisch, den wir in grosser Anzahl sahen, nähren. Am Rande des Sees fanden wir einige Stücke reinen Schwefel.

Die Temperatur des kleineren Sees, in dessen Nähe sich die heissen Quellen befinden, war 65°, 7, und die der Gasblasen, welche beständig emporsteigen, 66°. In den Thonboden sind von den Eingeborenen, welche, um den Brunnen zu gebrauchen, hieher kommen, zahlreiche Löcher gebohrt, durch welche das heisse Schwefelwasser emporsteigt. Es gilt als ein kräftiges Mittel gegen alle Haut- und Scrofelkrankheiten, die bei den Neuseeländern so häufig vorkommen, dass nur wenige frei von starken Spuren der letztern an den Halsdrüsen sind.

Die Temperatur dieser Löcher wechselt von 150 bis 80°, im Verhältniss zu der Zeit, die seit ihrer Anlegung verflossen ist, indem die Hitze bei Berührung mit der atmosphärischen Luft allmälig verfliegt. Wir hatten Werkzeuge mitgenommen, um frische Löcher zu graben, und in diesen fanden wir sehr beträchtliche Unterschiede in der Temperatur, obgleich sie unmittelbar nebeneinander waren. Das heisseste zeigte 179°, und in diesem sotten wir einige Eier, die wir zu diesem Zweck mitgebracht hatten und die wir als Luncheon verzehrten, obgleich der Schwefel ihre Schalen gelb gefärbt hatte. Wie Dr. Dieffenbach ganz richtig bemerkt, zeigt das umliegende Land, hauptsächlich nach Süden, in einem eigenthümlichen Grade das dürre und öde Aussehen, welches man oft in Gegenden, die wegen ihrer Heilquellen berühmt sind, bemerkt. Kaum einen Schimmer Grün sah man auf den Hügeln ringsum und nur in den Schluchten wurde das eintönige Braun verkümmerter Farrenkräuter von einigen Gebüschen unterbrochen.

Wenn dieses Land erst von Europäern bevölkert ist, werden diese Brunnen für die Colonisten eben so wichtig werden, wie die berühmtesten Bäder Englands und Deutschlands.

Sie liegen nach barometrischer Messung 648 Fuss über der Meeresfläche. Wir verweilten hier so lange, dass wir Waimati kaum vor Dunkelwerden erreichen konnten.

Da am nächsten Tag das Wetter zu ferneren Ausflügen sehr ungünstig war, machten wir uns bereit, nach dem Schiff zurückzukehren, denn ich konnte mich nicht entschliessen, auf die ungewisse Hoffnung von schönem Wetter hin unsere Abwesenheit über die vorgesetzte Zeit hinaus zu verlängern; und wir hatten noch Wichtiges in Neuseeland zu verrichten. Wir nahmen daher von den Freunden, deren Gastlichkeit und Aufmerksamkeit uns drei Tage lang eine höchst angenehme Erholung von unserem beschwerlichen Dienst verschafft hatte, Abschied, und kehrten auf demselben Wege nach dem Kerikeri zurück. Zeitig am Nachmittag langten wir an Bord des Erebus an.

Am 20. October ging die französische Corvette Favorite bei Korororika vor Anker und ich hatte das Vergnügen, ihren Capitain Levêcque bei mir an Bord zu sehen. Er sagte mir, dass sie an der Südküste von Neuholland viel von heftigen Stürmen gelitten hätten und dass seine Mannschaft kränklich sei.

Er hatte hier angelegt, um frische Vorräthe einzunehmen, und wollte nach Port Akaroa auf der Banks-Halbinsel, wo im vorigen Jahre eine Anzahl Colonisten aus Frankreich angekommen waren, das Land aber schon im Besitz der Engländer gefunden hatten. Die englischen Behörden gestatteten ihnen nicht Befestigungen anzulegen und ihr Geschütz und ihre Kriegsmunition ans Land zu setzen. Doch befanden sie sich jetzt unter dem Schutz der englischen Flagge vollkommen wohl. Den folgenden Tag erwiderten Commandeur Crozier und ich Capitain Levêcque's Besuch; und als ich ihm meine Absicht zu erkennen gab, die Chathaminseln zu besuchen, war er so freundlich, mir eine gute, von dem frühern Capitain der Heroine, Cecille, entworfene Karte derselben mitzutheilen.

Capitain Cecille hatte sich gemüssigt gesehen, die Insel auf Veranlassung eines americanischen Wallfischfahrers zu besuchen, der dort gewesen war und die Nachricht mitbrachte, dass ein französisches Schiff, der Jean Bart, von den Eingebornen weggenommen und zerstört und die Mannschaft grausam ermordet worden sei.

Der Hauptzweck seines Besuchs war nach seinen eigenen Worten »pour venger sur les insulaires le massacre de nos compatriotes,« und auch einzelnen der Mannschaft die sich vielleicht auf benachbarte Inseln gerettet hatten, Beistand zu leisten. Bei seiner Ankunft in der grossen westlichen Bucht der Insel fand er die Nachricht, welche er erhalten, nur zu sehr bestätigt; die Reste des verbrannten Schiffes waren noch sichtbar und man fand auch eines seiner Boote, aber von der Mannschaft, oder ob es Jemand gelungen zu fliehen, konnte er nichts erfahren. Obgleich er seine Anordnungen mit grosser Einsicht getroffen zu haben scheint, so gelang es ihm doch nicht, der Hauptpersonen dieser blutigen Tragödie habhaft zu werden. Er landete jedoch mit einer starken Abtheilung Matrosen, zerstörte alle ihre Pah's oder Verschanzungen und verbrannte alle Boote, die er finden konnte, so dass sie in Zukunft keine Schiffe mehr angreifen konnten. Es gelang ihm auch, einen der vornehmsten Häuptlinge, Namens Eituna, und zwei seiner Leute auf das Schiff zu locken, die er als Gefangene zurückbehielt und von denen er einige Auskunft über die Umstände erlangte, welche zu dem unglücklichen Streit mit den Neuseeländern führten.

Der Jean Bart kam früh im Mai bei der Chathaminsel an, und ehe er noch Anker geworfen, legten sich mehrere Canots der beiden neuseeländischen Stämme, die sich der Insel bemächtigt hatten, neben ihn. Gegen 2 Uhr Nachmittags ankerte das Schiff in der kleinen Bucht Wai-Tangui, an deren Ufern der Stamm Eituna's wohnte. Besorgt über die vielen Wilden, welche an Bord waren, forderte der Capitain die Häuptlinge auf, sie ans Land zu schicken. Eituna gab seinen Leuten den gewünschten Befehl; Viele gehorchten, Andere blieben noch, um mit den Matrosen Tauschgeschäfte zu machen; die Leute Eimare's, des Häuptlings des anderen Stammes, blieben alle an Bord, so dass immer noch 70-75 auf dem Schiff waren. Der Capitain, der sich nicht für sicher hielt, traf sogleich Vorkehrungen, die Bucht wieder zu verlassen, und wollte nicht einmal die Zeugnisse lesen, welche ihm Eituna vorlegte, um ihm Vertrauen einzuflössen.

Eituna und viele Andere befanden sich in der Cajüte des Jean Bart, als sie plötzlich einen grossen Lärm vernahmen; sie eilten sogleich nach der Treppe, als ein verwundeter Neuseeländer vom Deck mitten unter sie fiel; sie kehrten in die Cajüte zurück, um sich zu verstecken, als das Deckenfenster plötzlich weggenommen wurde; und Eituna erzählt, sie hätten versucht, sie mit Spiessen und Spaten zu tödten, mit welchen sie in alle Winkel der Cajüte stiessen. Viele von den in der Cajüte Befindlichen wurden verwundet und Einige getödtet; sie sahen sich nach Vertheidigungswaffen um und fanden eine Doppelflinte und ein Paar Pistolen mit Percussionsschlössern, die ihnen aber, da sie keine Zündhütchen hatten, nutzlos waren. Endlich fanden sie ein Paar Flinten und Patronen, mit denen sie zwei Matrosen tödteten. Das Deckenfenster wurde sogleich wieder zugemacht und von den Leuten auf dem Verdecke verschlossen, und bald darauf war Alles still. Eituna vermuthet, dass der Capitain und die Mannschaft, Furcht bekommen, als sie die Neuseeländer im Besitz von Schusswaffen fanden, und alle Luken verrammelt hätten, um Zeit zum Aussetzen der Boote und zur Flucht zu gewinnen; denn als er und seine Leute endlich auf das Verdeck kamen, liess sich Niemand mehr blicken. Seiner Aussage nach waren 28 Männer und eine Frau getödtet und 20 verwundet worden. Er glaubt, dass der Angriff von den Leuten Eimare's ausgegangen sei, welche sich einiger Sachen bemächtigten, die ihnen die Franzosen nicht lassen wollten; er sagte auch, dass ohne die gefundenen Gewehre die Franzosen sie alle getödtet haben würden. Der Kampf dauerte von zwei Stunden nach Sonnenuntergang bis zwei Uhr früh.

Capitain Cecille hatte in der Inselbucht erfahren, dass die Pah's der Chathaminsel ausser dem Bereich der Kanonen eines vor Anker liegenden Schiffes sich befänden; er traf darnach seine Anordnungen und setzte am Tag nach seiner Ankunft eine starke Abtheilung Matrosen ans Land. Sie stiessen auf keinen Widerstand, die Pah's waren alle verlassen und sie sahen nur wenige Neuseeländer, welche in die Wälder flohen, wohin ihnen zu folgen weder klug noch möglich war. Die Verschanzungen und einige grosse Kähne wurden verbrannt; auch fanden sich mehrere Artikel vor, die zu dem französischen Schiffe gehört hatten, und eines seiner Boote, welches man mitnahm. Um 4 Uhr Nachmittags war von der ganzen grossen Niederlassung, die ¼ Seemeile lang und ganz von Palissaden umgeben war, nichts mehr übrig als ein Haufen Asche.

Unterdessen war Eituna zwei Tage an Bord gefangen gehalten und war in grösster Besorgniss gewesen; oft frug er, wenn sie ihn tödten würden. Um seine Seelenqual nicht zu verlängern, sagte ihm Capitain Cecille, er bleibe mit seinen beiden Gefährten gefangen auf dem Schiff und solle nach Frankreich gebracht werden, wo der König über sein Schicksal zu entscheiden habe.

Sie söhnten sich bald mit ihrer Lage aus, und da Capitain Cecille sich überzeugt hatte, dass Eimare und sein Stamm der angreifende Theil gewesen, so trat er in Verkehr mit den Leuten Eituna's und wusste ihnen so viel Vertrauen einzuflössen, dass mehrere an Bord kamen, um von ihrem Häuptling Abschied zu nehmen.

Nach einer zweiten Landung auf einem andern Theile der Insel, wobei er noch einige Eimare's Stamm gehörige Pah's und Kähne zerstörte, besuchte er Pitt's-Insel, in der Hoffnung, dass, da er blos ein Boot des Jean Bart gefunden hatte, sich in dem andern der überlebende Theil der Mannschaft auf diese benachbarte Insel gerettet haben möchte. Eituna schien derselben Meinung zu sein. Aber da all ihr Nachsuchen vergeblich blieb, so ist es das Wahrscheinlichste, dass die, welche in dem Kampfe mit den Neuseeländern nicht blieben, ihr Leben in dem Versuch, Neu-Südwales zu erreichen, verloren, oder von den Wilden, welche Pitt's-Insel bewohnen, erschlagen wurden.

Die Wilden, mit denen die Franzosen Streit gehabt hatten, waren nicht Eingeborene der Insel, sondern gehörten zu einer Anzahl Neuseeländer, die ein englisches Schiff, Lord Rodney, nach der Insel gebracht hatte. Es waren 4 bis 500 gewesen und die Eingeborenen von ziemlich gleicher Anzahl hatten ihnen ruhig gestattet, sich hier niederzulassen. Bald nach ihrer Ankunft stellte sich Mangel an Lebensmitteln ein und jetzt fielen die Neuseeländer über die Eingeborenen her und tödteten über 200, um sie zu verzehren; die Uebrigen machten sie zu Sclaven.

Die jetzige Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Bewohnern vom Ostcap und Port Nicholson und einigen unruhigen Eingeborenen von Teranaki. Sie kamen unter der Anführung Hepatu's nach der Chathaminsel. Nach seinem Tode 1836 theilten sie sich in zwei Stämme; der eine blieb in Wangaroa unter Eimare, der andere liess sich in Waitangui unter dem Häuptling Eituna nieder. Die Neuseeländer nennen die Chathaminsel Wairikaori (grosser Berg). Sie ist sehr fruchtbar und die hier erzeugten Kartoffeln sind von ausgezeichneter Beschaffenheit. Getreide zu bauen ist wegen der vielen Papagaien, die es vor der Reife zerstören, nicht gelungen. Ein Engländer Namens Coffee hatte während eines fünfjährigen Aufenthalts auf der Insel niemals Eis zu Gesicht bekommen, wohl aber erinnert er sich eines einzigen Schneefalls.

Die Heroine war wieder in diesen Theil des stillen Oceans geschickt worden, um den französischen Südseefahrern Schutz zu geben und einem häufig vorkommenden Betruge zu steuern. Die französische Regierung hatte eine Prämie zur Aufmunterung des Wallfischfanges eingeführt, die im Verhältniss mit dem Fange jedes einzelnen Schiffes stand. Aber der beabsichtigte Zweck wurde gänzlich vereitelt, denn anstatt die Wallfische selbst zu erlegen, kauften die Südseefahrer von den americanischen und englischen Wallfischfängern Thran, den sie nach Frankreich brachten, und empfingen dort die Prämie, als wäre er das Product ihrer Geschicklichkeit und ihres Unternehmungsgeistes. Vom Capitain Levêcque erhielt ich auch eine Karte über die Entdeckungen des Capitains D'Urville in der Südsee, die ich noch nicht kannte. Als wir die Heroine verliessen, wurde eine Ehrensalve von 12 Schüssen abgefeuert, die der Erebus mit einer gleichen Anzahl erwiderte. Nach einem Aufenthalt von 2 oder 3 Tagen auf der Höhe von Kororarika segelte die Heroine mit günstigem Winde nach Akaroa ab.

Während unseres ganzen Hierseins bekam unsere Schiffsmannschaft im Ueberfluss vortreffliche Fische auf den Tisch, welche uns die vielen kleinen Buchten des Flusses und der Bay lieferten. Die wohlschmeckendsten derselben waren der St. Petersfisch (Zeus australis) und die rothe Seebarbe; der grösste eine Art Makrele, gewöhnlich Gelbschwanz und zuweilen Cavallo genannt, zwar etwas grob, aber sonst ein ganz gutes Essen. Von letzterem fischten wir mehrere mit dem Schleppnetz, die 3 Fuss 9 Zoll lang und fast 50 Pfd. schwer waren. Die Schollen sind zwar klein, aber sehr gut, und die Platteise von ziemlicher Grösse stehen im Geschmack dem holländischen Fisch nicht nach; der Barracuta wird nur zu seiner Zeit gefangen, die bei unsrer Abreise noch nicht begonnen hatte. Grosse Haifische sind sehr zahlreich und wir fingen mehrere neue Arten derselben; sie sind wie die vielen andern Fische, die wir gesammelt haben, von Dr. Richardson in der Zoologie der Reise beschrieben, und es finden sich darunter viele bis jetzt ganz unbekannte Gattungen und Arten. Eine Beschreibung der auf Neuseeland gesammelten Vögel erscheint in demselben Werke von der Hand Mr. Georg Robert Gray's vom brittischen Museum.

Unsere Mannschaften erfreuten sich einer vortrefflichen Gesundheit, so dass nur sehr selten einer auf der Krankenliste stand, und dann gewöhnlich nur wegen einer kleinen zufälligen Verletzung; aber wir hatten das Unglück, einen unsrer Schiffsgenossen zu verlieren und zwar einen unsrer besten Matrosen, Georg Barker, der beim Umschlagen eines Bootes ertrank.

Da die geeignete Jahreszeit zur erneuten Durchforschung der antarktischen Regionen jetzt nahe war, so schlossen wir unsere stündlichen magnetischen Beobachtungen mit dem Ende des Monats October ab; die absolute Bestimmung der drei magnetischen Elemente wurde im Laufe der 3 oder 4 nächsten Tage erlangt. Die Observatorien und Instrumente wurden wieder eingeschifft und die Schiffe gegen Mitte Novembers zum Absegeln bereit gehalten.

Auf das Verlangen des Sir George Gipps, der die Norfolkinsel zur Untersuchung der dort, dem Gerücht nach, herrschenden Insubordination zu besuchen wünschte, war die Favorite nach Sidney gesegelt; da aber seitdem Ereignisse eintraten, welche seinen Besuch unnütz und ihre Dienste überflüssig machten, so kehrte sie nach Neuseeland zurück, wo ihre Anwesenheit von grösserem Nutzen sein konnte. Sie brachte uns Briefe aus England mit und einige Vorräthe, die wir bei unsrer Abreise aus Sidney nicht eingenommen hatten. Auf dieser kurzen Fahrt zeigte sie sich so leck, dass eine genaue Besichtigung ihres Zustandes nothwendig wurde. Commandeur Crozier und die anderen Offiziere, die ich damit beauftragte, rapportirten, der Leck sei durch das Kupfer verursacht, welches sehr abgenutzt sei, und dadurch, dass das Werg an verschiedenen Stellen sich aus den Fugen gedrängt habe. Da sich nicht zu dem Leck gelangen liess, ohne das Schiff umzulegen, befahl ich dem Commandeur Sullivan, nach Auckland zu segeln; und wenn Gouverneur Hobson, der unterdess aus den südlichen Niederlassungen zurückgekehrt war, das Schiff nicht zu einer dringenden oder sofortigen Dienstleistung brauchen sollte, empfahl ich ihm, seine Reise sogleich nach Port Arthur auf Vandiemensland fortzusetzen und dort alle nöthigen Ausbesserungen schleunigst vorzunehmen; denn da es das einzige Kriegsschiff auf der Station war, war es um so wichtiger, es baldigst seetüchtig zu machen.

Der Mangel an einer genügenden Anzahl von Kriegsschiffen zum Schutz der zahlreichen Colonien, welche Grossbritannien neuerdings in dieser Weltgegend angelegt hat, ist seit lange eine gerechte Ursache zur Klage und hat Seitens der Gouverneure viele dringende Vorstellungen an die Regierung veranlasst, die alle erfolglos geblieben sind. Es ist schwer und fast unmöglich, die Colonien regelmässig von Schiffen der ostindischen Station besuchen zu lassen, zu der sie jetzt gehören und die viel zu entlegen ist, um die nöthigen Anordnungen für die vielen möglichen Fälle, wo ihre Dienste erforderlich werden, zu treffen. Es wäre daher sehr wünschenswerth, ein besonderes, aus mehrern Schiffen bestehendes Commando hier zu errichten. Sidney wäre das Hauptquartier des Commodores des Geschwaders und die dazu gehörigen Schiffe könnten nach der Reihe nach jeder der andern Colonien geschickt werden, und durch ein eifriges und richtiges Zusammenwirken zwischen der Marine und den einzelnen Gouvernements könnte den Ansiedlern ein Gefühl der Sicherheit und des Vertrauens eingeflösst und die Eingebornen von feindseligen Angriffen abgehalten werden. Zum Schutz und zur Aufmunterung der in Handelsunternehmungen beschäftigten brittischen Unterthanen und um die freundschaftliche Stimmung der Eingebornen gegen England zu kräftigen, sollte eines der Schiffe zuweilen die Freundschafts-, Gesellschafts- und Fietschi-Inseln besuchen. Zwischen den Capitainen und Mannschaften der Südseefahrer fallen in diesen entlegenen Regionen häufig Streitigkeiten vor, die der Capitain eines Kriegsschiffes meistens wirksamer und zufriedenstellender für beide Parteien schlichten könnte, als die Civilbehörde, vor der die Seeleute meistens wenig Achtung oder Furcht haben, hauptsächlich in den neuangelegten Colonien, wo sich selten eine ausreichende Macht zur Erhaltung des Ansehens der Gesetze und häufig eine grosse Abneigung vorfindet, sich in Schiffsangelegenheiten zu mischen, die meistens wenig verstanden werden.

In den verschiedenen Inselgruppen des stillen Oceans kommen zur Schmach unseres Nationalcharakters Meutereien, Seeraub und ähnliche Verbrechen nur zu häufig vor; die zu erwartende Ankunft eines Kriegsschiffes würde sie gewiss zuweilen verhüten und die Anwesenheit desselben so strafbaren Vergehen ein Ende machen oder sie ahnden. Während meiner Reise hatte ich öfters Gelegenheit, Streitigkeiten zwischen dem Capitain und der Mannschaft von Kauffartheischiffen zu schlichten und sie vollkommen auszusöhnen, obgleich ich, was nicht zu vergessen ist, gesetzlich nicht berechtigt war, mehr zu thun, als den betreffenden Parteien meinen Rath zu ertheilen; aber indem ich sie auf die nothwendigen Folgen und die Strafen, denen sie sich durch ihr Benehmen aussetzten, aufmerksam machte, erreichte ich stets meinen Zweck.

Unsere Beobachtungen ergaben für die Breite unserer Observatorien 35° 17' 46,6" südlich, für die Länge 174° 8' 22,7" östlich; die mittlere magnetische Inclination zwischen dem 23. August und 25. October war 59° 33' südlich.

Die Declination war vom 26. bis 31. August:

 

  13° 33' 52,5" östl.
vom 1. – 30. Sept. 13° 34' 54,6"
vom 1. – 23. Oct. 13° 38' 45,9"
in der ersten Woche des Nov. 13° 40' 50"

 

was eine zunehmende östliche Declination zeigt.

Zur Beobachtung der Fluth wurde ein Fluthmesser in gehöriger Entfernung von dem astronomischen Observatorium aufgestellt und die Höhe der Fluth um die Zeit des höchsten und tiefsten Standes jede Viertelstunde aufgezeichnet, zu andern Zeiten aber jede Stunde. Diese Beobachtungen wurden vom 14. Sept. bis zum 19. Nov. fortgesetzt, also für zwei Mondumläufe oder während 5 Perioden des Mondwechsels.

Am 15. Sept. trat der Vollmond um 5 Uhr 38 Minuten früh ein; das nächste Hochwasser war um 7 Uhr 30 Minuten und es stieg um 5 Fuss 9 Zoll; die höchste und grösste Fluth war die dritte nach dem Neumond, und ihre Höhe 6 Fuss 10 Zoll.

11. October. Vollmond um 3 Uhr 55 Minuten früh, Hochwasser um 7 Uhr 22 Minuten früh, Höhe der Fluth 5 Fuss 2 Zoll; die höchste und stärkste Fluth war die siebente nach dem Vollmond und erreichte eine Höhe von 6 Fuss 1 Zoll; die Stärke der Fluthströmung war auf unserm Ankerplatz 0,6 Meile, die der Ebbeströmung 1,2 Meilen die Stunde.

15. October. Neumond um 4 Uhr 2 Minuten früh, höchster Wasserstand um 7 Uhr 15 Minuten früh, Höhe der Fluth 5 Fuss 7½ Zoll; die stärkste Fluth die siebente nach dem Neumond, Höhe derselben 6 Fuss 1 Zoll; Stärke der Fluthströmung 1,0 und der Ebbeströmung 1,4 Meilen die Stunde.

30. October. Vollmond 5 Uhr 33 Minuten Nachmittags, höchster Wasserstand um 7 Uhr 30 Minuten, Höhe der Fluth 5 Fuss 6 Zoll; die stärkste Fluth, die sechste nach dem Mondwechsel, erreichte eine Höhe von 6 Fuss 2 Zoll; die Stärke der Fluthströmung 1,0, der Ebbeströmung 1,2 Meilen die Stunde.

An Tagen, wo weder Vollmond noch Mondwechsel ist, tritt die Zeit des höchsten Wasserstandes durchschnittlich 7 Uhr 22 Minuten, nachdem der Mond den Meridian passirt hat, ein.


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