Fritz Reuter
Hanne Nüte un de lütte Pudel
Fritz Reuter

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14.

                      Un Hanner treckt dörch Berg un Dal.
Un as hei sine Strat so geit,
Steit hei woll still un horkt woll mal,
Ob hei de Vägel noch versteit;
Doch dat's vörbi, dat's rein vörbi,
Denn sörredem, dat hei dat weit,
Dat Fiken em in'n Harten dragen,
Is all de Gunst un Kunst verflagen.
Doch schadt em nich! Wat Anners spreckt
Vel leiwlicher as Vagelsang;
Dat is dat Hart, sin Stimm is weckt
Un redt mit em den Weg entlang;
Geit hei tau twei, geit hei tau drei,
Un geit hei itzig ganz allein,
Dat redt so'n säutes Einerlei
Von Leiwen un von Weddersein;
Dat redt mit em den ganzen Dag,
Dat röppt ut jeden Hamerslag:
»Man düchtig drup! Man düchtig drup!
Slah up din Isen los!
Du letst tau Hus 'ne Rosenknupp,
Findst eins 'ne säute Ros'.«
Dat was kein Sehnen un Stähnen nich,
Dat was kein Hangen un Bangen,
Dat was kein Willen un Känen nich,
Dat was kein wild Verlangen,
Dat was 'ne grote Freudigkeit,
De ut dat Hart em redt;
In frischen Fü'r, in helle Freud
Hett hei sin Isen smädt.
Un wo hei hett in Arbeit stahn,
Dor was hei Kind von't Hus,
Un wenn hei wedder wider gahn,
Denn folgt em männig Gruß,
Un männig Döchting kek em nah:
»Lew woll ok in de Firn!
Kumm t'rügg! Min Mutting seggt woll: »Ja«,
Un ik? Un ik, wo girn!« –
Un wenn dat Döchting ok so spreckt
Un ward ok Mutting willig sin,
De »Meckelburger« äwer treckt
Mit frischen Maud in't Reich herin.
Sin oll Herr Paster hett em seggt,
Hei sall sik hübsch de Welt besein,
Un kümmt't mit Jena ok nich t'recht,
So lockt em doch de gräune Rhein. –
So wandert hei denn lustig wider
Un stött mal eins des Abends lat
Up einen Murer un en Snider,
De trecken beid de sülwig Strat.
De Snider is en nahrsches Krut,
En Puckel hin'n, en Puckel vören;
De Murer ok süht lustig ut,
Un fechten daun s' an alle Dören.
Sei reden fründlich nu tausamen, –
Natürlich Hochdütsch reden sei –
Un as sei in de Harbarg kamen,
Dunn slapen s' All up eine Streu. –
Un as s' des Morgens wider wannern,
Dunn reden oft de beiden Annern
Up Plattdütsch, wil de Schapsköpp glöwen,
Dat't Hanner nich verstahen kann.
Wat Hanne Nüte nich sall hüren:
Wenn't Rackertüg sik deit monkiren,
Wenn s' äwer em sik lustig maken,
Denn heww'n sei ümmer Plattdütsch spraken.
Na, Hanne lacht in sinen Sinn
Un denkt: »Ji brockt jug schön wat in,«
Un geit ganz still un stumm dorneben.
»Wo,« fröggt de Ein up Plattdütsch, »is hei blewen?« –
»»'Ne Mil ward hei noch achter sin.
Un in de Stadt dor wull hei bliwen,
Hei wull an sinen Brauder schriwen,
Dat de em Reis'geld schicken süll.«« –
»Je, wenn sin Brauder ok man will?« –
»»Hei möt, säd hei jo, un hei redt
Un swört un flucht, wenn hei nich ded't,
Denn wull hei em 'ne Supp anrühren,
Sin Bräuding süll sik schön verfiren.«« –
»Ja,« seggt de Murer, »so'ne Saken
Hett hei ok gistern tau mi spraken.
Hei säd, em würd de Sak tau dull,
Sin Brauder hadd den Hals so vull,
Dat Jedwerein em nennt den Riken,
Un hei müßt Land un Sand dörchstriken.
Ik, Brauder Snider, möt gestahn,
De Kirl hett wat Fitals för mi,
As hadd hei mal wat Gruglichs dahn.
Von woher äwer kennt hei Di?«
»»Hei is min Landsmann ut Stemhagen;
Ik kenn em sid min kindlich Dagen,
Hei 's einer von de slimmsten Gäst
Un is en Hundsvott ümmer west.
Un würd dat mal taufällig kund,
Wat hei...«« un leggt den Finger up den Mund
Un kickt sik flüchtig üm un wis't
Up Hannern, de dicht achter geit. –
»Ih,« seggt de Murer, »red man drist!
Wat uns' Gesellschaft is, versteit
Kein Wurd dorvon.« – »»Na,«« seggt de Snider,
»»De Sak is so – doch segg't nich wider,
Hei sleit mi dod, kriggt hei't tau weiten –
Sin Brauder, den s' den Riken heiten,
Un hei, de hewwen mal vör Johren –
In de Franzosentiden, segg'n sei, wir't –
En frömden Handelsmann nah Wohren
Mit veles Geld in'n Kuffert führt.
De Lüd, de segg'n, dat was en Jud;
Doch dat's egal. Bald sprök't sik ut:
De Minsch was nich nah Wohren kamen.
Ok an't Gericht würd wid her schrewen,
Sei süll'n doch tauseihn, wo hei blewen.
De beiden würden ok vernamen
Un heww'n ok seten lange Tid;
Den Minschen sin oll Mutter kamm von wid
Un hett sei gor tau knäglich beden
Mit Fautfall, Thranen un mit Reden,
Sei süll'n doch seggen, ob ehr Kind,
Ehr armes Kind, wir noch an't Lewen.
Doch All'ns vergews! De Beiden sünd
Bi't Striden un bi't Leigen blewen.
Kortüm! ehr was nicks tau bewisen,
Sei kemen los ut Block un Isen. –
Des', wat de Smidtgesell deit sin,
De güng nahst in de Frömd herin
Un was up etzlich Johren furt,
Un Keiner hett von em wat hürt.
En Schauster blot ut unsen Urt,
De hett em mal tau Hamborg drapen;
Dor hett hei'n snurrig Lewen führt:
Den dürsten Win blot hett hei sapen,
Un mit so'n oll entfamtes Nickel
Von Dirn hett hei sik rümmer treckt
Un hett dor spelt en schönen Zwickel,
So lang' dat stahlen Geld hett reckt.
Un as dunn Allens dod was slagen,
Dunn kamm hei wedder nah Stemhagen
Un läd sik bi den Bäcker in.
Dat was dunn all en riken Knast,
Denn de Kujon würd kläuker sin,
Un wat hei hadd, dat höll hei fast.
Na, äwer dunn! – All Dag' was Larm
In'n Bäckerhus'; sei slogen sik
Binah intwei de Bein un Arm,
De Näsen breit, de Ogen dick,
Bet dat Gericht dortüschen kam
Un den Gesellen rute nam.
De hett nu hir un dor rüm legen,
Het't Eten von den Brauder kregen,
Is denn mal wedder wannern gahn,
Het't Geld, wat em de Anner gaw,
Up liderliche Wis' verdahn;
Un so güng't ümmer up un af.«« –
»Na, un de Bäcker?« fröggt de Murer. –
»»Ih, dat's so'n Sliker, is so'n Lurer,
Kann Keinen in de Ogen sein,
Is gegen Armaud hart as Stein,
Sport Geld tausam un giwwt nicks ut,
As wenn hei praßt för sik allein.
De Lüd', de reden allerlei,
Un wenn ok Allens wohr nich is,
Wat is mit em nich in de Reih,
Un Eind, dat weit ik ganz gewiß;
Hei kann kein Kiwitts hüren schri'n; –
Dat sünd nu woll en Johrner drei,
Dunn geit min Vader nah Gallin,
Un Unnerwegs dröppt hei den Bäcker.
Sei grüßen sik un gahn tausamen,
Un as sei ut den Holt rut kamen,
Dunn gahn sei sik wat in de Richt
Dörch eine Wisch; mit einmal flüggt
En Kiwitt ümmer üm ehr üm
Un röppt un krischt mit helle Stimm.
Dunn steit de Bäcker dodenblaß,
As wenn hei ban'nt un töwert was,
Dörch sine Knaken flüggt en Bewer,
Em schüddelt't as dat kolle Fewer;
Dunn schütt dat Blaud em in't Gesicht –
Min Oll, de denkt, em rögt de Slag –
Un as hei wedder Lewen kriggt,
Dunn stamert hei ut't Mul herut:
»Verfluchtes Dirt, verfluchtes Flag!«
Un stört't dunn furt in helle Wuth. –
Min Vader seggt, hei hadd sik äwer
Den Bäcker hellschen irst verfirt,
Doch as de irste Schreck vöräwer,
Dunn hadd hei lacht un em vexirt;
Dunn hadd de Bäcker, ahn tau spreken,
Em mit en düstern Blick ankeken,
De wird so scharp dörch't Hart em gahn,
As hadd't Ein mit koll Isen dahn.
Hei hadd sindag' nich wedder lacht,
Wenn hei an jennen Blick hadd dacht.« –
So reden sei denn mit enanner
Un Keiner denkt an unsen Hanner,
Denn de ward ganz unschüllig daun.
Doch as sei äwer Middag raun,
In'n Schatten unn're Eik henreckt,
Den Kopp up ehren Bündel leggt,
Dunn sus't wat äwer ehr tau Höcht;
'Ne Schauw von Aderbors, de treckt
Ehr Kreisen ümmer neger, neger,
Un ümmer dichter, ümmer höger
Dreit sik de Tog taum Heben rup.
Dunn springt Jehann von't Lager up
Un röppt up Plattdütsch unverwohrs:
»Kikt dor, kikt dor de Aderbors!« –
Knapp hett hei äwer dit man seggt,
Dunn fohrt de Murer up em in,
Un de lütt pucklich Snider fröggt:
»»Was soll dies sin? Was soll dies sin?
Zu Aderbors, da sagt mer »Sterche«
Un zu die Lewark sagt mer »Lerche«.
Gesellschaft, Du kannst Plattdeutsch reden?«« –
»Ja,« seggt Jehann. – »»Entfamte Lurer!
Du hest uns uthorkt,«« röppt de Murer.
»»Täuw, dit, dir will wi Di verleden!««
Un höllt de Fust em unn're Näs'.
»Holt!« röppt Jehann. »Ji dummen Kläs',
Ji wullt Jug äwer mi monkiren?
Ji wullt mi irst dat Wandern lihren?
Ji wullt mi hänseln, wullt mi plücken,
Dat Geld mi ut den Büdel ströpen,
Mi mit 'ne lange Näs' weg schicken,
Un mi tauletzt för dumm verköpen?
Nu heww ik Jug, nu kann ik Jug betahlen,
Ik bruk den ollen Smädgesellen
Blot Juge Reden tau vertellen,
De ward dat Ledder Jug versahlen.« –
De Murer schüll, de Snider bed,
Bet endlich Hanne tau em säd:
»Na, lat't man sin! För mi büst säker.
Ik kenn den Smidt un ok den Bäcker,
Ik heww mal sülwst wat mit ehr hatt.
Du äwerst, Snider, mark Di dat:
So licht lat ik mi noch nich plücken.
Un makt Ji mi noch mal so'n Stücken,
Is't mit de Fründschaft rein vörbi,
Un denn giwwt't irnstlich Kräkeli.« –
De Murer un de Snider böden
De Hand denn ok tau nigen Freden,
Un ut de Drei, dor würden Frün'n,
Un wo s' nich all Drei Arbeit fün'n,
Do treckten Smidt un Murer, Snider
Un lustige Gesellschaft wider,
Un treckten sei de Strat entlang,
Denn stimmten s' an den Wannersang:

    Die Wanderschaft ist schöner doch
          Als sitzen still im Haus;
    Und weht der Wind in's Ärmelloch,
          Er weht wohl wieder raus.

    Wir ziehn, zu zwei, wir ziehn zu drei
          Durch Sachsen und durch Preuß'n;
    Und reißt der Stiefel auch entzwei,
          So laßt den Schelmen reiß'n!

    Das Mädchen schaut uns lange nach
          Wohl über Vaters Zaun:
    Gott grüß' dich, Mädchen, jeden Tag!
          Dich, Mädchen, blond und braun.

    Mit Augen braun, mit Augen blau,
          Mit Rosen im Gesicht;
    Ich macht' dich gleich zu meiner Frau,
          Wär' nur das Wandern nicht!

    Frau Mutter, eine Kanne Wein
          Für Geld und gute Wort!
    Und kehren wir auch heute ein,
          So ziehn wir morgen fort.

    Und borgen wir auch heut bei dir,
          Laß du das Mahnen bleib'n,
    Schreib's nicht an deine Kammerthür,
          Mußt's in den Schornstein schreib'n.

    Und ist der Beutel leer an Geld,
          Wird wieder frisch geschafft;
    So ziehn wir durch die ganze Welt
          Auf uns'rer Wanderschaft.


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