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Sechstes Capitel.


Abfahrt. – Stürmische Bai. – Auckland-Inseln. – Schwarzes Cap. – Bristow-Klippe. – Enderby-Inseln. – Rendezvoushafen. – Französische Expedition. – Vereinigte-Staaten-Brigg Porpoise. – Magnetometrische Beobachtungen. – Oertliche Störung. – Rendezvoushafen als eine Strafcolonie. – Laurie-Hafen. – Meteorologische Variationen der Auckland-Inseln. – Botanische und zoologische Notiz. – Verwilderte Schweine. – Baumfarren. – Campbell-Inseln. – Botanische Notiz. – Albatros-Nester. – Robbenfängergräber.


Die wenigen noch übrigen Tage vergingen mit Vorbereitungen zur Abfahrt; widrige Winde und schlechtes Wetter hielten uns zurück bis zum Morgen des 12ten, wo wir bei Tagesanbruch die Anker lichteten und den Fluss hinab fuhren. Sir John Franklin und einige andere Freunde kamen an Bord, um uns bis zur Mündung des Flusses zu begleiten, und der Tender des Gouverneurs folgte uns.

Bald nach Mittag passirten wir den Leuchtthurm an der Ostspitze der Mündung; und da wir um 1½ Uhr Nachmittags in offener See waren, verabschiedeten sich unsere lieben Freunde mit drei Hurrah's, die wir mit Herzlichkeit erwiederten, während die Schiffe die stürmische Bucht hinter sich liessen.

Des Abends war das Wetter böigt mit Regen; aber der Wind war uns noch so günstig, dass wir vor Dunkelwerden das Land aus dem Gesicht verloren und unseren Curs nach der Auckland-Insel, etwa 8–900 Meilen von Hobarttown entfernt, richteten.

Der günstige Wind dauerte fort and wir fuhren mit allen Segeln, so dass der Terror nur schwer gleichen Schritt mit uns halten konnte. Wir trafen auf mehrere Strecken Seegras und der Albatros und verschiedene Arten Sturmvögel waren in grosser Menge zu sehen. Das trübe Wetter dieser Nächte, in denen ich meinen Instructionen nach Sternschnuppen beobachten sollte, verhinderte uns Zeugen dieses merkwürdigen, fast in regelmässigen Perioden wiederkehrenden Phänomens zu sein.

Am 14. Vormittags trat fest Windstille ein; wir versuchten mit 600 Faden Grund zu finden, aber ohne Erfolg, und beobachteten die Temperatur in verschiedenen Tiefen. Auf der Oberfläche war sie 51°; in 150 Faden Tiefe 49°, 8; in 300 Faden 48°; in 450 Faden 46°, 5; und in 600 Faden 45°, 6. Die Zeiger der Thermometer waren auf 51° gestellt worden und zeigten bei jeder Messung, dass sie durch eine Schicht Wasser von der höhern Temperatur von 52°, 5 und gewiss in einer geringem Tiefe als 100 Faden gekommen waren; aber der Eintritt einer starken östlichen Brise verhinderte uns ihre Tiefe und Breite genauer zu untersuchen.

Mittags des 15. befanden wir uns in 45° 33' südlicher Breite und 152° 45' östlicher Länge und fanden, dass uns seine Strömungen in zwei Tagen 30 Meilen Süd 60° Ost getrieben hatten; bald darauf sprang der Wind nach Süden um und zwischen 11 Uhr Abends und Mitternacht bemerkten wir einige schwache Anzeichen eines Südpolarlichts; aber Sternschnuppen erblickten wir nicht, obgleich wir uns diese ganze merkwürdig klare Nacht hindurch aufmerksam darnach umsahen.

Am 16. November und die drei folgenden Tage sahen wir sehr viel Seegras, obgleich wir 400 Meilen von jedem Lande entfernt waren; auch kamen wir an zahlreichen leuchtenden Flecken im Meere vorbei. Um acht Uhr Abends am 19ten, wo wir blos noch 20 Meilen vom Lande entfernt waren, legten wir bei einem heftigen Westwind bei, um das Tageslicht abzuwarten, und sondirten während der Nacht von 200–240 Faden, ohne jedoch Grund zu finden.

Um drei Uhr 30 Minuten des andern Morgens gingen wir wieder nach Südost unter Segel und bald darauf erblickten wir das Nordwestcap gerade vor uns; ein dichter Nebel verbarg es uns fast augenblicklich wieder, so dass, wenn wir es nicht gerade zu dieser Zeit zu Gesicht bekommen hätten, wir während des ganzen übrigen Tages nicht wieder Gelegenheit gehabt hätten, das Land zu sehen. Der Wind wurde zu einem Sturme, begleitet von Nebel und Regen, und flösste uns eine Besorgniss ein, bis wir abermals durch den Dunst das Cap in einer Entfernung von weniger als einer Meile erblickten und uns in Stand gesetzt sahen, die nördliche Seite der Insel entlang unter ihrem Schutze zu fahren. Das Nordwestcap ist ein sehr merkwürdiges Vorgebirge mit einem felsigen Eiland und einer seltsam kegelförmigen Kuppe vor seiner Spitze; genau östlich davon ragt ein dunkler Fels, das schwarze Cap, mit einer tiefen, höhlenförmigen Austiefung an seinem Fusse empor. Wie wir später fanden, liegt es nur eine kurze Strecke von dem westlichen Theile des Laurie-Hafens; Mr. M'Cormick und einige andere Offiziere fanden es, als sie dem Laufe eines Baches folgten, der sich in den Hafen ergiesst und dessen Quelle sich in den Hügeln über dem schwarzen Cap befindet.

Die Bristow-Klippe, welche nach der Karte 8 oder 9 Meilen gerade östlich von der Enderby-Insel und in gleicher Höhe mit dem Wasser liegt, sahen wir nicht, aber sie muss von allen Schiffen, die sich dem nördlichen Hafen nähern, sorgfältig gemieden werden. Auch zwischen dem westlichen Ende der Enderby-Insel und der Rose-Insel befindet sich ein schmaler Eingang in den Hafen, der aber nur für Boote taugt. Das Meer brandete vor der Einfahrt, als wir vorbeifuhren, aber bei ruhigem Wetter kann sie leicht irrthümlich für einen sichern Canal gehalten werden.

Als wir das Nordostcap der Enderby-Insel umfuhren, kamen wir an einigen starken Wirbeln vorbei, veranlasst von dem Zusammentreffen der Fluthen an dieser Spitze; und obgleich wir mit dem gewöhnlichen Handloth keinen Grund fanden, so ist es doch nicht unwahrscheinlich, dass Untiefen oder Klippen Einiges zur Hervorbringung dieser gefährlichen Wirbel beitragen.

Als wir uns der Einfahrt des Hafens gegenüber befanden, kamen von den westlichen Hügeln so heftige Windstösse herab, dass wir fast wieder ins Meer hinausgetrieben worden wären; und es gehörte alle Wachsamkeit und Thätigkeit der Offiziere und der Mannschaft dazu, um durch Laviren wenigstens auf der einmal erreichten Stelle zu bleiben. Es ist jedoch hinlänglicher Raum und es sind keine verborgenen Gefahren vorhanden, da die Streifen von Seegras, Macrocystus und Laminaria die Untiefen und gefährlichen Stellen anzeigen.

Zwei Schilder auf Stangen an einer in die Augen fallenden Stelle erregten unsere Aufmerksamkeit und ein Offizier wurde sogleich zu ihrer Untersuchung abgeschickt. Es waren Erinnerungstafeln an den Aufenthalt der französischen Expedition unter D'Urville und eines der Schiffe der americanischen Entdeckungsexpedition. Das erste, ein weisses Schild mit schwarzer Schrift, berichtet: »Les corvettes françaises L'Astrolabe et la Zélée, parties de Hobart-Town le 25. Février 1840, mouillées ici le 11. Mars, et réparties le 20. du dit pour la New-Zéland. Du 19. Janvier au 1. Février 1840, découverte de la Terre Adélie et détermination du pôle magnétique Austral!«

Das zweite, eine schwarzes Schild mit weissen Buchstaben, sagte aus: »U. S. brig Porpoise, 73 days out from Sidney, New-Holland, on her return from an exploring cruize along the antarctic circle, all well; arrived the 7th, and sailed again on the 10th March, for the Bay of Islands, New-Zealand.«

Auch fanden wir ein Papier in einer Flasche, die aber so nachlässig gekorkt worden war, dass Wasser hineingedrungen war und einen Theil der Schrift verwischt hatte, so dass wir sie nur mit Mühe entziffern konnten. Sie berichtete, dass die Porpoise hier um Wasser einzunehmen gelandet und während ihrer Reise die Eismauer entlang gefahren sei. Wir wunderten uns alle sehr, dass des von Lieutenant Wilkes entdeckten antarktischen Continents nicht Erwähnung gethan wurde, aber wir vermutheten, dass ihm entweder über seine Entdeckungen Stillschweigen auferlegt worden sei, oder dass er den Vincent verloren habe, mehr nördlich gekommen und deshalb weniger glücklich gewesen sei, als sein Gefährte. Ich glaube jetzt letzteres für die richtige Vermuthung halten zu dürfen.

Ueber einem kleinen Bach und auf der einzigen ausgerodeten Stelle, die wir finden konnten, entdeckten wir die Trümmer einer kleinen Hütte, die, wie ich seitdem erfahren habe, mehrere Jahre hindurch die kümmerliche Wohnung eines Deserteurs von einem englischen Wallfischfahrer und einer Neuseeländerin gewesen ist.

Nachdem wir die Schiffe auf einem gutgesicherten Ankerplatz auf der Westseite des Hafens vor Anker gelegt hatten, landeten wir die Observatorien, und bald war die ganze Mannschaft mit dem Ausroden der Bäume und Grundgraben beschäftigt. Die obere Bodenschicht bestand aus Torfmoor, und je tiefer wir kamen, desto weicher wurde er, so dass es uns grosse Mühe kostete, einen für unsere Zwecke genügend festen Grund zu erlangen; endlich gelang uns dies dadurch, dass wir in tiefe Löcher grosse Steinblöcke versenkten und, nachdem sie festen Grund gewonnen, mit Sand angefüllte Fässer darauf setzten; auf diesen Fässern wurden dann erst die Instrumente befestigt. Der Termintag war so nahe, dass wir nicht so viel Zeit hatten, einen passendem Platz aufzusuchen, und wir sahen jetzt, wie gut es war, dass wir von den Materialien des zweiten Observatoriums drei kleine Häuser bauen konnten; denn um Alles in ein Haus zu bringen, reichte der ebene Boden nicht zu.

Am 25. November waren alle Instrumente befestigt und berichtigt und wir hatten durch dreitägige vorläufige Beobachtungen die Freude zu finden, dass der Grund vollkommen fest blieb und die Resultate sehr zufriedenstellend waren.

Die terminlichen Beobachtungen stellten wir am 28sten an, und sie gaben später zu einer sehr interessanten Vergleichung mit den auf dem Rossbankobservatorium auf Vandiemensland angestellten Anlass, indem sie dieselben augenblicklichen Schwingungen der Instrumente nachweisen, die auch im Norden vorkommen; und so erfüllte sich der Hauptzweck unseres Hieherkommens ganz nach Wunsch.

Wir setzten weitere stündliche Beobachtungen, die wir vor unsrer Abreise von Hobart-Town verabredet, fort, bis wir die Resultate ununterbrochener siebentägiger Beobachtungen hatten, wo wir die magnetometrische Operation als vollständig erachteten. Zunächst waren nun die absoluten Bestimmungen zu besorgen; aber bei diesen fanden wir grosse Schwierigkeiten. Diese Oertlichkeit bestätigt auf eine höchst merkwürdige Weise, was ich schon früher über die Unsicherheit und Ungenauigkeit magnetischer Beobachtungen zu Lande sagte. Auf unserer Fahrt von Vandiemensland bemerkten wir eine allmälige Zunahme der Inclination im genauen Verhältniss mit der Strecke, die wir jeden Tag diesen Inseln näher kamen, wonach wir mit ziemlich grosser Genauigkeit die Grösse der Inclination ihrer geographischen Lage bestimmen konnten; aber die ersten hier angestellten Beobachtungen zeigten mehr als 2° Inclination zu wenig. Ich schrieb es natürlich der Störung der örtlichen Anziehung zu und liess auf verschiedenen Punkten Beobachtungen anstellen. Auf einem Platz, der nur 30 Yard von der ersten Station entfernt war, fanden wir mit demselben Instrument die Inclination noch um 19° geringer, also ein Irrthum von 11°. Das Gestein dieser Stelle war von eigenthümlichem eisenhaltigem Aussehen, und als wir einige Stücke desselben mit einem empfindlichen Compass in Berührung brachten, drehten sie ihn so schnell im Kreise herum, dass die Hand kaum folgen konnte; auch entdeckten wir in ihm eine sehr starke Polarität, indem der Nord- und Südpol der Theilchen ganz von der Richtung abhing, in der sie unter dem magnetischen Meridian lagen. Es waren jedoch keine losen Steine wie am Meeresstrand, sondern Bruchstücke des blättrigen Felsens, aus dem die Insel besteht, so dass man die ganze Masse als einen grossen Magnet betrachten kann. Der Ort, wo wir die Magnetometer aufgestellt hatten, zeigte ganz die von uns berechnete Inclination; dies war aber reiner Zufall. Die sich nach den Beobachtungen an Bord des Erebus in gehöriger Entfernung von aller störenden Einwirkung des Landes herausstellende Inclination war die einzige, auf welche wir uns verlassen konnten, und kam wahrscheinlich der Wahrheit sehr nahe; die Declination auf diesen beiden Punkten stimmte ebenfalls fast ganz überein. Die Beobachtungen an Bord des Terror wurden durch die Nähe der Schuhinsel gestört und zwar in dem Grade, dass sie die örtliche Anziehung des Eisens im Schiffe unmerklich machte und ihre Beobachtungen zur Bestimmung der Stärke derselben ganz vereitelte. Mr. M'Cormick brachte mir zahlreiche geologische Exemplare, die er von den Felsen in andern Theilen der Insel gesammelt hatte; sie bewiesen alle, wie weit die magnetische Kraft über dieses Eiland verbreitet ist.

Die Aucksland-Inseln sind eine Entdeckung von Abraham Bristow, Befehlshaber des Schiffes Ocean, eines dem Herrn Enderby gehörigen Südseefahrers. Er sah sie zuerst am 18. August 1806 auf einer dritten Reise um die Welt und bestimmte ihre Lage auf 50° 48' südl. Breite und 166° 42' östl. Länge. Zum zweiten Male besuchte er diese Insel 1807 mit dem ebenfalls dem Herrn Enderby gehörigen Schiffe Sarah, wo er dieselbe feierlich in Besitz nahm und einige Schweine ans Land setzte, die sich auf überraschende Weise vermehrt haben.

Die Gruppe besteht aus einer grossen und mehreren kleinen von einander durch schmale Canäle getrennten Inseln. Die grösste ist über 30 Meilen lang und gegen 15 Meilen breit. Sie besitzt zwei Haupthäfen, beide auf der Ostseite, die so tief ins Land hinein gehen, dass ihr Ende blos zwei oder drei Meilen von der Westküste entfernt ist. Der Rendezvoushafen an der Nordspitze der Insel hat mehrere sichere Ankerplätze. Der äusserste derselben besteht aus einer kleinen sandigen Bucht an der Südseite der Enderby-Insel, etwa anderthalb Meilen von dem Nordostcap. Er ist vor allen Winden ausser den südöstlichen geschützt und der Boden besteht ans gutem zähem Thon. Wahrscheinlich ist auch östlich von der Enderby-Insel guter Ankergrund zu finden. Sobald man die Ocean- und Rose's-Insel hinter sich hat, kann ein Schiff in vollkommener Sicherheit überall vor Anker gehen; doch dürfte die geeignetste Gegend immer zwischen dieser Insel und der Erebusbucht zu suchen sein, wo wie in der Terrorbucht Ueberfluss an Holz und Wasser ist. Das obere Ende dieser langen Einbucht, Lauriehafen genannt, ist der geeignetste Ort, wenn man ein Schiff kielholen oder bedeutende Ausbesserungen daran vornehmen will. Er ist vollkommen vor dem Winde geschützt und das steile Gestade am südlichen Ufer bietet die grösste Erleichterung zum Löschen und Wiederbefrachten der Schiffe.

Die vielen Vortheile, die diese Insel als Strafcolonie über alle andern, die ich habe nennen hören, darbietet, macht sie jetzt, wo man damit umgeht, aus den freien Colonien von Nord-Süd-Wales, Neu-Seeland und Vandiemensland die Strafgefangenen zu entfernen, doppelt wichtig. Ich machte auch Sir John Franklin bei meiner Rückkehr nach Hobarttown darauf aufmerksam in einem Briefe, der an den Staatssecretär der Colonien geschickt wurde. Ich glaube aber, die Chatham-Insel ist wegen ihres milden Klima's vorgezogen worden, obgleich ich keine anderen Vorzüge, die es besitzt, kenne, während sein Mangel an guten Häfen ein grosser Nachtheil ist; auch werden die zwei Stämme Neuseeländer von Port Nicholson, die 1835, nachdem sie die eine Hälfte der Eingeborenen verzehrt und die andere Hälfte zu Sclaven gemacht hatten, von der Insel Besitz genommen, schwer von dem einmal eroberten Lande zu vertreiben sein.

Der südliche Hafen der Aucklands-Insel soll sehr geräumig, aber zum Ankern meistens zu tief sein, an der Seite dagegen sind mehrere gutgeschützte Einbuchten, wo Schiffe sicher vor Anker gehen können; da wir aber diesen Küsteneinschnitt nicht besuchten, kann ich für die Richtigkeit dieser Beschreibung, die ich von dem Capitain und Südseefahrern erhielt, nicht stehen. Lauriehafen eignet sich vortrefflich zur Anlage einer Niederlassung zur Betreibung des Wallfischfanges. Mehrere schwarze Wallfische und mehrere Pottfische kamen während unseres Dortseins in den Hafen, und wegen seiner Lage könnte der Fang mit grosser Bequemlichkeit betrieben werden. Wie ich höre, hat der unternehmende Kaufmann Charles Enderby sich an die Regierung gewendet, ihm den Besitz dieser Inseln zu verleihen, und da sie von dem Capitain eines seiner Schilfe entdeckt worden sind, so kann er mit einigem Recht Anspruch darauf machen, Andern vorgezogen zu werden.

Wir kamen im Frühling an, denn der dortige November entspricht dem April der nördlichen Hemisphäre; und obgleich wir uns weniger als 8 Breitengrade südlich von Hobart-Town befanden, verspürten wir doch einen sehr grossen Unterschied in der Temperatur, der sich auf 10° des Thermometers belief, aber wegen der vermehrten Feuchtigkeit der Atmosphäre uns noch grösser vorkam. Die Formation der Aucklands-Inseln ist vulcanisch und sie bestehen hauptsächlich aus Basalt und Grünstein. Von besonderm geologischen Interesse ist ein Vorgebirge Deas-head mit schönen 300 Fuss hohen Säulen, die stark magnetisch sind. Die höchste Spitze der Insel, der Edenberg, südwestlich von unserm Ankerplatz, ist 1300 Fuss hoch, an der Spitze abgerundet und bis auf den Gipfel mit Gras bewachsen. Ein anderer Hügel im westlichen Theile des Eilandes ist beinahe 1000 Fuss hoch.

Die folgenden Bemerkungen über die Pflanzen der Insel sind von Dr. Hooker. »Kein Ort im Verlauf unsrer Reise nach dem Südmeer versprach vielleicht dem Botaniker mehr Neues, als die Aucklands-Inseln. Gelegen inmitten eines stürmischen Meeres, unter einer für diese Hemisphäre sehr hohen Breite und weit entfernt von jedem andern Land ausser Neuseeland, lieferte es uns, wie erwartet wurde, ausser mehreren neuen Arten einige von besonderm Interesse, nämlich antarktische Formen von Gattungen, die sonst auf die letztgenannte Gruppe beschränkt sind.

»Ohne Berge, die bis zu den Grenzen des ewigen Schnees sich erheben, und mit wenig Felsen oder senkrechten Abhängen versehn, schien das ganze Land mit Vegetation bedeckt zu sein. Ein niederer Wald umgiebt die ganze Küste und auf diesen folgt ein breiter Streifen Gebüsch, über welchem bis zur Spitze der Hügel sich grasbewachsene sanfte Abhänge erheben. Bei näherer Betrachtung des Waldes findet man, dass er aus einem Dickicht ästiger Bäume besteht, so verdreht und verkümmert durch die Heftigkeit der Stürme, dass sie einer üppigen Vegetation schöngrünen Farrenkräutern und mehreren schönblühenden Pflanzen ein vortreffliches Obdach gewähren.

»Der Wald besteht ganz aus 4 oder 5 Arten von Bäumen oder grossen Sträuchern, die in ihren Formen nichts Verwandtes mit den Bäumen der nördlichen Hemisphäre haben und hier ihrem mehr oder minder häufigen Vorkommen nach aufgezählt sind. 1. Ein kurzer und dickstämmiger Baum (Metrosideros lucida), dessen Zweige am Gipfel eine breite Krone bilden; dieser Baum ähnelt der classischen Myrte mehr als jeder andern europäischen Pflanze. 2. Dracophyllum longifolium, ein Baum mit schwarzer Rinde und dünnen aufrechtstehenden Zweigen, an deren Spitze grasartige Blätter wachsen. 3. Panax simplex, ein dem Epheu verwandter Baum. 4. Veronica elliptica, die V. decussata unsrer Gärten, eine Pflanze vom Feuerland, die aber ursprünglich auf Cook's zweiter Reise auf Neuseeland gefunden wurde. 5. Eine Coprosma (C. foetidissima), deren Blätter, wenn sie zerquetscht werden, und hauptsächlich beim Trocknen einen unerträglichen Gestank verbreiten. Unter dem Schatten dieser Bäume unweit der Seeküste fanden wir gegen fünfzehn verschiedene Farrenkräuter in grosser Anzahl, von denen das merkwürdigste ein Aspidium (A. venustum der französischen Südpolexpedition) mit einem kurzen 2–3 Fuss hohen Stamm ist, dessen Krone ein Strauss von 3–5 Fuss langen Wedeln bildet; dies ist eine der schönsten und ansehnlichsten Arten dieser Gruppe. Aralia polaris und Pleurophyllum criniferum sind zwei sehr merkwürdige Pflanzen und am Ufer sehr häufig; die erstere ist dem Epheu verwandt, hat aber Büschel von grünen wachsartigen Blumen, so gross wie ein Kindskopf, und ihre runden und runzligen Blätter vom tiefsten Grün haben einen Durchmesser von 1½ Fuss. Sie bilden das Lieblingsfutter der hier verwilderten Schweine.

»Die schönern Pflanzen hat man jedoch auf den Hügeln zu suchen und unter ihnen ist die auffälligste eine lilienartige dem Anthericum verwandte (Chrysobactron Rossii), deren ansehnliche Büschel von goldenen Blumen oft eine Spanne lang sind; einige Exemplare hatten 3 oder 4 solche Blüthenbüschel. Pleurophyllum speciosum gleicht einer grossen Aster und trägt zahlreiche purpurrothe Blumen. Celmisia vernicosa hat glänzende linienformige Blätter, die wie Speichen eines Rades ausgebreitet auf dem Boden liegen, und Blüthen vom reinsten Weiss mit einem purpurnen Auge, so gross wie die der letztgenannten Pflanze. Schliesslich wollen wir noch der Veronica Benthamii Erwähnung thun. Sie ist strauchartig und ihre Blüthenähren sind tief ultramarinblau. Unter den unscheinbareren Pflanzen findet man mehrere europäische Gattungen repräsentirt, wie Schaumkresse (Cardamine), Hahnenfuss, Wegebreit, Storchschnabel und Weiderich, zwei schöne rothe und weisse Enziane und ein Vergissmeinnicht mit viel grösseren Blüthen als das englische.

»Ein Reichthum an diesen schönen Arten und die Abwesenheit von Gräsern und Riedgräsern charakterisirt die Vegetation dieser Insel. Wir finden 80 phanerogamische Pflanzen, eine kleine Anzahl, aber aus Arten bestehend, die wegen ihrer Schönheit und Neuheit merkwürdiger sind, als sie die Flora irgend eines andern Landes zeigt. 65 derselben sind bis jetzt unbeschrieben und die Hälfte ist, soweit man jetzt weiss, dieser Gruppe oder der Campbell-Insel eigenthümlich. »Einige wenige botanische Bemerkungen über die Flora dieser Inselgruppe wollen wir aufsparen, bis wir Gelegenheit haben, von der Vegetation der nächsten Insel zu sprechen. Vor der Hand wollen wir jedoch bemerken, dass wir wahrscheinlich alle einheimischen Pflanzen gesammelt haben; dass die Vegetation den Charakter der neuseeländischen trägt, aber mehrere neue Formen, die Typen der antarktischen Regionen sind, aufweist. Das Verhältniss der kleinern Abtheilung der Phanerogamen (der Monokotyledonen) zu der grössern (den Dikotyledonen) ist sehr gross, denn es ist wie 1 zu 2.2; in beiden Hemisphären wächst dieses Verhältniss sowie man eine hohe Breite erreicht; aber ganz das gleiche Verhältniss findet man im Norden erst auf der Melville-Insel. Bemerkenswerth ist, dass dieses starke Verhältniss nicht von einer vermehrten Anzahl der Gräser herrührt, die hier zu der Flora einen kleinern Beitrag liefern, als auf der Falklands- und der Melville-Insel; sondern es ist der grossen Anzahl der Cyperaceen und Orchideen zuzuschreiben, die beide den Gräsern gleichkommen, und wahrscheinlich auch der kleinern Anzahl der Compositae unter den Dikotyledonen.«

Hinsichtlich der Zoologie dieser Insel bemerkt Mr. M'Cormick: »Ausser den verwilderten Schweinen, die vor mehrern Jahren hier ausgesetzt worden, giebt es keine Landsäugethiere auf der Insel. Die Vögel stimmen mit den auf Neuseeland gefundenen überein, von welchem Lande aus diese Inseln jedenfalls von ihnen colonisirt worden sind. Von Landvögeln fanden wir nur 7 oder 8 Arten und von diesen sind der schöne Tuivogel von Neuseeland und eine kleine olivengrüne, den Meliphagiden verwandte Art die Hauptsänger in den Wäldern, die an vielen Stellen ganz undurchdringlich sind. Die Wasservögel bestehen aus einer Kriekente, einem Seeraben (Mergus merganser), einem Cormoran (phalaro-corax), einer Schnepfe, einem Pinguine und zwei Arten Möven, die in Schaaren in die Buchten kommen. Der Albatros (Diomedea exulans) brütet in grosser Anzahl auf der Spitze der nordwestlich vom Hafen gelegenen Klippen. Er baut ein Nest auf einen kleinen Erdhügel von welkem Gras und Blättern, über 6 Fuss im Durchmesser und gegen 18 Zoll hoch; das Männchen und das Weibchen bauen es in Gemeinschaft. Wie die meisten Sturmvögel legt der Albatros nur ein Ei, rein weiss und 15–21 Unzen schwer. Nur einmal fanden wir, nachdem wir über 100 Nester untersucht hatten, zwei Eier in einem Neste.

»Sein grösster Feind ist eine wilde Raubmöve, die in ihrer Raubgier und dem allgemeinen Aussehen sehr der Skuamöve ähnelt und wahrscheinlich eine unbeschriebene Art ist.

»Verschiedene Arten Sturmvögel brüten in Löchern unter der Erde und an den Seiten der Uferklippen; ein einzelnes Exemplar des Ring-Regenpfeifers wurde gesehen, aber nicht geschossen.«

Insecten waren zahlreich vorhanden und sehr viel wurden gesammelt. Die Sandfliegen waren während der Tageshitze sehr beschwerlich und ihre Stiche höchst schmerzlich.

Unsere Holzfäller fanden ein Katzennest mit zwei noch blinden Jungen; sie wurden natürlich getödtet, aber die Alte entfloh. Die Schweine, welche Capitain Bristow auf der Insel zurückgelassen hat, haben sich ausserordentlich vermehrt. Sie nähren sich hauptsächlich von der Aralia polaris und dem Pleurophyllum criniferum, das auf sumpfigen Stellen so häufig ist, dass diese Thiere ganz darunter leben, besonders wo es an den Waldrändern wächst. Sie graben die Wurzeln dieser Pflanzen aus und treten die weichen Stengel und Blätter nieder, um sich und ihren Jungen ein weiches und warmes Lager zu bereiten.

Unser Purser schoss eines dieser Schweine; obgleich nicht fett, war das Fleisch doch wohlschmeckend, wenn es auch mit unsern gut gemästeten Schweinen nicht zu vergleichen war.

Um die Zahl der nützlichen Thiere auf der Insel zu vermehren, liess ich einen Bock und zwei Schafe, die wir zu diesem Zweck im Erebus von Hobarttown mitgebracht hatten, auf der Westseite des Hafens ans Land setzen; ein Bock und zwei Schafe vom Terror wurden mehrere Meilen südlich landeinwärts gebracht. Ausserdem setzten wir einige Schweine, Hühner und Kaninchen aus. Diese letzteren nebst einer Quantität Kohl, Rüben, Senf, Kresse, Radieschen und andern Samen waren ein Geschenk Mr. Anstey's von Hobarttown, sowie auch ein Paar Ziegen, von denen jedoch leider die eine am Tage vor unserer Ankunft auf den Aucklands-Inseln starb. Die verschiedenen Sämereien säeten wir auf der kleinen Stelle, die wir urbar gemacht hatten, aus; viele Stachel- und Johannisbeersträucher und Erdbeerpflanzen, mit denen Sir John Franklin uns aus dem Gouvernementsgarten hatte versorgen lassen, liess Dr. Hooker in verschiedenen Theilen der Insel pflanzen, und ich zweifle nicht, dass sie gedeihen und später hier anlandenden Schiffen von Vortheil sein werden. Vor unserer Abfahrt hatten sich die Hühner schon an gut verborgenen Stellen Nester gemacht und Eier gelegt. Wir fanden einige Kartoffelstöcke und sibirischen Kohl, die einer unserer Vorgänger zurückgelassen hatte, und pflanzten von den ersteren noch einige.

Während wir am Lande magnetische Beobachtungen anstellten, waren die andern Offiziere und die Schiffsmannschaft mit Holzfällen, Wassereinnehmen und den nöthigen Einrichtungen auf den Schiffen zur Weiterreise beschäftigt.

Mr. Tucker und Mr. Davis waren unter meiner Leitung beschäftigt, den Hafen aufzunehmen und zu sondiren. Mr. Auckly besichtigte die Enderby-Insel, wo er ebenfalls einige Kaninchen ans Land setzte und die Nester von Jungen mehrerer Arten von Sturmvögeln mitbrachte, die er dort gefunden hatte. Da die Aerzte zum Glück keine Kranken zu besorgen hatten, waren sie eifrig mit der Vermehrung unserer naturhistorischen Sammlungen beschäftigt. Dr. Hooker fand einen Baumfarren von 2–3 Fuss Höhe mit 4–5 Fuss langen Wedeln; diese und die Campbell-Insel sind die höchsten südlichen Breiten, wo sie bis jetzt gefunden worden sind; auch viele merkwürdige und schöne Tange wurden an den Ufern der Bucht gesammelt. Das Schleppnetz wurde ausgeworfen, aber mit sehr geringem Erfolg. Wir sahen einen Seehund mit einem ziemlich grossen Fisch im Maule, was das Vorhandensein von Fischen beweist; aber wir fingen nur zwei oder drei, einen kleinen Flachfisch im Hintergrund des Lauriehafens und die andern, etwa 9 Zoll lang, beschreibt Dr. Richardson unter dem Namen Notothenia.

Da es einigen Offizieren zu mühsam schien, nach den westlichen Hügeln durch das dichte Unterholz zu gehen, so bahnten sie sich einen Weg, indem sie das trockene Gras und Gebüsch in Brand setzten. Von einem starken Winde angefacht verbreitete sich die Flamme mit grosser Schnelle nach allen Richtungen und verzehrte einen grossen Theil des Waldes in der Nähe unsers Observatoriums, von dem sie jedoch zum Glück auf eine halbe Meile entfernt blieb. Des Nachts schien das ganze Land in Flammen zu stehen und von den Schiffen aus soll der Anblick von grossartiger Schönheit gewesen sein. Es war demungeachtet ein leichtsinniger Streich und hätte grosses Unheil anstiften können ausser dem, dass nutzloser Weise viel Holz vernichtet wurde.

Unsere Beobachtungen ergaben für die Stelle, wo unser Observatorium stand, 50° 32' 30" südl. Br. und 166° 12' 34" östl. L. Die Inclination der Magnetnadel war 63° 12' und die Declination 70° 41' östl. Hochwasser war bei vollem und wechselndem Mond um 12 Uhr und die höchste Springfluth stieg kaum 3 Fuss. Wir beobachteten eine merkwürdige Oscillation der Fluth kurz vor der Hochwasserzeit; nachdem sie nämlich fast bis auf den höchsten Punkt gestiegen, sinkt sie wieder 2 oder 3", um dann wieder 3 oder 4" zu steigen, so dass sie ihre frühere Höhe um etwas mehr als einen Zoll übertrifft. Diese unregelmässige Bewegung nimmt meistens etwas mehr als eine Stunde in Anspruch, denn das Fallen dauert etwa 20 Minuten und das zweite Steigen etwa 50. Die als Hochwasserzeit bei vollem und wechselndem Mond angegebene Stunde ist die der zweiten oder der grössten Höhe der Fluth.

Nachdem unsere Beobachtungen vollendet waren, schifften wir unsere Instrumente und Observatorien wieder ein, wiederholten unsere Experimente, um die von dem Eisen des Schiffes verursachte Abweichung des Compasses und der Inclinationsnadel zu bestimmen, lichteten am Morgen des 12. die Anker und gingen unter Segel. Wie wir an der Schuhinsel in einer Entfernung von etwa 50 Fuss vorbei fuhren, wichen die Compasse fast um zwei Striche von ihrer wahren Richtung ab, ein auffälliger Beweis von der sehr merkwürdigen magnetischen Kraft dieser Felsen. Sobald wir das Land ganz hinter uns hatten, richteten wir unsern Lauf nach der Campbell-Insel, von der uns noch 163 Meilen trennten. Das Wetter blieb den ganzen Tag über mässig und günstig, aber ein dichter Nebel über den Aucklands-Inseln verbarg sie gar bald vor unsern Augen.

Die Campbell-Insel erblickten wir um 7 Uhr 50 Min. früh in einer Entfernung von 4 oder 5 Seemeilen. Um 10 Uhr 30 Min. Vormittags erreichten wir die Einfahrt des südlichen Hafens, wo wir alle Segel einziehen mussten bis auf die doppeltgerefften Mars- und die grossen Segel, denn starke Windstösse kamen mit staunenerregender Gewalt von den Höhen auf der Westseite herab; sie sind um so gefährlicher, als sie auf die leichten und veränderlichen Winde folgen, welche zwischen diesen Böen herrschen. Dieses Vorkommen heftiger und plötzlicher Windstösse ist ein merkwürdiger Charakterzug aller Inseln in dieser Breite. Wir beobachteten ihn auf der Kerguelen-, der Aucklands- und der Campbell-Insel; und die Bäume auf der letztern zeigen deutlich durch ihren niedrigen Wuchs und ihre gestreckte Lage das Vorherrschen der westlichen Stürme. Der Hafen ist etwa 4 Meilen lang, geht erst mehr als 2 Meilen in nordwestlicher Richtung in das Land hinein und wendet sich dann bei einer Untiefe nach West-Südwesten. Der äussere Theil ist tief genug, um einen guten Ankerplatz abzugeben, aber der obere Theil, der ganz vom Lande umgeben ist, hat Platz genug für hundert Schiffe und Holz und vortreffliches Wasser im Ueberfluss. Nach vierstündigem, beschwerlichem Laviren durch den äussern Arm des Hafens fuhren wir nach seiner Spitze und wollten eben den Anker fallen lassen, als wir bemerkten, dass das Schiff den Schlamm aufrührte, und kurze Zeit darauf sass es fest. Es wurden sogleich mehrere Schlepptaue an die Bäume am Ufer befestigt und das Schiff damit bugsirt, worauf es mit 5½ Faden Anker warf. Jetzt sahen wir, dass auch der Terror auf der oben erwähnten Untiefe auf den Grund gerathen war, und schickten ihm sogleich unsere Boote zu Hülfe; aber die Fluth sank so schnell, dass alle unsere Bemühungen, ihn los zu bekommen, fruchtlos blieben. Wie ich an Bord kam, fand ich, dass Capitain Crozier alle Vorbereitungen getroffen hatte, das Schiff mit eintretender Fluth von der Untiefe abzubringen, indem er es durch Leeren der Wasserbehälter und Ausladen der Vorräthe so sehr als möglich erleichtert hatte. Wie die Fluth wieder anfing zu steigen, kehrte ich nach dem Erebus zurück und bugsirte ihn neben den Terror, um diesem leichter jeden etwa nöthigen Beistand leisten zu können; aber er wurde wieder flott noch vor dem Hochwasser, ohne den geringsten Schaden erlitten zu haben, und ging östlich von der Spitze in 6 Faden vor Anker. Unsere Boote mussten jetzt die Wasserbehälter wieder füllen, während die Mannschaft des Terror sich mit dem Wiedereinschiffen der Vorräthe beschäftigte. Die Campbell-Insel wurde 1810 von Hazenburgh, dem Capitain der Brigg Perseverance, entdeckt. Er giebt an, die Insel habe 30 Meilen im Umfang, sei bergig und habe mehrere gute Häfen, von denen zwei auf der Ostseite vorzuziehen seien. Den südlichen dieser beiden Häfen, in dem wir vor Anker gingen, nannte er nach seinem Schiff Perseverance-Hafen.

Die höchste Spitze, die man vom Hafen aus sieht, liegt auf seiner Nordseite und hat eine Höhe von 1500 Fuss. Das Ufer ist auf beiden Seiten steil und steigt schroff bis zu 8 oder 900 Fuss empor. Das ganze Ufer entlang geht ein Streifen Seegras und der Hafen hat keine gefährliche Stelle ausser der Untiefe, auf welcher der Terror sitzen blieb, so dass das Schiff mit vollkommener Sicherheit aus- oder einfahren kann. Da die Hügel weniger bewaldet sind, sehen sie öder aus als die der Aucklands-Inseln, und obgleich es an geschützten Stellen Wald genug gibt, erreichen die Bäume nirgends eine so grosse Höhe, als auf den letztgenannten Inseln. An zwei vielversprechenden Stellen warfen wir das Schleppnetz aus, aber ohne Erfolg. Wir sammelten viele Seethiere und hätten bei grösserem Ueberfluss an Zeit gewiss auch Fische in einem See gefunden, den einige der Offiziere entdeckten, als sie einem in der Spitze des Hafens mündenden Flüsschen nachgingen.

Die Offiziere, die nicht in der Nähe der Schiffe bleiben mussten, machten mehrere Excursionen quer über die Insel und vorzüglich Dr. Hooker, dessen botanische Notizen wir hier beifügen,

»Obgleich die Campbell-Insel 120 Meilen südlich von der Aucklands-Gruppe liegt und viel kleiner ist, so besitzt sie doch wahrscheinlich eben so viele einheimische Pflanzen. Dies rührt von ihrer mehr abwechselnden Oberfläche und von ihren steilen Abgründen und engen Schluchten her, die dem Gedeihen von Moosen, Gräsern und Flechten günstig sind. Die steilen, unzugänglichen Ufer und Felsenberge, deren Spitzen ganz kahl zu sein scheinen, lassen einen sehr öden Felsen vermuthen, und erst wenn man in die stillen Häfen einfährt, erblickt man etwas Grünes ausser grossen Rasenflecken. In diesen engen Schluchten verändert sich die Scene plötzlich; ein Gürtel Buschholz, bestehend aus mehreren der auf der Aucklandsgruppe wachsenden Bäume, die aber hier sehr verkrüppelt sind, bildet einen grünen Streifen dicht am Strande. Hinter diesen erheben sich glänzend grüne Abhänge, so reich besetzt mit Chrysobactron, dass sie dadurch eine gelbliche Färbung erhalten, die eine Meile von der Küste noch sichtbar ist. Die meisten der schönen Pflanzen der Aucklands-Inseln, mit Einschluss des schönen Farrenkrauts, sind auch hier häufig zu finden und da viele derselben unter dieser höhern Breite in geringerer Meereshöhe wachsen, so fällt ihre Schönheit gleich beim ersten Landen ins Auge.

»Der Aufenthalt der Expedition konnte nur von kurzer Dauer sein, und obgleich wir in zwei Tagen zwischen 2–300 Species sammelten, kann die Insel doch noch nicht für genug durchforscht gelten, um eine strenge numerische Vergleichung zwischen ihrer und der Flora der Aucklandsgruppe zu rechtfertigen; dennoch können wir uns einige darauf bezügliche Bemerkungen erlauben. Ich fand 66 Phanerogamen, von denen 14 auf der benachbarten Inselgruppe nicht gesehen worden waren. So waren in zwei Breitengraden 34 Species aus der Flora dieser Länge verschwunden und von wenigstens 20 andern Pflanzen ersetzt worden, wodurch zugleich eine so grosse Veränderung in dem Verhältniss der beiden Gruppen der Phanerogamen bewerkstelligt wurde, als bei der höhern Breite zu erwarten war. Die neuen Species waren fast alle Typen eines antarktischen Klima's, und bestehen theils aus Gattungen, die nur auf dieser Insel vorkommen, theils aus solchen, die man bis jetzt für eigenthümliche Pflanzen des antarktischen America's gehalten hat. Das Verhältniss der Monocotyledonen ist von 1:2.2 auf 1:1.4 gestiegen. Die Gräser, welche auf der Aucklandsgruppe noch in dem Verhältniss von 1:14 auftreten, erscheinen hier wie 1:4.5. Die Cyperaceen und Orchideeen haben verhältnissmässig abgenommen, und die Compositae, welche sich zu den sämmtlichen Dicotyledonen wie 1:10.4 verhielten, sind nur noch in der Proportion von 1:5.6 zu finden. Darin verräth sich nicht nur die Vegetation einer kälteren Breite, sondern auch eine Vegetation, die sich von der neuseeländischen weit mehr unterscheidet als die der Aucklandsgruppe, wo nur ein Siebentel der Pflanzen auch in andern antarktischen Regionen vorkam, während von der Flora der Campbell-Insel ein volles Viertel auch unter andern Längengraden des Südmeeres zu finden ist.

»Betrachtet man die Gesammtheit der auf den südlich von Neuseeland gelegenen Inseln vorkommenden Pflanzen als eine einzige Flora, so ist eine Vergleichung derselben mit der anderer Länder nicht ganz am unrechten Orte. Von Phanerogamen findet man einhundert Arten, also ziemlich ebenso viel als man auf der ganzen, nördlich von der americanischen Küste liegenden arktischen Inselgruppe gesammelt hat. Ein Viertel derselben zeigen sich auf Neuseeland, während viele der andern zu Gattungen gehören, deren häufiges Vorkommen eine Eigentümlichkeit dieses Landes ist. Nur ein Dreizehntel der Gesammtzahl hat man auf Tasmanien gefunden, und ein Sechstel gehört dem Feuerland an. Da es kein andres Land gibt, mit dem diese Inseln einen ausgeprägten botanischen Charakterzug gemein haben, so kann ihre Flora als eine Fortsetzung der neuseeländischen betrachtet werden, mit dem einzigen Unterschied, dass sie reicher an Typen der antarktischen Regionen ist.

»Die merkwürdigen Punkte der Verwandtschaft mit der zuletztgenannten Gruppe, mit welcher wir diese Flora verglichen haben, sind das Vorherrschen der Rubiaceen, Araliaceen, Epacrideen, Orchideen und Myrsineen; die geringe Bodenfläche, welche die Compositae, Caryophylleen, Cruciferen und Ericeen einnehmen, und die gänzliche Abwesenheit von Saxifrageen, Leguminosen, Labiaten und Amentaceen, die alle auf Neuseeland nur schwach vertreten sind. Die bemerkenswerthern unterscheidenden Züge sind; das erhöhte Verhältniss der Monocotyledonen, dort wie 1:3.2 Nach Cunningham's Prodromus., und auf den beiden Inseln wie 1:1.8; der Gräser, die sich zu den andern Phanerogamen verhalten wie 1:13, und hier wie 1:6.8; der Zusammengesetzten, die dort in einer Proportion wie 1:8 und hier wie 1:4.4 erscheinen. Noch mehr unterscheidet sich diese Flora von der neuseeländischen durch die gänzliche Abwesenheit der zahlreichen Arten von Fichten und Buchen (von letzterer Gattung hat man bis jetzt fünf Arten einheimisch gefunden), und dies ist um so merkwürdiger, als sämmtliche Buchen und mehrere Fichten sowohl in Neuseeland als in Vandiemensland zur Alpenflora gehören und nur in den südlichen Theilen dieser Inseln bis zur Meeresfläche herabsteigen. Die Fichten der südlichen Hemisphäre sind jedoch ausnehmend local, und sind auch nicht in dem Grade antarktisch wie die der nördlichen Hemisphäre arktisch sind. Es ist noch ungewiss, ob von den zehn neuseeländischen Species mehr als zwei oder drei auf der mittlern Insel einheimisch sind, oder dass ein einziges derselben einem südlicheren Breitengrad als dem 40sten angehört. Nicht allein kommen auf der Aucklandsgruppe und der Campbell-Insel feuerländische Pflanzen in ungewöhnlich starkem Verhältniss vor, wenn man die unermessliche dazwischenliegende Strecke des Weltmeeres bedenkt (mehr als 4000 Meilen), sondern ihre Flora nähert sich auch in allen Zügen, wo sie sich von der neuseeländischen unterscheidet, mehr der des antarktischen America's. So stark auch die Aehnlichkeit in dem numerischen Verhältniss der Ordnungen und in der Gleichartigkeit vieler der kleinen Pflanzen ist, so weichen doch die Bäume und Sträucher der einen Localität in jeder Hinsicht von denen der andern ab; denn Buchen werden auf dem americanischen Continente in einer Breite gefunden, die südlicher liegt als die Aucklandsgruppe, nämlich noch am Cap Horn unter dem 57. Breitengrade.

»Die Verwandtschaft zwischen der jetzt in Rede stehenden Flora und der der nördlichen Regionen ist nur schwach; und dasselbe lässt sich, obgleich nicht in derselben Ausdehnung, stets von zwei Ländern in den höhern Breiten der entgegengesetzten Hemisphäre sagen. Diese Gruppe liegt unter derselben Breite wie England, und dennoch finden wir nur drei auf unserer Insel einheimische Pflanzen: Cardamine hirsuta, Montia und Callitriche. Von den sechzig Gattungen sind zwei und zwanzig englisch, und acht und zwanzig gehören einer nördlicheren Breite als England an. Kaum eine derselben gehört zu den Abtheilungen der Calyciflorae, der Zusammengesetzten, oder den höhern Ordnungen der Monocotyledonen; während sie alle Thalamiflorae, Monochlamydeen und Gräser und fast alle Cyperaceen in sich fassen. Gattungen wie Sieversia, Trisetum und Hierochloe haben ihre analogen Formen hauptsächlich in den arktischen Regionen, während Myosotis, Ranunculus, Cardamine, Stellaria, Veronica, Luzula, Juncus und alle Gräser in der arktischen Flora vorherrschen. Man findet jedoch einige Punkte der Aehnlichkeit, wodurch der Mangel einer grössern Anzahl ihrer Verwandten und anderer Pflanzen, die sie im Norden gewöhnlich begleiten, wie Saxifrageen, Ericeen, Saccinia, Leguminosae, Nadelhölzer, Buchen und vorzüglich Eichen, Birken und Weiden, von denen man bis jetzt in den höhern südlichen Breiten noch keinen Vertreter gefunden hat, noch bemerkenswerther wird.«

Die Ornithologie der Insel gleicht sehr der der Aucklandsgruppe, nur dass die Landvögel ganz fehlen, während dort sieben oder acht Species vorkommen. Der Albatros hatte seine Nester auf der Spitze der nordwestlichen Klippen der Insel gebaut, und wir fanden seine Eier in grosser Menge, aber Junge waren noch nicht ausgekrochen.

Auf jeder Seite der Bucht nördlich von dem Ankerplatz des Erebus entdeckten wir die Trümmer einiger Hütten und die Gräber mehrerer Matrosen, die jedenfalls hier auf dem Robbenfang gewesen waren, so wie das Grab einer Französin, die durch das Umschlagen eines Bootes im Hafen ertrunken war. Auch in der nordwestlichen Ecke des Hafens neben einem Bach fanden wir Spuren einer Niederlassung, doch war ihre Localität nicht so gut wie die in der Bucht.

Den ganzen 15. und 16. waren wir mit der Vervollständigung unserer Wasser- und Holzvorräthe und den nöthigen Vorbereitungen zu unserer Südpolarreise beschäftigt, die mit unserer Abfahrt aus diesem Hafen eigentlich beginnt. Ich theilte jetzt dem Commandeur Crozier meine Absicht mit, lieber auf dem Meridian dieser Insel als auf dem von Hobarttown südlich zu steuern, und freute mich, ihn vollkommen mit mir einverstanden zu finden. Er empfing seine letzten Befehle und ein vollständiges Verzeichniss von Rendezvousorten mit Verhaltungsmaassregeln für den Fall einer Trennung, damit wir uns ohne Zeitverlust wiederfinden könnten. Am Abend des 16. nach einem ungewöhnlich schönen Tage hatten wir alle Zwecke unsers Besuchs auf dieser Insel erfüllt, und die Schiffe waren bereit in See zu gehen.


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