Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

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26.

                       Krischäning sitt up't Finsterbrett
Un snackt mit sinen Herrn Papa.
»Ja,« seggt hei iwrig, »Vadding, ja!
Wenn't süs All sinen Schick man hett,
Denn treck wi furt, wi dynsen morgen,
Un all uns' Nod un all uns' Sorgen,
De heww'n en En'n. Lütt Fiken säd:....» –
Mit einmal höllt hei an un swiggt,
Em is't, as wenn wer kamen ded;
Hei horkt – »Ja, richtig is't« – un flüggt
Herunner von dat Finsterbrett
Un set't sik lising unner't Bedd.
De Dör geit up, de Bäcker slickt herin,
Hei halt en Slätel ut de Tasch,
Hei bückt sik dal un lis' un swinn
Slütt hei de Lad up, smitt wat rin,
Dat blinkt un klimpert; wedder rasch
Slütt hei de Lad un brummelt mang de Tähn:
»Du willst abslut jo trecken – schön! –
Du sallst ok trecken; blot de Weg'
Will ik Di wisen. Dicht hir in de Neg',
Up't Rathhus is en stilles Flag,
Dor kannst Du Di denn männ'gen Dag
Ganz in de Still mit Di benemen,
Worüm Du Di nich wullst bequemen.« –
Hei geit; un as hei ut de Dör,
Krüppt Krischan unner't Bedd hervör:
»Was't dit? Was't dit? Wat hett hei dahn?
Wat hett hei in de Lad rin smeten?« –
De Oll hett in Gedanken seten,
Doch endlich seggt hei: »»Still, Krischan!
Ich muß mal erst mit Muttern reden,
Was sie sich bei der Sache denkt;
Doch merk Dir das: 's steht schlimm mit Jedem,
Dem Satan Silber-Löffel schenkt.«« –

    De oll Burmeister sitt an sinen Disch;
En grot Packet mit Akten is em frisch
Von Kölln an'n Rhein hüt morgen kamen,
Un mit dat grot Packet tausamen
Is noch en lütt Packeting packt;
Dat nimmt tauirst hei in de Hand,
Un as hei dorvon lös't den Band,
Un as hei dat Pappir uplackt,
Dunn liggt en halwen Ring dorin.
»Wat dausend,« seggt hei, »kann dat sin?« –
Hei nimmt dat Aktenbund, hei lest un lest,
Hei treckt sin Ogenbran tausamen:
»Herrgott, wat hir verbraken west,
Möt wid von hir heruten kamen!«
Un wider lest hei, ängstlich wider:
»Un nu tau Dag' nah so vel Johr!
'Ne Murddaht hir, 'ne Mirddaht dor!
Un ut uns' Stadt twei so'ne Mürder!«
Hei lest dat Aktenbund tau En'n
Un leggt den Kopp in sine Hän'n
Un sinnt un sinnt: »Wo is dat mäglich!
Un so en Mann, mit den ik däglich,
Wenn ok nich girn, tau daun heww hatt,
De rikste Börger in de Stadt
Geit frech herüm mit so'ne Schuld?« –
Dat kloppt. – »Herein!« röppt de Burmeister,
Un rinne trett de Bäckermeister.
De oll Herr flüggt vör Schreck in En'n,
As wenn em hadd 'ne Adder staken,
As hadd hei sülwsten wat verbraken;
Hei deckt up't Aktenbund de Hän'n
Un steckt den Ring so hastig furt,
Has hadd hei sülwst begahn den Murd.
»Wat will'n Sei?« röppt hei em entgegen. –
»»Herr,«« seggt de Bäcker, »»dit's 'ne Sak,
Ik hadd s' ut Gaudheit girn verswegen,
Doch up de Letzt kümmt s' doch tau Sprak.
Sein S', Herr, min Mäten will hüt trecken,
Un as ik dat Geschirr nahsei,
Dunn fehlen mi tau minen Schrecken
Von mine sülwern Lepel twei.
De Dirn, de hett sei – anners Keiner! –
Nu wull 'k Sei bidden üm en Deiner,
Dat de mal eins ganz in de Still
In ehren Kuffert nahsein süll.«« –
De oll Herr hett sik fat't: »Dat sall geschein,
Doch will ik sülwst de Lad nahsein,
Un ok en Rathsherrn nem wi mit.« –

    Na, dat geschüht, un as sei kamen,
Dunn steit lütt Fiken un oll Smidt
In grot Verlegenheit tausamen.
»Wat sall dat sin? – Wat heit dit All? –
Worüm sei woll nich trecken sall?
Wat bringt de Bäcker dat Gericht?« –
Des' Fragen stahn up ehr Gesicht;
Sei kickt den Vader ängstlich an.
Dunn kümmt de oll Burmeister ran:
»»Min Döchting, slut Din Lad mal apen!«« –
»Min Lad? Min Lad? Wat is? Wat is?«
Un höllt sik an den Vader wiß
Un steit, as hadd de Blitz sei drapen. –
»»Wat?«« fohrt oll Vader Smidt tau Höcht,
»»Wer hett tau so en Stück en Recht?
Wer seggt hir wat up mine Dirn?
Wer will mi hir min Kind schandir'n?«« –
Nich länger kann de Bäcker hollen
Den Gift, de in em gährt un kakt,
Hei snauzt ingrimmig an den Ollen:
»Man upgemakt! Man upgemakt!
Man mit min sülwern Lepel rut!« –
»»Wat Lepel?«« röppt de Oll in Wuth;
Em äwerlöppt dat kolt un heit. –
»»Je so! – Je so! – Ik weit Bescheid! –
Dirn! rut den Slätel!«« röppt hei basch
Un ritt den Slätel ut ehr Tasch:
»»Hir is 'e, Herr! Nu säuken s' man!««
Un trett mit Fik an't Finster ran
Un wen'nt sik af un kickt nah buten. –

    Vör't Finster sitt uns' Jochen Spatz,
Kickt niglich dörch de Finsterruten
Un röppt herin: »Krischan, tau Platz! –
Nu torr den einen Flicken von den Rock
En beten in de Stuw, min Kind,
Un wenn sei den wohr worden sünd,
Denn treck den tweiten ut dat Lock.« – –
De Lad is up. – Unkünnig Hän'n,
De sünd dorbi un dreihn un wen'n
Dat beten Armauth üm un dümm
Un fligen in de Lad herüm. –
De oll Burmeister kickt den Bäcker an,
Wohrschugt sin Og un sin Gesicht
Un süht, dat drup en Freuen liggt,
Wat knapp hei unnerdrücken kann,
Un dorbi kickt hei blot nah ein bestimmtes Flag. –
Noch heww'n sei nicks Verdächtigs funnen,
Doch dor, wohen de Bäcker kickt, bet unnen,
Dor kam'n de Lepel an den Dag.
»»Dor sünd s'!«« seggt Ein, un Allens swiggt. –
Oll Smidt, de kickt sik hastig üm,
Den blassen Dod in sin Gesicht:
»Dor sünd s'!« seggt hei mit swacke Stimm,
Sin Ogen fleigen hen un her,
Dal up dat Bedd hen sackt hei swer:
»Un Du? Un Du hest mi dat dahn?
Hest dat von Dine Öllern lihrt?« –
Un ach, dat Kind, dat sackt tau Ird,
Dat sleit de Arm em üm de Knei,
Dat win'nt sik un sin Ach un Wei:
»»Ne, Vader, ne! Ik heww't nich dahn!««
Un ritt sin welke Hand heran
An't kranke Hart un kickt em an:
»»Ik kann vör Di un Gott bestahn!««
Un süht sin stummes, bleik Gesicht,
Schriggt up un springt tau Höcht un flüggt
Wild up den oll'n Burmeister los:

    »»Herr, herr, min Vader! Seggen S' blos
Ein einzig Wurt tau minen Vadern!««
Ehr Og, dat starrt, un swack un swäcker
Flütt ehr dat Blaud dörch ehre Adern,
Dunn dreit s' sik üm un süht den Bäcker:
»»Dei! Dei!«« Un prallt von em taurügg,
»»Furt! furt von em! Man desen nich!«« –
De oll Burmeister trett heran
Un tröst't oll Smidten wat hei kann,
Un redt em an mit christlich Würd'
Un böhrt dat Mäten von de Ird
Un fött den Ollen sine Hand
Un ward em sacht tau Höchten tein:
»Hei is as ihrlich mi bekannt,
Un mit Sin Kind ward sik dat reih'n.«
De Oll, de richt't sik von dat Bedd,
Dat arme Worm von Mäten hett
Den Arm em üm den Nacken slahn:
»Ne,« seggt hei still, »dat künn s' nich daun!«
Sei ward an sinen Harten raun,
Un up em föllt ehr heite Thran:
»Ne,« seggt hei fast, »sei het't nich dahn!« –

    Will deß de Vader un sin Kind
In still Vertrugen wedder sünd,
Hett de Herr Ratsherr in de Lad rüm wäult
Un'n Hümpel Flicken rute fäult –
De Herr Senater was en Snider. –
»Herr,« seggt hei, »sein wi doch mal wider!
Sein S' hir mal desen Hümpel Flicken,
Von'n Mannsrock sünd s' – ik sei dat an den Kragen –
Dat Dauk is gaud in is noch wenig dragen,
Un doch de Rock in dusend Stücken,
As hadden Müs' intwei em gnagt,
Un ganz vull Schimmel un vull Stock!
Wo kümmt dat Mäten tau den Rock?« –
Lütt Fik ward fragt. –
Hir in ehr Kamer hadden s' legen.
Woneben denn? – Je, allentwegen;
Doch hadd sei s' meistetid dor unnen,
Bi'n Aben hen un achter'n Aben funnen. –
De oll Burmeister kickt sei an
Un schüdd't de Kopp: »Min Kind, dat kann
Ik nich recht glöwen. – Möst de Wohrheit seggen! –
Wer süll dir hen de Flicken leggen?« –
Wil deß hett de Herr Rathsherr Stück för Stück
So gaud dat geit tasamen leggt,
Un as hei formit is tau Schick,
Wis't hei en Kragen vör un seggt:
»»Herr, sein Sei blot mal desen Kragen!
De Kragen is nah olle Mod',
As hei vör twintig Johr würd dragen,
Up Stun'ns is hei nich halw so grot.«« –
De oll Burmeister steit in Sinnen:
En brunen Rock? – Vör twintig Johr? –
De süll sik hüt irst wedder finnen? –
Ne, dat's nich mäglich! Gott bewohr! –
Hei kickt den Bäcker an; de steit,
As wenn em vör sin stiren Ogen
De swarten Schatten ruppe togen,
As wenn't üm em sik rögen deit. –
Unheimlich is't. – Kein Wurt, kein Lut,
Bet de oll Herr trett ranne an de Lad:
»Kramt Allens ut de Lad mal rut!«
Un as sei dormit sünd parat,
Dunn bückt de Deiner sik hendal
Un halt noch wat: »»Herr, sein Sei mal
Dit blanke Stück! 'T is von en Ring.««
De oll Burmeister nimmt dat Ding:
Herr Gott, wo 's't mäglich! – Wo kann dat geschein?
Hei hett dat Stück jo eben sein,
Dat liggt jo noch bi sine Akten!
Wat heit dit All? Geschein hir Wunner?
Hei stunn verdutzt; de Hän'n de sackten
Em rathlos an den Liw herunner,
Dunn schüt't em dägern dörch den Sinn:
De anner Hälft möt dir hir sin! –
Hei höllt't den Bäcker vör: »Herr, ken'n Sei't nich?« –
De Bäcker nimmt't in Ogenschin,
Sin olle Fatung kihrt taurügg,
Em is't jo nich vör Ogen kamen:
»»Ne, Herr, dat Stück, dat is nich min,
Dat hett sei woll woanners namen.«« –
De oll Burmeister wen'nt sik an dat Mäten:
»Wo kümmt dit in Din Lad herin?« –
Sei stähnt un rohrt: ehr ded't nich sin!
Un hett dunn stumm in Thranen seten.
Hir is kein Utkunft nich tau finnen,
Hir helpt kein Fragen un kein Sinnen,
Un as sei nu so rathlos stahn,
Röppt Spatz von buten: »Dau, Krischan!
Nu mak Din Stück! Nu 's't Tid! Nu 's't Tid!«
Krischäning krüppt herut un tüht
En Flicken nah den Aben hen,
Un de Her Rathsherr, de dit süht,
Röppt: »Herr, dit is doch wunnerbor!
Sein S' blot den brunen Flicken dor!
De wi heww'n fun'n, de ligg'n hir alltausamen,
Ik läd sei all hir up den Disch;
Nah'n Aben sünd wi gor nich kamen;
Nu liggt dor wedder ein up't Frisch,
En lütten Vagel spelt dormit.«
Un as hei sik dornah ward bücken,
Ward Krischan hei gewohr, de achter'n Aben sitt
Un ut dat Mus'lock treckt en nigen Flicken.
»Herr,« röppt hei, »Herr, hir is noch ein,
Ik heww dat eben dütlich sein,
De Vagel tog em ut dat Mus'lock rut.«
Herrgott! Wo süht de Bäcker ut!
Hei möt sik an de Wand anlehnen;
Em früst, hei klappert mit de Tähnen,
Un doch steit em in groten Druppen
De blanke Sweit in't Angesicht.
Em fallen von dat Og de Schuppen,
Hei süht sin Daht in frischen Licht.
De oll Burmeister fött em an
Un schüddelt em: «Wat heit dit, Mann?
Wat heit hir vör? Wat deit Sei fehlen?
Wat liggt hir unner Ehre Dehlen?«
Hei kickt so schu üm sik herüm,
Hei murmelt wat: em würd so slimm,
Un will herute ut de Dör.
»Hollt!« röppt de Oll, »rut kümmt hir Keiner!«
Trett in den Weg em, röppt den Deiner:
»Mal Timmerlüd un Dischers her!« – –

    De kamen denn ok nah en Beten.
»De Delen hir mal upgereten!
Hir bi dat Mus'lock fangt mal an!«
Na, dat geschüht. – »»Herr,«« seggt de Ein,
»»So vel as ik taxiren kann,
So sünd s' all mal eins upmakt west.«« –
»Man wider tau! – Wat liggt dor un'n?«
Un – süh! – 'ne bunte, siden West
Un'n halwen brunen Rock ward fun'n. –
Irnst wenn't de olle Herr sik af
Un geit nah Smidten ran un gaw
Em tru de Hand: »Min leiwe Smidt,
Gah Hei nah Hus! Dat reih't sik All.
Hüt kann Sin Dochter noch nich mit,
Doch as ik hoff', folgt sei Em ball. –
Un Du, min Kind, Du brukst Di nich tau grämen,
Ik weit gewiß, Din Hand is rein,
Ik sülwst will Di in Obacht nemen,
Di sallst bi mi in Deinsten tein.«
Un wenn't sik von dat Mäten furt
Den Bäcker tau, de bäwernd swiggt,
Un seggt mit düstern Angesicht:
»Un Sei verhaft ik wegen Murd!« – –


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