Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

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13.

              Un Jochen kickt ut't Finster rut:
»Herr Je, wo süht sei nüdlich ut!« –
Un winkt un röppt sin leiwe Fru:
»Kik, Lotting, kik! So smuck as Du!« –
Doch Lott' ward falsch: »»Ih, drähn un drähn!
Wat sall dat dämliche Geklähn?
Raup leiwerst uns're Frün'n tausamen
Un segg de Swälk, nu süll sei kamen,
Nu wir dat Tid, nu wir dat Tid,
Dat s' in de Stadt herinne tüht.««
»Ja woll,« seggt Spatz, »un weitst, ik mein,
Wi kün'n jo ok tau Stadt rin tein
Un bi den Bäcker uns inmeiden;
Dor kän wi sei am besten häuden.
Ik weit an't Hus en ollen Knast,
Schön holl, de sik tau Hüsung paßt.
Uns' Gören kän'n sik sülwst all fäuden,
Sei freten wunderschön allein.
Un dat is't Best noch bi uns' Lütten,
Dat s' nich tau lang' in't Nest rüm sitten.
Wie schrecklich, Lotting, würd' es sein,
Wenn alle unsre lieben Gören
Hier noch bei uns zu Hause wären,
Und wir, wir sollten sie ernähren!
Nein! Nein! Ich habe viel Gefühl,
Doch was zu viel ist, ist zu viel!
Wir woll'n uns also christlich fassen
Und heut sie in die Welt entlassen.« –
Hei röppt sin Kinner nun bi Namen
Un lett s' üm sik tausamen kamen
Un red't sei an recht väterlich:
»Seht, Kinder, Mutter, so wie ich,
Wir haben weise euch erzogen:
Ihr seid zur Prob' schon ausgeflogen
Und fressen könnt ihr meisterlich;
Ich habe euch die Katz gewiesen
Und auch den Häwk und auch di Wih;
Ich warne, hütet euch vor diesen
Und, wo ihr könnt, vermeidet sie.
Merkt euch den Grundsatz für das Leben:
Nehmt Alles, was ihr kriegen könnt!
Aus Großmuth wird kein Brod vergeben,
Und 's schmeckt am besten ungegönnt.
Übt meinetwegen höhern Schwindel,
Er ist Beruf und ist Natur,
Doch übt ihn nobel, liebe Kindel,
Mit Feinheit und mit Politur. –
Nun geht mit Gott! Doch dankbar seid
Mir und Mama zu aller Zeit,
Denn, liebe Kinder, Dankbarkeit
Ist für die Kinder erste Pflicht.
Vergesset diese Tugend nicht!
Was wir für euch gethan, bedenkt!
Das Leben ha'n wir euch geschenkt,
In vierzehn Tagen euch ausgebrütet,
Euch vierzehn Tag' versorgt mit Futter
Und euch erzogen und gehütet;
Vergeßt das niemals mir und Mutter!
Und nun, ihr Lieben, nun adieu!
Un hollt mal eins den Start tau Höh!«
Un giwwt en Stot von achter Allen,
Dat s' köpplings in de Welt rin fallen.
De Annern burren af, blot lütten Krischäning,
Wat't Nestdutt is un Muttersähning,
Den kamm tau unverwohrs de Stot –
Tau swack sünd noch sin lütten Flüchten
Un ok de Start tau kort taum Richten –
Un as hei so vöräwer schot
Un rute stött würd ut de Dör,
Dunn föll dat unbehülplich Gör
In uns' lütt Fiken ehren Schot.
Sei nimmt em sachting in ehr Hand:
»Din Flüchten sünd noch nich bewandt,
Du lüttes Dirt; lat ik Di fri,

                Denn kriggt de Häwk Di un de Wih.
Ik nem Di mit un will Di plegen,
Bet Du de Flüchten irst kannst rögen;
Büst hir geburen up unsen Felln,
Sallst mi von't Vaderhus vertell'n.«
Sei nimmt em mit, un as sei geit,
Kümmt in ehr Hart 'ne Fröglichkeit,
Un is't en lütten Vagel man,
Sei hett doch wat, wat s' hegen kann.
Dat is de Leiw, de in den Bussen
In'n Düstern still un heimlich wussen.
Un üm ehr rüm dor röppt dat lud:
»Kamt rut, kamt rut, kamt All herut!
Hir geit s', hir geit s'! Süh, kik, süh, kik!
Hie geit uns' leiw, lütt Smidten Fik,
Hanne Nüte'n, Hanne Nüte'n sin Brut!«
Un de Swälk, de zwitschert un wippt un stippt
Ehr Flüchten in't Water, wenn s' räwer swippt:
»Lütt Fiken, lütt Fiken, Du büst de Best;
Lütt Fiken, lütt Fiken, ik treck mit Di;
An't Finster, an't Finster, dor bug' ik min Nest,
Un früh, un früh, denn weck ik Di.«
Un Lotting, de singt: »»Nestküken, Nesthahn!
Krischäning, min Sähning, wo is Di dat gahn!
Du föllst in de Pütt jo mit Rock un mit Büx.
Sitt stilling! sitt stilling! dit deit Di noch nix.
Din Öllern, de bu'n sik en Nest in den Knast
In'n Stänner an't Finster, dicht unner de Fast;
Dor kumm denn an't Finster, denn mak wi Di satt,
Un fleig nich tau tidig, süs frett Di de Katt.
Sing' Fiken in't Hart rin den frischesten Maud!
Krischäning, min Sähning, un schick Di ok gaud!««
Un niglich kickt de Nachtigal
Un hüppt den Weg Busch up, Busch dal:
»Lütt Fiken, ik weit en gräun Verstek
In'n Bäckergor'n, nich wid von'n Tun,
Dor flütt vöräwer de klore Bäk,
Dor will 'k dit Johr min Nest mi bu'n;
Un hest Du Tid, un hest Du Tid,
Wenn sacht de Nacht heruppe tüht,
Besäuk mi denn, besäuk mi denn!
Ik sing' Di dennvon Leiw, von Leiw,
Un wenn ik treck, drag' ik de Breiw'
Von Hanne Nüte'n her un hen.«
Un as sei wider geit, dunn schallt
Ehr ut den frischen gräunen Wald,
Ut düstrer Nacht, ut käuhle Rau
So'n lustig Lewen un Singen tau.
Oh gräune Wald, oh Vagelsang!
Un wir dat Hart ok noch so krank,
Fäuhlt't sik von aller Welt verlaten,
Din helle Klang, Din frische Athen,
De trösten, heilen, richten wedder,
Wat lag in Angst un Bangen nedder. – –
Un as de Stirn heruppe tein,
Sitt uns' lütt Pudel ganz allein
In ehre Kamer unn're Fast –
In't Achterhus nah'n Goren war't –
De lütte Swälk singt sachting buten,
Pickt lising an de Finsterruten:
»Hir bug' 'k min Nest, hir in de Eck;
Gu'n Nacht! Slap still, bet ik Di weck.«
Un Jochen, de unrauig Gast,
De wirkt noch in den hollen Knast;
Un Lotting röppt lütt Krischan tau:
»»Dau, Krischan, Krischan! gah tau Rau!
Un morgen kumm upp't Finsterbrett
Un mell mi, wo sei slapen hett.««
Un buten singt de Nachtigal
Dat Led von de twei Beiden:
»De Ein treckt äwer Berg un Dal,
De Anner sitt in Leiden.
Un wenn hei tüht, denn lat em tein,
Hei ward mal wedder kamen;
Swor Led liggt dicht bi selig Freu'n
As Barg un Dal tausamen.
      Holl ut, holl ut,
      Du leiwe Brut!
Hei ward mal wedder kamen.

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